Kapitel 3
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Julies Party
Hi, lange nichts gehört … Hoffentlich schuftest du dich da in »deinem Büro« nicht zu Tode. Hab dich den ganzen Sommer kaum gesehen. Heute Abend steigt bei Julie eine Party, hast du vielleicht Lust mitzukommen? Ich will nämlich nicht allein hin. Na ja, wahrscheinlich bist du mal wieder anderweitig beschäftigt … Ruf an, falls du doch Zeit hast, oder schick eine Mail.
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: Julies Party
Rosie, ganz kurz – bin total im Stress. Kann heute Abend nicht, hab Bethany versprochen, ins Kino zu gehen. Tut mir Leid! Trotzdem viel Spaß, Alex
Hi, Rosie,
hallo aus Portugal! Wetter superheiß, Dad hat einen Sonnenstich, Mum liegt nur am Pool rum, laaangweilig. Kaum junge Leute. Hotel ruhig (siehe Karte), direkt am Strand, würde dir gefallen, hier zu arbeiten. Ich bring dir diese Shampoo-Pröbchen und Zeugs mit, das du so toll findest. Wir sehn uns, wenn ich zurück bin,
Alex
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Infoaustausch?
Hab gehört, dass du seit letzter Woche aus dem Urlaub zurück bist. Hab in letzter Zeit nicht viel von dir gehört … hast du Lust, heute Abend was trinken zu gehen und zu quatschen?
Von: Alex
An Rosie
Betreff: Re: Infoaustausch?
Tut mir Leid, war ständig im Stress. Hab deine Souvenirs. Kann heute Abend leider nicht, aber ich bring dein Geschenk auf dem Rückweg vorbei.
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Re: AW: Infoaustausch?
Hab dich gestern Abend nicht gesehen. Bin scharf auf meine Shampoo-Souvenirs, ha ha.
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: Re: AW: AW: Infoaustausch?
Wir fahren übers Wochenende nach Donegal, Beths Eltern haben da ein Landhaus. (So nennen sie’s.) Wenn ich wieder da bin, bring ich gleich das Päckchen vorbei.
An das Arschloch, das angeblich mein Freund ist Ich schreibe dir diesen Brief, denn wenn ich dich vor mir hätte, würde ich dir wahrscheinlich eine scheuern.
Ich kenne dich überhaupt nicht mehr.
Ich sehe dich überhaupt nicht mehr.
Wenn’s hoch kommt, kriege ich von dir alle paar Tage mal eine hingerotzte Mail. Oder eine Urlaubskarte. Ich weiß, dass du viel zu tun hast und am liebsten mit Bethany zusammen bist, aber – hallo? Angeblich bin ich doch deine beste Freundin!
Du hast keine Ahnung, wie dieser Sommer für mich läuft. Seit wir klein sind, haben wir niemanden an uns rangelassen, keinen einzigen neuen Freund gefunden, und irgendwann gab es nur noch dich und mich. Wahrscheinlich ist dir das noch nicht aufgefallen, weil du noch nie in so einer Situation warst wie ich jetzt. Du hattest immer jemanden. Du hattest mich. Ich hatte dich. Aber jetzt hast du Bethany, und ich hab niemanden.
Ich komm mir vor wie das fünfte Rad am Wagen. Wie einer von denen, die wir früher immer abblitzen ließen. Jetzt weiß ich, wie das ist, wenn man immer nur die kalte Schulter gezeigt kriegt. Wahrscheinlich machst du’s nicht mal absichtlich, wir haben damals auch nie drüber nachgedacht. Es war ja auch nicht so, dass wir keine anderen Freunde wollten, wir haben nur nie welche gebraucht. Leider sieht es ganz danach aus, als würdest du mich auch nicht mehr brauchen. Ich will mich ja auch gar nicht über Bethany beschweren oder so, aber ich vermisse dich schrecklich. Und … na ja, ich fühl mich einsam.
Wenn du mich mal wieder versetzt hast, hocke ich am Ende mit Mum und Dad daheim vor dem Fernseher. Das ist super deprimierend. Dabei sollte das doch unser großer Fun-und-Freiheit-Sommer werden! Was ist denn los? Kannst du nicht mit zwei Leuten gleichzeitig befreundet sein?
Ich weiß, du hast einen ganz besonderen Menschen gefunden und ihr habt jetzt eine ganz besondere »Beziehung« oder wie man das nennt – jedenfalls etwas, das wir beide nie zusammen haben werden. Aber wir haben doch auch eine Beziehung, wir sind schließlich beste Freunde! Oder ist damit einfach Schluss, wenn man so mit jemandem zusammen ist wie du mit Bethany? Vielleicht ist es ja so, vielleicht verstehe ich’s einfach nur nicht, weil ich noch nie so eine »besondere« Beziehung hatte. Eigentlich hab ich’s damit auch nicht eilig. Mir hat es nämlich ganz gut gefallen, wie es war.
Wahrscheinlich stolperst du in ein paar Jahren irgendwo über meinen Namen und sagst: »Rosie? Also den Namen hab ich ’ne Ewigkeit nicht mehr gehört. Wir waren irgendwann mal beste Freunde. Was aus der wohl geworden ist? An die hab ich ja seit Jahren nicht mehr gedacht.« Dann hörst du dich an wie meine Mum und mein Dad, wenn sie Freunde zum Essen einladen und sich über die guten alten Zeiten unterhalten. Bei richtig wichtigen Ereignissen in ihrem Leben kommen Leute vor, von denen ich noch nie was gehört habe. Wo sind die jetzt? Wieso redet meine Mum mit der Frau, die ihre Brautjungfer war, heute kein Wort mehr? Oder Dad – wieso weiß der nicht mal, wo sein bester Freund vom College inzwischen wohnt? Immerhin hat er volle fünf Jahre lang mit ihm zusammen studiert!
Aber egal – worum es mir geht (ich weiß, ich weiß, ich komm ja gleich zur Sache): Ich möchte nicht zu diesen Leuten gehören, die du einfach vergisst, zu den Leuten, die irgendwann mal ach so wichtig und ach so wundervoll waren und an die du dich ein paar Jahre später bestenfalls noch vage erinnerst. Ich möchte, dass wir für immer beste Freunde bleiben, Alex.
Ich freue mich, dass du glücklich bist, aber ich fühl mich so abgehängt. Vielleicht ist unsere Zeit einfach vorbei. Vielleicht ist jetzt Bethany an der Reihe. Und wenn das der Fall ist, werde ich diesen Brief lieber nicht abschicken. Und wenn ich ihn nicht abschicke, warum schreibe ich ihn dann überhaupt? Okay, ich höre lieber auf und zerreiße das ganze Gedankendurcheinander.
Deine Freundin
Rosie
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: Butterblume!!!
Hey, Butterblume, alles okay? (So hab ich dich ewig nicht mehr genannt!) Lang nix gehört und gesehen. Ich schreib dir eine Mail, denn wenn ich bei dir vorbeikomme, bist du entweder grade im Bad oder ausgeflogen! Soll ich das persönlich nehmen??! Aber zum Glück kenn ich dich ja – wenn du sauer wärst, würdest du garantiert was sagen!
Na ja – wenn der Sommer vorbei ist, sehen wir uns sowieso wieder jeden Tag. Wahrscheinlich haben wir dann die Nase bald voll von uns. Nur noch ein Jahr Schule! Das ist doch irre! Nächstes Jahr um diese Zeit studiere ich Medizin, und du bist irgend so eine supertolle Hotelmanagerin oder so was! Bei der Arbeit ging es in letzter Zeit drunter und drüber. Dad hat mich sozusagen befördert, deshalb darf ich jetzt auch mehr machen als Ablage und Kopieren (Telefonzentrale spielen zum Beispiel). Aber das Geld kann ich brauchen, und ich bin jeden Tag mit Bethany zusammen.
Was macht dein Job als Tellerwäscher im »Goldenen Drachen«? Unglaublich, dass du das lieber machst als den Babysitter-Job. Da hättest du die ganze Nacht Fernsehen glotzen können, statt Chop Suey aus dem Wok zu kratzen. Jedenfalls, mail mir oder ruf an oder so was.
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Mondstrahl!
Dass wir uns so selten sehen, liegt nicht daran, dass ich Bethany hasse (obwohl ich das tue). Aber ich glaube, sie kann mich nicht besonders gut leiden. Hat vielleicht was damit zu tun, dass eine Freundin ihr erzählt hat, was ich im Computerkurs über sie geschrieben habe, in dieser total privaten Message … Ich hab irgendwie das Gefühl, sie mag es nicht, wenn man sie als Schlampe bezeichnet, keine Ahnung, warum, manche Frauen sind da einfach komisch … (Apropos Computerkurs: Hast du mitgekriegt, dass Mr.Simpson in den Sommerferien geheiratet hat? Ich bin fix und fertig. Excel ist mir ein für alle Mal verdorben.)
Bald hast du ja Geburtstag! Endlich das weise Alter von achtzehn! Hast du vielleicht Lust wegzugehen, zu feiern und ganz legal auf deinen Geburtstag zu trinken (legal jedenfalls für dich)? Sag Bescheid. P.S. HÖR AUF, mich Butterblume zu nennen!
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: 18. Geburtstag
Rosie, schön, ein Lebenszeichen von dir zu kriegen. Hab echt angefangen, mir Sorgen zu machen. Meinen 18. würde ich echt gern mit dir feiern, aber Bethanys Eltern haben mich und meine Eltern zum Essen ins Hazel eingeladen. (Wie schicki ist das?!!) Damit wir uns alle kennen lernen und so. Tut mir Leid, Rosie, aber wir holen das ganz bald nach. Ciao, Alex
Liebster
Alex,
tja, schön für dich
Scheiß auf Bethany
Scheiß auf ihre Eltern
Scheiß auf das Hazel Hotel
Und scheiß auf dich
Deine beste Freundin Rosie
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Happy Birthday
Okay, viel Spaß beim Essen. Und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
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Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Horrornachricht!
Ich kann’s einfach nicht glauben! Grade hab ich deine Mum besucht, sie hat es mir erzählt. Das kann doch nicht wahr sein! Das ist der Horror! Bitte ruf mich an, sobald du kannst. Dein Boss erzählt mir dauernd, dass du in der Arbeitszeit keine Anrufe entgegennehmen darfst. Mach Feierabend, GEH EINFACH. Du wolltest doch sowieso NIE IM LEBEN in einem Büro arbeiten.
Melde dich sofort, wenn du kannst!! Ich bin total fertig!