3.


Was die Hangarbuchten anging, sah diese hier aus wie ein jahrzehntealtes Katastrophengebiet. Die Haupttore standen halb offen, was die gesamte Anlage dem dunklen Vakuum des Weltalls aussetzte. Die Decks rotierten langsam um die Schatten, da sich die Station um ihre Achse drehte, und es drängten sich Raumschiffe aus einem Dutzend verschiedener Äras und Klassen, die allesamt dem offenen Ausgang zugewandt waren, um rasch abfliegen zu können. Oben auf den Außenhüllen lagen Handwerkzeuge verstreut, Betankungswagen standen an Landestützen gelehnt, Ladekarren ruhten unter zurückgefahrenen Zugangsluken. Eine Schicht blassen Staubs bedeckte alles - auf den älteren Schiffen so dick, dass es manchmal schwierig war, die Hüllenfarbe zu bestimmen. Keins der Vehikel zeigte Angriffsschäden, doch die ganzen Werkzeuge wiesen darauf hin, dass bei ihnen irgendeine Art von Reparatur erforderlich gewesen war, und viele Mannschaften hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Einstiegsrampen hochzufahren, ehe sie von ihrer Arbeit abgelassen hatten.

Während sein Sohn darum kämpfte, sich an die Rotationsgeschwindigkeit der Station zu gewöhnen, dehnte Luke sein Machtbewusstsein in Richtung des Kerns der Anlage aus. Auf dem Flug hierher hatte er in der zentralen Sphäre eine Konzentration von Lebensenergie wahrgenommen, ein trüber Dunst, der zu groß und verschleiert war, um von einem einzelnen Wesen zu stammen, jedoch auch keine klar erkennbaren Schwerpunkte besaß, die auf individuelle Präsenzen hingedeutet hätten. Er war immer noch da. ein

Bereich von Schwere und Wärme in dem schwachen Nebel aus Machtenergie, der diesen Teil des Schlunds durchdrang. Die Art und Weise, wie sich die Energie in ihm emporwand, verriet Luke, dass es - was auch immer es war - nicht bloß ihre Ankunft beobachtet, sondern sie erwartet hatte.

Ben schwang die Schatten herum, um die Bugnase auf den Hangarausgang auszurichten, ehe er - ein wenig hart -zwischen einem alten TheedSpeed-Galaxisraumer und einem Swoop-großen Nadelschiff mit einer Einstiegsluke in der Größe einer Menschenhand aufsetzte. Sie brachten rasch die Abschaltroutine hinter sich, lösten sich aus dem Sicherheitsgeschirr und gingen nach achtern. Anstatt Luke jedoch zum Schutzanzugschrank zu folgen, blieb Ben an der Technikstation stehen und rief Systemberichte auf.

»Wir kümmern uns später um die Reparaturen«, sagte Luke. Er holte einen leichten, kampftauglichen Atmosphärenanzug aus dem Schrank und warf ihn Ben zu, ehe er sich ebenfalls einen nahm. »Ich will mich zuerst mal umsehen.«

Ben fing den Anzug ohne ein nach außen hin sichtbares Anzeichen der Besorgnis auf, doch das plötzliche Kräuseln in seiner Machtaura war schwer zu übersehen. Er hatte Angst vor der sonderbaren Präsenz, die sie vom Herzen der Station aus beobachtete, und Luke wünschte, er hätte den Grund dafür verstanden. Das schlangenartige Gefühl ihrer Machtberührung deutete gewiss auf den »Tentakel« hin. der seinen Sohn in der Zuflucht berührt hatte. Aber was hatte dieses Ding genau getan, dass es Ben selbst ein Jahrzehnt später noch heimsuchte?

»Ben, ist schon in Ordnung.« Luke öffnete seinen Schutzanzug und schob die Füße in die Anzugbeine. »Wenn du dich noch an irgendetwas anderes über deine Zeit in der

Zuflucht erinnerst, wäre es besser, wenn du es mir.«

»Dad, ich versuche nicht, mich vor irgendetwas da draußen zu drücken«, versicherte Ben. »aber wir wurden bereits einmal angegriffen, und die Schatten hat einige üble Treffer abbekommen. Es erscheint mir bloß taktisch klug, alles einsatzbereit zu machen, für den Fall, dass wir schnell von hier verschwinden müssen.«

Es war schwer zu sagen, ob sich Ben darüber im Klaren war, wie sehr seine Furcht ihn kontrollierte, oder ob er bloß zuließ, dass sie ihn in seinem Urteilsvermögen beeinträchtigte, aber letzten Endes spielte es keine Rolle, was von beidem zutraf. Die Zeit, in der sich der junge Mann seinen Dämonen stellen oder sich ihnen ersehen musste, kam rasch näher, und so sehr Luke sich auch das Gegenteil wünschten mochte: Diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen, war etwas, das kein Vater seinem Sohn abnehmen konnte.

Während Luke weiterhin den Atmosphärenanzug anlegte, sah er durch das Sichtfenster hinaus und musterte die Flotte verwaister Schiffe mit finsterer Miene. »Wirf mal einen Blick nach draußen und erzähl mir dann noch mal was von taktisch klugem Vorgehen!«

Ben runzelte die Stirn und studierte den Hangar voll verstreuter Ausrüstung draußen, ehe er langsam vor Verlegenheit errötete.

»Ja. ich verstehe«, entgegnete er und öffnete seinen Schutzanzug. »Wir werden keine Zeit haben, um unsere Reparaturen zu Ende zu bringen.«

»Vermutlich nicht«, stimmte Luke zu. »Ein Jedi muss aufmerksam sein, und aufmerksam zu sein bedeutet.«

». über das nachzudenken, was man sieht«, beendete Ben den Satz für ihn und zitierte damit eins von Kam Solusars

Lieblingssprichwörtern. »Ich hätte mich selbst fragen sollen, warum alle ihr Werkzeug hier haben herumliegen lassen. Es könnte sein, dass irgendetwas die Schiffsbesatzungen von hier weggelockt - oder sie sich geschnappt - hat, und es sieht nicht danach aus, als hätte es irgendwer wieder hierher zurückgeschafft, um die Reparaturen zu Ende zu bringen.«

»Und das heißt?«

Ben schaute lange Zeit aus dem Sichtfenster hinaus, offensichtlich auf der Suche nach irgendeinem Detail, das ihm bislang entgangen war und eine Erklärung dafür lieferte, was die Mannschaften von ihren Schiffen fortlockte - und warum niemand wiedergekommen war. Schließlich wandte er sich kopfschüttelnd wieder zu Luke um.

»Ich weiß es nicht«, gab er zu. »Alles, was mir in den Sinn kommt, ist, dass wir nicht denselben Fehler machen sollten wie alle anderen.«

Luke lächelte breit. »Herzlichen Glückwunsch - das ist genau das, was es heißt!«

Ben wirkte noch verwirrter als zuvor.

»Das Problem mit taktisch klugem Vorgehen ist, dass es einen berechenbar macht«, erklärte Luke, »und Jedi sollten nicht berechenbar sein.«

Schließlich leuchteten Bens Augen auf. »Ich verstehe«, sagte er. »Von jetzt an essen wir, wenn ich Hunger habe.«

Luke lachte, erfreut zu sehen, dass Ben entspannt genug war, um zu scherzen. »Ich glaube nicht, dass wir dafür genügend Vorräte haben.« Er holte ihre Helme aus dem Schrank. »Raumyachten verfügen über keine so große Frachtkapazität.«

Sie versiegelten ihre Anzüge und traten durch die Luftschleuse in eine Umgebung mit etwa ein Viertel

Standardgravitation hinaus. Luke wurde schlagartig ein wenig schwindelig. Genau wie der Centerpoint-Station fehlte es auch diesem Habitat an richtiger künstlicher Schwerkraft. Stattdessen erzeugte die Station eine mangelhafte Imitation davon, indem sie sich um ihre eigene Achse drehte - eine Methode, die sich verheerend auf das empfindliche Innenohr vieler zweibeiniger Spezies auswirkte.

Sobald sich die Außenluke der Schatten geschlossen hatte, sicherte Luke das versteckte Schloss im Innern des Schiffsrahmens, indem er eine Verriegelung aktivierte, auf die man bloß mit der Macht zugreifen konnte. Unterdessen sammelte Ben einiges an Ausrüstung von den Schiffen dichtbei zusammen, und sie machten sich daran, die Schatten gemeinsam zu tarnen. Ben warf einige Handwerkzeuge auf die Triebwerkslafette, und Luke lehnte ein Schweißgerät gegen eine Landestrebe. Zu guter Letzt benutzten sie die Macht, um eine Staubwolke aufzuwirbeln, die sich schließlich über die Schatten legen würde, um die Yacht mit derselben grauen Decke zu bedecken wie die Vehikel ringsum.

Sie bahnten sich ihren Weg durch die verworrene Masse von Schiffen zur Hauptluftschleuse an der Rückseite des Liegeplatzdecks. Wie der Hangar selbst, war die Kammer mit bewegungsgesteuerter Beleuchtung ausgestattet, die noch immer voll funktionstüchtig war. Als Ben das Hangarschott hinter ihnen sicherte, werteten die beiden Skywalkers deshalb geduldig darauf, dass sich das Automatikventil öffnete und der Druck dem im Stationsinneren angepasst wurde.

Als die bewegungsgesteuerten Lichter zwei Minuten später wieder ausgingen, warteten sie immer noch.

Bens Stimme drang über die Helmlautsprecher. »Klasse. vielleicht hätten wir doch lieber mit den Reparaturen anfangen sollen.« Sein Tonfall war scherzhaft, zeugte jedoch von einer gewissen Nervosität. »Und darauf warten, bis sie jemanden schicken, um uns zu holen.«

»Etwas«, korrigierte Luke. Er hob einen Arm, und die Lichter flammten wieder auf. Im Gegensatz zur Hangarbeleuchtung, die sich deutlich zum blauen Ende des Farbspektrums gefärbt hatte, besaß das Licht in der Luftschleuse einen ausgeprägten grünlichen Schein. »Oder möglicherweise sollten wir den Druck einfach selbst ausgleichen.«

Luke streckte die Hand zur Seite der Kammer aus und drückte einen Hebel nach unten, von dem er annahm, dass es sich dabei um den Handgriff für die manuelle Reservepumpe handelte. Ein heftiges Klonk ließ die gesamte Luftschleuse erbeben; dann glitt die Decke beiseite und ließ sie in die höhlenartige Dunkelheit darüber emporblicken.

Bens Hand fiel auf das Lichtschwert, das an seinem Gürtel hing. »Was ist das?«

»Die Tür, glaube ich.«

Luke schickte seine Machtsinne durch die Öffnung. Als er keinerlei Gefahr gewahrte, katapultierte er sich mit einem Machtsprung in die Dunkelheit hinauf und landete neben dem Loch. Nahezu augenblicklich strömte von einer Wand dichtbei mattes grünes Licht aus, um ein kurzes Stück eines gedrungenen, breiten Korridors zu erhellen. Ben traf einen Moment später ein. Er stand immer noch auf dem Boden der Luftschleuse, der nun aufwärts in das Loch fuhr, durch das Luke gerade gesprungen war.

»Hast du auch das Gefühl, dass uns irgendwer die Sache zu einfach macht?«, fragte Ben.

»Entweder das, oder die 'Technik ist einfach bloß zuverlässig«, meinte Luke. »Ich weiß nicht, was von beidem

mir mehr Sorge bereitet.«

»Definitiv die Technik«, sagte Ben über das Anzugskom. »Dieser Ort weist dieselbe fremdartige Bauweise auf wie die Centerpoint-Station, schon vergessen? Das kann kein Zufall sein.«

»Vermutlich nicht«, gab Luke zu. »Allerdings kann diese Station nicht annähernd so gefährlich sein. Sie sitzt zwischen zwei Schwarzen Löchern, und es wäre ziemlich schwierig, von hier aus irgendetwas ins Visier zu nehmen. Wir kriegen hier nicht einmal Navigationsmessungen rein.«

»Ja, wir nicht«, stimmte Ben zu. »Aber wir sind auch nicht diejenigen, die das hier gebaut haben.«

Luke runzelte bei dem Gedanken daran die Stirn, dass in der Galaxis womöglich noch eine andere Waffe existierte, die der Centerpoint-Station glich. Zum Glück war diese Station hier wesentlich kleiner, was bedeutete, dass sie vermutlich nicht denselben Funktionsumfang besaß. Zumindest hoffte er, dass es das bedeutete.

Luke überprüfte seine externen Sensoranzeigen und war nicht überrascht festzustellen, dass Ben und er sich weiterhin in einem Hochvakuum befanden. Er winkte Ben zur anderen Seite des Korridors. »Und mit dieser aufmunternden Bemerkung.«

Sie bewegten sich in Richtung des Stationsinneren und studierten unterwegs ihre Umgebung. Der Korridor, der nicht mehr als zwei Meter hoch, dafür jedoch dreimal so breit war, schien im Hinblick darauf entworfen worden zu sein, rasch viel Verkehr zu erlauben - ein Eindruck, der durch die beiden Metallbänder noch verstärkt wurde, die auf dem Boden entlangliefen und womöglich eine Führungsschiene für irgendeine Art automatischen Schwebewagen waren. Wände und Decke bestanden aus irgendeinem lichtdurchlässigen Kompositmaterial, das das Netzwerk von Fasern, Bohren und Leitungen, die dahinter verliefen, nicht ganz zu verbergen vermochte.

Nachdem die Skywalkers zehn Meter zurückgelegt hatten, wurde die Wand hinter ihnen dunkel, und aus dem nächsten Abschnitt ergoss sich ein blassgrüner Schein. Während Luke und Ben tiefer in die Station vordrangen, stießen sie auf Überbleibsel aller Art - Schutzanzughelme, der Lufttank eines Ammoniakatmers, Blastergewehre. Stahlnadelwerfer und ein halbes Dutzend einrädriger Karren mit runder Unterseite und gelgepolsterten Kniebänken. Jedes Mal, wenn ein neuer Bereich der Wand aufleuchtete, wurde das Licht kraftloser, und bald war der Farbton mehr gelb als grün.

»Dieser Ort fängt an, mir auf die Nerven zu gehen«, meinte Ben, der neben einem halb aufgeblähten Atmosphärenanzug stehen blieb. »Warum können die sich nicht einfach für eine Farbe entscheiden?«

»Gute Frage«, erwiderte Luke. Er war nicht besonders erfreut darüber, dass Ben auf seine Gefühle reagierte, anstatt sich auf das vor ihnen liegende Problem zu konzentrieren. »Vielleicht dienen die Farben dazu, einem zu zeigen, wo man sich befindet. Hast du irgendeine Vermutung?«

»Ja, vielleicht.« Ben drehte den Schutzanzug mit der Stiefelspitze auf den Rücken und leuchtete mit seiner Ärmellampe in die Gesichtsplatte des Hehns, um ein Antlitz zu enthüllen, das so verschrumpelt und grau war, dass es genauso einem Ho'Din wie einem Menschen gehört haben konnte. »Die Lichter könnten auch ein Warnsystem sein, weißt du? Blau könnte beispielsweise sicher bedeuten. Grün heißt Gefahr, und bei Gelb steckt man gehörig in Schwierigkeiten.«

Luke selbst verspürte lediglich ein schwaches Kribbeln drohender Gefahr, aber das hieß nicht, dass Bens Theorie falsch war - insbesondere nicht in Anbetracht der Leiche, die sie gerade gefunden hatten. Er aktivierte die Statusanzeige im Innern seines Helmvisiers und stellte fest, dass sich sämtliche Strahlungswerte im normalen Bereich befanden.

»Ben, spürst du irgendetwas, das dir Sorgen bereitet?«

»Du meinst, abgesehen von dieser seltsamen Präsenz in der Zentralsphäre?«, fragte er. »Genau.«

»Und abgesehen von der Tatsache, dass wir auf einer Geisterstation herumschnüffeln, ohne irgendeine Möglichkeit zu haben, mit jemandem in Kontakt zu treten?«

»Ja, abgesehen davon.«

»Und davon, dass sich jemand wirklich Altes, Mächtiges und Geheimnisvolles offensichtlich viel Mühe damit gemacht hat, diesen Ort vor solchen wie uns geheim zu halten?«

»Davon auch, ja.«

Ben zuckte die Schultern und schüttelte seinen Helm. »Dann nein, ansonsten ist alles bestens.« Er trat über den Leichnam hinweg und marschierte weiter den Korridor entlang. »Lass uns weitergehen!«

Sie folgten dem Gang für weitere zweihundert Schritte und kamen dabei an einer Reihe von Kreuzungen und großen Kammern voller Gerätschaften vorbei, die so fremdartig und mysteriös wirkten, dass Luke über ihre Funktion nicht einmal Vermutungen anstellen konnte. Da waren große Fässer, die aus demselben Material bestanden wie die Wände, umgeben von leuchtenden Spulen, bei denen es sich um Lichtleiterkabel zu handeln schien. In einer anderen Kammer sahen sie eine silberne Kugel von der Größe des Millennium Falken, die über einer Scheibe aus dunklem Metall schwebte. Der nächste riesige Raum barg eine Ansammlung von Eindämmungsfeldkuben. In jedem einzelnen davon befanden sich eine Hängematte, mehrere Schüsseln und ein großes Skelett mit kantigen Knochen, das noch immer in ein dünnes gelbes Gewand gehüllt war.

Da es ihnen widerstrebte, ein nach wie vor schimmerndes Kraftfeld zu durchqueren, das den Eingang vermutlich über Jahrhunderte - wenn nicht Jahrtausende - hinweg versiegelt hatte, blieben Vater und Sohn eine Weile draußen vor dem Raum stehen. Sie konnten nicht umhin, sich darüber zu unterhalten, ob die Gefangenen Angehörige der Spezies gewesen waren, die die Station erbaut hatten, ob sie zu einem feindlichen Volk gehörten, gegen das die Erbauer gekämpft hatten, oder ob es sich dabei um die Besatzung von einem der Schiffe handelte, die verwaist im Hangar standen, von einer längst vergessenen Piratenbande hier zum Sterben zurückgelassen. Nachdem sie einige Minuten lang die Wahrscheinlichkeit jeder Möglichkeit diskutiert hatten, wurde ihnen schließlich bewusst, dass sie das niemals erfahren würden, und sie setzten ihren Weg fort.

Zwanzig Meter weiter gelangten sie zu einem weiteren Inhaftierungszentrum. Die sterblichen Überreste in diesen Zellen waren Teile von Exoskeletten. Der Größe von Brustkorb und Unterleib nach zu urteilen, waren die Gefangenen ein bisschen kleiner als Menschen gewesen. Ihre chitinartigen Schädel waren groß und herzförmig, mit Öffnungen für große Facettenaugen. In jeder Zelle waren mindestens ein Dutzend kleiner Gliederröhren und nicht mehr als vier größere verstreut, was au Insektoide mit zwei kräftigen Beinen und vier langen Armen hinwies.

Bens Stimme drang über Lukes Helmlautsprecher. »Hey, die

sehen aus wie.«

»Killiks«, stimmte Luke zu. »Unu hat behauptet, dass sie am Bau des Schlunds und der Centerpoint-Station beteiligt waren.«

»Als Sklaven, wie es aussieht«, entgegnete Ben. »Dad, was ist das hier für ein Ort?«

»Ich weiß es nicht«, gab Luke zu. Er schüttelte den Kopf und schritt wieder den Korridor entlang. »Aber ich habe die Absicht, das herauszufinden.«

Einige Schritte später wurde der nächste Beleuchtungsabschnitt aktiviert, und sie fanden sich der geschwungenen Schottwand der zentralen Kugel der Station gegenüber. Der Weg nach vorn wurde von einer durchscheinenden Membran blockiert, die sich ihnen entgegenwölbte. Luke berührte sie mit den Fingerspitzen seiner Handschuhe, drückte dann leicht dagegen und spürte, wie die Membran nachgab.

»Das ist Luftdruck«, stellte Ben fest. »Das muss ein Notfallschottsiegel sein.«

»Wahrscheinlich«, stimmte Luke zu.

Luke schaltete seine Ärmellampe ein und leuchtete damit durch die Mitte der Membran. Das, was dahinter lag, war bloß verschwommen zu erkennen, doch er konnte genügend sehen, um seinen Richtungssinn mit einiger Anstrengung neu auszurichten. Sie schienen in einen kuppelförmigen Raum hinunterzublicken und sich selbst etwas seitlich neben dem obersten Punkt zu befinden. Ein schulterhohes Geländer führte an der gewölbten Wand hinunter zum kreisrunden Boden der Kuppel, an dessen Außenrand entlang ein Ring von Luken verlief. Es hatte den Anschein, als stünden einige der Luken offen, aber es war unmöglich, mehr als das zu erkennen.

Luke streckte wieder seine Machtsinne aus und fühlte die Präsenz irgendwo jenseits dieses Ortes. Sie war deutlich wahrnehmbar, wirkte wie ein gewaltiger Nebel und konzentrierte sich in der Dunkelheit über ihnen. Allerdings war sie auch überall um sie herum zu spüren - über, unter, hinter ihnen. Er fühlte, wie sie sich in ihm emporschlängelte, ein wachsender Hunger, der bloß nach seiner Berührung verlangte.

Ein Schauder lief ihm ob der drohenden Gefahr den Rücken hinunter. Luke deaktivierte seine Ärmellampe und trat von der Membran zurück.

»Spürst du das auch?«, fragte Ben.

Luke nickte. »Und es spürt uns.«

»Ja.« Ben schaute weg, dann schaltete er seine Helmlampe ein und leuchtete damit einen Quergang hinauf. »Also, wo geht es zu einer Luftschleuse?«

Luke dachte zu angestrengt nach, um lächeln zu können, doch er war froh, dass sein Sohn so entschlossen klang. Das bedeutete nicht, dass Ben bereit war, sich jedem Dämon seiner Vergangenheit zu stellen, doch es wies daraufhin, dass er verstand, dass genau das notwendig war.

Als Luke nicht sofort reagierte, schwang Ben seine Helmlampe zu ihm herum und sagte: »Richtig. Vertraue auf die Macht.«

»Immer eine gute Idee«, sagte Luke. »Aber ich hatte etwas anderes im Sinn.«

Er streckte seine Hand senkrecht nach oben und drückte mit den Fingerspitzen gegen die Membran.

»Denkst du, es handelt sich um ein Killik-Drucksiegel?«, fragte Ben.

»Irgendetwas in der Art.« Luke drückte weiter zu und dehnte die Membran so weit, dass sie seinen Arm bis zum Ellbogen verschluckte. »Wir wissen, dass sie hier waren, deshalb scheint es naheliegend, dass sie ihre eigenen Konstruktionstechniken von dieser Technologie übernommen haben.«

Mittlerweile hatte Luke den Arm bis zur Schulter hindurchgeschoben. Er trat vor und drängte die gesamte Flanke hinein. Die Membrane dehnte sich weiter. Ein Leuchtpaneel wurde aktiviert und flutete den Raum mit weißem Licht, doch vor seinen Augen verschwamm der Raum sogar noch mehr. Da sich nichts unter ihm befand als eine steile, gewölbte Wand, fühlte es sich an, wie von einer Klippe in eine Nebelbank zu treten. Er packte eins der Geländer, die er zuvor gesehen hatte, und zog den anderen Fuß hinter sich her.

Luke rutschte die Wand hinunter, wobei die Membran seinen Abstieg verlangsamte und sich hinter ihm einem hohlen Schwanz gleich in die Länge zog. Er war etwa zur Hälfte unten, als der Schwanz sich schloss, eine neue Versiegelung bildete und ihn abrupt stoppen ließ. Er versuchte, sich loszureißen, doch dort, wo sich die Membran wieder zusammengefügt hatte, war sie starr und unnachgiebig geworden. Er ließ das Geländer los, nahm das Lichtschwert vom Gürtel und drehte sich, um sich freizuschneiden - dann stürzte er beinahe, als die Schwanzmembran mit einem Mal riss und ihn trudeln ließ.

Er tänzelte die gewölbte Wand hinunter und kämpfte darum, die Balance zu halten, da Veränderungen sowohl in der wahrnehmbaren Schwerkraft als auch in der scheinbaren Höhe sogar seine Jedi-Reflexe auf die Probe stellten. Als er schließlich den Boden des Raums erreichte, war die Gravitation auf die Hälfte des Normalwerts angestiegen, und er fühlte sich, als würde er an der Wand stehen, die er gerade hinuntergerutscht war.

Bens Stimme drang über das Anzugskom. »Dad, bist du okay da unten?«

»Bestens.« Luke hob eine Hand, um die Sichtscheibe freizuwischen, musste aber feststellen, dass sich die Membran vor seinen Augen von selbst auflöste. Als er nichts Bedrohliches sah, sagte er: »Komm auch durch!«

»Bestätigt«, erwiderte Ben. »Muss ich dieses kleine Tänzchen am Ende ebenfalls aufführen?«

Luke lachte in sich hinein und schaute zur Membran auf. »Ich schätze, das hängt davon ab, wie graziös du bist, nicht wahr?«

Die Membran wölbte sich nach innen, als Ben sie zu durchstoßen begann. Luke klemmte sein Lichtschwert wieder an den Gürtel und nahm sich jetzt, wo die Membran nicht länger seinen Blick verschleierte, einen Moment Zeit, um den Raum näher in Augenschein zu nehmen. Zweifellos handelte es sich um einen Hauptzugangspunkt zur zentralen Sphäre der Station. Das Ganze erinnerte an eine auf die Seite gestellte Servierschüssel. Die Wand rechts von Luke stellte das Innere der Schüssel dar, eine tiefe Schale, die sich zur Membran emporwölbte, durch die er hereingekommen war. Drei Meter darüber befand sich eine zweite Membran, die einem hier fraglos von einem anderen Teil der Station Zutritt gewährte.

Luke stand auf etwas, das als Innenrand der Schüssel durchgegangen wäre, auf einem Laufsteg, der sich vor und hinter ihm sanft aufwärts wölbte. Links von ihm, wo der Deckel der Schüssel gewesen wäre, ragte eine große, scheibenförmige Wand empor, umringt von den Luken, auf die er zuvor einen flüchtigen Blick erhascht hatte. Etwa die Hälfte davon stand offen, und durch eine der Öffnungen konnte er das rote Flackern eines kleinen Warnlichts ausmachen.

Luke beendete gerade seine Überprüfung, da traf auch Ben schon ein und warf ihn beinahe um, als er die Wand hinabtrudelte und gegen eine geschlossene Luke krachte. Ben zuckte vor Verlegenheit zusammen, und ein langer Strom statischen Rauschens drang über den Helmlautsprecher, als er unverständliche Flüche in sein Mikrofon zischte.

Luke blickte auf die von der Membran verschleierte Helmscheibe seines Sohnes hinab und kommentierte: »So viel zum Thema bemerkenswerte Jedi-Balance.«

Ben neigte den Kopf. »Ich dachte, man müsste sich losreißen.«

»Ging mir nicht anders.« Luke half Ben auf die Füße und wirbelte ihn rasch im Kreis herum, um den Schutzanzug nach Schäden zu untersuchen. »Alles sieht gut aus. Zumindest weißt du. wie man richtig fällt.«

»Jede Menge Übung«, meinte Ben. Als sich der letzte Rest der Membran von der Scheibe löste, fiel sein Blick auf das Lichtschwert, das Luke nach wie vor in der freien Hand hielt. »Schwierigkeiten?«

»Vielleicht.« Luke wies nach oben in Richtung der Luke mit dem blitzenden roten Lichtschein. »Werfen war da mal einen Blick drauf!«

Luke hängte das Lichtschwert wieder an den Gürtel und übernahm auf dem Weg zur Luke die Führung. Als sie aufstiegen, hielt die Zentrifugalkraft der rotierenden Station sie auf dem Laufsteg, sodass sie stets das Gefühl hatten, als würden sie auf dem Boden des Raums stehen. Die Übelkeit, die Luke überkommen hatte, als sie die künstliche Schwerkraft der Schatten verließen, wurde ein wenig stärker, und die Station wirkte sogar noch fremdartiger und gefährlicher als zuvor. Dies hier war kein guter Ort für Menschen.

Auf dem Weg zu ihrem Ziel kamen sie an zwei anderen Luken vorbei, beide offen. Eine führte zu einer größeren Version der abschüssigen Wand, über die sie in den aktuellen Raum gelangt waren. Die andere bot Zugang zu einem langen Korridor, der alle paar Meter von schlichten Schiebetüren gesäumt wurde. Der zerknüllten Kleidung und den verstreuten Schutzanzugteilen nach zu urteilen, die aus vielen der offenen Durchgänge lugten, hatten die Kabinen dahinter noch vor Kurzem als private Unterkünfte gedient.

Als sie sich der Luke mit dem blinkenden roten Lichtschein näherten, vernahm Luke von drinnen ein leises, rhythmisches Summen. Er überprüfte seinen Umgebungsstatus. Die Atmosphäre in diesem Teil der Station schien in überlebensfähigen Toleranzgrenzen zu liegen, daher öffnete er das Visier seines Helms - und wünschte unverzüglich, es nicht getan zu haben.

Die Luft war nicht bloß abgestanden, sondern stank nach einem Dutzend verschiedener Stadien von Verfall - einige davon hatte er seit den Sümpfen von Dagobah nicht mehr gerochen. Allerdings war da auch ein Gestank, der ihm mehr Sorge bereitete, ein stechender Geruch, der das Cockpit seines Sternenjägers allzu oft erfüllt hatte: schmelzende Schaltplatinen. Und natürlich handelte es sich bei dem rhythmischen Summen ganz genau um das. was er befürchtet hatte: um den Lärm einer Alarmsirene!

Hinter Luke erklang ein überraschtes Würgen, dann keuchte Ben: »Ich glaube, meine Sensoreinheit ist defekt. Dieses Zeug kann nicht atembar sein.«

»Mit Sicherheit riecht es nicht angenehm«, entgegnete

Luke. »Du kannst deinen Anzug gerne wieder versiegeln, wenn dir das lieber ist.«

»Machst du das?«

Luke schüttelte den Kopf. »Ich habe das Gefühl, dass es alle meine Sinne erfordern wird, um dahinterzukommen, was es damit auf sich hat.«

»Dann kann es nicht schaden, noch eine zusätzliche Nase zu haben, die herumschnüffelt«, meinte Ben. »Du kannst aufhören, mich mit Samthandschuhen anzufassen. Yoda würde das nicht billigen.«

»Yoda hätte dir das ganze Herumgeschnüffel allein überlassen«, hielt Luke dagegen und trat durch die Öffnung. »Und dabei hätte er dich davon überzeugt, dass er das allein in dem Bemühen tat. deine Nase zu trainieren.«

Jenseits der Schwelle fanden sie sich auf der Observationsplattform eines großen, dreigeschossigen Raums wieder. Draußen vor dem Frontfenster schien eine pulsierende Masse aus violettem Licht, verziert von den knisternden Adern statischer Entladungen und von Zungen auflodernden Feuers umgeben. Lukes Blick wurde mit solcher Macht von der seltsamen Strahlung angezogen, dass er sich dabei ertappte, wie er in den Raum eilte, ohne zunächst innezuhalten, um das Innere zu inspizieren. Er blieb drei Schritte hinter der Luke stehen und korrigierte seinen Fehler.

Jede Etage war mit hohen, weißen Technikschränken vollgepackt, die aus irgendeinem Karbon-Metall-Verbundstoff bestanden, den Luke nicht kannte. In akkuraten Reihen angeordnet ragten die Schränke etwa bis Schulterhöhe auf -einer in jeder Ebene -, mit abgeschrägten Oberseiten, die allein aufgrund der roten Lichter als Kontrolltafeln identifizierbar waren, die auf ihrer Oberfläche blinkten. Fäden blauen und gelben Rauchs stiegen durch die Seitensäume mehrerer Konsolen auf und sammelten sich in einer bunten Wolke in der Nähe der Decke.

Obgleich der Boden mit abgelegten Kleidungsstücken, Behältern und einer großzügigen, großflächigen Schmutzschicht bedeckt war, gab es keine Spur von den Leichen, die zu erwarten ihre Nasen sie vorgewarnt hatten. Luke schickte Ben los, um die Vorderseite des Raums zu überprüfen, ehe er zur ersten Reihe hinunterstieg und zum nächstgelegenen der weißen Wandschränke ging.

Unvermittelt erschien wenige Zentimeter unter der Oberfläche des Schranks eine holografische Darstellung der gesamten Raumstation, die sich dann langsam zu drehen begann. Am Rande des Schaltbilds tauchten Nachrichten auf, die in einer seltsamen, fließenden Schrift verfasst waren, von der Luke annahm, dass selbst C-3PO nicht wusste, worum es sich dabei handelte. Als die Zeichen anfingen zu blinken und ihre Farbe zu wechseln, berührte er eins mit der Hand. Sofort wurde das Hologramm vergrößert, um die Innenansicht einer Vorratsbucht zu zeigen, die so von graugrünem Schimmel überwuchert war. dass die Regale wie hohe, rechtwinklige Bäume aussahen.

Luke trat zum nächsten Technikschrank, von dem gelber Rauch ausging, der durch einen winzigen, von blinkenden roten Lampen flankierten Schmelzriss drang. Wieder erschien ein Hologramm der Station. Er berührte eins der Blinklichter mit der Hand. Das Schaubild schwang herum und richtete das Ende von einem der langen Zylinder direkt auf ihn. Zwei Kreise, einer grün und einer rot, leuchteten über dem Zylinder auf. Der grüne Kreis war im Zentrum des Zylinders verankert, während der rote blinkend einen Millimeter weiter links schwebte, um dem Lärm der Alarmsignale, der den Raum erfüllte, seine eigene drängende Stimme hinzuzufügen. Es schien offensichtlich, dass irgendetwas Wichtiges nicht mehr korrekt ausgerichtet war, doch es wäre töricht gewesen, Mutmaßungen darüber anzustellen, um was genau es sich dabei handelte.

Luke ging zur nächsten Reihe, wo am mittigsten Schrank auf einer Seite eine lange Reihe blinkender Lichter hinablief. Dieses Mal zeigte das Hologramm nichts als Gravitationsvektoren, die von Worten und Ziffern des seltsamen Alphabets umgeben waren. Schließlich fing er an, die Darstellung als das zu erkennen, was sie war - eine Anordnung Schwarzer Löcher.

Als Luke das Hologramm studierte, kam ihm eine Idee. Um seine Theorie zu überprüfen, vollzog er die Route nach, die er und Ben zur Station genommen hatten, und sein Herz sprang ihm so hoch in den Hals, dass er glaubte, würgen zu müssen. Es bestand kein Zweifel daran, dass er hier eine Karte des gesamten Schlunds vor sich hatte.

Er berührte das Binärsystem an der Stelle, wo sich die Station befand. Diesmal zoomte das Hologramm nicht näher heran, um ihm einen detaillierten Überblick über den ausgewählten Bereich zu verschaffen. Stattdessen drehte sich das Bild und schwang das Binärsystem hinter eine oval angeordnete Gruppe Schwarzer Löcher herum, und die Markierungen wurden so zahlreich, dass er die eigentliche Darstellung durch das Gewirr von Buchstaben und Gravitationsvektoren nicht mehr länger ausmachen konnte. Während Luke das Schaubild betrachtete, bemerkte er eine halbmondförmige Lücke neben dem Binärsystem, wo überhaupt keine Buchstaben oder Vektoren angezeigt wurden. Er berührte die Oberseite dieses Bereichs mit einem Finger.

Kin halbes Dutzend Sätze von Gravitationsvektoren begannen rot zu blinken, um einen langen Riss in der ansonsten soliden Hülle der Schwarzen Löcher anzuzeigen. Eine nach der anderen erschienen Miniaturen jeder Anzeige in einem Eckfenster, umgeben von Buchstaben und Zeichen, die zu entziffern er nicht die geringste Hoffnung hegte. Luke hatte keine Ahnung, was irgendetwas davon bedeutete - und allmählich beschlich ihn das ungute Gefühl, dass er es eigentlich auch gar nicht wissen wollte.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Bens erschrockene Stimme aus dem vorderen Teil des Kontrollraums zu ihm drang. »Oh, kriff... das ist übel!«

»Was ist übel?« Luke schnappte sich wieder sein Lichtschwert vom Gürtel, ehe er mit einem Machtsprung über drei Reihen Technikschränke hinwegsetzte und vorne im Kontrollraum neben Ben landete. »Sei etwas präziser!«

Bens Blick schwang zu Luke herum. Sein Gesicht war blass und sein Kiefer hing schlaff. Er hob eine Hand und deutete in die Dunkelheit zwischen ihnen und der sich windenden Masse aus violettem Licht.

»Körper«, sagte er. »Jede Menge Körper.«