20.


Das Kribbeln, das Leias Rücken hinabfuhr, konnte nichts mit ihrem Jedi-Gefahrensinn zu tun haben - nicht mit einem Schwebetransporter voller Ysalamiri direkt neben sich. Sie und ihre Helfer hatten bereits dreißig eingetopfte Olbio-Bäume in dem langen Frachtfahrzeug verstaut, und jeder Baum barg mindestens zwei der machtnegierenden Tiere. Deshalb befand sie sich in einer Macht-Leere, die beinahe so groß war wie das Verladedock selbst. Dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass irgendetwas nicht stimmte, dass sie irgendeine Gefahr für die Jedi-Patienten, die sie gleich verladen würden, schlichtweg nicht sah.

Leia blickte in die Dunkelheit jenseits des zweigeschossigen Ausgangs. Die Öffnung wurde von einem hochmodernen Spiegelfeld verdeckt, das es ihr erlaubte hinauszusehen, ohne dass irgendjemand hereinschauen konnte. Die labyrinthischen Tiefen unter dem Gemeinschaftsplatz gehörten zu den belebtesten Frachtrouten auf Coruscant, die zu allen Stunden des Tages von einem steten Fluss von Frachtfahrzeugen genutzt wurden, und jenseits des Kraftfelds lag der launenhafte Schemen von vorbeizischendem Verkehr. Selbst an guten Tagen war der Verkehr hier langsam, überfüllt und gefährlich, Unfälle waren nichts Ungewöhnliches, und Todesfälle kamen regelmäßig vor. Heute herrschte durchschnittliche Betriebsamkeit, mit Schwebeschlitten von dreihundert Metern Länge, die in einem stockenden Fluss aus Begrenzungsleuchten die Luftstraßen entlangschlichen.

Han kam herüber, um neben ihr auf der mittleren Verladerampe des Schwebetransporters stehen zu bleiben. Im

Innern des Transporters lagen bereits drei Jedi-Ritter in ihren Stasiskojen, doch denen galt seine Aufmerksamkeit nicht. Stattdessen ließ er den Blick über den Verkehr schweifen, genau wie Leia es tat.

»Ja, ich sehe sie auch«, sagte er. »Diese Boombuggys gehören nicht hier runter. Und sie haben mit Sicherheit nichts drüben beim Krabbis verloren, dass sie dort parken müssten.«

Leia schaute sich noch einmal um und erkannte, dass Han mit seinem Instinkt wie üblich vollkommen richtig lag. Krabbis Hof war einer der schäbigen Pensionstürme unter dem Platz, die sparsamen Touristen Unterkünfte zu günstigen Preisen boten. Im Parkbereich oben auf dem Dach standen zwei ungemein schnittige Aratech StrahlFlitzer. Die StrahlFlitzer, die von den Coruscant-Vollzugsdiensten als Verfolgungsgleiter eingesetzt wurden, waren ebenso kostspielig wie gefährlich, Fahrzeuge, die tatsächlich damit beworben wurden, dass sie so schnell waren, dass man in einem starb, wenn man damit einen Unfall baute.

Leia runzelte die Stirn. Ein StrahlFlitzer war zweifellos das letzte Vehikel, das ein Tourist, der in Krabbis //o/übernachtete, mieten würde. Allerdings würde jeder, der hoffte, von der Pension aus die Aktivitäten auf dem Verladedock ausspionieren zu können, vom reflektierenden Äußeren des Spiegelfelds frustriert werden - es sei denn, sie hatten eins dieser neuartigen PsiCor-»Mauerskop«-Überwachungspakete. die eigentlich für den Militärgeheimdienst entwickelt worden waren. Es schien undenkbar, dass Daala derart streng geheimes Spionagegerät in die Hände eines innerstaatlichen Sicherheitstrupps legte, der Jedi beschattete. Allerdings war das Undenkbare in letzter Zeit nur allzu häufig eingetreten. Wer hätte vor gut einem Jahr geglaubt, dass zwei Jedi-Ritter in

Karbonit eingefroren in einem Regierungsgebäude hängen würden? Oder dass die Staatschefin der Galaktischen Allianz den Jedi-Orden als Bedrohung für dieselbe Gesellschaft erachtete, der der Orden seit seiner Gründung so treu gedient hatte?

»Manchmal fehlt es mir wirklich, in der Regierung selbst das Sagen zu haben«, meckerte Leia. »Was glaubst du, wer die sind? GAS?«

Han dachte einen Moment darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Kann nicht sein.« Er stieß einen Daumen in Richtung der Rückseite des Verladedocks, wo R2-D2 und C-3PO an einem Hauptcomputerzugangsportal standen, und fügte dann hinzu: »Nicht, wenn die Kom-Übertragungen, die unser wandelnder Kurzschluss empfängt, korrekt sind. Daala macht sich Sorgen darüber, dass Jaina Valin und Jysella aus ihrem Geheimgefängnis rausholen könnte, daher hatte sie alle zurückgerufen, um dort Wache zu schieben.«

»Jaina hat wirklich eine Gabe dafür, die Leute nervös zu machen«, sagte Leia, die ein Aufwallen von Stolz verspürte. »Was das angeht, kommt sie ganz nach ihrem Vater.«

Hans Miene verfinsterte sich, und ohne darauf etwas zu erwidern, wandte er sich wieder dem Spiegelfeld zu. Er war immer noch wütend auf Jaina, weil sie Jags Geheimnis für sich behalten hatte, und sogar noch aufgebrachter war er darüber, dass Jag ihnen nicht von vornherein von den Mandalorianern erzählt hatte. Ehrlich gestanden war auch Leia noch verärgert. Der Unterschied war, dass Leia durchaus ein gewisses Mitgefühl für ihre Tochter empfand - vielleicht, weil sie selbst einst zwischen ihrer Loyalität zur Rebellion und ihrer Liebe zu einem Mann hin- und hergerissen war, der ihre Ansichten nicht immer teilte. Glücklicherweise war Plan der Schlag Mann, für den seine Freunde stets an erster Stelle kamen, sodass sich seine Loyalitäten denen von Leia schrittweise genügend angenähert hatten, dass sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen konnten.

Was Jag betraf, würde das allerdings nicht passieren. Im Kern seines Wesens drehte sich alles um Ehre und Verantwortung, und seine Verantwortung galt jetzt den Imperialen Restwelten. Ihn darum zu bitten, davon Abstand zu nehmen, wäre so gewesen, als würde man von ihm verlangen, nicht mehr länger Jagged Fel zu sein. Wenn er und Jaina zusammenleben wollten, bedeutete das also, dass Jaina ihre Ansichten denen von Jag annähern musste - und Leia nahm an, dass diese Möglichkeit Han wirklich Angst machte: dass Jaina Jagged Fel und die Imperialen Restwelten ihren Eltern und den Jedi womöglich vorzog.

Leia nahm Hans Hand und drückte sie besänftigend. »Was auch immer Jaina tut, du weißt, dass sie zurechtkommen wird.«

Han schaute weiterhin zum blinkenden roten Schild von Krabbis Hof hinüber. »Klar wird sie das - ich mache mir Sorgen wegen denen.« Er deutete auf die StrahlFlitzer, die auf dem Dach der Pension parkten. »Ein GAS-Trupp wäre nicht so dämlich, diese Dinger hier runterzubringen. Muss jemand von außerhalb sein.«

Leias Magen krampfte sich zusammen. »Ob das schon die Mandos sind?«

»Darauf würde ich tippen.« Han nickte. »Vermutlich ein Spähteam. Wenn Daala Kommandos auf die Verrückten - äh. die Patienten - ansetzen will, würden sie als Erstes ein bisschen Aufklärung betreiben. Ich weiß, dass ich das tun würde.«

»Das wird die Dinge verkomplizieren«, meinte Leia. Der ganze Grund dafür, warum sie die Patienten heimlich aus dem Tempel schafften, bestand darin, sie nach Shedu Maad zu bringen, wo sie vor Daalas Einfluss sicher waren. »Aber wir können nicht länger warten. Von jetzt an werden die Dinge bloß noch kniffliger.«

»Wem sagst du das?«, fragte Han. »Aber selbst, wenn das ein Aufklärungsteam ist, sehe ich nicht, dass die ein Problem für uns darstellen.«

»Was das betrifft, würde ich gern auf Nummer sicher gehen«, entgegnete Leia.

Sie warf einen Blick in den hinteren Teil des Docks, wo Tekli, Raynar und ein halbes Dutzend anderer Jedi-Ritter Bazel Warvs wuchtige grüne Masse zum Schwebetransporter eskortierten. Aufgrund der beinahe tödlichen Reaktion des Ramoaners, als sie ihm das letzte Mal Betäubungsmittel verpasst hatten, hatte Tekli stattdessen auf Machthypnose und ein schwächeres Beruhigungsmittel aus der Benzodi-Gruppe zurückgegriffen, um ihn in einen Zustand angstfreien Gehorsams zu versetzen. Bislang schien es zu funktionieren - er war den ganzen Weg vom Anstaltsblock hier runtergestapft, ohne sich über seine Ketten zu beklagen.

Dennoch schien niemand irgendwelche Risiken einzugehen, was den starken Ramoaner betraf. Die Gruppe wurde auf einer Seite von Jaden Korr und auf der anderen von einem dunkelhaarigen Jedi-Ritter flankiert, dessen Mut so groß war wie seine Machtkräfte, einem fröhlichen jungen Mann mit Namen Avinoam Arelis. Beide zogen Schwebekarren, die eingetopfte Olbio-Bäume und Ysalamiri bargen. Das Letzte, was irgendjemand wollte, war, dass Bazel die Macht einsetzte, um gegen seine Beruhigungsmittel anzukämpfen.

Leia suchte Teklis Blick, dann rief sie: »Wenn du hier alles unter Kontrolle hast, müssen Han und ich draußen etwas überprüfen.«

Die kleine Chadra-Fan nickte und winkte ihnen zu, während sie rief: »Nur zu! Barv macht sich sehr gut.«

»Bis jetzt«, murmelte Han leise. »Ich begreife immer noch nicht, warum wir ihn nicht einfach in seiner Zelle in eine StasisEinheit packen konnten wie die anderen auch.«

»Zwei Worte.« Leia ergriff seine Hand und ging auf die kleine Luke in der Wand neben dem Fahrzeugausgang zu. »Die Tür.«

»Wir hätten die Wand rausreißen können«, meinte Han. »Ich kann ziemlich gut mit einem Schneidbrenner umgehen.« Leia lächelte. »Feigling!«

»Das nennt man Erfahrung, Liebes«, erwiderte Han. Sie erreichten die Tür, und er schlug mit der Handfläche auf das Kontrollfeld daneben. »Du kannst einem Rancor so oft auf die Nase hauen, wie du willst - irgendwann wird dir klar, dass es einen besseren Weg geben muss.«

Die Tür glitt auf, und Han winkte Leia auf eine Durastahl-Fußgängergalerie hinaus. So weit unten wie hier war die Luft klamm und faulig. Auf den Transitspuren, die sich sowohl einige Meter über als auch ein paar Meter unter der Galerieebene befanden, auf der sie standen, schwebte ein steter Strom von Frachtfahrzeugen vorbei. Gegenüber ihrer Galerie glänzten die silbernen StrahlFlitzer im künstlichen Licht des Dachparkplatzes von Krabbis Hof. Beide Gleiter waren so geparkt, dass sich auf ihrem Weg zum Tor hinaus keinerlei Hindernisse befanden.

Leia ging zum Rand der Galerie, wo eine beengte Treppenflucht in das aphotische Dunkel der riesigen

Konstruktionen hinabkletterte, die die sonnenbeschienene Fläche des Gemeinschaftsplatzes stützten. Nach einigen Schritten fühlte sie schließlich, wie ihre Verbindung zur Macht langsam zurückkehrte. Han folgte ihr und spähte über das Geländer. Seine Augen verfolgten den Verlauf der im Zickzack verlaufenden Treppe hinunter in die abgrundgleichen Tiefen der Unterstadt von Coruscant.

»Okay, ich gebe auf«, sagte er. »Warum machen wir hier draußen in dieser nach Hutt-Rülpsern stinkenden Luft noch gleich einen Spaziergang? Wir müssen einen Zeitplan einhalten.«

»Komm einfach mit - die Sache wird nicht lange dauern.« Leia öffnete sich der Macht und verspürte sogleich das kalte Kribbeln von jemandem, der sie beobachtete. »Du hattest recht mit diesen StrahlFlitzern. Irgendjemand benutzt das Krabbis als Observationsposten.«

»Und warum genau ist das ein Problem?« Han wandte der Pension den Rücken zu, um jede Möglichkeit auszuschließen, dass sie sie belauschten, indem sie ihnen von den Lippen ablasen oder Richtmikrofone einsetzten. »Alles, was sie sehen werden, ist ein Schwebetransporter, der ein Verladedock verlässt.«

Leia drehte sich, um Han von der Seite anzusehen und die Schulter zwischen ihren Mund und alle potenziellen Lauscher im Krabbis zu bringen. »Es sei denn, sie haben eins von diesen PsiCor-Mauerskopen, von denen Senator Trebek den Meistern erzählt hat.«

»Wie sollten sie eins davon in die Hände bekommen?«, wollte Han wissen. »Selbst das Flottenkommando hat noch keins davon zu Gesicht gekriegt.«

Leia trat zurück, sodass sie Hans Gesicht sehen konnte, dann schaute sie ihm in die Augen und wartete. Nach einem Moment schüttelte er den Kopf.

»Auf keinen Fall«, sagte er. »Das ist wirklich hyperteures Zeug. Ihr eigenes Justizministerium würde sie wegen Hochverrats anklagen, wenn sie so was einem Haufen Mandos überließe - oder auch bloß einem GAS-Trupp. Absolut undenkbar, dass Daala so ein Risiko eingehen würde.«

»Findest du?«, fragte Leia. »Warum sollte ein Aufklärungsteam denn sonst gegenüber von einem Spiegelfeld Stellung beziehen? Das ergibt keinen Sinn, es sei denn, sie haben eine Möglichkeit, durch das Feld hindurchzusehen. Dann könnten sie sogar durch die Wände des Schwebetransporters sehen, wenn er rausfliegt.«

Han stieß ein empörtes Ächzen aus. »Manchmal hasse ich es, wenn du anfängst, logisch zu argumentieren.« Er warf über die Luftstraße einen verstohlenen Blick zu den StrahlFlitzern hinüber, bevor er sich wieder der Mauer zuwandte und resigniert den Kopf schüttelte. »Aber wir müssen diesbezüglich auf Nummer sicher gehen. Es macht keinen Sinn, den ganzen Plan über den Haufen zu werfen, wenn das bloß ein paar Schnüffler mit großem Etat und Makroferngläsern sind.«

»Ganz deiner Meinung«, sagte Leia. »Irgendwelche Ideen?«

Han dachte einen Moment lang nach, dann ergriff er ihre Hand. »Um ehrlich zu sein, ja.«

Er führte sie in Richtung Verladedock zurück. Sie spürte eine plötzliche Abtrennung, als sie die Machtleere der Ysalamiri betrat, doch anstatt das Kontrollfeld neben der Tür zu betätigen, öffnete Han ein Sicherheitstor am Ende der Galerie. Ohne ihre Hand loszulassen, ging er voran und trat auf den schmalen Laufsteg hinaus, von dem aus die Landelichter und Leitsensoren gewartet wurden, die um die Ränder des

Zufahrtportals arrangiert waren. Als sie vor dem Spiegelfeld vorbeigingen, tauchten ihre Reflektionen neben ihnen auf. Ihre Haare standen aufgrund der statischen Aufladung in alle Richtungen, und ihre Abbilder wogten und verschwammen leicht.

Während Han ein Auge auf ihre Spiegelbilder und das andere auf seine Füße gerichtet hielt, um aufzupassen, wo er hintrat, führte er sie bis auf wenige Meter an die Mitte des Laufstegs heran, wo er unvermittelt stehen blieb und leise fluchte. Mit einem Mal umriss ein schwacher Schatten eine Seite ihrer Spiegelbilder, und das Bild des blinkenden roten Schilds von Krabbis Hof war einige Schattierungen blasser geworden.

»Was denkst du?«, fragte Han. »Sieht das für dich so aus, als würden wir in einem Photonenhagel stehen?«

»Das ist definitiv eine Möglichkeit.« Leia zog ihr Lichtschwert vom Gürtel und richtete die Emitteröffnung der Klinge über ihre Köpfe. »Aber es zahlt sich immer aus, auf Nummer sicher zu gehen.«

Sie drückte den Aktivierungsschalter, und die Klinge erwachte zischend zum Leben, hell und blendend im Halbdunkel unter dem Gemeinschaftsplatz. Doch statt einer lodernden Reflektion zeigte das Spiegelfeld lediglich einen transparenten Riss, durch den sie Bazel Warv sehen konnte, der langsam die Rampe des Schwebetransporters hinaufstapfte; seine glänzenden Augen musterten sie und Han unter seiner tief gefurchten grünen Stirn. Leia gelangte zu dem Schluss, dass das Letzte, was sie im Augenblick tun durften, war, dem gewaltigen Ramoaner einen Grund zur Panik zu geben. So schaltete sie ihr Lichtschwert rasch wieder aus und wandte sich an Han.

»In Ordnung, ich bin mir sicher«, sagte sie. »Wer auch immer die sind, sie wissen, was hier vor sich geht.«

Han nickte. »Irgendetwas stört die Spiegelüberlagerung, das ist gewiss. Aber falls das irgendein Trost ist: Falls PsiCor das Blitzabdunkeln des Geräts nicht richtig hinbekommen hat, braucht der arme Ruk, der gerade durch ihr Gerät geschaut hat, jetzt ein neues Paar Netzhäute.«

»Erinner mich daran, ihm eine Schachtel Bomb-Bons zu schicken«, meinte Leia. Sie eilte zur Galerie zurück. »Komm mit! Wir müssen unsere Patienten sofort hier wegschaffen, bevor Daala merkt, dass Jaina bloß ein Ablenkungsmanöver ist.«

»Ich bin dir auf den Fersen«, versicherte Han, der direkt hinter ihr herlief. »Das Erste, was wir machen müssen, ist, diese StrahlFlitzer aus dem Verkehr zu ziehen.«

»Und jeden anderen Speeder auf diesem Dach«, stimmte Leia zu. »Die werden uns folgen wollen, und sie werden nicht zögern, bei Bedarf irgendein anderes Fahrzeug zu stehlen.«

Leia erreichte die Galerie und eilte weiter auf die Treppe am anderen Ende zu, doch Han blieb lange genug stehen, um seinen Daumen auf das Kontrollfeld neben der Tür zu pressen. Sie hörte, wie die Tür aufglitt, und dann Han, der den Jedi-Rittern drinnen etwas zurief.

»Jaden, Avinoam, wir brauchen Unterstützung! Alle anderen: Macht diese Kiste startklar und verschwindet von hier! Wir haben Spanner gegenüber.«

Als er fertig war, lief Leia schon die Stufen hoch, auf die Fußgängerbrücke drei Etagen weiter oben zu. Sie hatte wieder Verbindung zur Macht, und sie konnte Wogen von Zorn und Leid fühlen, die von Krabbis Hof 'auf sie zurollten. Anhand ihrer Präsenzen zu bestimmen, ob es sich um Mandalorianer handelte, war unmöglich, doch es schien sich um ein halbes Dutzend Personen zu handeln, alle relativ gelassen und auf die vor ihnen liegende Aufgabe konzentriert.

Als Han hinter ihr die Stufen hochpolterte, blieb Leia lange genug stehen, um runterzuschauen und ihm einen Lagebericht zu geben. »Ich nehme etwa sechs oder acht von ihnen wahr, einer davon hat Schmerzen.«

»Der, der geblendet wurde«, vermutete Han. Er nahm immer zwei Stufen auf einmal und kam schnell die Treppe hoch - selbst verglichen mit einem Mann, der nicht in den Siebzigern war. »Sind sie in Bewegung?«

»Schwer zu.« Leia brach ab, als ein kalter Schauer drohender Gefahr zwischen ihren Schulterblättern erblühte, dann rief sie: »In Deckung!«

Sie warf sich flach auf die Stufen, während sie gleichzeitig nach unten spähte, um sicherzugehen, dass Han dasselbe tat.

Leia stellte fest, dass er bereits dabei war, sich auf die Galerie zurückzuziehen, um mit seiner alten DL-44-Blasterpistole in der Hand hinter der Treppe hervorzuschnellen. Ein Trio lauter Tschumps hallte vom Krabbis zu ihnen herüber, als eine Reihe von Sprengladungen drei der Sichtfenster im obersten Stock der Pension explodieren ließen. Dann prallte ein Hagel bunter Lasersalven vom Durastahl um sie herum ab und erfüllte die Luft mit dem stechenden Gestank geschmolzenen Metalls.

»Was zum Geier soll das?«, brüllte Han. »Die schießen auf uns!«

»Das machen Mandalorianer nun mal, Schatz«, rief sie. »Gib mir Deckung!«

»Dir Deckung geben?« Han begann unverzüglich, quer über die Schwebespur zu feuern und Lasersalven durch das

Gewitter zurückzuschicken, das jetzt aus den jüngst zersplitterten Fenstern von Krabbis Hof hagelte. »Bist du verrückt?«

»Ich habe dich geheiratet, oder nicht?«

Leia aktivierte ihr Lichtschwert, dann sprang sie hoch und stürmte die Stufen zwei oder drei auf einmal hoch. Sie schlang den Arm um das Sicherheitsgeländer und schwang ihre Waffe mit einer Hand. Ihr Handgelenk tanzte hin und her, als ihre Klinge windmühlengleich vor und zurück schwirrte, um Lasersalven zurückzuschlagen.

Leia hatte kaum das obere Ende der Treppe erreicht, als sie eine neue Gefahr spürte und zur anderen Seite der Luftstraße hinübersah, um den spulenumwickelten Lauf eines Magnetgewehrs aus einem der zersplitterten Fenster vorragen zu sehen. Sie vollführte eine schlagende Bewegung mit der freien Hand, und die Waffe wurde demjenigen, der sie hielt, aus den Händen gerissen und segelte an der Fassade des Gebäudes hinunter. Im nächsten Moment setzte sie die Macht ein, um eine der leeren Hände zu packen, dann riss sie eine Gestalt in roter mandalorianischer Rüstung aus dem Fenster und ließ sie um sich schlagend durch die Luftstraße in den dunklen Abgrund darunter stürzen.

Leia erreichte die Fußgängerbrücke und ging über den betriebsamen Abgrund auf das Krabbis zu. Sie befand sich jetzt mehrere Stockwerke über dem Parkplatz auf dem Dach. Der Durastahlboden und die Seitenverkleidungen der Fußgängerbrücke schirmten sie ab und bescherten den Scharfschützen einen nahezu unmöglich zu meisternden Schusswinkel. Das erste halbe Dutzend Schritte konnte sie sich kaum dazu bringen zu glauben, dass sie wirklich das Feuer eröffnet hatten. Obwohl düster, waren die Frachtspuren unter dem Gemeinschaftsplatz schwerlich mit der Unterstadt zu vergleichen. Ein Feuergefecht direkt außerhalb des Jedi-Tempels würde schlagartig eine ganze Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und das nicht bloß von den üblichen Strafverfolgungsbehörden.

Beim zehnten Schritt erkannte Leia, warum es für die Mandalorianer die perfekte Strategie gewesen war, das Feuer zu eröffnen. Jetzt, wo sie entdeckt worden waren, war das PsiCor-Mauerskop ein echtes Problem. Wenn sie es in Jedi-Hände fallen ließen, würde das Daala in große Verlegenheit bringen. Dann war sie gezwungen zuzugeben, dass sie den Mandalorianern streng geheime Technologie überlassen hatte - um sie gegen die Jedi einzusetzen. Das Feuergefecht verschaffte den Mandos die Gelegenheit, das Mauerskop zu sichern. Und was noch wichtiger war: Der Kampf lenkte eine Menge Aufmerksamkeit auf sich, was es schwieriger machen würde, ihre Patienten heimlich aus dem Tempel zu schmuggeln, ohne dass ihnen dabei irgendein neugieriger Reporter oder ein Sicherheitsteam in die Quere kamen.

Leia musste dieser Sache ein Ende bereiten, und sie musste es schnell tun. Sie zog ihr Komlink heraus und stellte eine Verbindung zu Tekli her, ohne dabei stehen zu bleiben.

»Seid ihr soweit?«

»Noch nicht«, meldete Tekli. »Der Schusswechsel hat Barv durcheinandergebracht. Er will nicht in den Schwebetransporter gehen.«

Leia atmete verärgert aus, dann überprüfte sie ihr Chrono, »in Ordnung. Wahrscheinlich bleiben uns noch fünf Minuten, bevor hier die ersten Vollzugsdienste auftauchen. Wenn ihr ihn nicht in drei Minuten an Bord habt, startet ohne ihn!«

»Prinzessin Leia, ich weiß nicht, ob das.«

»Tut es einfach!«, befahl Leia. »Es ist besser, einen Patienten im Tempel zurückzulassen als alle vier.«

Ein Glückstreffer quetschte sich zwischen dem Boden der Fußgängerbrücke und einer Seitenverkleidung hindurch, um nur Zentimeter von Leias Knien vorbeizuzischen. Dann prallte die Blastersalve von der anderen Verkleidung ab und brannte einen schmerzhaften Streifschuss über ihre Schulterblätter. Verkriffte Mandalorianer! Sie schaltete das Komlink aus, ohne auf eine Erwiderung zu warten, dann erreichte sie das Ende der Brücke und eilte die Treppe in Richtung des Krabbis hinunter. Auf dem Dach weiter unten kamen gerade zwei gepanzerte Gestalten aus einem Turbolift und betraten das Dach. Eine davon, eine stämmig wirkende blonde Frau mit groben Gesichtszügen, trug keinen Helm und hatte tränende Augen. Sie hielt eine große Kiste in Händen, von der Leia annahm, dass es sich dabei um das PsiCor-Mauerskop-Überwachungsgerät handelte.

Der andere Mando, ein großer, maskuliner Typ in blauer Rüstung, führte die Blinde mit einer Hand am Arm, während er mit der anderen einen Streublaster vom Typ BlasTech R-20 hielt. Von Instinkten geleitet, die eines Jedi würdig waren, hob er den Streublaster in dem Moment, in dem er durch die Tür war, und feuerte ein paar schnelle Salven ab, die auf das obere Ende der Treppe zuheulten. Außerstande, so viele winzige Lasersalven auf einmal abzuwehren, ließ Leia sich hinter die Seitenverkleidung der Brücke fallen und griff kauernd nach ihrem Miniblaster, während der feurige Hagel als Querschläger vom Durastahl abprallte.

Bis sie die kleine Waffe aus ihrem versteckten Halfter gezogen hatte, waren die beiden Mandalorianer auf halbem Wege zum nächsten StrahlFlitzer und wurden teilweise von der

Treppe verdeckt. Sie feuerte dennoch und sah dann, wie sich ihr Schuss durch die Kiste in den Händen der Blondine brannte.

Die Frau zeigte keinerlei Hinweis darauf, dass sie den Treffer auch nur mitbekommen hatte, sondern verschwand hinter der Treppe, die Kiste immer noch fest mit den Händen umklammernd. Leia stand auf, um mit einem Machtsprung runter auf das Dach zu hüpfen - dann vernahm sie das fauchende Wuuusch von startenden Raketenrucksäcken. Sie wirbelte gerade rechtzeitig zu den Seitenaufbauten herum, um fünf gepanzerte Schemen zu sehen, die aus den zersplitterten Fenstern des Krabbis geflogen kamen.

Hätten diese Mandalorianer zu fliehen versucht, hätte Leia sie mit Sicherheit gehen lassen und wäre stattdessen der Kiste auf den Fersen geblieben. Hätten die Mandos es auf sie abgesehen gehabt, wäre es ihr ein Vergnügen gewesen, sie mit einer Reihe von Machtstößen in die Tiefe zu schicken, damit sie zeigen konnten, wie gut sie waren, wenn sie durch den Frachtverkehr weiter unten sausten. Aber alle fünf stürzten sich auf Han, und sie deckten ihn sowie Jaden und Avinoam -die rausgekommen waren, um ihm beizustehen - mit so viel Blasterfeuer ein, dass die Galerie stellenweise rot war und zu schmelzen begann, Leia streckte ihre Hand in Richtung des Mandalorianers an der Spitze aus und ließ ihn mit einem heftigen Machtstoß nach unten sausen. Er schoss als Streif aus weißem Feuer unten durch die Verkehrsspur und sorgte für mehrere dröhnende Zusammenstöße, als verblüffte Raumfrachterpiloten mit ihren Fahrzeugen gegeneinander und in die umliegenden Gebäude krachten. Zwei Herzschläge später explodierte in den dunkelsten Tiefen eine ferne Blume orangefarbenen Feuers.

Auf dem Dach des Krabbis tönte das Jaulen eines

Repulsorlift-Triebwerks. Leia brauchte nicht hinzuschauen, um bestätigt zu finden, was sie bereits wusste: Die blinde Frau und ihr Begleiter flohen. Der ganze Raketenrucksack-Angriff war ein Ablenkungsmanöver gewesen, um ihnen dabei zu helfen, mit dem PsiCor-Mauerskop zu entkommen, und die Mandalorianer waren zu diszipliniert - zu kalt -, um auf das Opfer eines Kommandosoldaten zu verzichten und so die Mission aufs Spiel zu setzen, bloß um ein paar Leben zu retten.

Leia lief zurück zur Galerie, wo sich die letzten vier Mandalorianer mit Han und den beiden Jedi einen Kampf Mann gegen Mann lieferten, Jaden und Avinoam ließen Hieb um Hieb auf die Rüstungen ihrer Gegner herniedersausen, ohne dass sie damit mehr bewirken würden, als flache Furchen in das undurchdringliche Beskar'gam zu schmelzen. Trotzdem waren die Mandalorianer jedes Mal drauf und dran, entweder ihr Gleichgewicht oder einen Arm zu verlieren, wenn sie ihre eigenen Waffen in Anschlag zu bringen versuchten. Zweifellos nahmen die beiden jungen Jedi ihre Angreifer auf die leichte Schulter, um sie davon zu überzeugen, dass es besser war, sich zu ergeben, bevor es notwendig wurde, sie zu töten.

Und das wäre Leia vollkommen recht gewesen, wenn sie es hier nicht mit Mandalorianern zu tun gehabt hätten. Das waren keine gewöhnlichen Piraten, die irgendeine Fertigungsanlage stürmten. Mandos brüsteten sich damit, mitleidlos, heimtückisch und effizient zu sein. Und während Jaden und Avinoam so freundlich waren zu versuchen, ihre Angreifer lebend gefangen zu nehmen, entging ihnen die ganze Zeit über, dass Han gegen die anderen beiden um sein Leben kämpfte. Leia zuckte vor Schreck zusammen, und Han duckte sich, um einer Salve Blasterschüsse zu entgehen. Er kassierte einen Pistolenknauf gegen sein Rückgrat, dann kam er fluchend und um sich schlagend hoch und landete eine brutale kurze Gerade gegen den Halspanzer eines Angreifers.

Leia, die die Brücke erst zur Hälfte überquert hatte, streckte ihre Machtsinne nach demselben Kommandotruppler aus. Als sein Kopf nach hinten ruckte, zog sie kräftig daran und beförderte ihn mit einem Rückwärtssalto über das Sicherheitsgeländer. Fast augenblicklich flammte das Jet-Pack des Mandos auf, doch das zog ihn bloß in einen sekundenlangen Spiralflug, der in einer blutroten Explosion endete, als er durch das Frachtbett eines vorbeikommenden Schwebeschlittens krachte.

Der zweite Angreifer fegte Han die Beine unter dem Körper weg, sodass er auf den Rücken stürzte. Der Mandalorianer schwang die Emitteröffnung seines Blastergewehrs zu Hans Kopf herum, während er gleichzeitig seinen Helm senkte, um Han ins Gesicht zu sehen. Als Reaktion darauf zog Han hoch und spie einen Batzen Rotz auf das Visier des Kommandosöldners.

Leia konnte ob Hans Trotz im Angesicht des Todes - für den sie ihn liebte - nur den Kopf schütteln. Sie streckte ihre Machtsinne aus und riss das Blastergewehr zur Seite, allerdings nicht schnell genug, um sagen zu können, ob der rote Sprühregen, der unter der Mündung explodierte, Hans Blut war oder der geschmolzene Durastahl der Galerie. In vorübergehender Verwirrung drehte der Mandalorianer dem Lauf seinen Helm zu. dann packte er die Waffe mit beiden Händen und holte damit aus, um sie Han gegen den Kopf zu donnern.

Doch Han schwang bereits seine Hüften herum und rammte sein Knie hinten gegen das Bein des Mandalorianers. Eine Reihe weißer Blasterblitze perforierte die Wand neben ihnen, und Leia lief weiter, dicht neben den Seitenverkleidungen der Fußgängerbrücke, während sie versuchte, die Entfernung zur Galerie abzuschätzen und zu entscheiden, ob sie irgendeine Chance hatte, mit einem Machtsprung so weit zu springen.

Die Notwendigkeit dazu blieb ihr erspart, als eine gewaltige jadegrüne Gestalt aus dem Spiegelfeld gesegelt kam - von jeder der vier Gliedmaßen baumelte eine lange Kette. Die Gestalt landete mit einem Krachen auf der Galerie, und alle -einschließlich Hans Angreifer - wirbelten herum, um sich Bazel Warvs gewaltigem Haupt gegenüberzusehen, das finster auf sie herabblickte.

Die beiden Mandalorianer, die gegen Jaden und Avinoam kämpften, machten sich die Ablenkung geschickt zunutze, sprangen rückwärts über das Sicherheitsgeländer und verschwanden auf den Flammensäulen ihrer Raketenrucksäcke. Der Mando, der drüben bei Han stand, hatte nicht so viel Glück. Bazel schlug mit einem seiner langen Arme zu und erwischte den Kerl an dessen Knöcheln.

Bazel donnerte den Mandalorianer wiederholt gegen die Wand, bis das Blastergewehr schließlich davonflog, dann schloss er eine Hand um die Brust des Kerls und drückte zu. Zuerst gab der Mandalorianer in seiner Rüstung keinen Laut von sich, offenbar voller Zuversicht, dass selbst die gewaltige Stärke eines Ramoaners Beskar-Stahl nicht zerquetschen konnte.

Dann drängte sich Bazel an Han vorbei, ohne den Mandalorianer loszulassen, und verließ die Machtleere, die die Ysalamiri erzeugten. Jaden und Avinoam eilten ihm nach. Sie hatten ihre deaktivierten Lichtschwerter in Händen und brüllten ihm Befehle zu, stehen zu bleiben. Bazel ignorierte sie. Die Ketten auf dem Galerieboden hinter sich herziehend,

hastete er weiter auf die Treppe zu.

Leia verlor ihn kurz aus den Augen, als sie sich dem Ende der Fußgängerbrücke näherte, doch sie hörte das dröhnende Klappern der Ketten, und die Art und Weise, wie Hans Kiefer nach unten sackte - und die Überraschung, die Jaden und Avinoam in die Macht ausstrahlten -, verrieten ihr, dass gerade etwas Seltsames passiert war. Sie erreichte die Treppe und hastete mit drei Schritten ebenso viele Stockwerke nach unten, während sie mit Machtsprüngen von einem Absatz zum nächsten hüpfte.

Als Leia den letzten Treppenabsatz erreichte, sah sie sich einem Anblick gegenüber, den sie nicht recht verstand. Bazel stand weiter unten auf der Galerie. Seine Ketten häuften sich zu seinen Füßen, und er hatte den Mandalorianer noch immer im Griff. Aus jedem Saum in der Rüstung des Mannes sickerte Blut hervor, und die Finger des Ramoaners steckten irgendwie in der Brustplatte, als hätten sie den Beskar-Stahl nicht so sehr eingedrückt, sondern wären darin eingesunken. Offenbar setzte er eine Machtfähigkeit ein - eine, von der Leia noch nie zuvor gehört hatte.

Mit einem Mal legte Bazel den Kopf zurück und schaute zu Leia auf. Seine Augen weiteten sich alarmiert, bevor er schließlich Jaden und Avinoam hinter sich zu bemerken schien. Er schüttelte sein gewaltiges Handgelenk und ließ den Mandalorianer auf den Galerieboden krachen. Zu Leias Erstaunen befand sich dort, wo Bazels Finger die Rüstung durchstoßen hatten, nicht einmal ein Loch - die Beskar'gam des Toten war vollkommen intakt.

Leia grübelte immer noch darüber nach, wie so etwas möglich war, als Bazels tiefe Stimme die Treppe hinaufpolterte. »Prinzessin Leia'.«

Der Anflug von Erkennen in seiner Stimme sorgte dafür, dass Leia die Stirn runzelte. Sie nickte. »Ja, Bazel.« Sie ging die Stufen hinunter und bewegte sich dabei langsam und vorsichtig, um ihn nicht zu beunruhigen. »Erkennst du mich.«

Bazel hob eine seiner massigen, stummelfingrigen Hände. »Bleibt, wo Ihr seid!« Er warf einen Blick auf Jaden und Avinoam. ehe er rasch hinzufügte: »Die werden Euch kriegen!«

Leia blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Nein, Bazel, das sind unsere Freunde.«

Das waren genau die falschen Worte. Das argwöhnische Funkeln kehrte in Bazels Augen zurück, und sein Blick glitt auf die nach unten führende Treppe zu. Han richtete die Blasterpistole auf den Rücken des Ramoaners, und Jaden und Avinoam drehten ihre Lichtschwerter um, sodass sie die Griffe wie Knüppel einsetzen konnten.

Natürlich entging das alles Bazel nicht. Er schaute mit unverhohlener Wut zu Leia auf und knurrte: »Du bist eine von denen!«

Er trat auf die Stiegen zu, auf die Treppenflucht, die unter Leia in die Tiefe führte. Han sah nach oben und fragte sich im Stillen, ob er das Feuer eröffnen sollte - mit Betäubungssalven, mutmaßte Leia -, während sich Jaden und Avinoam zum Sprung bereitmachten.

Doch die Notwendigkeit, ihnen den Befehl dazu zu geben, blieb Leia erspart, als am anderen Ende der Galerie unvermittelt die Stimme von Raynar Thul ertönte.

»Natürlich ist sie das, Barv!«

Raynar kam die Galerie entlang auf Leia und die anderen zu, seine starren Augen auf die Treppe unter ihr gerichtet.

Während er vortrat, tauchte die dornenförmige Bugnase des Schwebetransporters aus dem Spiegelfeld auf.

»Wir alle gehören zu denen«, sagte Raynar. »Das weißt du.«

Auf der Treppe weiter unten erschollen keine schweren Schritte, und Bazels tiefe Stimme knurrte: »Ja, das weiß ich.«

Raynar blieb stehen und deutete auf den Schwebetransporter, der das Dock jetzt weit genug verlassen hatte, dass die Seitentür sichtbar war, die offen über dem Geländer der Galerie hing. Außerdem konnte man gerade noch Bazels leere Stasis-Trage ausmachen, die unter zwei mit Halteriemen an den Wanden befestigten Gibio-Bäumen stand.

»Und du weißt auch, dass du an Bord des Schwebetransporters gehen musst«, fuhr Raynar fort.

»Nein!«

Auf der Treppe hallte ein einzelner wuchtiger Schritt wider, und Leia hätte Han beinahe zugenickt.

Dann blieb Bazel mit einem Mal stehen und fragte: »Warum?«

Raynar lächelte oder versuchte es. Die Steifheit, die seine Brandnarben mit sich brachten, ließ seine Miene ein wenig grausam und gezwungen wirken, sodass die Geste Leias Rücken ein Frösteln hinabschickte.

»Bist du bereit, Yaqeel mit uns allein zu lassen?«, fragte Raynar. »Wo du doch nicht einmal weißt, wer wir eigentlich sind?.«

Auf den Stiegen unter Leia ertönte ein lautes, trauriges Krächzen, und einen Augenblick lang dachte sie, dass Bazel seine beste Freundin tatsächlich im Stich lassen würde. Sie wartete schweigend und wagte nicht einmal, seine Machtaura nach irgendwelchen Hinweisen auf seine Gedanken abzutasten, derweil der Ramoaner seine Möglichkeiten erwog.

Gleichwohl, Raynar hatte Bazel vor eine Wahl gestellt, die überhaupt keine war. Jetzt zu fliehen, bedeutete, Yaqeel einem geheimnisvollen Bösen zu überlassen, das unkontrolliert im Jedi-Orden wütete. Und ob es nun an dem Benzodi in seinem Kreislauf lag, das ihn anfälliger für Raynars Worte machte, oder seine eigene unerschütterliche Loyalität - Bazel konnte seine Freunde einfach nicht im Stich lassen.

Als Leia keine weiteren schweren Schritte vernahm, die die Treppe hinunterstapften, bedeutete sie Han und den anderen beiseitezutreten.

Als sie dem nachgekommen waren, rief sie nach unten: »Bazel, du hast die Wahl - aber du musst dich jetzt entscheiden. Wir bringen Yaqeel und die anderen weg. Ich verspreche dir, dass ihnen kein Leid geschieht.«

»... solange du ebenfalls mitkommst.« Raynar trat zur Seite, um Bazel den Weg zum Schwebetransporter frei zu machen. »Falls nicht. «

Raynar ließ die Drohung in der Luft hängen. Bazel stieß ein langgezogenes, gequältes Krächzen aus, dann stapfte er über die Galerie und hüpfte in den Schwebetransporter, und sein immenses Gewicht sorgte tatsächlich dafür, dass er sich kurz zur Seite neigte. Tekli, Tesar und die anderen umringten ihn rasch und lotsten ihn durch eine Mischung aus handfesten Drohungen und sanften Versprechungen in seine Stasis-Koje.

Als sich die Seitentür des Schwebetransporters schloss, stieg Leia die Stufen hinunter. Als sie sah, dass Han bereits neben Raynar stand - zu ihrer Erleichterung scheinbar sogar in einem Stück -, ging sie hinüber, um sich zu ihnen zu gesellen.

»Das war unglaublich, Raynar«, sagte sie. »Vielen Dank!«

Auf Raynars Wangen breitete sich tatsächlich ein Hauch von Röte aus. »Das war doch nicht der Rede wert. Prinzessin.«

»Ganz im Gegenteil«, entgegnete Leia. »Vielleicht solltest du dir überlegen, Tekli auf Shedu Maad zu helfen.«

Raynar schaute zum Tempel zurück und schüttelte dann den Kopf. »Ich denke nicht, dass ich schon bereit bin fortzugehen.«

»Bist du sicher?«, drängte Han. »Für mich sieht es so aus, als hättest du ein gewisses Händchen dafür, mit Verrück.«Er zuckte zusammen, als Leia ihm auf den Fuß stapfte, und endete hastig: »Ahm, psychisch Kranken zurechtzukommen.«

»Unsere Verrückten kann jeder manipulieren, Captain Solo. Man muss sich bloß auf ihre Realität einlassen.« Er verfolgte, wie der Schwebetransporter in die Verkehrslücke hinausglitt und dann auf die Schwebespur weiter unten zusank, dann wandte er sich an Leia und versuchte zu grinsen. »Und man darf nicht vergessen, dass ihr in deren Realität die Bösen seid.«

Wie zuvor hatte Art und Weise, wie sich seine Mundwinkel weigerten, sich nach oben zu krümmen, etwas an sich, das sein Grinsen hart und rätselhaft wirken ließ.

Leia zwang sich, darauf mit einem wärmeren Lächeln zu reagieren. »Ich werde versuchen, das im Hinterkopf zu behalten.« Sie wandte sich an Han und sagte: »Wir sollten unseren Zeitplan lieber vorziehen. Mittlerweile wird Daala wissen, dass wir unterwegs sind, und je weniger Zeit wir ihr geben, um uns aufzuhalten, desto besser.«

»Stimmt. Ich hole die Droiden und Amelia, und dann verschwinden wir von hier.« Er beugte sich vor und küsste sie auf die Wange, ehe er hinzufügte: »Wir sehen uns bei Treffpunkt Alpha.«

Leia küsste ihn ihrerseits. Sie ging auf die Tür zu, wandte sich dann jedoch noch einmal zu Jaden und Avinoam um. »Ich weiß, dass ihr mit diesem Theater eigentlich nichts zu tun habt.«

»Wir werden die Sache vertuschen«, versicherte Jaden ihr. »Soweit es die GAS oder irgendjemanden sonst betrifft, wart

Ihr und Captain Solo bereits fort, als das Feuergefecht ausbrach.«

»Danke«, sagte Leia. »Aber versucht nicht, ihnen weiszumachen. wir würden die Tempel-Juwelen transportieren oder so was. Daala weiß mit Sicherheit genau, wer in diesem Schwebetransporter war. also leitet diesbezügliche Anfragen einfach an die Meister weiter. Verstanden?«

»Nur eine Frage«, bat Jaden. Sein Blick fiel auf den Mandalorianer, den Bazel getötet hatte. »Was sollen wir ihnen wegen dem da erzählen?«

Leia drehte sich um und sah den toten Mann an. Das Letzte, was die Jedi brauchten, war irgendein GAS-Ermittler, der meldete, dass verrückte Jedi jetzt imstande waren, durch Beskar-Stahl hindurchzugreifen - oder auch nur andeutete, dass irgendein Jedi so etwas konnte. Daala hatte schon genug Angst vor ihnen.

»Sagt einfach, dass ihr nichts darüber wisst«, schlug Leia vor. »Versucht, ihnen zu suggerieren, dass irgendetwas mit seiner Rüstung schiefgegangen ist.«

Jaden nickte. »Das sollte funktionieren.«

»Bei der GAS.«, wandte Avinoam ein. Er schien außerstande, seine Augen von dem Mandalorianer zu nehmen. »Aber, verflucht noch mal, was ist wirklich mit ihm passiert?«

»Das ist eine gute Frage«, erwiderte Leia, die die makellose Rüstung des Toten studierte. Bazels Finger, die darin steckten. Blut, das daraus hervorfloss, aber keine einzige Delle im Stahl. Bis jetzt waren all die neuen Fähigkeiten, die die wahnhaften Jedi an den Tag gelegt hatten, auf andere Machttechniken zurückzuführen gewesen, die Jacen auf seiner fünf Jahre währenden Reise gelernt hatte. Aber sie hatte noch nie gehört, dass er in der Lage gewesen war. durch Metall zu greifen. Sie schüttelte den Kopf, ehe sie zu Avinoam sagte: »So eine Machtfähigkeit ist mir bislang noch nicht untergekommen - ja, ich habe nicht einmal von so einer gehört.«

»Wir schon«, entgegnete Raynar. Als Leia sich umdrehte, um ihn anzusehen, hob er seinen Blick von dem toten Mann. »Ich meine, die Killiks wussten davon. Als sie den Schlund erschufen, konnten sie die Macht benutzen, um den Zustand von Materie zu ändern.«

Leia runzelte die Stirn. Weil ihre Spezies die Erinnerungen aller Lebewesen absorbierte, die sich einem ihrer Nester als Neunister anschlossen, war der Sinn der Killiks für Geschichte -um es milde auszudrücken - ausgesprochen konfus.

»Waren die Killiks dazu imstande?«, fragte sie Raynar. »Oder ihre Himmlischen Meister?«

Wieder schenkte Raynar ihr sein rätselhaftes Lächeln. »Ich nehme an, das hängt davon ab, in wessen Realität man sich befindet«, antwortete er. »Aber das Wichtige dabei ist: Jetzt kann Bazel es.«