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Nach ein paar Anrufen und einer neuerlichen Auswertung von Pauls Ergebnissen (sie rochen nach Rot, wie er mir verriet), fuhren wir erneut zu dem trostlosen Trailer, den wir, wie wir fanden, schon viel zu oft gesehen hatten. Loun und sein Kumpel Behrman waren gerade an diesem Morgen aus dem Regions Hospital entlassen worden.

»Als ob es nötig war, wegen einer Gehirnerschütterung drei Tage im Krankenhaus zu liegen!«, höhnte George. »Sie haben einfach ach verdammt! Es liegt mir förmlich auf der Zunge ...«

»Simuliert?«, soufflierte ich.

»Du sagst es«, pflichtete er mir behaglich bei. »Sie haben simuliert. Drei Tage saubere Betten und hübsche Krankenschwestern genossen. Adrienne hat ihnen glatt einen Gefallen getan.«

Wow! Für Georges Verhältnisse war das geradezu überschwänglich. Er schien bemerkenswert guter Laune zu sein. Aber er liebte ja auch die Jagd. Wie wir alle übrigens, sonst würden wir wohl Eisverkäufer sein oder Quantenphysik lehren.

Tatsächlich war Paul früher einmal Prof gewesen, aber offensichtlich waren sämtliche Studienanfänger seines Kurses an der University of Minnesota, während sie sich bemüht hatten, seine Schlussfolgerungen zu verstehen, dem Wahnsinn verfallen. Einige hatten einen Nervenzusammenbruch erlitten, die Eltern protestierten, und Paul hatte immer wieder insistiert, dass sie, wenn sie es nur wirklich versuchen würden, Orange riechen könnten. Daraufhin hatte man seine Medikamentendosis geändert, und Paul musste einen Zwangsurlaub nehmen.

Ist nicht richtig, wenn ich das komisch finde, oder?

»Liegt es nur an mir, oder sieht sein Vorgarten wirklich wie die Kulisse von Schatten über Carolina aus?«, höhnte George.

»Ich hab gerade genau dasselbe gedacht«, sagte ich, als er in die Einfahrt bog. »Ganz genau dasselbe

»Das liegt daran, dass ihr engstirnige Yankees seid«, lautete Emma Jans Kommentar dazu. Wir stiegen aus und stellten fest, dass sich Behrman noch keinen neuen Hund angeschafft hatte.

Und es auch nicht tun würde. Niemals. Sofern er wusste, was gut für ihn war (obwohl er das sicherlich nicht wusste).

»Die Avon-Beraterin!«, wiederholte George seinen alten Witz, während er an die Tür hämmerte. »Ich weiß, dass Sie da sind, Behrman und Loun! Ich wittere Rednecks!«

»Macht ihr zwei eigentlich irgendetwas nach Vorschrift?«, fragte Emma Jan. Es klang nicht ironisch, sie wollte es anscheinend wirklich wissen.

»Pssst«, warnte ich.

»Sie schon wieder!« Behrman stand im Türrahmen und hielt die Tür mit gespreizten Fingern auf. »Macht, dass ihr von meinem Grundstück kommt. Ihr habt verdammtes Glück, dass ich weder euch, noch das FBI, noch die beschissene amerikanische Regierung dafür verklage, was ihr Köter angetan habt.«

»Was wir Köter angetan haben?« Ich spürte förmlich, wie mir die Augen aus dem Kopf quollen. Kein Witz. Es war die Flieh-oder-Stirb-Reaktion auf erhöhten Blutdruck. »Meinen Sie das im Ernst? Das Einzige, was wir Köter angetan haben, war, sie zu füttern und ihr ein Zuhause zu geben.«

»Da verschwendet ihr bloß eure Zeit. Die lernt doch eh nix dazu.«

Ich erinnerte mich an das Aufwachen am Morgen wie Köter mit der Nase das Glöckchen angestupst hatte, weil sie raus musste. Sicher, ich war einen ganzen Tag fort gewesen, aber Köter hatte in schlappen zweiundsiebzig Stunden eine Reinlichkeitserziehung absolviert. Es ist doch immer ein Wunder, was positive Anreize bewirken können. Oder das völlige Fehlen derselben.

»Wir suchen nach einem Serienmörder, der seit 1954 weiße Jugendliche tötet«, sagte Emma Jan. »Wollen Sie uns vielleicht behilflich sein?«

Das öffnete uns Tür und Tor. Der einzige Satz, der Ähnliches bewirkt hätte, ohne dass Behrman Fragen stellte, wäre »Sie haben soeben eine Million gewonnen!« gewesen.

George seufzte glücklich und sah sich ein letztes Mal im Vorgarten um. »Ich habe diesen Ort richtig vermisst.« Dann gingen wir hinein.