3. Kapitel

 

Endlich zuhause. Katharina betrat die Wohnung und warf ihre Schlüssel in die kleine Schale auf dem Schuhregal. Aus Johannas Zimmer hörte sie das vertraute Rattern der Nähmaschine und die Musik aus dem Radio. Nachdem sie ihre Jacke aufgehangen und die Schuhe ins Regal gestellt hatte, nahm sie die neuen Bestellungen aus ihrer Handtasche und ging in Johannas Zimmer.

»Hey Süße. Wie war dein Tag?« Johanna stellte die Nähmaschine und das Radio ab und drehte sich zu Katharina um.

»Ich bin gut in der Zeit. Wenn ich den Blazer hier fertig habe, kann ich für heute aufhören.« Katharina nickte.

»Ich hab wieder ein paar neue Bestellungen bekommen.« Sie reichte ihrer Freundin den Stapel und sah zu, wie diese ihn durchsah.

»Ein Mann war im Laden?« Katharina nickte und versuchte ihre Nervosität zu verstecken.

»Das war der Bruder von der Kundin mit dem blauen Kleid. Du weißt schon, die Kleine schwarzhaarige.« Johanna nickte.

»Vielleicht kommen die beiden jetzt öfter zu uns.« Sollte sie ihr von dem Date erzählen? Sie versuchte eigentlich immer ihre Männergeschichten vor Johanna zu verbergen, damit sie nicht wieder an John erinnert wurde.

Diese Geschichte damals hatte ihre beste Freundin ziemlich mitgenommen. Überhaupt schien sie jetzt im Großen und Ganzen das Ufer gewechselt zu haben. Die letzten beiden Beziehungen, die Johanna geführt hatte, waren beide weiblicher Natur.

Und die wenigen Wochen, die sie mit Johanna mehr teilte als nur die Wohnung, waren auch alles andere als langweilig oder lahm zu bezeichnen. Trotzdem hatte es nicht all zu lange gehalten. Johanna, die alle neuen Bestellungen durchgesehen hatte, sah sie fragend an.

»Was ist los?« Katharina zierte sich erst, nahm aber dann ihren ganzen Mut zusammen und erwähnte Dominic.

»Der Bruder vom blauen Ballkleid hat mich um ein Date gebeten.« Johanna nickte.

»Das ist doch gut, oder?« Katharina zuckte mit den Schultern.

»Ich hab keine Ahnung. Irgendetwas war da zwischen uns und er ist sehr sympathisch.«

»Und gut aussehend.«

»Und reich. Er hat eine schwarze American Express.«

»Seit wann interessiert dich das Geld eines Mannes?« Katharina zuckte mit den Schultern.

»Tut es nicht, aber es war schon erwähnenswert.« Johanna lachte und das war etwas, dass Katharina nicht sehr oft zu hören bekam.

»Und? Gehst du mit ihm aus?« Wie könnte sie nicht?

»Wahrscheinlich.« Johanna schüttelte mahnend den Kopf.

»Wann war dein letztes Date?« War das ihr Ernst?

»Ist schon eine Weile her.«

»Dann solltest du mal wieder raus kommen. Immer nur das Geschäft und ich sind doch mit der Zeit langweilig, oder?« Katharina wusste nicht, was sie sagen sollte. Ein Ja würde bedeuten, dass Johanna langweilig ist, ein Nein, dass sie lügen müsste. Und ihre Freundin wusste immer, wann sie log.

»Ich weiß nicht. Vielleicht ist er ja ein Arsch und passt gar nicht zu mir.«

»Wenn er wirklich der Bruder von der Kleinen schwarzhaarigen ist, dann kann er gar nicht so übel sein. Die Kleine war jedenfalls sehr nett.« Da musste Katharina zustimmen. Und Geschwister nahmen sich normalerweise vom Charakter her nicht viel, das wusste sie aus eigener Erfahrung.

Ihr kleiner Bruder Adam, wobei er sie schon vor Jahren größentechnisch überholt hatte, war genau so umtriebig wie sie selbst. Er studierte Medizin und arbeitet nebenbei in einem Club als Türsteher. Irgendwie musste er ja das Studium finanzieren.

Ihre Eltern waren wirklich herzensgute Menschen und würden alles für ihre Kinder tun, aber nicht jeder schwamm im Geld und auch die beiden mussten für ihren Unterhalt arbeiten. Ihre Mutter war Kinderkrankenschwester und ihr Vater war Arbeiter in einer kleinen Fabrik.

Leider sahen sie sich nur zu diversen Feiertagen, da sie über 300 km entfernt in einer kleinen Vorstadt wohnten. Es war von Anfang an klar gewesen, dass Katharina und Adam nicht ewig dort leben würden. Um das Thema zu wechseln, zeigte Katharina in Richtung Küche.

»Was wollen wir heute essen?«

 

Als Katharina abends im Bett lag und auf ihren Zeichenblock starrte, sie hatte im Bett immer ihre besten Ideen, konnte sie nur an Dominic denken. Und seine Visitenkarte, die immer noch unberührt in ihrer Handtasche lag. Sollte sie sich mit ihm treffen? Vielleicht stellte sich ja schon nach kurzer Zeit heraus, dass sie nicht zusammenpassten. Warum sollte sie sich dann erst die Mühe machen und ihre wertvolle Zeit opfern?

Aber sie konnte nicht leugnen, dass sie heute, als sie seine Maße genommen hatte, sehr stark auf seinen Körper reagiert hatte. Sie hatte bis jetzt von allen Männern, die in der Boutique Kleidung bestellt hatten, die Maße genommen. Einfach, weil Johanna sie darum gebeten hatte. Bei Frauen hatte ihre Freundin überhaupt kein Problem. Aber Männer ... Das war eine völlig andere Sache. Und keiner der anderen Männer war auch nur im geringsten so anziehend wie Dominic gewesen.

Er sah gut aus und war auf den ersten Blick sehr nett und charmant. Und witzig, falls sie ihn richtig einschätzen konnte.

Wieder sah sie auf das weiße Blatt vor sich und legte schließlich den Stift aus der Hand. Auch der Block landete auf der anderen Bettseite, als sie aufstand und in ihrer Tasche nach dem Handy und der Visitenkarte kramte. Als sie fündig geworden war, setzte sie sich mit den beiden Sachen auf ihr Bett und speicherte die Nummer von Dominic ein.

Sollte sie ihm schreiben? Dann hätte er ihre Nummer, was sie bis jetzt immer vermeiden wollte. Ihr vorletzter Ex hatte sich sehr penetrant ihrer Nummer bedient und sie sehr oft nachts aus dem Bett geklingelt. Die Hasstiraden, die sie dann zu hören bekommen hatte, weil sie ihn abgeschossen und er es mit seinem übersteigerten, männlichen Ego nicht vereinbaren konnte, waren am Ende so schlimm, dass sie ihre Nummer gewechselt hatte.

Würde Dominic auch so werden? Er hatte im Laden schon erwähnt, dass er, wenn sie das Date absagen würde, jeden Tag bei ihr auftauchen würde, bis sie mit ihm ausginge. Sie legte das Handy beiseite und schaltete das Licht aus. Es war erst Freitag. Sie hatte also noch genügend Zeit, über alles nachzudenken.

 

 

Wölfe der ewigen Nacht
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