17.
Mit einer Galerie architektonischer Studien aus Zeiten der Alten Republik an den Wänden und einem Sitzbereich, der von zwei mondänen LevitaRuh-Sofas beherrscht wurde, war der Raum offenkundig eher mit einem Auge für Stil denn für Zweckmäßigkeit eingerichtet worden. Außerdem wirkte er viel zu ordentlich für das Büro einer viel beschäftigten Richterin. Auf dem modischen Freischwebetisch befand sich nicht ein einziger Dokumentenordner, ganz zu schweigen von einer Leselampe oder einem Datapad. Tatsächlich bestand der einzige Hinweis darauf, dass jemand den Raum wirklich auf regelmäßiger Basis benutzte, in dem nachklingenden Hauch eines süßen, fruchtigen Parfüms, von dem Jagged Fel sich ziemlich sicher war, dass man die gegenwärtige Nutzerin des Raums kaum im Tiefschlaf erwischen dürfte, wenn sie es trug.
Großgewachsen und majestätisch, mit langem kupferfarbenem, hier und da ergrauendem Haar stand die Frau da und kehrte ihm den Rücken zu. Sie trug ihre übliche Uniform - ein weißes, militärisch anmutendes Hemd und eine passende Hose - und schaute durch ein langes Einweg-Transparistahlfenster in einen Gerichtssaal mit grauen Wanden, der so nüchtern war wie das Büro schick. In dem Raum drängten sich Jedi, Reporter und andere Zuschauer, doch die Aufmerksamkeit der Frau war auf den allgemeinen Bereich um den fisch des Verteidigers gerichtet, wo eine blonde, stoisch wirkende, zur »Aufspürerin« gewordene Jedi neben ihrem pausbäckigen Anwalt saß, einem Twi'lek namens Nawara Ven.
Ohne den Blick vom Gerichtssaal abzuwenden, deutete die
Frau mit dem kupferfarbenen Haar auf einen freien Platz neben sich. »Staatschef Fei, würden Sie mir Gesellschaft leisten? Das hier wird nicht lange dauern, und ich nehme an. dass Sie ebenso sehr an Jedi Veilas Anhörung interessiert sind wie ich.«
»Ich zweifle nicht daran, dass der Prozess schnell gehen wird, Staatschefin Daala«, sagte Jagged. Da er in letzter Minute um dieses Treffen ersucht hatte, hatte Daala ihn gebeten, sich im Büro von Richterin Arabelle Lorteli zu ihr zu gesellen. »Aber Tahiri Veila ist schon seit drei Jahren keine Jedi mehr.«
»Das habe ich auch gehört.« Daala sah weiterhin in den Gerichtssaal, doch Jag glaubte, in ihrem Mundwinkel den Anflug eines Lächelns auszumachen. »Dann sollte das hier interessant werden.«
Als Jag näher an das Sichtfenster herantrat, sah er die Solos auf den Zuschauerplätzen hinter dem Tisch der Verteidigung sitzen. Han und Leia befanden sich am einen Ende der Reihe, während Jaina am anderen Platz genommen hatte, mit sechs unbesetzten Stühlen zwischen ihnen. Jag verspürte einen Stich der Schuld, weil er wusste, dass er der Grund für die Kluft in der Solo-Familie war. Was er nicht wusste, war, was er sonst hätte tun sollen. Es wäre einfach nicht ehrbar gewesen, seine Pflicht gegenüber dem Galaktischen Imperium zu missachten, indem er den Jedi erzählte, was er in Bezug auf Daala und die Mandalorianer zufällig aufgeschnappt hatte.
So traurig Jag auch darüber sein mochte, dass die Solos so offensichtlich miteinander haderten, war er dennoch nicht überrascht, sie bei Tahiris Anhörung zu sehen. In den letzten paar Jahren hatten sie ihre schützende Hand über sie gehalten, vermutlich, weil ihr Sinneswandel gegen Ende des Bürgerkriegs das Leben vieler Jedi gerettet hatte. Oder vielleicht fühlten sie sich schlecht, weil Caedus mit ihren Gefühlen gespielt hatte, um sie einen dunklen Pfad hinunterzuführen. Oder möglicherweise fühlten sie sich ihr auch einfach bloß verbunden, weil sie ihrem Sohn Anakin so viel bedeutet hatte. Wahrscheinlich trafen all diese Dinge zu.
Was auch immer die Solos für Gründe haben mochten, Jag wollte Daala einfach davon überzeugen, die Anklage gegen Veila fallenzulassen. Zunächst mal, weil es richtig war, das zu tun. Und zweitens, weil es ihn womöglich in den Augen seiner zukünftigen Schwiegereltern rehabilitierte, wenn er Tahiri half.
Er blieb einen Schritt von Daala entfernt stehen, bevor er mit dem Knöchel behutsam gegen den Transparistahl klopfte. Obwohl es unmöglich war, von der anderen Seite aus durch das Fenster zu schauen, sahen Jaina und Leia sofort in seine Richtung.
»Vor den Jedi kann man nichts verbergen«, kommentierte Daala. »Was denken Sie, was sie von Ihrer Anwesenheit hier halten werden. bei mir?«
»Ich bin sicher, dass sie genau wissen, warum ich hier bin.« Jag hoffte, dass er zuversichtlicher klang, als er sich fühlte. »Um Ihnen dabei zu helfen, den Fehler zu erkennen, den Sie gerade machen.«
Daala sah ihn an und zog eine Augenbraue hoch. »Dann billigen Sie meine Methoden nicht?«
»Ich billige es nicht, wenn das Rechtssystem als politische Waffe missbraucht wird«, entgegnete Jag. »Das riecht nach Tyrannei.«
Daala schien einen Moment darüber nachzudenken. Dann wurde ihre Miene undurchsichtig, und sie sagte: »Wir sind alle Produkte unserer Vergangenheit, Staatschef Fei. aber ich verstehe, was Sie meinen.«
Auf der Rückseite des Gerichtssaals öffnete sich eine Tür, und der Gerichtsdiener forderte die Anwesenden auf, sich zu erheben. Sobald dem alle nachgekommen waren, betrat eine schlanke, blauhaarige Frau den Saal. Mit ihren hohen, geschwungenen Brauen und dem breiten Mund mit den vollen Lippen sah sie wie eine attraktive Menschenfrau von nicht mehr als siebzig Jahren aus - abgesehen von der dünnen, zu langen Nase, die sie als Angehörige der Zoolli-Spezies zu erkennen gab.
Als sie die Stufen zum Richterpult hochstieg, wandte sich Daala wieder dem Gerichtssaal zu. »Wir können nach der Anhörung über die Unabhängigkeit der Justiz sprechen«, meinte sie. »Vertrauen Sie mir, das hier wollen Sie nicht verpassen.«
Die offenkundige Ungeduld in Daalas Stimme sorgte dafür, dass Jag mulmig zumute wurde, aber wenn sie bereit war, über Machtmissbrauch zu sprechen, hatte er womöglich tatsächlich eine Chance, ihre Meinung über das, was sie hier tat, zu ändern - zumindest solange er sie nicht vorher dadurch erzürnte, dass er ihr einen Augenblick der Vergeltung verwehrte.
»Nun gut«, sagte er. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich hier zu treffen, und noch dazu so kurzfristig.«
»Und das, ohne dass Sie mir gesagt haben, worum es geht«, erinnerte Daala ihn. »Allerdings verschafft mir das bereits eine ziemlich gute Vorstellung davon, worüber wir miteinander sprechen werden.«
Jag nickte, doch bevor er antworten konnte, drang die raue Stimme des Gerichtsdieners aus dem Gerichtssaal über die Sprechanlage.
»Die Sitzung des Gerichts für Jedi-Angelegenheiten ist hiermit eröffnet, den Vorsitz hat die ehrenwerte Arabelle Lorteli, Bitte, nehmen Sie Platz und verhalten Sie sich ruhig!«
Noch bevor die Versammelten dem nachkommen konnten, begann Richterin Lorteli mit einer so keifenden, nasalen Stimme zu sprechen, dass eine Gänsehaut Jags Rücken hinabfuhr. »Ich muss sagen, dass mir gar nicht bewusst war, dass mein Ansehen so rasant wächst.«
Die Bemerkung erntete eine Runde freundliches Gekicher, was sogleich ein überraschtes Stirnrunzeln der Richterin nach sich zog. Sie schaute die Anwesenden an ihrer langen Nase vorbei an, ehe sie dem Gerichtsdiener einen wütenden Blick zuwarf.
»Ruhe!«, brüllte der Gerichtsdiener.
Ein verblüfftes Schweigen senkte sich über den Gerichtssaal, und Richterin Lorteli versuchte, die Röte zu verbergen, die ihr in die Wangen gestiegen war, indem sie vorgab, einen hinter dem Pult angebrachten Datenschirm zu studieren. Jag kamen schlagartig Zweifel daran, dass die Frau dieses Amtes würdig war, und das Grinsen, das sich auf Daalas Gesicht breitmachte, war die einzige Bestätigung, die er diesbezüglich brauchte. Die Staatschefin hatte ganz genau gewusst, was sie tat, als sie diese bestimmte Zoolli zur Richterin in Jedi-Angelegenheiten ernannt hatte.
Sobald die Farbe aus Lortelis Wangen gewichen war, schaute sie wieder auf und spähte über das Pult. »Natürlich wollte ich damit meiner Überraschung Ausdruck verleihen, dass einer simplen Anhörung ein solches Interesse entgegengebracht wird.«
Ohne darauf zu warten, dass die Richterin ihm die Erlaubnis dazu erteilte, stand Nawara Ven auf und ergriff das Wort. »Dieses ungewöhnliche Interesse entspringt der öffentlichen
Entrüstung über diesen eklatanten Missbrauch der Gerichtsbarkeit, Euer Ehren. Die Verhaftung von Tahiri Veila ist nichts weiter als ein zynischer politischer Trick.«
»Das reicht fürs Erste, Anwalt«, unterbrach Lorteli und wies mit einer erhobenen Hand auf den Twi'lek. »Der Name war.?«
Nawaras Kopftentakel zuckten so heftig, dass sie gegen seinen Rücken schlugen. »Ihr wisst ganz genau, wer ich bin, Euer Ehren. Ich bin allein in dieser Woche ein Dutzend Mal vor Euch erschienen.«
»Im Namen verschiedener Jedi«, stellte Lorteli fest. »Ist das korrekt, Anwalt Ven?«
Zu Jags Überraschung wirkte die Richterin über Vens scharfen Kommentar nicht im Geringsten verärgert, und Jagged beschlich wegen dem, was gleich in diesem Gerichtssaal passieren würde, ein ziemlich mieses Gefühl.
Offensichtlich hatte Ven dieses Gefühl ebenfalls, da seine Erwiderung untypisch knapp ausfiel. »Natürlich.«
»Und die Jedi bezahlen dafür, dass Tahiri Veila einen Rechtsbeistand hat?«, fuhr Lorteli fort.
Ven richtete sich zu voller Größe auf und stand reglos da. »Wir haben noch nicht über die Bezahlung gesprochen, Euer Ehren«, entgegnete er. »Aber in den vergangenen zwei Jahren hat Tahiri Veila als. Aufspürerin für Unternehmen gearbeitet; ich schätze, so könnte man das ausdrücken. Nach allem, was ich weiß, war sie darin sehr erfolgreich, weshalb ich den Eindruck hatte, dass sie ihre Ausgaben selbst decken kann.«
»Nicht allzu wahrscheinlich«, murmelte Daala leise. »Sie hat nicht einmal zwanzigtausend Credits auf dem Konto.«
Tahiri war viel zu gut ausgebildet - von den Jedi und Darth Caedus -, um auch nur einen Deut von der Überraschung zu zeigen, die sie angesichts von Vens Behauptung womöglich empfand. Allerdings wirkte Richterin Lorteli einen Moment lang verblüfft, als wäre Yen von einem sorgsam geprobten Drehbuch abgewichen. Sie ließ ihren Blick einen Moment lang sinken, offensichtlich, um erneut ihren Datenschirm zu konsultieren, dann schürzte sie entschlossen die Lippen und sah Tahiri an.
»Angeklagte Veila. Ihr seid eine Jedi?«
»Nein.« Tahiri antwortete, ohne sich zu erheben, eine Geste mangelnden Respekts, die darauf hinwies, dass sie ebenso gut wie Ven wusste, worauf die Richterin mit ihrer Argumentation hinauswollte. »Gegenwärtig nicht.«
»Aber es gab eine Zeit, zu der Ihr eine Jedi wart, richtig?«
»Richtig.«
»Und das war vor dem jüngsten Galaktischen Bürgerkrieg?«, fragte Lorteli.
Bevor Tahiri antworten konnte, beugte Ven sich vor und stützte seine Masse auf dem Tisch der Verteidigung ab. »Euer Ehren, ich muss wirklich gegen diese Art der Befragung protestieren. Die Gesinnung meiner Klientin vor dem Krieg ist für das Gesuch, das sie hier vorbringen möchte, nicht von Belang.«
Lorteli sah ihn nicht einmal an. »Einspruch abgewiesen, Anwalt Ven.«
»Auf welcher Grundlage?«, wollte er wissen.
»Auf der Grundlage, dass ich Euch bislang nicht als Rechtsbeistand dieser Angeklagten anerkannt habe. und das aller Voraussicht nach auch nicht tun werde.«
Ein überraschtes Murmeln ging durch den Gerichtssaal, und Han Solo stand mit offenem Mund auf, kurz davor, etwas zu rufen - doch seine Frau zog ihn wieder auf den Platz zurück und setzte die Macht ein, um ihn dort festzunageln. Jaina rutschte einfach vor bis zur Sitzkante, ihren wütenden Blick auf Lorteli fixiert. Selbst Tahiri schien der Angelegenheit, endlich mehr Interesse entgegenzubringen. Sie lehnte sich vor und stützte ihre Ellbogen auf den Tisch.
Sobald der Gerichtsdiener die obligatorische Aufforderung um Ruhe von sich gegeben hatte, richtete Lorteli den Blick wieder auf Tahiri.
»Beantwortet die Frage, Angeklagte Veila! Wart Ihr vor dem jüngsten Galaktischen Bürgerkrieg eine Jedi?«
»Ja.« Tahiri warf dem verblüfften Bith am Tisch der Anklage einen galligen Blick zu. »Bevor ich die Taten begangen habe, für die man mich vor Gericht stellen will.«
»Ich verstehe«, sagte Lorteli. »Doch in Eurer Eigenschaft als Jedi-Ritterin wart Ihr in zahlreiche Geheimnisse eingeweiht, die der Jedi-Orden vermutlich nicht in öffentlicher Sitzung enthüllt wissen möchte, oder?«
»Oh, wir wissen alle, wo der Imperator seinen Schatz vergraben hat, falls es das ist, was Ihr wissen wollt«, meinte Tahiri, die sich im Stuhl wieder nach hinten sinken ließ. »Ich zeichne Euch gerne eine Karte, wenn das dabei hilft, diese Anklage.«
Der Rest ihres Angebots ging in einem Getöse aus wieherndem Gelächter und Gekicher unter, das einer Welle gleich durch den Gerichtssaal toste, und selbst Daala schnaubte belustigt.
»Die hat Schneid«, sagte sie. »Das muss ich ihr lassen.«
»Was hat sie schon zu verlieren?«, fragte Jag. »Selbst ein blinder Gungan würde erkennen, dass Sie diese Gerichtsverhandlung von Anfang an manipuliert haben.«
Daala grinste. »Wer fällt jetzt ein vorschnelles Urteil, Fei? Richterin Lorteli versucht lediglich sicherzustellen, dass die
Angeklagte eine angemessene Strafverteidigung erhält.«
Nachdem der Gerichtsdiener wieder für Ruhe gesorgt hatte, blickte Lorteli auf Tahiri herab. »Soll ich das als ein Ja werten?«
»Das könnt Ihr halten, wie Ihr wollt.« Tahiri schaute zu Han und Leia hinüber und fügte hinzu: »Aber selbst, falls ich irgendwelche Geheimnisse kenne, werde ich sie mit niemandem in diesem Raum teilen.«
Jetzt lächelte Lorteli sie tatsächlich an. »Diese Entscheidung liegt natürlich ganz bei Euch«, sagte sie. »Da alle Informationen dieser Art, die Ihr uns aber vielleicht dennoch mitteilen möchtet, sehr gut Auswirkungen auf den Verlauf Eures eigenen Falles haben könnten, kann ich nicht erlauben, dass Nawara Ven - oder irgendein anderer Anwalt in einem derart offensichtlichen Interessenkonflikt - Eure Verteidigung übernimmt.«
Im Gerichtssaal ertönten Rufe der Empörung, und dieses Mal machte sich Leia Solo nicht die Mühe, Han wieder nach unten zu ziehen. Jag wandte den Blick ab und schüttelte angewidert den Kopf.
»Zumindest waren Sie klug genug, Ihre Schadenfreude nicht offen unten im Saal zur Schau zu stellen«, gestand er Daala zu. »Bitte sagen Sie mir, dass Sie nicht glauben, dass die Jedi -oder ihre Verbündeten im Senat - einfach hinnehmen werden, was Sie da gerade getan haben?«
»Selbstverständlich nicht.« Daala deaktivierte den Lautsprecher und kehrte dann zudem dem Sichtfenster den Rücken zu. »Aber ich musste ein Exempel statuieren. Wenn die Meister denken, sie können mich einschüchtern, indem sie damit drohen, den Orden aufzulösen.«
»Mir ist nicht bekannt, dass sie das getan haben«, unterbrach Jag sie. »Alles, was ich gehört habe, weist darauf hin. dass diese Schüler aus eigenem Antrieb ausgetreten sind.«
Daala rollte mit den Augen. »Oh bitte, Staatschef, wenn Sie wirklich so naiv wären, hätten die Moffs Sie schon vor zwei Jahren umgebracht.« Sie ging quer durch den Raum auf den Getränkeschrank zu. »Dürfte ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Vielleicht Polarwasser oder ein wenig Fizzee?«
»Nein, vielen Dank«, antwortete Jag. Eigentlich hatte Daala nach ihrer zweiten Begegnung damit aufgehört, ihm Rauschmittel anzubieten, eine widerwillige
Respektsbekundung, da er seine Ansicht deutlich gemacht hatte, dass Staatsgeschäfte einen klaren Kopf verlangten. »Aber ich wünschte, Sie würden noch einmal überdenken, was Sie hier machen. Es ist nicht das Gesetz, das Sie unbedingt durchsetzen wollen.«
Daala öffnete das Schränkchen und fragte, ohne sich umzudrehen: »Und was dann?«
»Ihren Willen«, sagte er. »Und das ist nicht bloß für die Jedi offensichtlich. Wenn Sie Tahiri Veila den Prozess machen und eine der Architektinnen des Putsches gleichzeitig weiter frei herumlaufen lassen, damit sie sich friedlich zur Ruhe setzen kann, riecht das nach Korruption.«
Daala zögerte einen Moment, ehe sie fragte: »Sprechen Sie von Cha Niathal?«
»Natürlich«, entgegnete Jag. »Tahiri und Admiralin Niathal haben beide die Seiten gewechselt. Glauben Sie allen Ernstes, Sie können die eine vor Gericht stellen und die andere weiterhin in Frieden leben lassen? Die Öffentlichkeit wird denken, Niathal hätte etwas bei Ihnen dafür gut, weil sie Ihnen dabei geholfen hat, Staatschefin zu werden. Wie ich höre, ist der Senat bereits dieser Ansicht.«
»Und es spielt keine Rolle, dass sie damit falsch liegen.«
Daala nickte, dann zog sie ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Fizzee. »Alles, was zählt, ist, wie die Dinge wahrgenommen werden.«
Jag nickte. »Das ist das Wesen der Demokratie.« Zu seiner Überraschung wirkte Daala tatsächlich besorgt. Vielleicht gab es am Ende doch noch Hoffnung, die Anklage gegen Tahiri fallen zu lassen. »Als Sie das Amt angenommen haben, haben Sie versprochen, die Galaktische Allianz zu einer Gemeinschaft für alle Lebewesen zu machen. Das wird Ihnen kaum gelingen, wenn Sie die Rechtsprechung als politische Waffe missbrauchen.«
Daala drehte sich um, dann nippte sie an ihrem Fizzee und fragte: »Und was schlagen Sie vor?«
»Lassen Sie die Anklage gegen Tahiri fallen und lösen Sie den Jedi-Gerichtshof auf«, sagte Jagged. »Wenn ein Jedi es verdient, vor Gericht gestellt zu werden, tun Sie das innerhalb des normalen Rechtssystems! Wenn Sie tatsächlich wollen, dass die Jedi dieselben Gesetze befolgen wie alle anderen, ist das der einzige Weg, wie das funktionieren kann.«
Daala dachte einen Moment darüber nach, bevor sie erwiderte: »Das ist gewiss eine Möglichkeit, das Problem anzugehen. Ich werde mir einige Gedanken darüber machen.« Sie nahm einen weiteren Schluck Fizzee, ehe sie auf ihr Chrono sah. »Sind wir hier fertig? Ich muss in zehn Minuten zu einer Stabssitzung wieder im Büro sein.«
Jag verkniff es sich, das Thema weiter zu vertiefen, indem er preisgab, was er über die Mandalorianer wusste. Er war versucht, ihr zu sagen, dass sie eine Närrin war, wenn sie glaubte, dass sie mit dem Anheuern der Mandalorianer irgendetwas anderes erreichen würde, als dass eine Menge Leute ums Leben kamen. Allerdings hatte Daala zumindest versprochen, ihre Strategie im Umgang mit den Jedi noch einmal zu überdenken - und das war mehr, als er eigentlich zu erreichen erwartet hatte.
Stattdessen sagte er: »Es gibt noch eine andere Sache, über die wir uns unterhalten müssen.« Er griff in seine Hemdtasche und holte den Parasitendroiden hervor, den Jaina ihm gegeben hatte, dann ging er zum Getränkeschrank und legte ihn vor Daala auf die Serviertheke. »Wissen Sie, was das ist?«
Daala hob den Droiden auf und hielt ihn gegen das Licht, dann versicherte sie: »Der gehört nicht uns, falls Sie das denken. Nicht, dass es mir nicht gefallen würde, Sie und die Moffs zu belauschen, aber offen gestanden, waren Ihre Suchaktionen nach Wanzen einfach zu gründlich.«
»Ich werde meinem Sicherheitsoffizier Ihre Komplimente ausrichten«, versprach Jagged. »Aber der ist von uns.«
Daala hob verwirrt eine Augenbraue. »Und deshalb zeigen Sie mir das Ding, damit ich weiß, wonach ich Ausschau halten muss?«
Jag lächelte. »Wir haben Sie nicht verwanzt«, sagte er. »Damit hat Javis Tyrr seine Geschichten aus dem Innern des Jedi-Tempels gekriegt.«
Daala runzelte die Stirn. »Ich weiß, dass Sie nicht von mir erwarten zu glauben, dass Sie ihm dabei geholfen haben.«
»Ich wohl kaum.« Jag schob den Parasitendroiden in die Tasche zurück. »Lecersen schon.«
Sofort leuchtete Erkenntnis in Daalas Augen auf. »Dieser dreckige Haufen Hutt-Schleim! Das hätte ich wissen müssen.«
»Da sind Sie nicht die Einzige«, meinte Jag. »Aber vorbei ist vorbei. Die Frage ist: Was unternehmen wir jetzt deswegen?«
Daalas Miene wurde ausdruckslos. »Wir, Staatschef? Er ist Ihr Moff.«
»Ein Moff, der Sie und die Jedi gegeneinander ausspielt«, merkte Jag an. »Und ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht bloß Lecersen dahintersteckt. Es gibt eine Menge Moffs, die Grund dazu haben, Ihnen, mir und den Jedi eins auszuwischen.«
Daalas grüne Augen wurden so kalt, dass sie beinahe blau wirkten. »Dann schlage ich vor, dass Sie sich um sie kümmern, Fei.« Sie knallte ihr Glas so fest auf das Schränkchen, dass der Fizzee auf die KristaKlar-Oberfläche schwappte. »Wenn Sie möchten, kann ich Sie mit einem sehr guten Kopfgeldjäger in Kontakt bringen, der den Job nur allzu gern übernehmen würde.«
Jetzt war es an Jag, verwirrt die Stirn zu runzeln. »Sie wollen diese Hetzkampagne gegen die Jedi fortsetzen?«, fragte er. »Obwohl Sie wissen, dass es die Moffs waren, die für Ärger gesorgt haben?«
Daala wurde ungestüm. »Ich kann Ihnen versichern, dass es allein meine Idee war, die Jedi zur Raison zu bringen, Staatschef, und dass das nicht das Geringste mit einer Hetzkampagne zu tun hat. Es ist höchste Zeit, dass jemand diese Vigilanten unter Regierungskontrolle stellt und ihren unaufhörlichen Machtkämpfen ein Ende bereitet.«
»Machtkämpfe?«, fragte Jagged ungläubig. »Denken Sie wirklich, dass die Jedi sich selbst bekämpfen?«
»Staatschef, ein Sith ist bloß ein Jedi, der seine Medikamente abgesetzt hat«, erklärte Daala. »Was glauben Sie, warum ständig neue Dunkle Lords auftauchen?«
Jag schüttelte den Kopf. »Staatschefin Daala, Sie liegen so vollkommen falsch«, sagte er. »Die Sith sind real, sie sind da draußen, und die Jedi sind die Einzigen, die ihnen gewachsen sind.«
»Zumindest bei den ersten beiden Punkten sind wir uns einig. Die Sith sind real, und sie sind definitiv da draußen.« Daala schaute erneut auf ihr Chrono und ging auf die Tür zu. »Aber wenn wir uns wirklich vor den Sith schützen wollen, sind es die Jedi, die wir im Auge behalten müssen. Das hat die Geschichte bewiesen.«