Kapitel 49

Von: Ruby

An: Rosie

Betreff: Alles in Ordnung?

Ich hab fast drei Wochen nichts von dir gehört. Ist alles in Ordnung? Ich hab bei dir geklingelt, aber Rupert hat mir gesagt, du bist in Galway. Wenn du ohne tschüss zu sagen einfach losziehst, muss irgendwas im Busch sein. Wie lange bist du weg und warum hast du keinem Bescheid gesagt?

Das Telefon deiner Mutter ist offenbar abgestellt, und ich wusste nicht, wie ich dich sonst erreichen soll. Vermutlich brauchst du nur ein bisschen Zeit für dich, was ich übrigens gut verstehen kann. Es ist schwer, wenn man seine Eltern verliert. Sosehr ich mich immer über meine eigenen Eltern beklagt habe, es war trotzdem hart, mit ihrem Tod zurechtzukommen. Ich weiß, dass ich gern meine Witzchen mache, aber ich bin immer für dich da, Rosie, und das meine ich ganz ernst. Ganz egal, ob du jemanden brauchst, mit dem du reden kannst, oder einfach eine Schulter zum Anlehnen und Weinen oder jemanden zum Anschreien.

Ich würde gerne sagen, es tut mir Leid, dass du deinen Job im Hotel Rattenloch verloren hast, aber ehrlich gesagt tut es mir nicht Leid. Du hast was Besseres verdient als dieses Hotel, du hast Träume, die weit über diese bröckelnden Mauern hinausgehen. Jetzt steht dir die Welt – mal wieder – offen.

Bitte sag kurz Bescheid, ob alles in Ordnung ist, sonst muss ich leider selbst kommen, um nachzusehen, wie es dir geht. Das soll keine Drohung sein, sondern ein Versprechen.


Willkommen im Chatroom der glücklich geschiedenen Dubliner.

Im Augenblick befinden sich hier drei Teilnehmer.


LonelyLady: Der Typ aus der Literaturgruppe hat mich gestern gefragt, ob ich mit ihm ausgehen mag. Ein Date, mehr oder weniger. Dieses Wochenende. Nur wir beide. Aber ich weiß nicht so recht …

Wildwuchs: Was weißt du nicht?

LonelyLady: Na ja, ich weiß nicht, ob ich wirklich wieder zu Dates gehen will. Ich meine, ich weiß nicht, ob ich schon dafür bereit bin, so bald nach Tommy und so …

Wildwuchs: So bald? So bald? Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, es ist zehn Jahre her, seit Tommy dich verlassen hat.

LonelyLady. Oh. So fühlt es sich aber überhaupt nicht an.

Wildwuchs: Na ja, wenn du jemals aufhörst, darüber zu jammern, wie einsam du bist, dann könntest du zur Abwechslung mal vernünftig über dein Leben nachdenken. Mit welchem von den Typen aus deiner Literaturgruppe hast du denn das Date?

LonelyLady: Mit dem einzigen Mann, der dabei ist.

Wildwuchs: Ich wette, die anderen Damen werden jetzt eine nach der anderen die Gruppe verlassen. Die wirklich wichtige Frage für dich lautet jetzt: Hat er ein Vorstrafenregister?

LonelyLady: Nein. Ich hab’s überprüft.

Wildwuchs: Gott, ich hab doch bloß einen Witz gemacht! Wenigstens weißt du dann, dass dein Fernseher nicht auf Wanderschaft geht, wenn du zur Toilette musst.

LonelyLady: Ein Luxus, den die meisten Frauen nicht zu schätzen wissen.

MissSicher hat den Chatroom betreten.

Wildwuchs: Er klingt, als wäre er perfekt für dich. Ich sehe keinen Grund, warum du nicht mit ihm ausgehen solltest. Viel Glück mit dem Date.

MissSicher: LonelyLady, hab ich richtig gehört – du hast ein Date?

LonelyLady: Du sagst das, als wäre es eine Krankheit.

Wildwuchs: Es könnte ja eine daraus werden.

MissSicher: Nein, nein, ich bin nur verblüfft! Aber ich finde es gut! Herzlichen Glückwunsch!

LonelyLady: Danke! Hey, du hast deinen Namen geändert.

MissSicher: Ja, ich hab meine Annullierung durchgekriegt. Selbst die Kirche ist der Meinung, dass Leonard ein Mistkerl ist.

Wildwuchs: MissSicher! Na, das ist aber echt eine Veränderung! Ein guter Anfang …

Butterblume: Herzlichen Glückwunsch, MissSicher. MissSicher: Danke, Mädels! Wir haben eine Weile nichts von dir gehört, Butterblume! Wo warst du denn so lange?

Butterblume: Ich war die letzten Wochen im Haus meiner Eltern in Connemara. Ich musste nachdenken.

Wildwuchs: Alles in Ordnung?

Butterblume: Nein, eigentlich nicht.

MissSicher: Möchtest du uns davon erzählen? Vielleicht können wir dir helfen.

Butterblume: Hmm. Meine Mutter ist gestorben und ich hab meinen Job verloren. Was das »andere« angeht, hab ich ein bisschen Angst, es auszusprechen, weil es dadurch wirklich werden und ich einen Nervenzusammenbruch kriegen könnte. Wenn es nämlich wahr wird, dann wäre das der endgültige Beweis dafür, dass ich die letzten zehn Jahre meines Lebens vollkommen nutzlos verschwendet habe.

LonelyLady: Tja, bei diesem Thema sind wir alle Expertinnen. Aber du weißt ja: Nichts, was hier gesagt wird, verlässt diese virtuellen vier Wände. Vielleicht können wir ja wenigstens für ein bisschen Klarheit sorgen.

Butterblume: Danke. Na gut … Ich bin auf einen Brief gestoßen, der kurz nach meinem dreißigsten Geburtstag geschrieben wurde. Ein Brief, der für mich gedacht war, aber nie in meine Hände gelangt ist. Ein Brief von Alex.

LonelyLady: Oooh, und was steht drin?

Butterblume: Das ist der schwierige Teil. Da steht, dass er mich liebt.

Wildwuchs: Wow!!

MissSicher: O mein Gott.

LonelyLady: Nein! Wo hast du den Brief gefunden?

Butterblume: Dingsbums hat ihn mir zurückgegeben. Er wollte nicht mehr schuld sein, dass ich so einsam bin. Hat er jedenfalls gesagt.

LonelyLady: Er hat ihn dir also die ganzen Jahre vorenthalten?

Butterblume: Warum er ihn so lange versteckt hat, weiß ich auch nicht. Das hab ich noch nicht rausgekriegt. Andererseits hab ich ihn auch, als wir verheiratet waren, nie wirklich verstanden. Und momentan stehe ich noch so unter Schock, dass ich überhaupt nicht richtig denken kann.

Wildwuchs: Du hast also mit Alex gesprochen? Butterblume: Wie soll ich denn mit ihm sprechen,

Wildwuchs? Jetzt, wo ich weiß, was ich weiß, wie kann ich da überhaupt an ihn denken?

Wildwuchs: Das ist doch die einfachste Übung, würd ich denken. Er hat dir schließlich grade gestanden, dass er dich liebt.

Butterblume: Nein, Wildwuchs, er hat mir vor langer, langer Zeit gestanden, dass er mich liebt. Bevor er geheiratet hat, bevor Theo auf die Welt gekommen ist. Ich kann mich einfach nicht dazu überwinden, mit ihm zu sprechen. Er hat mir wie immer geschrieben, und wir haben auch telefoniert, aber beim Gedanken, dass ich diese Chance verpasst habe, wird mir immer noch ganz schlecht! So schlecht, dass ich ihm überhaupt nicht antworten kann.

Wildwuchs: Aber du musst es ihm sagen!

Butterblume: Das wollte ich ja auch. Vor Angst und Aufregung wär ich fast gestorben, aber ich hatte mir fest vorgenommen, ihn anzurufen, die Lage zu sondieren und mich dann Schritt für Schritt ranzupirschen. Aber ausgerechnet an diesem Morgen kam seine alljährliche Weihnachtskarte mit der Post. Vorne drauf ein Foto von seiner Frau und seinen beiden Söhnen, alle in weihnachtlich bunten Strickpullovern, Theo mit einer großen Zahnlücke, Josh mit dem gleichen strahlenden Lächeln wie sein Vater, Alex und Bethany Hand in Hand. Da konnte ich ihn doch nicht einfach anrufen und ihm so was sagen! Er ist verheiratet, er ist glücklich. Er ist über mich weg. Und ich will ja auch gar nicht, dass er meinetwegen aus diesem perfekten Weihnachtsfoto rausspringt.

MissSicher: Glaub mir, Butterblume, du solltest die Familie in Ruhe lassen.

Wildwuchs: Aber sie liebt ihn doch! Und er liebt sie. Und heutzutage retuschiert sowieso jeder seine Fotos.

MissSicher: Wie alt bist du inzwischen, Butterblume, zweiundvierzig?

Butterblume. Ja.

MissSicher: Aha. Er hat diesen Brief vor zwölf Jahren geschrieben, bevor er geheiratet hat. Es ist nicht richtig, die Geschichte jetzt wieder aufzuwärmen.

Dabei können zu viele Herzen zu Bruch gehen.

Wildwuchs: Ach, hör nicht auf sie, Butterblume! Steig in den nächsten Flieger, triff dich mit Alex und sag ihm, dass du ihn liebst.

Butterblume: Aber was ist, wenn seine Gefühle sich inzwischen geändert haben? In den letzten zehn Jahren hat er keine einzige Andeutung gemacht, die in diese Richtung ging.

MissSicher: Weil er verheiratet ist. Er ist ein guter Mann, Butterblume. Er hält sich an die Regeln.

Wildwuchs: Oh, Regeln sind immer dafür da, dass man sie bricht!

MissSicher: Nicht, wenn man jemandem damit wehtut, Wildwuchs.

Wildwuchs: Ach, lass dir bloß nichts einreden, Butterblume. Es ist dein Leben. Wenn du etwas willst, dann musst du dich auf die Hinterbeine stellen und den Stier bei den Hörnern packen, weil das nämlich kein anderer für dich erledigt. Gute Mädchen müssen immer die zweite Geige spielen.

MissSicher: Gute Mädchen haben ein Gewissen und legen Wert darauf, mit ihm in Frieden zu leben. Außerdem besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass Alex’ Gefühle sich geändert haben, und das haben wir überhaupt noch nicht bedacht.

Wildwuchs: Ja, warum sollen wir ihr nicht gleich die Pulsadern aufschneiden, was, MissSicher?

Butterblume: Nein, MissSicher hat Recht, Wildwuchs. Ich muss alle Aspekte in Betracht ziehen, bevor ich mich kopfüber in irgendwas reinstürze. Gott, ist mir schlecht. Okay, wenn ich Alex sage, dass ich diesen Brief endlich gekriegt habe, aber seine Gefühle für mich haben sich geändert – was soll ich dann machen? Zwischen uns würde es nie wieder so werden wie früher, ich würde meinen besten Freund verlieren, und ich glaube, das könnte ich ganz schlecht verkraften.

Wildwuchs: Ja, aber was wäre, wenn du ihm deine Gefühle mitteilst, und er schließt dich leidenschaftlich in die Arme, voller Erleichterung, dass du endlich weißt, was er fühlt? Und dann lebt ihr glücklich und zufrieden bis ans Ende eurer Tage?

MissSicher: Na klar, und das trotz einer garantiert unschönen Scheidung und trotz Sorgerechtsprozess, trotz einer Exfrau mit gebrochenem Herzen …

Wildwuchs: … und wenn sie nicht gestorben sind …

MissSicher: Wenn du dir selbst danach noch in die Augen blicken kannst, dann solltest du es unbedingt tun, Butterblume. Aber ich könnte das nicht.

Wildwuchs: Aber sie kann doch auch nicht so tun, als wäre nichts passiert.

MissSicher: Warum nicht? Die Freundschaft mit Alex bleibt unangetastet, und er kann sein neues Glück weiterleben, genau wie damals, als er keine Antwort von ihr auf diesen Brief bekommen hat. Da hat er doch auch ganz normal weitergemacht, so, als wäre nichts passiert.

Wildwuchs: Wahrscheinlich hat er einfach Schiss gekriegt.

MissSicher: Oder er hat eingesehen, dass Butterblume ihren Ehemann wirklich geliebt hat.

Butterblume: Das ist alles sehr verwirrend. Lonely-Lady, du bist so still. Was denkst du denn?

LonelyLady: Na ja, ich hab viel Erfahrung damit, wie es ist, wenn man sich einsam fühlt, und es hat Zeiten gegeben, da dachte ich, ich würde alles tun, um Liebe zu finden, aber MissSicher hat trotzdem Recht. Ich würde mein Glück auch nicht auf Kosten anderer durchsetzen. Ich würde weitermachen, als wäre nichts gewesen.

Wildwuchs: Ihr seid echt unglaublich. Warum lebt ihr zur Abwechslung nicht mal ein bisschen? Warum mutet ihr den anderen nicht das zu, was sie euch zugemutet haben? Ihr seid alle schon genug von anderen Menschen ausgenutzt worden.

Butterblume: Ja, das stimmt, aber so wenig ich für Bethany übrig habe – sie hat mir nie was getan.

Wildwuchs: Abgesehen davon, dass sie Alex geheiratet hat.

Butterblume: Aber Alex ist ja nicht mein rechtmäßiger Besitz.

Wildwuchs: Könnte er aber sein.

Butterblume: Man kann einen anderen Menschen nie besitzen. Aber die Antwort auf die Frage, ob ich jetzt mit ihm zusammen sein kann oder nicht, lautet nein. Zurzeit nicht.

PaterMichael hat den Chatroom betreten.

Wildwuchs: Ach, sag bloß, du hast eine Scheidung durchgemacht, PaterMichael?

MissSicher: Mach dich nicht lächerlich, Wildwuchs, zeig wenigstens mal ein bisschen Respekt. PaterMichael ist hier, um die Zeremonie zu vollziehen.

Wildwuchs: Das weiß ich doch. Ich wollte nur die Stimmung ein bisschen auflockern.

PaterMichael: Ist unser Brautpaar denn schon eingetroffen?

MissSicher: Nein, aber die Braut kommt ja immer ein bisschen spät.

PaterMichael: Und der Bräutigam?

SingleSam hat den Chatroom betreten.

Wildwuchs: Jetzt ist er da. Hallo, SingleSam.

SingleSam: Hallo allerseits.

Butterblume: Wo ist die Braut?

SingleSam: Sie ist neben mir am Laptop. Sie hat Probleme mit ihrem Passwort und dem Log-In.

MissSicher: Das geht ja gut los.

Geschieden1 hat den Chatroom betreten.

Wildwuchs: Hurra! Hier kommt die Braut, ganz

in …

SingleSam: Schwarz.

Wildwuchs: Bezaubernd.

Butterblume: Sie hat ganz Recht damit, Schwarz zu tragen.

Geschieden1: Was für eine Laus ist denn unserer Butterblume über die Leber gelaufen?

LonelyLady: Sie hat einen Brief gefunden, den Alex ihr vor zwölf Jahren geschrieben hat und in dem er ihr seine Liebe gesteht. Jetzt weiß sie nicht, was sie tun soll.

Geschieden1: Ich kann dir einen guten Tipp geben: Vergiss ihn, er ist verheiratet. Aber jetzt möchte ich, dass sich die Anwesenden zur Abwechslung mal auf mich konzentrieren.

Drüberweg hat den Chatroom betreten.

PaterMichael: Okay, fangen wir an. Wir sind heute hier online versammelt, um Zeugen der Hochzeit zu sein zwischen SingleSam (demnächst genannt »Sam«) und Geschieden1 (demnächst genannt Verheiratet 1).

Drüberweg: WAS?? WAS IST DENN HIER LOS? EINE HOCHZEITSZEREMONIE IM CHATROOM DER GLÜCKLICH GESCHIEDENEN?

Wildwuchs: Oje, sieht aus, als hätten wir einen Eindringling. Entschuldigung, darf ich mal deine Einladung sehen?

Geschieden1: Ha ha.

Drüberweg: FINDET IHR DAS ETWA KOMISCH? IHR MACHT MICH ECHT KRANK, LEUTE. VERARSCHEN KANN ICH MICH SELBST, ICH HAB GENUG ECHTE PROBLEME!

Butterblume: Oh, wir haben auch Probleme, das kannst du gerne glauben. Aber hör bitte auf, hier so RUMZUSCHREIEN!

LonelyLady: Weißt du, Drüberweg, Geschieden1 und SingleSam haben sich hier kennen gelernt.

Drüberweg: OH. JETZT KAPIER ICH.

Butterblume: Psst.

Drüberweg: Entschuldigung. Was dagegen, wenn ich zur Trauung bleibe?

Geschieden1: Setz dich irgendwo hin, aber pass auf, dass du nicht über meine Schleppe stolperst.

Wildwuchs: Ha ha.

PaterMichael: Lasst uns weitermachen, ich hab noch was vor. Zuerst muss ich fragen, ob einer der Anwesenden etwas dagegen vorzubringen hat, dass diese beiden heiraten?

LonelyLady: Ja.

MissSicher: Mir fallen auf Anhieb jede Menge Gründe ein.

Butterblume: Ja, mir auch.

Drüberweg: HÖRT AUF DAMIT!

PaterMichael: Tja, ich fürchte, ihr habt mich echt in eine Zwickmühle gebracht.

Geschieden1: Pater, wir sind in einem Chatroom für Geschiedene, natürlich haben hier alle was gegen das Heiraten. Können wir jetzt bitte fortfahren?

PaterMichael: Selbstverständlich. Willst du, Sam, Penelope zu deiner dir rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen?

SingleSam: Ja, ich will.

PaterMichael: Willst du, Penelope, Sam zu deinem dir rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen?

Geschieden1: Ja, ich will (schon gut, ich heiße wirklich Penelope).

PaterMichael: Ihr habt euch euer Hochzeitsversprechen schon zugemailt, also erkläre ich euch hiermit kraft des mir online verliehenen Amtes zu Mann und Frau. Du darfst die Braut küssen. Wenn die Trauzeugen nun bitte auf das Icon rechts klicken möchten, dort befindet sich ein Formular, auf das sie Namen, Adresse und Telefonnummer eintragen müssen. Wenn alles ausgefüllt ist, mailt es bitte an meine Adresse. Ich verschwinde jetzt. Nochmals herzlichen Glückwunsch.

PaterMichael hat den Chatroom verlassen.

Wildwuchs: Glückwünsche, Sam und Penelope!

Geschieden1: Danke, Mädels, dass ihr dabei wart. Drüberweg: Spinner.

Drüberweg hat den Chatroom verlassen.

Wildwuchs: Na gut, ihr Turteltäubchen, ich verschwinde jetzt auch. Genießt eure Flitterwochen, hier sieht man euch ja sicher nicht wieder. LonelyLady, ich wünsch dir viel Glück für dein Date. MissSicher, viel Spaß. Und was hast du jetzt vor, Butterblume?

*

Ruby: Was soll das heißen, du ziehst nach Galway?

Rosie: Es heißt, ich ziehe nach Galway. Ich verlasse diese scheußliche Wohnung in Dublin ein für alle Mal und werde ab jetzt an der Westküste wohnen.

Ruby: Aber warum?

Rosie: Ruby, es gibt nichts, was mich hier hält. Außer dir natürlich. Ich hatte in Dublin eine Reihe unbefriedigender Jobs, von meiner Familie wohnt niemand mehr dort, das Herz ist mir zweimal gebrochen worden, ich hab kein Geld und keinen Mann. Ich sehe wirklich keinen Grund, warum ich bleiben sollte.

Ruby: Hmm, verzeih dem Überbringer schlechter Botschaften, aber in Galway hast du auch keinen Job, keine Familie und keinen Mann. Es sei denn, du willst Schafhirte werden.

Rosie: Ach ja, die üblichen Vorurteile der Stadtmenschen. Dort gibt es auch Geschäfte und Restaurants, weißt du. Und auch wenn ich alles andere nicht habe, hab ich immerhin ein Haus.

Ruby: Bist du übergeschnappt, Rosie?

Rosie: Wahrscheinlich. Aber ich besitze ein großes, geräumiges Haus direkt an der Küste von Connemara.

Ruby: Genau! Und was willst du da ganz allein, ohne Job? In einem großen Haus, das sich mühsam an die Steilküste klammert?

Rosie: Du könntest es eventuell erraten, wenn du dich ein bisschen anstrengst.

Ruby: Na ja, ich hab an Selbstmord gedacht, aber ich hoffe, damit liege ich falsch.

Rosie: Ach, das ist doch lächerlich. Ich will eine Pension aufmachen! Ich weiß, ich hab immer gesagt, ich hasse Bed & Breakfast, aber ich hab vor, es als so eine Art Minihotel aufzuziehen. Und ich bin Managerin und Eigentümerin in einer Person!

Ruby: Wow.

Rosie: Wie findest du das?

Ruby: Ich finde das … wow. Mir fällt leider keine einzige sarkastische Bemerkung ein. Ich finde die Idee großartig. Aber bist du sicher, dass du das auch wirklich willst?

Rosie: Ruby, ich war mir nie sicherer! Ich hab recherchiert, und mit dem Erbe von meinen Eltern kann ich mir die Versicherung leisten. Ich hab mich in allen B & Bs in der Gegend erkundigt, und anscheinend wimmelt es dort nur so von Touristen. November und Dezember sind ein bisschen happig, aber normalerweise kriegt man in den übrigen Monaten genug zusammen, um die Zeit zu überbrücken. Die Gegend ist wunderschön: wildromantische Küste, geheimnisvoll nebelverhangenes Moor, und unablässig donnert das Meer gegen die Klippen. Ich liebe es. Ursprüngliche Natur, alle Elemente präsentieren sich von ihrer aufregendsten Seite – wer möchte das nicht erleben? Wer möchte hier nicht wohnen?

Ruby: Na ja, ich zum Beispiel. Aber ich verstehe trotzdem, was du meinst. Hört sich an, als wäre es das Richtige für dich, Rosie. Herzlichen Glückwunsch, du kleines Genie. Ich hoffe nur, dass es dich nicht eines Tages noch weiter in die Welt hinauszieht.

*

In der Pension »Butterblume« empfängt Ihre Gastgeberin Rosie Dunne Sie mit offenen Armen. Das moderne Haus besitzt vier Gästezimmer und ist anerkannt vom Bord Failte, dem irischen Fremdenverkehrsbüro. Alle Zimmer verfügen über Bad, Telefon und Zentralheizung.

Für alle, die Connemara kennen lernen möchten, ist die Pension Butterblume der ideale Ausgangspunkt. Von hier aus können Sie wandern oder sich an den kilometerlangen Sandstränden entspannen, und auch die passionierten Angler kommen am Lough Corrib – Irlands größtem Binnengewässer, in dem sich Lachse und Forellen tummeln – auf ihre Kosten. Außerdem gibt es an der Küste zahllose Möglichkeiten zum Tauchen, Segeln und Surfen.

Im Connemara National Park, einem zweitausend Hektar großen Naturschutzgebiet mit Bergen, Sümpfen und Grasland, treffen Sie auf eine geradezu spektakuläre Vielfalt von Tierarten. Hier gibt es auch die Spuren uralter menschlicher Siedlungen und viertausend Jahre alte Hünengräber zu besichtigen. Golfplätze mit Hügeln und Buchten erfüllen selbst die Erwartungen des anspruchsvollsten Golfspielers. Zu Fuß, auf dem Pferderücken oder mit dem Fahrrad können Sie die Gegend erkunden, und auch Kletterenthusiasten finden Gelegenheit, ihre Fertigkeiten zu erproben.

Wer nach einem aktiven Tag abends einfach ausspannen möchte, ist vor dem Kaminfeuer im Fernsehzimmer der Pension Butterblume gut aufgehoben. Auch Brettspiele und ein breit gefächertes Büchersortiment stehen Ihnen hier zur Verfügung. Im Speiseraum und im Wintergarten, von wo man einen herrlichen Rundblick über die Hügel und den Atlantik genießt, wird ein traditionelles irisches Frühstück serviert.

Der Preis beträgt 35 Euro pro Person/Nacht.

Für Ihre Reservierung melden Sie sich bitte bei Rosie Dunne.


Von: Katie

An: Mum

Betreff: Kompliment!

Wow, Mum, das klingt ja super! Die Fotos sind phantastisch, du hast echt ganze Arbeit geleistet. Jetzt bist du endlich Rosie Dunne, Direktorin und Eigentümerin der Pension Butterblume! Ich besuche dich nächste Woche, dann kann ich dir bei den letzten Kleinigkeiten ein bisschen zur Hand gehen, und wir können noch ein paar nette Sachen für das große Haus kaufen! Grandma und Granddad wären superstolz auf dich und würden sich freuen, dass ihr Haus auf diese Weise genutzt wird. Sie fanden es schon immer zu groß für zwei Leute.

Toll gemacht! Bis nächste Woche.

*

Liebe Rosie,

ich wollte nur wissen, ob zwischen uns alles in Ordnung ist. Du klingst am Telefon in letzter Zeit ein bisschen, na ja, ein bisschen komisch, wenn ich das mal so sagen darf. Hab ich dich irgendwie verärgert?

Ich wüsste nicht, wie, aber falls doch, dann sag es mir bitte. Im Moment ist mal wieder so eine Phase, in der ich gar nicht viel tun muss, um die Frauen in meinem Leben zu vergrätzen. Bethany fängt schon Streit mit mir an, wenn ich sie bloß anschaue. Wenn bei dir was Ähnliches im Busch ist, dann bitte raus mit der Sprache, Rosie.

Bethany macht sich total verrückt wegen Theos zehntem Geburtstag nächste Woche. Sie hat mehr von ihren eigenen als von Theos Freunden eingeladen. Josh klaut ständig mein Auto und kutschiert die ganze Nacht mit seiner Freundin in der Gegend rum. Sie ist ein nettes Mädchen, aber ich weis echt nicht, was sie an meinem Sohn eigentlich findet. Er ist total irre. Ich krieg ihn einfach nicht dazu, dass er sich hinsetzt und lernt (jetzt hör ich mich an wie mein Vater, ich weis). Nächsten September soll er mit dem College anfangen, aber angesichts der Tatsache, dass er sich bisher nirgends beworben hat und auch nicht weis, was er machen will (außer in meinem Auto rumfahren), nehme ich an, dass er erst mal ein Jahr rumhängt, ehe er sich um seine Ausbildung kümmert.

Zum Glück findet Theo auch, dass Josh verrückt ist. Er hat sogar ein bisschen Angst vor ihm. Deshalb hoffen wir, dass wir uns wegen Theo später mal nicht in Grund und Boden zu schämen brauchen. Natürlich soll das ein Witz sein.

Im Krankenhaus läuft alles ganz gut. Ich mache eigentlich das Gleiche wie immer, aber seit Reginald in den Ruhestand getreten ist, hat sich mein Leben deutlich entspannt. Jetzt kann ich Luft holen, ohne ständig erklären zu müssen, warum. Mit meinem Schwiegervater zu arbeiten ist ungefähr ebenso anstrengend wie mit seiner Tochter verheiratet zu sein. War natürlich schon wieder ein Scherz. Na ja, mehr oder weniger, aber Schwamm drüber.

Ich muss jetzt Schluss machen, aber ich wollte mich unbedingt vergewissern, dass zwischen uns alles in Ordnung ist. Die Broschüre für das B & B sieht phantastisch aus. Ich wünsche dir viel Glück mit deinem Projekt, Rosie, du hast das Beste verdient!

Liebe Grüße,

Alex


Von: Rosie

An: Alex

Betreff: Entschuldigung

Ich entschuldige mich in aller Form dafür, wenn ich mich am Telefon so benommen habe, als wäre ich sauer auf dich. Ich war ein bisschen durcheinander, weil ich etwas über meine Vergangenheit erfahren habe, was ich bisher nicht wusste. Das hat mich eine Zeit lang stark beschäftigt, aber jetzt hab ich es verarbeitet und bin nicht mehr so neben der Spur.

Ich habe Lust, etwas Neues anzufangen und die nächsten zehn Jahre meines Lebens der Suche nach Glück und Erfüllung zu widmen. Wenn du mich hier besuchen möchtest, bist du immer willkommen!


Von: Alex

An: Rosie

Betreff: Danke

Herzlichen Dank für dein großherziges Angebot, Rosie. Ich werde garantiert darauf zurückkommen, sobald meine Frau mal nicht hinguckt.


Von: Rosie

An: Alex

Betreff: Flirt

Na, na, Alex Stewart, du flirtest doch nicht etwa mit mir?


Von: Alex

An: Rosie

Betreff: Re: Flirt

Doch, Rosie Dunne, ich glaube, du hast Recht. Melde dich in zehn Jahren wieder bei mir, wenn deine Suche nach Glück und Erfüllung von Erfolg gekrönt ist.

Fuer immer vielleicht
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