Hewlett-Packard

4

 

Als Alexandra wieder auf das Fest kam, bemerkte sie schon bald an dem Gemurmel und Flüstern, dass sie die Attraktion war. Es gab jedoch nur einen Mann, dessen Aufmerksamkeit sie erregen wollte. Sie wünschte sich, dass sich der Boden vor ihr auftat und sie verschlang, als sie Lord Hatton entdeckte, der direkt auf sie zukam. Er versuchte nicht einmal, die Lust zu verbergen, die er bei ihrem Anblick empfand.

»Pussikatze, Pussikatze, wo bist du gewesen?«

»Ich habe Ratten gefangen«, zischte sie, dann nahm sie sich ein Glas vom silbernen Tablett eines vorübergehenden Dieners und drückte es ihm in die Hand. »Versuche, deinen unersättlichen Durst hiermit zu stillen, Henry«, forderte sie ihn auf. Zu ihrer eigenen Sicherheit verschwand Alexandra im Garten, weil sie wusste, dass sie im Schatten fast unsichtbar sein würde.

Kurz darauf sah sie einen Mann in einem schwarzweißen Harlekinkostüm und eine Meerjungfrau, die einander in den Armen hielten. Alexandra konnte ihre Unterhaltung deutlich hören, und sie fand, dass die Meerjungfrau wie Olivia Harding klang.

»Ich würde vorschlagen, im Mondschein zu schwimmen«, sagte der Mann.

»Aber ich kann doch nicht klatschnass zurück auf die Party gehen.« Die Meerjungfrau klang enttäuscht.

Der Harlekin lachte. »Liebling, das Kostüm musst du natürlich vorher ausziehen.«

Ohne sie bemerkt zu haben, ging das Paar zum See hinunter.

Alexandra ging um das Haus herum und blickte durch das Fenster der Bibliothek. Sie sah zu, wie der Straßenräuber seinen Gewinn einstrich und dann vom Tisch aufstand. Sie konnte erkennen, dass der Raum angefüllt war mit blauem Zigarettenrauch und ahnte, dass Nick sich nach frischer Luft sehnte. Sie kehrte auf die Terrasse zurück, die vor dem Ballsaal lag und stellte sich in den Schatten neben eine Fenstertür, durch deren Glas sie das Innere des Ballsaales beobachten konnte. Mehr als alles andere wünschte sie sich, dass Nick ihr nachkommen und sie umwerben würde. Sie würde es ihm nicht leicht machen, aus reiner Freude darüber, dass er sich ihrem Willen beugen und sich weigern würde, ein Nein als Antwort zu akzeptieren. Als sie sah, dass sich die große, schlanke Gestalt näherte, warf sie ihm ihren langen, schwarzen Schwanz in den Weg.

Nicholas berührte ihn mit der Stiefelspitze, dann bückte er sich und hob ihn neugierig auf. Als er daran zog, erschien die Katze mit einem jämmerlichen Miauen. Seine Augen weiteten sich voller Anerkennung beim Anblick der katzenartigen Gestalt der Frau in dem verlockenden Kostüm. »Es könnte gefährlich sein, im Dunkeln herumzustreifen«, murmelte er.

»Ich habe neun Leben«, schnurrte sie, »während du, mein unverschämter Ritter, dich auf dem Weg nach Tyburn befindest.« Absichtlich trat Alexandra einen Schritt zurück.

»Die Gefahr besitzt etwas Unwiderstehliches, findest du nicht auch?« Nicholas machte einen Schritt auf sie zu.

Alexandra wusste, dass er nicht ahnte, wer sie war und dass sie seine Neugier geweckt hatte mit ihrem provozierenden Kostüm.

»Kenne ich dich, Kätzchen?«, fragte er viel sagend, während sein Blick über ihren Körper glitt.

»Das solltest du, ich bin eine deiner Stallkatzen.«

Er lachte. »Was zum Teufel tust du dann im Haus ? Ich denke, ich sollte dich zurück in den Stall bringen.« Seine Stimme klang neckend und war voller Zweideutigkeiten.

Alexandra stockte der Atem, und ihr Puls raste wild, als sie sich in einer verführerischen Geste die Wange an ihrer Schulter rieb. Dann fletschte sie die Zähne und zischte: »Wenn du mich anfasst und versuchst, mich irgendwo hin zu bringen, dann tust du das auf eigene Verantwortung, Sir!«

Mit ihrem Schwanzende kitzelte er sie am Kinn. »Schwarze Katzen sind Symbole der Hexerei, und du hast mich ganz sicher verzaubert.«

»Ich habe gedacht, im Dunkeln sind alle Katzen grau«, schnurrte sie.

»Wer auch immer das behauptet hat, wusste wenig über Katzen und noch weniger über Frauen.« Er ergriff ihre Hand und legte die andere Hand auf ihren Rücken, oberhalb des Schwanzes, dann schob er sie in Richtung des Stalles.

Bei seiner Berührung wurden Alexandras Knie weich. Es war das erste Mal, dass er etwas so Intimes getan hatte, wie ihre Hand zu halten, und sie fühlte, wie die Wärme seines Körpers in ihren Arm drang und dieser zu prickeln begann. Er war so männlich, so groß und kräftig, als er die Führung übernahm, so dass sie ihm folgen wollte, wo immer er sie hinführte. Es war das erste Mal, dass sie seinen legendären Charme erfahren hatte, und sie war bereit, das Spiel zu Ende zu spielen. Seit einem Jahr hatte sie davon geträumt, so von ihm umworben zu werden, doch die Wirklichkeit übertraf die Erwartung bei weitem. Seine ungeteilte Aufmerksamkeit drohte sie zu überwältigen.

In dem dunklen Stall konnte Alexandra nur wenig sehen, und ihre anderen Sinne waren geschärft. Die raschelnden Geräusche der Tiere waren ihr wohl bekannt und beruhigten sie, doch der Geruch nach Heu und Leder bewirkte genau das Gegenteil, er weckte schlummernde Gefühle und erhöhte ihre Erregung.

Nicholas zog sie in die Abgeschiedenheit einer leeren Box. »Magst du es, wenn man dich streichelt, Kätzchen?«

In der schattigen Dunkelheit blickte sie zu dem großen Mann auf, der sie überragte. Er war so verlockend wie die Sünde, und sie wusste, dass sie ihm nicht widerstehen konnte. »Das kommt ganz auf die Hand an, die mich streichelt«, entgegnete sie mit vor Atemlosigkeit heiserer Stimme.

Er legte Besitz ergreifend seine kräftigen Hände auf ihre Schultern und versicherte sich, dass sie nicht übermütig wurde und weglaufen würde. »Meine Berührung kann kurz und schnell sein oder lang und langsam, etwa so.« Mit einer Hand strich er fest über ihren Rücken, bis hinunter zu ihrem wohl gerundeten Po, dann wiederholte er die sinnliche Berührung. »Wie magst du es am liebsten?«, flüsterte er.

»Lange und langsam«, schnurrte sie und streckte ihren Po gegen seine Hand. Alexandra war ziemlich sicher, dass er sie nicht preisgeben würde. Ein unverheiratetes Mädchen würde niemals seine Lippen rot anmalen, und sie würde auch kein Kostüm tragen, das so gewagt war, dass es einen Mann dermaßen erregte.

»Haben wir uns schon einmal geküsst?«, murmelte er vertraulich und versuchte noch immer, herauszufinden, wer sie war.

Ein unkontrollierter Schauer rann über ihren Rücken, dort, wo seine Hand sie gestreichelt hatte. »Das musst du schon selbst herausfinden.« Sie hob ihm die Lippen einladend entgegen, dabei wagte sie kaum zu atmen, weil der lang ersehnte Kuss endlich Wirklichkeit werden würde.

Zuerst berührten seine Lippen die ihren vorsichtig, dann presste er seine Lippen auf ihre, und der Kuss wurde intensiver. Alexandra war verloren. Sie schlang die Arme um seinen Hals, und er zog sie eng an sich. Verlangen ergriff Besitz von ihr und verwandelte ihre Sehnsucht in Begehren.

Nick zog sie an seinen harten Körper, umfasste ihren Po und presste ihren Unterleib gegen sein hart aufgerichtetes Glied. Dann hob er sie hoch und rieb sie mit kreisenden Bewegungen gegen seine Erregung, und sorgte dafür, dass sie fühlen konnte, wie sein Glied pulsierte und seine Hitze in ihren Körper drang.

Ihre Hände glitten von seinem Hals und legten sich auf die gespannten Muskeln seines Oberkörpers. Sie wusste, dass sie ihn eigentlich von sich schieben sollte. Aber ihre Schenkel drängten sich gegen seine, als wolle sie sich für immer einprägen, wie sich sein Körper an ihrem anfühlte. Sein Mund war abwechselnd einladend und fordernd und überzeugte sie ohne Mühe davon, dass sie geküsst werden wollte. Wieder legten sich ihre Arme um seinen Hals, und sie drängte ihren Körper so eng an den seinen, dass sich ihrer beider Herzschlag miteinander vermischte.

Sein sinnlicher Mund brachte sie dazu, ihre Lippen auf seine zu legen. Die Art, wie sie auf seinen Kuss reagierte, weckte in ihm das Verlangen nach mehr. Sie schmeckte so ganz anders als all die anderen Frauen, die er kannte. Tief in seinem Inneren weckte sie das Verlangen und eine Neugier, die ihn dazu brachte, sich weiter vorzuwagen. Er nahm seinen Umhang ab und legte ihn um sie, dann zog er sie wieder an sich, und seine Hände glitten über ihre geheimsten Stellen, die jetzt unter dem weichen, schwarzen Umhang verborgen waren. Eine Hand legte sich auf ihre Brust, mit der anderen Hand hob er ihr Kinn, um seine Lippen noch mal auf ihre zu pressen. Ihre Lippen öffneten sich und seine Zungenspitze drang in die süße Wärme ihres Mundes. »Du schmeckst wie wilder Honig - ich glaube nicht, dass ich dich schon einmal geschmeckt habe, Kätzchen.«

»Sind Küsse denn so unterschiedlich?«, fragte sie atemlos.

Langsam knöpfte er ihr Wams auf, und seine Besitz ergreifende Hand legte sich auf die seidige Rundung ihrer Brust. »Das will ich doch hoffen. Sind denn meine nicht anders als die anderer Männer?«

Alex wusste, dass sie ihm nicht erlauben durfte, sie auf diese intime Weise zu berühren, und ein winziger Funke von Angst erwachte in ihr. Sie ignorierte ihn absichtlich, weil seine Berührungen sich so herrlich verrucht anfühlten. Sie hielt die Worte Ich habe keine Ahnung gerade noch rechtzeitig zurück, weil sie begriff, dass das ein Eingeständnis ihrer Unerfahrenheit wäre und ihn wahrscheinlich dazu bringen würde, aufzuhören. Sie fühlte, wie seine Finger über ihre Brustspitze strichen, bis sich diese hart aufrichtete, und sie erschrak bei dem Gedanken, dass ein Mann einer Frau so etwas antun konnte.

Sie keuchte auf, als ein heißes Verlangen von ihrer Brust bis hinunter in ihren Bauch fuhr und sich dann zwischen ihren Schenkeln ausbreitete. Sie versuchte sich zu konzentrieren, um seine Frage zu beantworten. »Vielleicht wird ein weiterer Kuss mir die Antwort geben.« Sie hatte nicht beabsichtigt, ihre Worte wie eine deutliche Einladung klingen zu lassen.

Er lachte leise auf. Auch sie verlangte nach mehr, und er war mehr als bereit, ihr katzenhaftes Verlangen zu befriedigen. Er nahm den Umhang von ihren Schultern und breitete ihn auf dem Heu aus, dann zog er sie mit sich nach unten. Seine Hand glitt wieder zurück in ihr Wams und umfasste ihre Brust, deren Spitze sich unter seiner Berührung hart aufrichtete. Die andere Hand glitt über die Innenseite ihrer Schenkel. »Magst du gern Sahne, mein kleines Kätzchen?«

Ein Schauer rann durch Alexandras Körper. Wann hatte sie die Kontrolle über die Situation verloren? Wie um alles in der Welt hatte er es geschafft, sie mit sich ins Heu zu ziehen? Sie hatte schon immer gewusst, dass Nick Hatton teuflisch dunkel und dominierend war, jetzt wusste sie, dass er auch gefährlich war. Es war unglaublich, aber dies erhöhte seine Anziehungskraft.

Er legte die Hand auf ihren Venushügel und war von ihrer Reaktion ein wenig überrascht. Er fühlte, wie sie erstarrte, dann schlössen sich ihre Schenkel, und seine Hand war zwischen ihnen gefangen. Er drückte sanft zu, und ihre Schenkel öffneten sich ein wenig. Durch den dünnen, weichen Stoff streichelte er sie, dann umfuhr er die kleine Knospe mit dem Daumen und entlockte ihr ein Stöhnen, das in seinen Ohren wie Musik klang. Er presste seine Lippen auf ihre und schob seine Zunge in ihren Mund und deutete an, was er mit seinem Glied tun wollte. Er griff nach dem Bund ihrer engen Hose und begann, sie nach unten zu schieben.

Atemlos vor Verlangen murmelte sie: »Ich hatte keine Ahnung, dass ein Mann eine Frau bis zum Wahnsinn erregen kann.«

Er hielt mitten in der Bewegung inne. Will diese Frau mir damit sagen, dass sie gar keine Katze ist, sondern noch ein Kätzchenf Er sah ihr durch die grüne Maske in die Augen, und in dem schwachen Licht fragte er sich, ob ihm seine Phantasie einen Streich spielte. Dann sagte sie:

»Nicholas, wirst du wirklich mit mir schlafen?«

Das Herz hämmerte in seiner Brust, und er musste sich bemühen, nicht vor Schreck aufzuspringen. Verdammt, das ist Alexandra, die den kleinen Satansbraten spielt! Nachdem er sie gesehen und auf diese Art berührt hatte, war es ihm nicht länger möglich, sie als Kind zu betrachten. Sie war ein sinnliches Geschöpf, an der Schwelle zur Frau und reif genug, um gepflückt zu werden. Nicholas fühlte einen Anflug von Panik, doch dann setzte sein Verstand wieder ein, und sein Entschluss festigte sich. Er wusste, er musste ihr eine Lektion erteilen, die sie so bald nicht vergaß. Wenn er ihr Furcht einjagen konnte, umso besser. Gott sei Dank hatte sie ihn erwählt für die erste Verführung, jeder andere Mann in seinem Bekanntenkreis hätte sie jetzt bereits besessen!

Seine Stimme nahm einen spöttischen Ton an. »Du genießt meine Küsse und auch die Tatsache, dass ich deinen Körper berühre, aber ich weiß ganz genau, was du vorhast. Du hast meinem Zwillingsbruder erlaubt, mit dir zu schlafen, und wie jede andere Frau willst du uns miteinander vergleichen.«

»Nein, ich habe im Traum nie daran gedacht, einen anderen Mann als dich zu lieben, Nick!«

Er umfasste ihre Brust, liebkoste sie mit erfahrener Hand und lachte dann böse auf. »Du weißt ja gar nicht, ob ich Nicholas oder Christopher bin. Wir tauschen unsere Kostüme, genau wie wir unsere Eroberungen teilen. Es ist offensichtlich, dass du ein Spiel spielst, genau wie wir es tun, Kätzchen.«

Sein Geständnis entsetzte sie, einen Augenblick lang war sie davon überzeugt, dass sie Christopher mit Nicholas verwechselt hatte.

Nick fühlte, wie Alexandra erstarrte und sich von ihm zurückzog, er legte den Arm um ihre Taille und zog sie an seinen harten Körper. »Der Geruch des Heus ist sehr einladend... eine Stallkatze wie du muss es doch genießen, sich im Heu zu wälzen.«

»Ich habe mich noch nie im Heu gewälzt! Lass mich los!«

Nick ignorierte die Empörung in ihrer Stimme, er schob sich über sie und hielt sie mit seinen kräftigen Schenkeln gefangen. Sein fordernder Mund, der jetzt nicht länger sanft war, presste sich auf ihren und erstickte so ihren Protest, während er sie gleichzeitig in das duftende Heu drückte. »Warum ziehe ich dir nicht alles aus, bis auf die Maske, und versuche dann, deinen herrlichen Körper wiederzuerkennen? Deine Brüste fühlen sich-irgendwie bekannt an, aber ich muss sie schmecken, ehe ich mir absolut sicher sein kann.«

Alexandra keuchte auf, als sie begriff, dass der Mann, der in diesem Augenblick auf ihr lag, kurz davor stand, ihre Brust an seine Lippen zu ziehen und ihre Brustwarze wie eine reife Kirsche in seinen Mund zu saugen. Sie fühlte seine heißen Lippen an ihrem Hals. »Öffne deine Schenkel und lass mich dich streicheln, Kätzchen. Ich werde dich schon bald mit der Sahne füllen, nach der du dich so sehnst.«

Angst mischte sich jetzt mit rasender Wut, während Alexandra sich von diesem lüsternen Mann befreite, der sich an ihr vergehen wollte. »Ich kann einfach nicht glauben, dass du auf diese Art und Weise deinen Spaß hast!«

Nicholas hörte, wie Alexandra aufschluchzte, als sie versuchte, aus dem Stall zu fliehen. Oh, mein süßer Liebling, es hat mir viel zu sehr gefallen. Er packte sie und zog sie zurück, bis sie vor ihm stand. Er fühlte, wie sie zitterte, und hasste sich selbst für das, was er ihr angetan hatte. Er zog ihr die grüne Maske vom Gesicht. »Alexandra, du hast ja keine Ahnung von der Gefahr, in der du dich befunden hast. Ich hätte dich beinahe ruiniert. Als ich dich zum letzten Mal gesehen habe, warst du als Mann verkleidet... Offensichtlich hast du dir absichtlich diesen Plan zurechtgelegt. Gott sei Dank war ich es, den du für dein Experiment ausgewählt hast! Alexandra, die meisten Männer hätten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aufgehört.« Mit fester Hand legte er ihr seinen Umhang um die Schultern. »Du gehst jetzt sofort nach oben und ziehst dieses skandalöse Kostüm aus.«

Jetzt, wo sie wusste, dass er wirklich Nicholas war und sich nur so verhalten hatte, um ihr eine Lektion zu erteilen, war sie vor Erleichterung ganz schwach. »Wie kannst du dich benehmen wie ein Moralapostel, wenn du noch vor einem Augenblick kurz davor warst, mich zu verführen?«

»Das reicht, du kleine Teufelskatze. Geh jetzt. Wir dürfen nicht zusammen gesehen werden. Mein Vater hat mich bereits beschuldigt, auf Christophers Gebiet zu jagen, und das würde ich niemals tun.«

Weil seine Ablehnung Alexandra verletzte und sie sich schämte, wurde ihr Zorn nur noch größer. Warum, zur Hölle, nahm nur jeder an, dass sie Kit gehörte? Sie wollte ausgiebig protestieren, doch der dicke Kloß, der in ihrem Hals saß, erstickte sie fast. Sie zog den Umhang noch fester um sich und begann zu laufen. »Ich hasse dich, Nick Hatton!«, rief sie über ihre Schulter.

 

Am nächsten Morgen wurde Christopher in das Zimmer seines Vaters gerufen. Er nahm an, dass sich die Unterhaltung darum drehen würde, dass er Hart Cavendish erlaubt hatte, Renegade zu reiten. Er hatte sich entschieden, das Vollblut bei der heutigen Jagd selbst zu reiten, um einem Tadel seines Vaters zu entgehen. Die ganze Woche über hatte er versucht, seine Schießkünste zu verbessern, und er war davon überzeugt, mehr als einen Hirsch zu erledigen. Ich werde es dem Alten schon zeigen, schwor er sich, als er an der Tür klopfte und nach Aufforderung eintrat.

Die beiden Männer, die sich dann gegenüberstanden, waren identisch in hellbraune Reithosen und braune lederne Reitstiefel bekleidet. Beide trugen »rosafarbene« Jagdjacken, die in

Wirklichkeit rot waren. Christophers Vater bot seinem Sohn Bier an, das er akzeptierte, obwohl er es eigentlich nicht mochte. Er zog Whiskey vor. Er hatte in letzter Zeit eine Vorliebe für diese harten Sachen entwickelt, weil er wusste, dass Henry Hatton Männer bewunderte, die zu jeder Tages-und Nachtzeit Alkohol trinken konnten.

»Ich habe gestern mit Dottie Longford über deine Verlobung mit Alexandra gesprochen und wir sind zu einem Einverständnis gekommen.«

»Verlobung?«, fragte Kit scharf.

»Ja, ich denke, wir sollten sie heute Abend beim Jagdessen bekannt geben. Du kannst ihr den Saphirring deiner Mutter geben.«

Christopher Hatton widersprach seinem Vater nur selten - das überließ er meistens seinem Zwillingsbruder -, aber heute zögerte er nicht. »Das kommt gar nicht in Frage.«

»Was zum Teufel willst du damit sagen?«, brüllte Lord Hatton.

»Ich bin noch viel zu jung, um schon so angebunden zu sein.«

»Mädchen wie Alexandra Sheffield gibt es nur selten, und sie sind schwer zu bekommen, du Dummkopf.«

»Ich habe nichts gegen Alexandra und auch nichts gegen eine Heirat, aber, Vater, noch nicht... Vielleicht, wenn ich fünfundzwanzig bin.«

»Bist du verrückt geworden? Wenn sie erst einmal nach London geht, ist es zu spät. Hast du denn nicht bemerkt, dass der junge Hartington hinter ihr her ist? Die Longford-Erbin wird nicht einfach so dasitzen und Däumchen drehen, bis du genügend Mut entwickelst, um den entscheidenden Schritt zu tun.«

»Was wird denn aus meiner großen Reise? Ich möchte nach Europa, ehe man mich zum Altar schleppt.«

»Wir kämpfen gerade einen blutigen Krieg in Europa, oder ist dir das entgangen, Dummkopf?«

»Dann werde ich eben nach Osten reisen, vielleicht in die Türkei. Ich möchte Kunst studieren.«

»Türkei, von wegen! Nur Schwächlinge interessieren sich für Kunst! Du vergisst, junger Mann, dass ich hier alles bezahle. Ich kontrolliere deine Ausgaben!«

»Ich werde meine eigenen Reisekosten bezahlen. Außerdem bekomme ich jetzt mehr Taschengeld, wo ich einundzwanzig bin.«

»Wage es nicht, dich mir zu widersetzen, Christopher! Ich werde dir dein Taschengeld streichen, es sei denn, du versprichst, deine Pflicht zu erfüllen und einen Erben für die Hattons in die Welt zu setzen.«

Es klopfte leise an der Tür, und Nicholas betrat das Zimmer.

»Was zum Teufel willst du? Du steckst ständig deine verdammte Nase in Dinge, die dich nichts angehen«, fuhr sein Vater ihn an.

»Nun, wenigstens ich möchte seine Meinung hören, auch wenn du das nicht willst!«, schrie Kit.

»Wisst ihr eigentlich, dass unsere Hausgäste euch hören können?«, fragte Nick ruhig.

»Er will wirklich heute Abend beim Essen meine Verlobung bekanntgeben! Was zum Teufel würdest du tun, wenn er darauf bestehen würde, dass du Alexandra Sheffield heiratest?«

Nick verbarg seine Überraschung und hielt seine Gefühle unter Kontrolle. Er sah den Ausdruck von Panik im Gesicht seines Zwillingsbruders beim Gedanken an eine Heirat. »Ich würde nicht zweimal überlegen«, erklärte Nick ruhig.

»Aber ich bin noch nicht bereit zu heiraten!«, rief Kit.

»Du feiger Kerl! Du interessierst dich nur für Spielen, Trinken und Huren!«

»Er hatte immerhin einen guten Lehrer«, verteidigte Nicholas seinen Bruder.

Kits Augen zogen sich voller Hass zusammen. »Ich habe wesentlich mehr Mut, als du glaubst, Vater.«

»Gut! Dann wirst du dich benehmen wie ein Mann, wenn ich heute Abend beim Essen deine Verlobung bekannt gebe.« Er warf einen Blick auf die mit Goldbronze verzierte Uhr auf dem Kaminsims. »Um zehn Uhr wird der Pikör die Hunde bereit halten.« Er nahm sein Jagdgewehr aus der Kiste. »Kommst du mit, oder bist du, was das Jagen angeht, genauso zimperlich?«, fragte er voller Verachtung.

 

Alexandra und die anderen Gäste konnten hören, was zwischen Lord Hatton und seinem Sohn vorging. Obwohl niemand genau verstehen konnte, was gesprochen wurde, so verrieten doch der Ton und die Lautstärke, dass es sich um einen schrecklichen Streit handeln musste. Da die Hatton-Zwillinge die gleichen Stimmen hatten, konnte niemand wissen, welcher der beiden Söhne Henry Hattons Zorn hervorgerufen hatte, doch alle wussten, dass er Nicholas für alles verantwortlich machte. Auch Alexandra ahnte, dass es Nicholas war, und sie atmete erleichtert auf, als das Geschrei plötzlich verstummte.

Sie klopfte an die Tür des Zimmers neben ihrem. Als sich die Tür öffnete, war sie überrascht, Dottie im Morgenrock zu sehen.

»Ich werde an der Jagd nicht teilnehmen, Alexandra. Lord Staines kann auch nicht mitreiten, und so kann ich mit Neville ungestört zusammen sein.«

»Hast du den Streit gehört?«

»Nonsense, Liebling, das hat nichts zu bedeuten. In einem Haushalt voller Männer ist Schreien und Streit an der Tagesordnung. Wenn Männer trinken, sind sie ziemlich angespannt.

Es ist besser, ihnen beim Frühstück aus dem Weg zu gehen. Übrigens, was willst du heute zum Abendessen anziehen?«

»Mein jadegrünes Seidenkleid, denke ich.«

»Nein, nein, Liebling, zieh lieber das rosa Kleid an, es ist viel mädchenhafter. Und mach nicht so ein rebellisches Gesicht, Alexandra. Ich werde kommen und dir beim Ankleiden helfen, dann können wir uns darüber unterhalten. Es hat keinen Zweck, uns den Tag mit Streiten zu verderben, das können wir auch bis zum Abend aufschieben.«

Alexandra lachte. »Vielleicht hast du Recht.« Erst als sie in der unteren Etage von Hatton Hall angekommen war, realisierte sie, dass ihre Großmutter ihr beim Ankleiden helfen wollte.

 

Die Teilnehmer der Jagdgesellschaft, die sich auf dem Hof versammelt hatten, trugen bunte Jacken und modische Reitkleidung. Diesmal wollten sie nicht Füchse, sondern Rotwild jagen. Die Hunde zerrten an ihren Leinen und bellten laut genug, um jegliches Wild innerhalb der nächsten fünf Meilen zu vertreiben. Die Jagdpferde waren gesattelt und mit Patronengurten und Gewehren versehen. Die Damen trugen keine Waffen und nahmen an der Veranstaltung nur als Zuschauer teil.

Alexandra zerrte den Sattelgurt ihres Jagdpferdes fester und bedankte sich bei Rupert dafür, dass er ihre Stute gesattelt hatte. Sie entdeckte die Zwillinge auf der anderen Seite des Hofes und nahm an, dass Kit rote und Nick grüne Kleidung trug. Eine zornige Röte stieg in ihr Gesicht, als sie wieder an die intimen Einzelheiten ihrer Begegnung mit Nick dachte. Die Erniedrigung durch Nicks Zurückweisung nagte noch immer an ihr. Auch schienen ihr die Zwillinge aus dem Weg zu gehen, also ignorierte sie die beiden und ging hinüber zu den Damen. Sie betrachtete Annabelles wohl gerundete Gestalt und stellte sie sich ohne die einengenden Mieder vor. Stimmte es, dass Lord Harding mit ihr schlief? Sie stellte sich vor, wie sie Annabeile zeichnete, wie sie sich am Bettpfosten festklammerte, während Henry mit den Bändern ihres Korsetts kämpfte und vergeblich versuchte, ihre üppige Figur zurück in das Korsett zu stecken.

Die Hatton-Zwillinge hielten ihre Pferde an kurzen Zügeln, während sie sich unterhielten. Nicholas hatte seine neuen Pistolen seinem Bruder gegeben, um ihn aufzumuntern, doch Kit hatte die Augenbrauen zusammengezogen, während er versuchte, einen Ausweg aus seinem Dilemma zu finden. »Wenn ich dem alten Mann sage, dass ich Alexandra den Hof machen will, glaubst du, er wird dann endlich Ruhe geben? Ich könnte ja andeuten, dass ich mit einer Art Einverständnis zufrieden bin, ich würde alles tun, um zu verhindern, dass er heute Abend die Verlobung ankündigt!«

»Alexandra ist noch sehr jung. Sie ist noch gar nicht bereit für eine Ehe. Ich finde, es ist eine sehr gute Idee, die Dinge noch ein wenig hinauszuschieben.«

Warum schien ihm nur der Gedanke, dass Alexandra und Christopher zusammen sein würden, so abstoßend, wo doch ihre Familien sich darüber einig gewesen waren, dass die beiden einmal heiraten würden? Er liebte seinen Bruder und wollte, dass er glücklich war. Das Problem war, dass auch er Alexandra liebte, wie eine Schwester, versuchte er sich einzureden, und er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie unglücklich war. Das ist die größte Lüge, die du dir je eingeredet hast. Du liebst sie ganz und gar nicht wie eine Schwester! Auch wenn Nicholas wusste, dass es eine Lüge war, so wusste er ebenfalls, dass er sich daran klammern und den Rest seines Lebens damit leben musste.

Ein Jagdhorn ertönte, und die Hunde wurden von der Leine gelassen. »Ich werde gehen und mit ihm reden. Die Jagd versetzt ihn normalerweise in gute Laune«, erklärte Kit seinem Bruder und ritt hinter seinem Vater her.

Im Verlauf der Jagd entdeckte Nick ein Reh mit einem Kitz. Er verzichtete darauf, die anderen Jäger herbeizurufen und beobachtete, wie die Tiere in dem dichten Wald verschwanden. Er hörte die Hunde in einiger Entfernung bellen und war froh, dass sie zu weit weg waren, die Witterung der Tiere aufzunehmen.

Alexandra, die mit den Damen ritt, hatte aufgehört, dem endlosen Geplapper der Ladys zuzuhören, was sie zum Jagddinner anziehen würden. Ihre Gedanken wanderten zu der eigenartigen Unterhaltung zurück, die sie an diesem Morgen mit Dottie geführt hatte, und die gespürt hatte, dass ein Streit in der Luft lag. Sie hatte das Gefühl, dass es dabei um viel mehr ginge als um die Auswahl ihres Kleides. Sie zog die Augenbrauen zusammen, als sie sich daran erinnerte, wie Dottie und Henry Hatton sich unterhalten hatten. Und dann dämmerte ihr, dass es sich dabei um die Verlobung zwischen ihr und Christopher handeln musste. Sie hatte nichts gegen Kit Hatton, natürlich nicht - nichts, bis auf die Tatsache, dass sie insgeheim seinen Zwillingsbruder liebte! Alexandra zog die Zügel ihres Pferdes an und kehrte um. Sie wollte verdammt sein, wenn sie ihnen erlauben würde, ihre Zukunft für sie zu entscheiden. Der Satansbraten würde eine Rebellion starten!

 

Nicholas, der sich von der Jagdgesellschaft getrennt hatte, hob den Kopf, um auf die Jagdhörner oder das Bellen der Hunde zu hören. Plötzlich hörte er in der Nähe einen Schuss. Er zog seine Jagdpistole aus dem Halfter, falls ein Hirsch sich seinen Weg durch den Wald brechen würde. Er ritt zu einer Lichtung und sah seinen Bruder und eine Gestalt in einer roten Jacke, die zusammengesunken auf dem Boden lag.

Kits Kopf fuhr alarmiert hoch, als sein Bruder näher kam. »Es hat einen Unfall gegeben!«, rief er.

Nick steckte seine Pistole weg und war im Bruchteil einer Sekunde aus dem Sattel. Er lief zu dem Mann, der am Boden lag. »Guter Gott, das ist Vater!« Nick entdeckte die hässliche Wunde auf seiner Brust, der metallische Geruch von Blut stieg ihm in die Nase, und er hörte seinen eigenen Herzschlag in den Ohren dröhnen. Vergebens tastete er nach einem Pulsschlag. Er blickte zu Kit auf, der noch immer seine Pistole in der Hand hielt. »Er ist tot!«, sagte Nicholas mit ungläubiger Stimme.

»Es war ein Unfall, ich schwöre es! Himmel, was soll ich nur tun?« Kit stieg von seinem Pferd, trat einen Schritt näher, warf dann die Pistole auf den Boden und fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. »Es war ein Unfall!«

»Natürlich war es ein Unfall«, versicherte ihm Nick.

»Aber sie werden mir niemals glauben... sie werden sagen, dass ich ihn umgebracht habe... Alle haben den schrecklichen Streit gehört, den wir heute Morgen hatten... Lieber Gott, Nick, hilf mir!«

Nicholas blickte auf den Körper in seinen Armen, der bereits kalt wurde. »Natürlich werde ich dir helfen. Wir werden sagen, dass es ein Unfall war.«

»Niemand wird mir glauben! Ich habe ihn umgebracht, und ich hatte ein Motiv... Sie werden mich dafür einsperren!«

»Sie werden dich nicht einsperren, wenn es ein Unfall war, Kit. Reiß dich zusammen und sag mir, was geschehen ist.«

»Ein Hirsch... wir haben ihn beide gesehen... ich hatte eine klare Sicht... Er ist mir direkt in den Weg gelaufen und dann habe ich geschossen.«

Nicholas legte den Körper seines Vaters vorsichtig auf den Boden, dann hob er die silberne Heylin-Pistole auf, die Kit ins Gras geschleudert hatte.

»Es ist dein Gewehr, Nick. Sage ihnen, dass du es warst... bitte, hilf mir!«

Nicholas starrte in das kalkweiße Gesicht seines Zwillingsbruders und sah, dass er zitterte. Er fühlte seine Verzweiflung so deutlich, als sei es seine eigene. Wie um alles in der Welt würde Kit mit der Last dieser Schuld fertig werden? Er ging zu ihm. »Reiß dich zusammen, Christopher.«

Panik trat in Kits Augen, als er die Hunde näher kommen hörte. »Ich werde mich erschießen! Das ist der einzige Ausweg.«

Nicholas verhinderte, dass er nach dem Gewehr griff, auch wenn es nicht geladen war.

Drei Jäger kamen auf die Lichtung geritten. »Was zum Teufel ist geschehen?«

»Haltet die Hunde zurück!«, befahl Nicholas. »Ich habe meinen Vater erschossen, es war ein Unfall.«