Kapitel 45
Sie haben eine Message von: TOBY
Toby: Ich wette, du hattest Thunfischsandwich zum Lunch.
Katie: Woher weist du das?
Toby: Du hast Thunfisch in den Brackets hängen. Warum bist du nicht längst dazu übergegangen, Brei zu essen oder irgendwas, was du mit einem Strohhalm einsaugen kannst. Feste Nahrung sollte tabu für dich sein, finde ich.
Katie: Nächste Woche um diese Zeit kannst du nicht mehr über mich herziehen. Denn das Ende einer Ära ist angebrochen. Die Brackets kommen raus. Nach dreieinhalb Jahren hinter Gittern sind meine Zähne – meine wunderschön geraden Zähne, wenn ich das hinzufügen darf – endlich frei!
Toby: Wurde auch langsam Zeit. Ich kann’s kaum erwarten, wie sie aussehen. Ich muss sie endlich sehen.
Katie: Du brauchst doch nicht vor Beginn des Studiums schon alles zu wissen, Toby. Normalerweise lernt man solche Sachen auf dem College.
Toby: Na ja, ich bin noch nicht angenommen, richtig? Womöglich setze ich meine Prüfungen in den Sand und kriege nicht genug Punkte zusammen.
Katie: Ich bin sicher, dass du es schaffst, Toby.
Toby: Mal sehen. Hast du dir eigentlich schon überlegt, was du machen willst? Du solltest dich lieber ziemlich bald entscheiden, weil wir demnächst unsere Uni-Bewerbungen ausfüllen müssen.
Katie: Was für ein Stress! Wie sollen wir denn mit siebzehn Jahren (oder in deinem Fall mit achtzehn) entscheiden, was wir den Rest unseres Lebens tun wollen? Im Moment will ich bloß raus aus der Schule, und ich hab null Bock, schon fürs nächste Bildungsgefängnis zu planen. Du hast Glück, weil du schon seit Ewigkeiten weist, was du machen willst.
Toby: Nur dank dir und deinen krummen Zähnen. Aber eigentlich weißt du schon viel länger, was du machen willst, als ich. Du wolltest schon immer DJ werden.
Katie: Aber das kann ich nicht am College studieren.
Toby: Wer sagt denn, dass du aufs College musst?
Katie: Alle. Der Berufsberater. Meine Mum. Mein Dad. Sämtliche Lehrer. Gott. Rupert. Sogar Sanjay aus dem Restaurant unter uns hat gesagt, ich soll machen, dass ich an die Uni komme und endlich ausziehe, dann kümmert er sich um Mum.
Toby: Tja, auf Sanjay würde ich ganz bestimmt nicht hören, weil der nämlich aus niederen Beweggründen argumentiert. Ich würde auch nicht auf den Berufsberater hören, weil es sein Job ist, sich mit dir über deine Collegeausbildung zu unterhalten. Glaubst du, es interessiert ihn wirklich, was du später machst? Was Rupert denkt, kümmert eh keinen, dein Dad sagt nur das, was deine Mum sagt, und deine Mum will dich nur deshalb aufs College schicken, weil sie glaubt, dass du es willst. Und um Gott solltest du dir keine Gedanken machen, der lacht sowieso nur über uns Menschen, wie deine Mutter es immer so schön ausdrückt.
Katie: Aber Mum hat so dafür geschuftet, dass sie endlich das machen kann, was sie möchte, und das letzte Jahr war für sie verdammt hart. In meinem Alter wollte sie unbedingt aufs College, und dann kam ich dazwischen, und jetzt bin ich so weit, und mir steht nichts im Weg. Ich glaube, Mum denkt, ich sollte vor lauter Freude in die Luft springen, aber für mich fühlt es sich eher an, als müsste ich ins Gefängnis, ehrlich. Dad sagt, ich könnte den Sommer wieder bei ihm verbringen und ein paar Mal pro Woche im Club an der Bar arbeiten. An den übrigen Abenden würde ich bei Sugar Auflegen lernen. Sugar meint, wenn ich da wirklich einsteigen will, sollte ich bald im Ernst damit anfangen.
Toby: Recht hat er.
Katie: Klingt ja nicht danach, als würdest du mich wahnsinnig vermissen!
Toby: Natürlich nicht. Wenn du nämlich nicht gehst, dann bin garantiert ich derjenige, der sich den Rest seines Lebens dein Gejammer anhören muss. Wenn deine Mum wüsste, dass du viel lieber DJ wärst, als aufs College zu gehen, und zwar ganz im Ernst, dann würde sie dir bestimmt raten, es zu versuchen.
Katie: So hab ich das noch nie gesehen. Wer hätte denn auch gedacht, dass wir jemals im letzten Schuljahr landen würden, Toby? Nach den ganzen Jahren in Uniform und Schulkrawatte muss ich jetzt nie wieder eine tragen. Aber für dich, lieber Toby, fängt die Sache erst richtig an.
Toby: Keine Doppelstunde EDV am Montagmorgen. Und ich kann dir versichern, dass ich keine Krawatte tragen werde, wenn ich es aufs College schaffe.
Katie: Dann eben braune Cordhosen und lange Haare. Du kannst den lieben langen Tag auf der Wiese rumliegen und Bob Dylan hören, Mann. Irgendwie denke ich, dass die Doppelstunde EDV am Montagmorgen ein Kinderspiel ist im Vergleich dazu, von Mum und Grandma wegzuziehen. O mein Gott – und was ist mit John?
Toby: John hat Beine, er kann in ein Flugzeug steigen, sich anschnallen, nach Ibiza fliegen und dich besuchen. Mir fällt auf, dass du mich nicht erwähnt hast. Meinst du, das Leben ist leichter ohne mich?
Katie: Natürlich. Nein, ehrlich, gibt es denn auf Ibiza keine Unis, an denen man Zahnmedizin studieren kann?
Toby: Nicht dort, wo du hinwillst, es sei denn, du rechnest zur Zahnmedizin auch, dass man anderen Leuten eins aufs Maul gibt.
Katie: Na, dann ist Ibiza wohl nur was für mich und Dad.
*
Liebe Katie, liebe Rosie,
viel Glück euch beiden für eure Prüfungen! Ich bete für meine Mädels.
Liebe Grüße,
Mum/Grandma
Viel Glück, Rosie und Katie!
Liebe Grüße
Steph, Pierre, JeAN-LOuiS und Sophia
Liebe Rosie, liebe Katie,
beste Freundin und Patentochter, viel Glück für eure Prüfungen! Ihr werdet beide wie immer eine Glanzleistung hinlegen. Lasst mich wissen, wie es läuft,
lieben Gruß,
Alex
Liebe Rosie,
kannst du nach den Prüfungen mal wieder ausgehen? Du wirst allmählich furchtbar langweilig und jetzt auch noch gebildet, schlimmer kann es ja kaum kommen. Das Niveau meiner Unterhaltungen mit Teddy und Gary sinkt täglich weiter ab, und jüngst wurde ich gezwungenermaßen Zeugin einer »Diskussion« darüber, ob der Aston Martin DB7 genauso gut oder genauso schnell ist wie ein Ferrari 575. Ach ja, meine Familie widmet sich eben immer gern den wichtigen Dingen im Leben.
Ich weiß, ich hab dich ermutigt, dieses Diplom zu machen, aber wenn du dieses Jahr durchfällst und das Ganze noch mal wiederholen musst, dann kündige ich jetzt schon offiziell an, dass ich mir eine neue Freundin suchen werde, nämlich eine, die nicht so ehrgeizig ist. Du weißt doch, der Ehrgeiz hat auch Macbeth ins Verderben getrieben! (Na ja, es könnte auch seine verrückte Frau gewesen sein.)
Also, mach dir bloß keinen Stress. Viel Glück,
Ruby
Liebe Mum,
jetzt ziehen wir die Sache durch, und in zwei Wochen sind wir frei.
Viel Glück,
Katie
Liebe Katie,
viel Glück, Schätzchen, danke, dass du meine Lernpartnerin warst. Ganz egal, wie du abschneidest, ich bin stolz auf dich!
Alles Liebe,
Mum
Prüfungsergebnisse: Rosie Dunne
Studiennummer: 4553901-L
Studiengang: BA als Hotelfachmann/Hotelfachfrau Anerkannt durch das Irish Hotel & Catering Institute (MIMCI) und die Catering Association of Ireland (MCMA)
Fach |
Note |
Buchführung |
Gut |
EDV |
Gut |
Warenwirtschaft |
Gut |
Ehtische und rechtliche |
|
Aspekte der Gastronomie |
Gut |
Finanzen und Marketing |
Gut |
Mitarbeitermanagement |
Sehr gut |
Unternehmensentwicklung |
Sehr gut |
Sprachen (Irisch) |
Sehr gut |
Tourismus und Gastronomie |
Sehr gut |
Die Inhaberin dieses Diploms hat Anrecht auf ein zeitlich begrenztes professionelles Praktikum in einer gastronomischen Einrichtung.
An Alex mobil
Ja! Ja! Ja! Ja! Jaaaaa! Alex, ich hab’s geschafft! Ich hab’s endlich geschafft!
An Rosie Handy
Freu mich für dich, Rosie. Glückwünsche!
Von: Rosie
An: Ruby
Betreff: Lass uns feiern!
Jetzt können wir einen draufmachen, aber holla! Übrigens kommt Katie auch mit, also zieh deine Tanzschuhe an (nicht wörtlich gemeint. In einem Club will niemand deine einschüchternden Salsa-Schuhe sehen!). Meine Tochter hat ihre Prüfungen super bestanden und ist an ein paar Unis für Wirtschaftswissenschaften angenommen worden, aber sie möchte gern ihre ursprüngliche Idee mit dem DJ weiterverfolgen. Toby hat genug Punkte ergattert, dass er Zahnmedizin am Trinity College studieren kann, also sind alle einfach glücklich, glücklich, glücklich!
Weißt du, als ich achtzehn war und dann doch nicht nach Boston konnte, dachte ich, das ist der Weltuntergang. Alle meine Freunde haben gefeiert und studiert, und ich hab schmutzige Windeln gewechselt. Ich dachte, mein Traum ist ein für alle Mal zerbrochen. Nicht in einer Million Jahre wäre ich auf die Idee gekommen, dass ich diesen einmaligen Augenblick zusammen mit meiner fast erwachsenen Tochter erleben würde!
Nichts auf der Welt passiert ohne Grund. Ich werde furchtbar traurig sein, wenn mein Baby mich verlässt. Der Tag, auf den ich mich schon so lange vorbereitet habe, ist gekommen. Katie ist flügge, sie geht hinaus ins Leben, und ich muss dasselbe tun. Ich glaube, ich hab möglicherweise genug Geld gespart, um mir eine Zugfahrkarte zu kaufen.
Rosie Dunne kommt endlich wieder in Bewegung. Wurde auch allmählich Zeit.
Liebe Rosie,
herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung, du hast dich als echte Erfolgsfrau erwiesen und kannst sehr, sehr stolz auf dich sein.
Getreu meinem Versprechen ist es mir eine Freude, dir im Namen aller, die an der St. Patrick’s Primary School beschäftigt sind, mitteilen zu können, dass deine Dienste nicht länger benötigt werden. Dein Vertrag wird im August nicht verlängert werden.
Es tut uns Leid, dich zu verlieren, aber du musst gehen. Ich trete ein Jahr später als geplant in den Ruhestand, aber es hat sich gelohnt, deinen Erfolg mitzuerleben. Rosie Dunne, du warst das langwierigste Projekt meines Lebens, meine älteste Schülerin, und obwohl der Beginn und vor allem der Mittelteil unserer Beziehung zweifellos recht holprig war, bin ich sehr froh, dass du am Ende das erreicht hast, was du wolltest.
Dein Fleiß und dein Durchhaltevermögen sind für uns alle vorbildhaft, und ich wünsche dir für die Zukunft das Allerbeste. Ich hoffe, wir bleiben in Kontakt, und ich würde mich freuen, dich auf meiner Abschiedsparty begrüßen zu dürfen. Die Einladungen werden demnächst verschickt. Ich bitte dich, eine davon an Alex Stewart weiterzuleiten.
Nachdem ich so viele Jahre versucht habe, euch voneinander fern zu halten, wäre es mir eine Freude, euch nach der langen Zeit zusammen im gleichen Raum zu sehen. Ich hoffe, dass Alex kommen kann.
Nochmals herzlichen Glückwunsch.
Bleib in Kontakt,
Julie (Rüsselnase) Casey
Liebe Katie,
mein kleines Mädchen zieht aus! Ich bin so stolz auf dich, Liebes, es gehört wirklich Mut dazu, diesen Weg zu beschreiten. Sorge dafür, dass dein Dad nicht vergisst, dass er die Verantwortung für Essen und Kleidung trägt.
Ich werde dich schrecklich vermissen, ich war schrecklich gern mit dir zusammen, aber ich hoffe, ich darf dich besuchen!
Wenn du mich brauchst, ruf einfach an, ich komme, so schnell ich kann.
Alles Liebe,
Mum
Lieber Brian,
du hast eine große Verantwortung übernommen. Bitte sorge gut für Katie und sieh zu, dass sie keinen Blödsinn macht. Du weißt ja selbst, wie achtzehnjährige junge Männer sind, schließlich warst du auch mal einer. Halt Katie möglichst von deinesgleichen fern. Sie soll etwas lernen, nicht nur Partys feiern oder womöglich schwanger werden.
Bitte informiere mich über alles, was sie angeht. Selbst über das, was sie mir aus Angst nicht sagen will. Eine Mutter muss einfach Bescheid wissen. Bitte hör ihr gut zu und sei immer für sie da. Wenn du auch nur den leisesten Verdacht hast, dass irgendwas nicht stimmt, und wenn du es nicht aus ihr rauskriegst, dann wende dich an mich. Ich hab nämlich die Fähigkeit, ihr die Würmer ganz subtil aus der Nase zu ziehen.
Last but not least: Danke, dass du es deinem – das heißt natürlich unserem – Baby ermöglichst, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen.
Alles Gute,
Rosie
*
Liebe Rosie Dunne,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Abschluss als Hotelfachfrau.
Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihr Berufspraktikum im Gastronomiebereich Anfang August beginnt. Die Praktikumsplätze wurden von einem Computer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und den Lehrgangsabsolventen zugeteilt. Wenn ein Praktikum angetreten wurde, besteht kein Anspruch auf einen Wechsel.
Der Vertrag läuft über zwölf Monate und bezieht sich auf die Position einer Direktionsassistentin im Grand Tower Hotel im Zentrum von Dublin. Arbeitsbeginn ist Montag, der 1.August. Für zusätzliche Informationen kontaktieren Sie bitte Cronin Ui Chellaigh, Manager und Eigentümer des Grand Tower Hotel. Telefonnummer, weitere Einzelheiten und einen Lageplan des Hotels finden Sie umseitig. Wir wünschen Ihnen Glück für Ihr Vorhaben und hoffen, es bringt Ihnen Erfolg für die Zukunft.
Mit besten Grüßen
Keith Richards
Direktor des Studiengangs Hotelfachmann/Hotelfachfrau am Abendgymnasium der St. Patrick’s Secondary School
Alex: Sehr beeindruckend, Rosie. Das Grand Tower Hotel. Klingt imposant.
Rosie: Oooh, ich weiß! Das hab ich auch gedacht. Aber ich kenne das Hotel nicht – du vielleicht?
Alex: Oh, ich fürchte, da fragst du den Falschen,
Rosie. Jedes Mal, wenn ich nach Dublin komme, ist schon wieder irgendwo ein neues Gebäude, ein Bürohaus oder ein Apartmentblock aus dem Boden gestampft worden. Ich kenn mich überhaupt nicht mehr aus. Du solltest es dir aber mal anschauen, bevor du anfängst.
Rosie: Nein! Das kann ich doch nicht! Stell dir vor, wenn man mich erwischt, wie ich da rumschnüffle, und dann komm ich am nächsten Morgen an und behaupte, ich bin die Direktionsassistentin. Die halten mich ja für irre.
Alex: Wohl eher für interessiert und eifrig, würde ich sagen.
Rosie: Niemand möchte gern übereifrig wirken, Alex. Übrigens: Nachdem wir gestern Abend aufgelegt hatten, hab ich gedacht: Ob er wohl merkt, dass er einen amerikanischen Akzent hat?
Alex: Ich bin seit zwanzig Jahren hier, Rosie. Inzwischen bin ich länger hier als in Irland. Meine Kinder sind Amerikaner, ich muss mich ihrem Kauderwelsch anpassen, so gut ich kann. Natürlich hab ich inzwischen meinen irischen Slang verlernt.
Rosie: Na ja, es ist eher so, dass du was dazugelernt hast. Aber zwanzig Jahre … Wie ist das passiert?
Alex: Ich weis, die Zeit verfliegt, wenn man das Leben genießt.
Rosie: Wenn du damit andeuten willst, dass die letzten zwanzig Jahre für mich ein reiner Genuss waren, dann möchte ich gern mal wissen, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich wirklich amüsiert.
Alex: War es denn wirklich so schwer für dich, Rosie?
Rosie: Dafür müsstest du erst mal definieren, was schwer bedeutet.
Alex: Ach, komm schon …
Rosie: Nein, es war natürlich nicht nur schwer für mich, aber ich würde mich auch nicht beklagen, wenn es in Zukunft leichter werden würde.
Alex: Na ja, das würde wahrscheinlich keiner … Jedenfalls wird dein neuer Job bestimmt spannend.
Rosie: Ja, ganz bestimmt. Ich komme mir vor wie ein Kind kurz vor Weihnachten! So hab ich mich seit einer Ewigkeit nicht mehr gefühlt. Ich weiß, die Stelle ist befristet und ich bin eigentlich immer noch in der Ausbildung, aber ich habe lange auf diese Gelegenheit gewartet.
Alex: Zu lange, würde ich sagen. Grade ich weis, wie sehr du es dir gewünscht hast. Ich hab es nämlich immer gehasst, wenn du mich gezwungen hast, mit dir Hotel zu spielen.
Rosie: O ja, daran erinnere ich mich. Ich war immer die Chefin, und du musstest der Gast sein!
Alex: Und Gast sein war ätzend, weil du mich einfach nie in Ruhe gelassen hast. Pausenlos hast du meine Kissen aufgeschüttelt und mir Schemel unter die Füße geschoben, alles mit der wohlmeinenden Begründung, der Gast sei schließlich König!
Rosie: Mein Gott, das hab ich ganz vergessen! Ich hab versucht, den Typen aus Fantasy Island nachzumachen, der sich so inbrünstig um seine Gäste kümmert und ihnen mithilfe von Zauberei ihre Träume erfüllt.
Alex: Ich würde es nicht als Erfüllung meiner Träume bezeichnen, wenn ich nachmittags um zwei ins Bett gepackt werde, sodass ich kaum mehr Luft kriege! Ich weis ja nicht, was du damit erreichen wolltest, aber wenn du dich deinen realen Gästen gegenüber genauso verhältst, musst du vermutlich nicht allzu lange warten, bis die ersten richterlichen Verfügungen gegen dich eintrudeln.
Rosie: Aber es war immer noch besser als Krankenhaus. Das Spiel bestand doch nur daraus, dass du mich auf betoniertem Untergrund zum Stolpern gebracht und mich dann verarztet hast. Mum und Dad haben sich öfter mal gewundert, woher ich die ganzen Schürfwunden und blauen Flecke hatte.
Alex: Das hat doch Spaß gemacht!
Rosie: Offenbar hast du eine etwas verquere Vorstellung von Spaß. Beispielsweise hinsichtlich der letzten zwanzig Jahre …
Alex: Die waren offensichtlich für uns beide nicht immer nur das reine Vergnügen.
Rosie: Nein.
Alex: Hotels und Krankenhäuser. Klingt wie aus einem zwielichtigen Pornofilm.
Rosie: Das hättest du wohl gern, was?
Alex: Ja. Ich hab einen vierjährigen Sohn, der am liebsten zwischen mir und meiner Ehefrau nächtigt. Rosie: Hmm, ich glaube, ich könnte ins Kloster gehen, und es würde mir überhaupt nichts ausmachen.
Alex: Das kann ich mir aber nicht vorstellen!
Rosie: Doch, wirklich, du kannst es mir ruhig glauben, Alex. Nach den Männern, mit denen ich zusammen war, wäre ein Leben ohne Sex für mich wie ein Geschenk.
Alex: Ich hab ja auch nicht gemeint, dass du den Sex vermisst, dich würde eher das Schweigegelöbnis umbringen.
Rosie: Sehr witzig. Glaub mir, Alex, es gibt eine bestimmte Art von Stille, bei der man wie auf Wolken schwebt. Und mit dieser Erkenntnis verlasse ich dich jetzt.
Rosie hat sich ausgeloggt.
Alex: Diese Stille kenn ich auch.