Kapitel 28
Widder
Eine recht stürmische Konstellation: Uranus steht im Widder, Jupiter in Opposition zu Venus, die Sonne in Quadratur zu Pluto – nun ja, Sie sollten auf Komplikationen gefasst sein!
Für Beruhigung sorgt allein der Neumond, allerdings mit einer recht eigenartigen Wendung des Schicksals.
*
Irischer Chirurg soll
sich Williams anschließen
von Cliona Taylor
Der erfolgreiche irische Herzchirurg Reginald Williams, der jüngst dank seiner neuen Operationsmethode in aller Munde war, hat heute seine Absicht angekündigt, den jungen Arzt Dr.Alex Stewart in sein preisgekröntes Team aufzunehmen. Der dreißigjährige Harvard-Absolvent, der wie Williams aus Irland kommt, meint dazu: »Ich habe Dr.Williams’ Forschung schon immer mit großem Interesse und voller Bewunderung verfolgt.« Er sei »ebenso erfreut wie geehrt, an der Weiterentwicklung dieser bahnbrechenden neuen Methodik mitzuwirken, mit der so viele Leben gerettet werden können«. Dr.Stewart stammt ursprünglich aus Dublin und kam im Alter von siebzehn Jahren nach Boston.
Dr.Stewart hat eine fünfjährige Assistenzarztzeit in allgemeiner Chirurgie im Boston Central Hospital absolviert, bevor er sich nun Dr.Williams zu weiteren Forschungsaufgaben in der Herzchirurgie anschließt.
Oben abgebildet (von links nach rechts): Dr.Reginald Williams mit seiner Frau Miranda und seiner Tochter Bethany, die Dr.Stewart gestern Abend zum Wohltätigkeitsball der Reginald Williams Foundation for Heart Disease begleitete.
Auf Seite vier unserer Beilage »Gesundheit« finden Sie einen Artikel von Wayne Gillespie über diese neue Form der Herzchirurgie.
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Glückwunsch!
Ich hab die große Neuigkeit schon gehört. Du warst in jeder Zeitung hier (ich hab alles für dich ausgeschnitten), und ich hab dich heute Morgen auch im Radio gehört. Nicht dass ich genau verstanden hätte, wovon du redest, aber es klang, als wärst du verschnupft. Jetzt kannst du also praktisch Tote auferwecken, aber einen ordinären Schnupfen kriegst du nicht los.
Wie geht es Josh? Ich hab vor ein paar Tagen deine Mutter angerufen, da war er grade übers Wochenende zu Besuch. Sie hat ihn ans Telefon geholt, und ich hab tatsächlich eine Weile mit ihm geredet! Er ist ein hochintelligenter Vierjähriger, genau wie sein Vater. Von seiner Mutter hat er das bestimmt nicht. Er hat mir alles über die Tiere erzählt, die er im Zoo gesehen hat, samt den entsprechenden Lauten. Ich hab deiner Mutter gesagt, dass sie noch ein bisschen mit ihm an den Gorilla-Lauten arbeiten muss, weil der in Joshs Bericht nichts gesagt hat, aber sie hat mir erklärt, dass der Gorilla depressiv ist und nur stumm im Käfig rumsitzt. Also ist dein Sohn nicht nur ein guter Tierstimmenimitator, sondern auch noch ein guter Beobachter.
Ich würde ihn schrecklich gern mal wieder sehen, und dich auch. Wir haben uns bestimmt eine Menge zu erzählen. Zum Beispiel das, was über dich nicht in der Zeitung steht.
*
Lieber Alex,
ich bin’s schon wieder. Ich bin nicht sicher, ob du die Mail gekriegt hast, die ich dir vor ein paar Wochen geschrieben habe. Da hab ich dir bloß gratuliert. Hier sind alle furchtbar stolz auf dich. Mum, Dad, Steph, Katie und Toby sind alle ganz aus dem Häuschen. Ich glaube, Toby möchte auch Arzt werden, wenn er groß ist, weil er dann im Radio und in der Zeitung ist. (Außerdem hat er uns noch gestanden, dass er gerne den Leuten das Herz rausreißen möchte, weil er das mal in einem Film gesehen hat.) Katie will inzwischen DJ werden. In diesem Bereich hat dein Erfolg sie also nicht im Geringsten beeinflusst: Sie möchte lieber in eine Branche einsteigen, in der man dafür sorgt, dass die Menschen eine Herzattacke kriegen.
Ich bin immer noch im Two Lakes Hotel. Weiterhin an der Rezeption, weiterhin dafür zuständig, dass die großen bösen Kunden ein Glasdach über dem Kopf haben. Mein Chef ist zurzeit in den Staaten, wo er schon wieder ein neues Hotel aufgemacht hat, deshalb denke ich, wir werden lange Zeit ohne die Lake-Brüder auskommen müssen. Dafür haben sie eine Reihe trauriger Teamexperten auf uns gehetzt, die uns beibringen, wie wir besser miteinander auskommen. Nächste Woche geht der Anführer – er heißt Simon – mit uns Kanu fahren, damit wir »auch außerhalb der Arbeitsumgebung miteinander kommunizieren und über unsere Probleme diskutieren lernen«.
Jetzt frage ich mich nur Folgendes: Wie kann ich Tania von der Rezeption begreiflich machen, dass ich deshalb nicht mit ihr rede, weil mir ihre unnatürlich hohe Stimme in den Ohren wehtut, weil ich es hasse, wie sie am Ende jedes Satzes »meinst du nicht?« sagt, weil ihr knallrosa Lippenstift an den Zähnen klebt und überhaupt nicht zu ihrer Haarfarbe passt? Oder Steven: Er hat morgens einen Mundgeruch, der an schmutzige Babywindeln erinnert, und ich warte immer nur darauf, dass er endlich zur Kaffeepause geht, denn danach duftet er vergleichsweise nach Rosenblüten. Geoffrey hat ein ernstes Achselschweißproblem. Fiona leidet unter Blähungen – keine Ahnung, was für ein Zeug sie isst. Tabitha nickt bei jedem Wort und sagt »richtig«, aber noch schlimmer ist es, wenn sie mir mitten im Satz ins Wort fällt, weil sie meint, sie weiß, was ich sagen will – nur stimmt es meistens nicht. Henry trägt weiße Socken und schwarze Schuhe, Grace summt jeden Tag dasselbe Spice-Girls-Lied vor sich hin, was mich wahnsinnig macht, aber dazu führt, dass ich es selbst singe, wenn ich heimkomme, und dann hat Katie mal wieder allen Grund, ihre altmodische Mutter, die keine Ahnung von den Charts des neuen Jahrzehnts hat, aus tiefstem Herzen zu verachten.
Sie treiben mich alle glatt in den Wahnsinn. Vielleicht ist der Kanutrip doch eine gute Idee, dann kann ich einfach alle ertränken. Alex, schreib mir und erzähl mir was aus deinem Leben.
Liebe Grüße,
Rosie
Liebe Rosie,
tut mir Leid, dass ich mich in letzter Zeit so selten gemeldet habe, aber ich hatte super viel zu tun. Obwohl das eigentlich keine Entschuldigung ist. Über meine beruflichen Neuigkeiten weißt du ja hinreichend Bescheid, also brauch ich auf sie nicht einzugehen. Mum und Dad geht es gut, sie rahmen immer noch jedes Bild, das du ihnen von dir und Katie schickst. Allmählich sieht das Haus aus wie ein Schrein für die beiden Dunne-Mädels.
Aber es gibt noch mehr gute Nachrichten: Ich komme nächsten Monat nach Irland. Mum und Dad begleiten mich, und Sally hat mir Josh für zwei Wochen überlassen, weil er letzte Weihnachten ja bei ihr gewesen ist. Es ist lange her, seit unsere Familie das letzte Mal zusammen war, und Mum wollte gern ihren vierzigsten Hochzeitstag bei Phil feiern, mitsamt seinen vierzig Kindern, dem Rest der Familie und allen ihren Freunden.
Vierzig Jahre, das muss man sich echt reinziehen. Ich hab’s kaum auf fünf geschafft. Keine Ahnung, wie die beiden das gemacht haben. Du hältst dich aber auch ganz gut – wie lange bist du jetzt eigentlich schon mit diesem Dingsbums zusammen? Lange genug, würd ich mal sagen.
Ich kann mich nicht mal mehr erinnern, wann ich das letzte Mal zu Weihnachten in Dublin war. Endlich sehn wir uns mal wieder, Rosie!
Bis bald,
Alex
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: Besuch
Das ist ja super! Ich freue mich unglaublich, dass du heimkommst! Möchtest du bei mir übernachten oder habt ihr andere Pläne?
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: Re: Besuch
Nein, nein, ich möchte mich deinem Dingsbums nicht aufdrängen. Eigentlich gibt es keinen Grund, so höflich zu sein – ich kann deinen Mann nicht leiden. Josh und ich werden bei Phil und Maggie wohnen, für Mum und Dad hab ich ein Hotelzimmer gebucht. Aber trotzdem danke für das Angebot.
Von: Rosie
An: Alex
Betreff: G.R.E.G.
Hmmm … Alex, du musst lernen, wie mein Mann heißt, ehe du rüberkommst. Sein Name ist Greg. G.R.E.G. Bitte versuch, es dir zu merken.
Hab ich dir eigentlich erzählt, dass Ruby und ich Salsa-Queens geworden sind? Ich hab Ruby den Anfängerkurs vor ein paar Monaten zu ihrem vierzigsten Geburtstag geschenkt, und der hat uns so gut gefallen, dass wir einfach weitergemacht haben.
Eigentlich hat Ruby mich ziemlich überrascht. Sie hat nämlich echt Talent. Allerdings hab ich die Nase ziemlich voll davon, dass ich immer der Mann sein muss.
Greg weigert sich mitzukommen, aber er lässt sich im Schlafzimmer hinter verschlossenen Türen alles von mir beibringen, wenn Katie nicht da ist. Der Punkt ist, dass wir zusammen was machen, was uns beiden gefällt. Aber weil ich im Kurs immer der Mann bin, ist es schwer für mich, zu Hause die Frau zu sein (damit hatte ich ja schon immer Probleme, stimmt’s?). Daher trampeln wir einander oft auf den Füßen rum, lachen uns halb tot und kommen keinen Schritt weiter. Aber wir haben viel Spaß, und es ist wirklich schön, mal mit Greg zu tanzen – wenn auch bei runtergelassenen Rollläden.
Inzwischen geht Ruby sogar zweimal die Woche hin, aber ich kann montags leider nicht, weil ich Katie zum Basketballtraining bringen muss. Ruby behauptet, dass es ohne mich längst nicht so viel Spaß macht, weil sie dann nämlich mit Miss Erfolg tanzen muss, einer eins achtzig großen, endlos langbeinigen Drag-Queen im Tutu, die für ihre Show im Schwulenclub Salsa tanzen lernt.
Jedenfalls haben Ruby und ich unseren Spaß, und am Ende der Stunde freue ich mich immer schon auf die nächste. Ruby ist begeistert, weil sie ein bisschen abnimmt (anscheinend grammweise). Es ist schön, ein Hobby zu haben, an dem man richtig Spaß hat. Dann freut man sich wenigstens auf die nächste Woche. Ich hoffe, es geht dir gut, Alex, und du arbeitest nicht zu viel. Hattest du in letzter Zeit mal ein Date?
Von: Alex
An: Rosie
Betreff: Date?
Vielleicht …
Sie haben eine Message von: ROSIE
Rosie: Ich bin ganz Ohr. Jemand, den ich kenne?
Alex: Vielleicht auch nicht …
Rosie: Hör auf damit! Wer ist denn die Unglückliche? Kenn ich sie?
Alex: Vielleicht …
Rosie: Bitte sag mir, dass es nicht Schlampen-Bethany ist.
Alex: Tja, ich beeil mich lieber ein bisschen, ich muss mich noch fertig machen für heute Abend. Pass auf dich auf, Butterblume.
Rosie: Hast du ein Date?
Alex: Vielleicht … vielleicht auch nicht …
Rosie: Ja, ja, ich hab’s kapiert … Na ja, dann amüsier dich mal gut. Aber nicht zu sehr.
Alex: Nicht mal im Traum würd ich an so was denken!
Sie haben eine Message von: ROSIE
Rosie: Ich hab vor ein paar Sekunden mit Alex gechattet.
Ruby: Ja? Das ist ja hochinteressant, Rosie.
Rosie: Jawoll.
Ruby: Und? Hatte er auch was Interessantes beizutragen?
Rosie: Nein. Wir haben nur ein bisschen über die alten Zeiten geplaudert, du weißt ja, wie das so ist.
Ruby: Schön für euch. Habt ihr schon was geplant für heute Abend, Greg und du?
Rosie: Er hat ein Date, Ruby.
Ruby: Greg?
Rosie: Nein! Alex.
Ruby: Mit wem geht er denn aus?
Rosie: Weiß ich nicht. Er wollte es mir nicht sagen.
Ruby: Na ja, er hat auch ein Recht auf sein Privatleben, oder nicht?
Rosie: Ja, vermutlich schon.
Ruby: Und es ist gut, dass er endlich was unternimmt, nachdem ihm das Herz gebrochen wurde und er eine Scheidung durchstehen musste, richtig?
Rosie: Ja, vermutlich schon.
Ruby: Prima, dass du das auch findest. Du bist eine klasse Freundin, Rosie, immer willst du für Alex nur das Beste.
Rosie: Ja, ja, genau.
Sie haben eine Message von: ALEX
Alex: Hi, Phil.
Phil: Hi, Alex.
Alex: Was machst du denn gerade?
Phil: Ich surfe im Internet, bin doch schon ewig auf der Suche nach einem Deckel für das Kurbelgehäuse eines 1939er Dodge Sedan. Ein ganz seltener Wagen und eine echte Schönheit. Gerade hab ich die Verlängerungsteile für die vordere Stoßstange des 1955er Chevrolet Sedan bestellt, da hab ich doch tatsächlich welche gefunden.
Alex: Aha.
Phil: Hast du irgendwas auf dem Herzen?
Alex: Nein, nein.
Phil: Schreibst du mir aus irgendeinem besonderen Grund?
Alex: Nein, nein. Wollte bloß wissen, wie’s dir geht.
Damit ich auf dem Laufenden bleibe.
Phil: Schön. Wie ist der Job?
Alex: Ich hab heute Abend ein Date.
Phil: Echt? Super.
Alex: Ja.
Phil: Dann geht’s dir ein bisschen besser?
Alex: Ja.
Phil: Weiß Rosie davon?
Alex: Ja. Ich hab grade mit ihr gechattet.
Phil: So ein Zufall. Und, wie hat sie reagiert?
Alex: Eigentlich gar nicht.
Phil: Sie war also nicht sauer?
Alex: Nein.
Phil: Oder eifersüchtig?
Alex: Nein.
Phil: Sie hat dich nicht angefleht, dich nicht mit anderen Frauen zu treffen?
Alex: Nein.
Phil: Na, dann ist doch alles in Butter, oder? Sie ist wirklich eine gute Freundin. Sie möchte, dass du unter Leute gehst und glücklich bist.
Alex: Ja. Das ist echt gut. So eine Freundin zu haben, meine ich.
*
Widder
Noch immer stehen Sie stark unter dem Einfluss von Neptun, dem Planeten, der Ihnen romantische Träume bringt …