138.
Während sie Lucia zuhörte, fühlte Grace sich wieder zunehmend unwohl. Ihr war ein wenig übel, und sie war leicht desorientiert.
Das kann ja auch kaum überraschen, sagte sie sich.
Auch versuchte sie, sich einzureden, dass es zu ihrem Beruf gehörte, Menschen über ihre Probleme und ihr Leben reden zu lassen.
Nein, das war etwas anderes.
»Manchmal habe ich mir gewünscht«, sagte Lucia soeben, »dass Kez sterben würde, wenn sie schon nicht aufhören konnte – ja, dass sie sich sogar selbst umbringen würde. Ich habe gelesen, dass einige Menschen mit einer solchen Psychose – falls Kez tatsächlich darunter gelitten hat – manchmal Selbstmord begehen.«
»Ja, das passiert«, sagte Grace. »Es ist eine Tragödie, wenn das geschieht.«
Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, warum Lucia ihr all das anvertraute. Die Antwort darauf war furchterregend; also beschloss sie, nicht weiter darüber nachzudenken.
Und sie fragte sich auch wieder, ob Sam ihre Nachricht inzwischen abgehört hatte. Vermutlich – und deshalb war er sicher schon auf dem Weg hierher, oder er hatte Martinez oder die hiesige Polizei gebeten, nach ihr zu sehen.
Dieser Gedanke tröstete Grace, obwohl das Wissen, dass sie ihr Handy abgeschaltet hatte, bevor sie in Lucias Haus gekommen war, sie nicht gerade beruhigte … besonders, da das Handy noch immer in ihrer Umhängetasche steckte, die im Wohnzimmer stand.
Lucia hatte ihr gerade erzählt, dass sie ihren Ehemann ermordet hatte, sodass sie vermutlich nicht sehr freundlich reagieren würde, sollte Grace ihr Handy holen wollen …
Vergiss das Handy erst einmal.
Stattdessen stellte sie eine neue Frage.
»Cathy hat mir erzählt, Kez hätte ihr einige dieser Dinge gestanden. Warum, glauben Sie, hat sie das nach so langer Zeit getan, und warum ausgerechnet Cathy gegenüber?«
»Das ist schwer für mich zu sagen«, antwortete Lucia.
»Sie kennen sie besser als irgendwer sonst«, hakte Grace nach.
»Das heißt aber nicht, dass ich verstanden habe, wie ihr Kopf funktioniert.«
Grace schwieg. Sie wartete.
»Ich glaube«, sinnierte Lucia, »dass es vielleicht Saul war, der sie zu diesem Geständnis und schlussendlich in den Tod getrieben hat. Eines ihrer Verbrechen war schließlich doch zu ihr zurückgekehrt. Denn indem sie Saul Leid zugefügt hatte, hatte sie auch Cathy verletzt, einen Menschen, der ihr sehr am Herzen lag.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht waren ihre Opfer vor Saul keine ›echten‹ Menschen für sie.«
Das waren gute Antworten, erkannte Grace.
Vernünftig und durchdacht.
Auf furchterregende Art.