Fünfunddreißig
Rodeo Rex badete in der Aufmerksamkeit der Menge. Sie liebte ihn, und er liebte sie dafür. In all der Aufregung und Hektik war Sanchez irgendwie sein Ringassistent geworden. Das war möglicherweise die größte Ehre, die dem Barmann der Tapioca Bar jemals zuteil geworden war. Er kannte Rex bereits seit vielen Jahren, denn der berühmte Kämpfer kehrte oft im Tapioca auf einen Drink ein, wenn er in der Stadt war. Er war nie länger als ein paar Wochen am Stück in Santa Mondega, doch wenn er da war, brachte er Leben in die Bude. Er erzählte großartige Geschichten, bei denen es in der Regel darum ging, dass er irgendjemandem eine Tracht Prügel verpasste oder sich mit einer ganzen Bande von Halunken herumschlug, um das Herz einer wunderschönen Frau zu gewinnen.
Er hatte gerade seinen vierten K.o.-Sieg nach Peto gefeiert, und es sah allmählich danach aus, als wollte ihn niemand mehr herausfordern. Sanchez stand mit einem Fuß auf dem unteren Seil des Rings und reckte sich, um mit dem Handtuch den Schweiß von der Stirn des riesigen Kämpfers zu wischen, während sie auf den nächsten Freiwilligen warteten.
»Bist du nur wegen der Kämpfe in die Stadt gekommen, oder hast du auch geschäftlich in Santa Mondega zu tun?«, fragte Sanchez, und ihm wurde bewusst, dass er mehr außer Atem schien als Rodeo Rex.
»Geschäftlich. Das hier ist nur ein schnelles Aufwärmtraining für etwas, das ich später noch vor mir habe.«
»Legst du jemanden um, den ich kennen sollte?«
Sanchez wusste nicht genau, womit Rex seinen Lebensunterhalt verdiente, doch es schien, dass er eine Menge Leute umbrachte. Er war sicher ein Kopfgeldjäger oder irgendwas in der Art, auch wenn er in den meisten seiner Geschichten nicht für andere tötete, sondern weil es ihm Spaß machte.
»Selbst ich weiß noch nicht, wen ich diesmal erledigen werde. Aber das macht die Sache ja so spannend.« Er zögerte und musterte den anderen Mann eingehend. »Irgendwas passiert in Santa Mondega in letzter Zeit, wovon ich erfahren sollte?«
Rex zeigte keine Spur von Müdigkeit, obwohl er innerhalb der letzten zwanzig Minuten fünf Kämpfe absolviert hatte. Er war gut gelaunt, und so spürte Sanchez ein nicht geringes Bedauern, ihn über eine Reihe von Neuigkeiten informieren zu müssen, die seiner Stimmung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Dämpfer versetzten.
Was Sanchez ihm zu erzählen hatte, würde Rodeo Rex härter treffen als irgendein Schlag, den er sich an diesem Tag im Ring einfangen konnte. Er musste ihm die Nachricht überbringen, dass sein lebenslanger Freund Elvis sich nicht so bald sehen lassen würde. Oder überhaupt noch einmal auftauchte.
»Hör zu, Rex, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber ich habe schlimme Neuigkeiten. Dein Freund Elvis … er hat gestern eine Sieben gewürfelt. Er wurde in einem Appartementblock gefunden. Sieht aus, als wäre er ermordet worden.«
Dies dämpfte die gute Stimmung von Rodeo Rex nicht nur, es ertränkte sie. Seine Mundwinkel sanken herab, und das Lachen war wie weggewischt. Eine Sekunde lang wirkte er extrem aufgebracht, dann kam ein Moment, in dem er aussah, als wartete er darauf, dass Sanchez einräumte, es wäre nichts weiter als ein Witz gewesen. Doch dieser Moment ging viel zu schnell vorbei.
»Was zur Hölle …? Mein Kumpel Elvis, der King? Tot? Wie zum Teufel ist das passiert? Und mehr noch, welches verdammte tote Arschloch hat das getan?«
»Das weiß bis jetzt noch niemand. Ein Typ namens Jefe hat seine Leiche in einem beschissenen kleinen Appartement in der Innenstadt gefunden. An der Decke hat er gesteckt, wie gekreuzigt. Überall von Messern durchbohrt. Die Augen, die Brust …«
Scheiße! Sanchez wurde plötzlich bewusst, dass er viel zu viele Informationen preisgab. Mit großer Wahrscheinlichkeit wollte Rex die grausigen Details über das furchtbare Schicksal, das seinen engen Freund ereilt hatte, gar nicht hören.
»Ja, ja«, seufzte der Riese von einem Mann. »Ich kann es mir denken … Jefe hat ihn gefunden, sagst du? Du meinst Jefe den mexikanischen Kopfgeldjäger, richtig?«
»Ja«, sagte Sanchez und nickte.
»Meinst du, er hat es getan?«
»Könnte sein, schätze ich. Dieser Jefe ist ein linker Hurensohn.«
Wenn Jefe verantwortlich war für den Tod von Elvis und wenn Rodeo Rex das herausfand, war es selbst für den Kopfgeldjäger das Klügste, so schnell aus der Stadt zu verschwinden, als wäre der Teufel hinter ihm her. Rex brauchte zwar keinen persönlichen Grund, um jemanden zu töten, doch wenn er einen hatte, sorgte er dafür, dass die betreffende Person vor ihrem Tod unglaublich litt. Selbst wenn diese Person ein so harter Bursche war wie Jefe.
»Kein Einheimischer hätte den verdammten Nerv gehabt, Elvis auch nur schief anzusehen, ganz zu schweigen davon, den Mann an die Decke zu nageln«, schnarrte Rex. Er war unübersehbar erschüttert. »Ist jemand Neues in der Stadt, von dem du meinst, er könnte es getan haben?«
»Machst du Witze? Im Augenblick sind mehr Fremde in der Stadt als je zuvor! Diese beiden Mönche zum Beispiel. Aber das ist längst nicht alles. Es gibt noch eine ganze Menge mehr, von der du noch nichts weißt.«
»Und warum erzählst du mir nicht alles?«
Sanchez schlang sich das Handtuch über die linke Schulter und beugte sich vor, um einen nassen Schwamm aus einem Eimer Wasser zu nehmen, der dicht neben der Ringecke auf dem Boden stand. Er begann, mit dem Schwamm Rex’ mächtige Brust abzureiben, auf der sich Schweißperlen zeigten wegen der Wut, die sich infolge der Nachricht von Elvis’ Tod in ihm aufgestaut hatte.
»Nun ja, Rex, es ist folgendermaßen. Mein Bruder und meine Schwägerin wurden auf die gleiche widerliche Weise ermordet. Ich war dort, um sie zu besuchen, und fand sie auf dem Fußboden. Mausetot, nur, dass sie keinen leichten Tod hatten. Ich war nur ein paar Minuten zu spät gekommen, sonst hätte ich den Bastard noch gesehen, der dafür verantwortlich war. Aber so hab ich nicht mehr gesehen als einen gelben Cadillac, der vom Hof meines Bruders jagte, nachdem ich die Toten gefunden hatte. Das ist alles an Hinweisen, mehr habe ich nicht. Ich hatte Elvis auf den Mörder meines Bruders und meiner Schwägerin, den Fahrer des gelben Cadillacs angesetzt, als er … als er starb. Ich schätze, es bedeutet, dass er den Bastard gefunden hat.«
»Also jemand, der einen gelben Cadillac fährt, wie? Und er hat Thomas und Audrey ebenfalls erledigt? Scheiße, Mann – sieht so aus, als würde ich länger in der Stadt bleiben müssen als ursprünglich geplant.«
Trotz all der schlechten Nachrichten, die er Rex überbracht hatte, spürte Sanchez Erregung in sich aufsteigen. Er war beeindruckt, dass sich der große Mann an die Namen seines Bruders und seiner Schwägerin erinnern konnte. Mehr noch, Rex schien auch den Tod von Thomas und Audrey rächen zu wollen, Herrgott im Himmel! Er hatte das Gefühl, dass seine Zufriedenheit Rex tatsächlich etwas bedeutete! Zuerst war Rex’ Motiv die Rache für den Tod von Elvis gewesen, seinem besten Freund in Santa Mondega, doch nun sah es danach aus, als betrachtete er auch Sanchez als einen Freund und nicht nur als einen Barmann.
Sanchez wischte Rex fertig ab und ließ den Schwamm zurück in den Wassereimer fallen. Er blickte sich suchend um – alles sah danach aus, als würden keine weiteren Herausforderer mehr kommen, um gegen Rex anzutreten. Die Menge war still geworden, und potenzielle Gegner verspürten zunehmend weniger Lust, sich innerhalb weniger Minuten zu Brei schlagen zu lassen. Rex begriff, dass er wohl für eine Weile nicht mehr würde kämpfen müssen. Er packte das Handtuch, das Sanchez sich über die Schulter geschlungen hatte, und benutzte es, um sich unter den Achseln und auf dem Rücken trocken zu reiben, als hätten die Bemühungen seines adoptierten Ringassistenten nicht ausgereicht.
»Sonst noch etwas, das ich wissen sollte, Sanchez?«
»Nun ja, offen gestanden ja. Mein Bruder hatte ein Mädchen namens Jessica oben auf dem Dachboden. Versteckt. Sie hat fünf Jahre lang im Koma gelegen, aber es scheint, als wäre sie daraus erwacht, kurz bevor er und Audrey ermordet wurden. Sie ist gestern in meiner Bar aufgetaucht. Sie behauptet, sich an nichts erinnern zu können, aber sie denkt, dass sie dabei war, als es passierte.«
»Du bist sicher, dass nicht sie Thomas und Audrey umgebracht hat?«
Sanchez hatte diese Möglichkeit selbstverständlich überdacht, doch Jessica sah einfach nicht aus wie eine eiskalte Mörderin. Abgesehen davon war sie nicht stark genug für einen so brutalen Angriff, nicht nach fünf Jahren im Koma.
»Ich glaube es zumindest. Sie sieht nicht danach aus. Sie ist ein wirklich hübsches kleines Ding.«
Rex schüttelte den Kopf. »Lass dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen, Sanchez«, warnte er den Barmann. »Ich schätze, es gibt nicht viele Leute, die bereit gewesen wären, ihr Geld auf den kleinen kahlköpfigen Mönch zu setzen, als er heute zum ersten Mal in den Ring gestiegen ist, aber er war ziemlich gut, nicht wahr? Zumindest so lange, bis ich ihm den Hintern versohlt habe.«
»Zugegeben, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie eine Mörderin ist. Außerdem ist etwas Ungewöhnliches an ihr. Ich habe gesehen, wie sie hundert Kugeln eingefangen hat, vor fünf Jahren. Deswegen war sie im Koma.«
Rex riss die Augen weit auf und blickte sich um, als wollte er sich überzeugen, dass niemand nah genug stand, um ihre Unterhaltung zu belauschen.
»War sie etwa diejenige, die sich Bourbon Kid in den Weg gestellt hat?«, fragte er leise.
»Ja, aber woher weißt du das?« Sanchez hatte die Stimme ebenfalls gesenkt.
»Jeder weiß darüber Bescheid. Und du sagst, sie ist wieder in der Stadt? Dein Bruder hat sie die ganze Zeit über bei sich versteckt? Warum zum Teufel hast du mir nichts davon erzählt?«
»Ich wusste nicht, dass es dich interessiert. Abgesehen davon, bevor sie ins Koma fiel, flehte sie mich an, sie zu verstecken und ihr Geheimnis zu bewahren, weil irgendwelche Leute sie töten wollten. Sie erinnert sich an gar nichts mehr von diesem ganzen Scheiß, aber ich habe mein Wort gehalten. Ich habe nicht einer Menschenseele erzählt, wo ich sie versteckt hatte.«
Rex atmete sehr, sehr tief durch und schüttelte den Kopf.
»Scheiße, Sanchez, dieses Mädchen könnte der Schlüssel zu allem sein, ist dir das klar? Sie ist die einzige Person, die Bourbon Kid nicht töten konnte. Ich muss mit ihr reden! Sie ist imstande, den Kerl zu identifizieren, der deinen Bruder, deine Schwägerin und Elvis umgebracht hat! Ich habe den stillen Verdacht, dass es unser Freund Bourbon Kid war. Dieser verdammte Hurensohn.«
»Aber er ist tot, oder nicht?«
»Glaub diesen Scheiß bloß nicht, nicht eine Minute! Ich wette mein letztes Hemd, dass dieser Bastard putzmunter und am Leben ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird er bald aus seinem Loch kommen und sein Gesicht wieder zeigen.«
Sanchez wurde zunehmend besorgt angesichts der Leidenschaft, die Rex in der Sache an den Tag legte. Mit einem Mal schien viel mehr hinter den Plänen des gewaltigen Mannes zu stecken als nur die Rache für den Tod von Elvis und Thomas und Audrey.
»Hör zu, Rex, gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«, fragte der Barmann nervös. »Passiert vielleicht in nächster Zeit irgendwas Größeres? Wenn nämlich dieses verdammte Bourbon trinkende Stück Scheiße zurückkommt, mache ich meine beschissene Bar dicht, Mondfestival oder nicht!«
»Sanchez, mein Freund, glaub mir, du willst nicht wissen, warum ich in der Stadt bin … Du willst es nicht wissen. Ich mache mich jetzt besser auf und suche die beiden Mönche. Ich hab nämlich eine Verabredung mit … Scheiße! Ich kann’s nicht fassen!«
Rex’ Blick war auf etwas hinter Sanchez’ rechter Schuler fixiert, neben dem Eingang zum Zelt.
»Was ist denn?« Sanchez sah, dass Rex durch irgendetwas abgelenkt wurde. Was immer es war, es machte seinen Blick hart und ließ ihn die Zähne blecken. Er sah wütend aus, als stünde er im Begriff, einem anderen Kerl den Kopf abzureißen.
»Er ist hier!«, zischte er. »Dieser verdammte Hurensohn!«
»Wer?«
Rex starrte noch immer über Sanchez’ Schulter. Sanchez drehte sich um, um zu sehen, worauf Rex starrte. Drüben in der Ecke des Zelts gab es eine kleine improvisierte Kaffeebar. Sie war kaum anderthalb Meter lang mit nur einer Bedienung hinter dem einfachen Tresen. Es gab nichts zu tun, einfach weil es eine Kaffeebar war und kein Mensch Kaffee trank – zumindest hatte bis vor ein paar Minuten niemand Kaffee getrunken.
Sanchez’ Herz drohte zu stocken. Er hatte Bourbon Kid seit fünf Jahren nicht gesehen, und er hatte in dieser Zeit nur deshalb einigermaßen gut schlafen können, weil er geglaubt hatte, dass er tot war. Doch da saß er nun, auf einem Barhocker, und trank Kaffee. Er hatte die Kapuze tief in die Stirn gezogen, sodass Sanchez eigentlich nicht hätte imstande sein dürfen zu erkennen, ob er es war oder nicht. Doch wenn man einmal gesehen hat, wie ein Mann kaltblütig eine ganze Bar voller Leute ausgelöscht hat, dann erkennt man ihn wieder, selbst wenn er sich eine Meile weit entfernt in der Dunkelheit hinter einem Baum versteckt.
»O mein Gott!«, dachte Sanchez laut. »Bourbon Kid!«
»Was?«, sagte Rex und drehte sich zu Sanchez um. »Wo?«
»Na, da!«, sagte Sanchez und zeigte zur Bar. »Der Kerl, den du die ganze Zeit angestarrt hast. Das ist er! Das ist Bourbon Kid!«
Rex schlang das weiße Handtuch mit einer Hand um Sanchez’ Hals und fing das andere Ende mit der freien Hand auf. Dann benutzte er die auf diese Weise hergestellte Schlinge dazu, das Gesicht des Barmanns dicht zu sich heranzuziehen. Die lässige, freundliche Art war verschwunden. An ihrer Stelle war nackte Aggression.
»Willst du mich etwa auf den Arm nehmen, Kerl? Wenn du meinst, du könntest mich verarschen, Kerl, mache ich dich kalt!«
Rauheit, dachte Sanchez, dem ganz schwindlig wurde. Jede Menge Rauheit in Rexens Stimme.
»Nein, Mann, ich schwöre! Das ist er! Das ist Bourbon Kid!« Sanchez wusste nicht, was ihm mehr Angst machte – Rex oder der Mann mit der Kapuze an der Kaffeebar neben dem Eingang.
Beide Männer sahen zu der Bar. Sie hatten den gleichen Mann angesehen, doch sein Platz war nicht länger besetzt. Sie hatten ihn nur ein paar Sekunden aus den Augen gelassen, und diese Zeit hatte ihm gereicht, um zu verschwinden. Er hatte sich in Luft aufgelöst, war einfach in der Menge aufgegangen.
»Du glaubst also, dieser Kerl war Bourbon Kid?«, fragte Rex.
»Nein. Ich weiß, dass er es war.«
Rex musste Sanchez glauben. Er war Bourbon Kid noch nie persönlich und wissentlich begegnet, sondern hatte immer nur Geschichten über ihn gehört. Doch jetzt, inmitten all der anderen Dinge, die er zu verdauen hatte, beispielsweise der gewaltsame Tod seines Freundes Elvis, musste er die Tatsache in Betracht ziehen, dass er Bourbon Kid schon früher gesehen hatte – ohne zum damaligen Zeitpunkt zu wissen, dass es Bourbon Kid war. Gottverdammt, das konnte doch nicht sein! Oder vielleicht doch?
»Dieser Hurensohn! Sanchez, bist du absolut sicher, dass er es war?«
»Selbstverständlich bin ich sicher, verdammt! Ich habe dabei zusehen müssen, wie er vor fünf Jahren meine gesamte Kundschaft ausradiert hat! Ich würde diesen Bastard überall auf der Welt wiedererkennen!«
Sanchez stockte für einen Moment. »Warte mal … was hast du denn geglaubt, wer er ist?«
Rex wandte sich um und ging langsam und mit gesenktem Kopf in die Mitte des Rings. Die Menge war verstummt, als spürte sie, dass etwas nicht stimmte und dass Rex an diesem Tag nicht mehr kämpfen würde. Viele von ihnen wichen sogar ängstlich vom Ring zurück, als befürchteten sie, er könnte durchdrehen. Was er natürlich nicht würde. Dennoch stand er im Begriff, Sanchez etwas zu verraten, das nur sehr wenige Leute wussten. Er wandte sich um und sah seinen zitternden Ringassistenten an.
»Dieser Kerl«, sagte er langsam. »Dieser Kerl, von dem du behauptest, er wäre Bourbon Kid – das ist der Kerl, dem ich das hier verdanke!« Rex hielt die rechte Hand hoch. Es war die Hand mit dem schwarzen Handschuh.
»Wow«, sagte Sanchez unangemessen. »Ist der aus echtem Leder?«
»Nicht der Handschuh, du Idiot! Das hier …!« Mit den Fingern der linken Hand packte er einen Finger des Handschuhs nach dem anderen und zog daran, bis er ihn schließlich in einer raschen Bewegung herunterriss. Darunter kam eine Hand zum Vorschein, wie Sanchez sie noch nie gesehen hatte. Sie war nicht aus Fleisch und Knochen wie die Hand eines gewöhnlichen Menschen. Rodeo Rex hatte buchstäblich eine stählerne Faust. Eine voll funktionsfähige Hand aus Metall, ein so kunstvoll gearbeitetes Stück, dass sämtliche Gelenke genauso funktionierten wie in einer ganz normalen Hand aus Fleisch und Blut.
»Mein Gott!«, ächzte Sanchez mit offen stehendem Mund. »So was hab ich noch nie gesehen! Ich wusste nicht mal, dass es so was schon gibt!«
»Gibt es auch noch nicht«, antwortete Rex. »Ich hab sie selbst gemacht, nachdem dieser verdammte Hurensohn mir jeden einzelnen Knochen in der Hand zerquetscht hatte. Und ich habe die Tage gezählt, bis ich ihn wiedersehe. Ich habe nur auf eine Gelegenheit gewartet, ihn hiermit zu schlagen.« Er hielt die zur Faust geballte Metallhand hoch.
Sanchez war wie betäubt. »Er hat dich in einem Kampf geschlagen?«, sprudelte er hervor. Selbst die Idee war unvorstellbar.
»Ich würde es nicht Kampf nennen. Mehr eine Kraftprobe, aber er hatte mehr Glück als ich. Es wird sich nicht wiederholen, das kann ich dir versichern.«
Es war eine außerordentliche Enthüllung. Sanchez hatte niemals zuvor gehört, dass irgendjemand Rex geschlagen hätte, egal in welcher Disziplin – oder auch nur einem Sieg nahe gekommen wäre. Doch er nahm an, dass es sich nicht schickte, auf der Niederlage des großen Mannes herumzureiten, und so wechselte er eilig das Thema.
»Also bist du der einzige Mensch auf der Welt mit so einer Hand?«, fragte er.
»Ja. Außer mir hat nur noch Luke Skywalker so eine Hand.«