Epilog


In dem luxuriösen Hotelzimmer, das vom überaufmerksamen Personal des imposanten Corusca am Gemeinschaftsplatz einfach die Präsidentensuite genannt wurde, war alles in bombastischem Maßstab gehalten. Jaina lümmelte sich neben Jag auf einem Schwebesofa, auf dem eine ganze Jäger-Staffel plus Wartungsmannschaft Platz gefunden hätte. Ihre Füße lagen auf einem Tisch von der Größe einer kleinen Landeplattform, und sie betrachtete einen Vidschirm, auf dem man problemlos lebensgroße Bilder eines StealthX zeigen konnte. Gegenwärtig füllte die runzelige, Wookieegroße Schnauze von Perre Needmo den Schirm, die sich unentwegt nach oben und unten bewegte, während er die Nachrichten verlas.

». besteht weiterhin Ungewissheit darüber, wer auf den Millennium Falken geschossen hat«, berichtete der Chevin gerade. »Sprecher des Militärs der Galaktischen Allianz weisen die Verantwortung für den Zwischenfall kategorisch von sich. Allerdings wurden Unmengen zivilen Sensorpersonals Zeugen der Explosion. Und mehrere ChaseX-Sternenjäger der Verfolgerfregatte der Nargi-Klasse Schneller Tod hielten sich zum betreffenden Zeitpunkt in der unmittelbaren Nähe auf. Staatschefin Daalas Büro hat jede Stellungnahme dazu abgelehnt.«

Jaina schaltete den Ton aus. ehe sie lächelnd zu Jag hinüberschaute. »Ich lange an zu verstehen, warum Dad diesen Kerl so mag«, sagte sie. »Er hat so eine Art an sich, trotz der Vertuschungsversuche die Wahrheit ans Lieht zu bringen.«

Jag gestattete sich ein seltenes Lächeln. »Oder zumindest eine Version davon, die dein Vater angemessen findet.« Er zögerte, dann fragte er: »Gab es irgendwelche Opfer?«

Jaina schüttelte den Kopf. »Zumindest nicht auf unserer Seite«, sagte sie. »Der Falke und die Gizerwampe haben sich wie geplant getroffen. Eigentlich sollten sie in Kürze zu den Vergänglichen Nebeln aufbrechen.«

»Gut.« Äußerlich wirkte Jag erleichtert, doch seine Machtaura gab die Besorgnis preis. »Dann hast du also tatsächlich etwas von deinem Vater gehört?«

Jaina schüttelte den Kopf. »Nein, die Nachricht war von Mom.« Sie piekte ihn übermütig in die Rippen. »Aber mach dir keine Sorgen. Dad kommt schon klar.«

Jag schaute zweifelnd drein, doch bevor Jaina ihn beschwichtigen konnte, schwirrte der zur Suite gehörende Dienerdroide auf seinem Repulsorlift in den Raum.

»Bitte verzeihen Sie die Störung, Staatschef Fei«, sagte der Droide. »Soeben hat eine Vorankündigung für Javis Tyrr präsentiert unseren Personalstab erreicht. Eins der Themen ist eine Meldung, die Sie und Jedi Solo betrifft, und ich nahm an, Sie möchten sich das gern ansehen.«

Jaina schloss die Augen und stöhnte. »Was ist denn jetzt schon wieder?«

»Verzeihung, Jedi Solo.« Der Droide, der Jainas Frage als Aufforderung betrachtete, benutzte seine eingebaute Steuerung, um das Programm zu wechseln. »Ich fürchte, Einzelheiten bezüglich des Inhalts hat man uns nicht zukommen lassen.«

Einen Augenblick später erschien das attraktive Gesicht von Javis Tyrr - offensichtlich kosmetisch verschönert - auf der Vidwand, dreimal so groß wie in natura.

»... kommen wir jetzt zu einem weiteren Javis-Tyrr-

Exklusivbericht«, sagte er gerade und ließ seine viel zu weißen Zähne blitzen.

Auf der Vidwand erschien ein Bild von Jaina und Jag, die auf dem Rücksitz von Jags ramponierter Limousine saßen. Sofort beschlich Jaina ein ungutes Gefühl, und sie fühlte, wie sich Jags gesamtes Wesen anspannte.

»Hier ist eine kurze Aufnahme von dem, was zwischen unser aller Lieblingspärchen vorgeht, wenn sie ein bisschen Zeit für sich haben«, fuhr Tyrr fort. »Wie sind wir daran gelangt? Das kann ich euch nicht verraten, meine Freunde, aber ich kann euch versichern, dass ihr diese kleine Perle sehr interessant finden werdet.«

Das Bild zoomte näher heran und zeigte eine Nahaufnahme von Jaina, die finster dreinblickte, während sie von Jag zu wissen verlangte, was er ihr zu verheimlichen versuche.

Auf dem Sofa in der Hotelsuite drehte Jaina sich zur Seite und sah Jag an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, begann sie. »Es tut mir so.«

»Warte!«, sagte Jag und wandte sich an den Dienerdroiden. »DeZehn, würdest du das bitte ausschalten?«

Die Vidwand wurde unverzüglich schwarz. »Natürlich, Sir.«

»Und jetzt entschuldige uns bitte!«, bat Jag. »Und setze den Personalstab darüber in Kenntnis, dass ich kein Bedürfnis habe, mir noch weitere von Javis Tyrrs Berichten anzusehen.«

»Sehr wohl, Sir.« Der Dienerdroide neigte seinen Körper in einer Verbeugung nach vorn, ehe er hinzufügte: »Falls ich irgendetwas getan habe, um Sie oder Jedi Solo zu verärgern, möchte ich dafür in aller Form um Verzeihung bitten.«

»Ist schon in Ordnung«, meinte Jag. »Vielen Dank.«

Als der Droide aus dem Raum schwirrte, ließ Jaina ihr Kinn nach unten sinken. »Jag, es tut. mir so leid«, beteuerte sie.

»Tyrr muss die ganze Zeit über Daten von diesem Parasitendroiden heruntergeladen haben, als er.«

»Jaina, hör auf!« Er schob einen Finger unter ihr Kinn und brachte sie dazu, es wieder anzuheben. »Du hast den Spion nicht in meine Limousine geschmuggelt, und alles kommt wieder in Ordnung.«

»In Ordnung? Wie kannst du denken, dass das wieder in Ordnung kommt?« Jaina wies auf die Vidwand. »Wenn du jemals ein junger Jedi in der Zuflucht gewesen wärst, würde ich denken, dass du jetzt ebenfalls durchdrehst!«

Jag wirkte vollkommen gelassen. »Das ist kein Problem. Wir kommen schon damit klar.« Er winkte mit einer Hand abschätzig in Richtung Vidwand. »Das ist bloß Politik. Lud ich habe nicht vor zuzulassen, dass so eine Kleinigkeit wie Politik zwischen uns kommt.«

Er zog sie dichter zu sich und küsste sie sanft, ehe er hinzufügte: »Ich habe nicht vor zuzulassen, dass je irgendetwas zwischen uns kommt.«

Jainas Augen blieben offen. »Versprichst du das?«, fragte sie.

Jag nickte. »Ich verspreche es.«

»Na gut.« Jaina schloss die Augen und lehnte sich vor, um ihn zu küssen. »Dann verspreche ich es dir auch.«

Luke Skywalker lag bewusstlos in der Medistation der Schatten und wirkte mehr tot als lebendig. Er war erst halb gebadet und noch immer mit Blut besudelt. Doch Ben wusste, dass die Wunden heilen würden und dass Lukes Kraft nach ein paar guten Mahlzeiten zurückkehren würde. Ob das auch für das stets hoffnungsvolle Gemüt seines Vaters galt, da war sich Ben hingegen nicht so sicher. Als er die Sache durchrechnete, wurde ihm klar, dass sein Vater Wochen jenseits der Schatten zugebracht hatte. Und das schien keine Erfahrung zu sein, von der sich irgendjemand rasch erholen konnte - wenn überhaupt jemals.

Ben selbst hatte bloß ein paar läge jenseits der Schatten verbracht, und noch immer lastete dieser kurze Besuch auf ihm wie ein Sack Steine beim Drei-Kilometer-Schwimmen. Natürlich war nicht alles schlecht. Er war froh darüber, Anakin im See der Erscheinungen begegnet zu sein, und zutiefst dankbar für die Gelegenheit, ein letztes Mal mit seiner Mutter zu reden. Und mit jeder Faser seines Wesens beabsichtigte er. die Versprechen zu halten, die er ihr gegeben hatte.

Aber was die Sache anging, Jacen zu sehen. wie traurig es gewesen war festzustellen, dass er so einsam und so verloren gewesen war - nicht verbittert, sondern sich vollkommen darüber im Klaren, zu was für einem Monster er geworden war. Jacen wusste um die Verletzungen, die er so vielen zugefügt hatte, um den Kummer, den er denen bereitet hatte, die ihn am meisten liebten. Und die Sache, die Ben wirklich naheging - die Sache, von der Ben wusste, dass sie ihn für den Rest seines Lebens verfolgen würde -, war, wie bereitwillig Jacen das alles akzeptiert hatte. Jacen schien beinahe selbstzufrieden damit zu sein, als wäre all das Leid, das er über sich und andere gebracht hatte, ein notwendiges Übel gewesen, um ein viel größeres Ziel zu erreichen.

Und doch. war es Jacen gewesen, der Ben letzten Endes so verängstigt hatte, dass er wieder zu Sinnen gekommen war, der letzten Endes beide Skywalkers gerettet hatte, indem er sie davon überzeugt hatte, dass sie nicht weiter gehen konnten, ohne all das zu verlieren, das zu retten sie gekommen waren. Ben wurde bewusst, dass irgendwo darin eine tiefere Wahrheit verborgen lag. die allerdings vermutlich auf ewig knapp außerhalb der Reichweite seines Verstandes weilen würde.

Er spürte eine Regung in der Macht und sah nach unten. Die blauen Augen seines Vaters betrachteten ihn aufmerksam.

»Ich wünschte, du würdest das nicht tun, Dad«, sagte Ben. »Das ist irgendwie gruselig.«

»Was?«, fragte Luke. »Dass ich versuche, ihm beizustehen, wenn mein Sohn Führung braucht?«

»Nicht das«, erwiderte Ben. »Immer recht zu haben.«

»Tut mir leid.« Ein vertrautes Skywalker-Lächeln kroch über Lukes Lippen, und sofort fühlte sich Bens Herz tausend Kilo leichter an. »Ich kann nicht anders. Irgendwie gehört das einfach dazu.«

»Ja.« Ben seufzte. Nach einer Pause fragte er: »Hey, macht es dir was aus, wenn ich dir eine Frage stelle, solange du wach bist?«

»Was wir immer noch hier im Schlund machen, obwohl wir keine Nahrung und keine Arzneimittel mehr haben?«

»Quatsch. das weiß ich bereits.« Ben fuhr mit einem Finger den Schnitt ab, der über die Nase und die Wange seines Vaters verlief. »Du hast dieses Sith-Mädchen mit einer Blutfährte markiert. Wir warten einfach bloß darauf, dass sie in die Gänse kommt und die Schlundloch-Station verlässt.«

Wieder lächelte Luke. »Tja, wenn das so ist, kennst du doch schon alle Antworten.«

»Nicht alle«, korrigierte Ben kopfschüttelnd. »Es gibt da eine Frage, die mir wirklich nicht aus dem Sinn geht.«

Lukes Miene wurde ernst. »Du kannst mich Immer alles fragen.«

»Ich weiß«, versicherte Ben. Er atmete tief ein. »Als Jacen von dir wissen wollte, was du auf dem Thron des

Gleichgewichts gesehen hast.«

»Ich erinnere mich«, sagte Luke. »Ich sagte ihm. dass ich Allana gesehen habe, umgeben von Freunden aller Spezies.«

»Genau.«, meinte Ben. »Und dann hast du Jacen gefragt, was er gesehen hat.«

Luke nickte. »Ich entsinne mich. Er sagte mir, dass ich es nicht war.« Sein Blick schweifte in die Ferne, und er schaute weg. »Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich ihm das glaube.«

»Weil du weißt, was er gesehen hat?«, fragte Ben.

»Weil ich einen Teil davon kenne«, entgegnete Luke, der den Blick immer noch abgewandt hatte. »Gerade genug, um mir zu denken zu geben.«

»In Ordnung«, sagte Ben. »Dann kommt hier meine Frage: Was hat Jacen gesehen?«

Luke schaute Ben wieder an. »Was Jacen auf dem Thron des Gleichgewichts gesehen hat, spielt keine Rolle - nicht für dich.« Sein Lächeln kehrte zurück, diesmal zu gleichen Teilen von Traurigkeit und Hoffnung erfüllt. »Und weißt du, was daran wirklich wundervoll ist? Dass sich daran auch niemals etwas ändern wird.«