19.


Das Blockhaus, das sich kaum einen Kilometer vom Galaktischen Justizzentrum entfernt auf der anderen Seite der Luftstraße befand, war alles andere als »geheim«. Das Gebäude tauchte zwar nicht auf den öffentlichen Listen mit Regierungsadressen auf, doch es handelte sich um einen hundertstöckigen Monolithen, der in einer langen Reihe eleganter, aus Stein und Spiegelstahl bestehender Häusertürme platziert worden war, mit Permabetonwänden und violetten Kamerakugeln, die relativ deutlich darauf hinwiesen, dass das Gebäude einer Festung glich. Das einzige Zugeständnis an Stil waren die vereinzelten, tupfenförmigen Sichtfenster, die in kreisförmigen Mustern über die graue Fassade verstreut waren und wahrscheinlich einen Stern und seine Planeten darstellen sollten.

»Das kann die GAS aber besser«, meinte Jaina. Zusammen mit Mirax Horn und einer Handvoll Jedi-Meister stand sie in der Eingangshalle des Palem-Graser-Büroturms, wo sie angeblich auf die Verabredung mit einem neimoidianischen Lobbyisten warteten, dessen Namen sie aufs Geratewohl aus dem Gebäudeverzeichnis ausgewählt hatte. »Warum hängen sie nicht gleich ein Schild an die Fassade, auf dem GEHEIMGEFÄNGNIS steht?«

»Daala will, dass die Leute wissen, dass sie ein Geheimgefängnis hat.« Während Saba sprach, blieben ihre Augen mit den schlitzförmigen Pupillen auf das Gebäude auf der anderen Straßenseite fixiert. »Der Shenbit zeigt seine Zähne, um seinen Feind einzuschüchtern, nicht, um ihn zu töten.«

»Psychologische Abschreckung«, stimmte Kyp Durron zu. Fr hatte sich auf ihre Mission vorbereitet, indem er sein Haar sorgfältig mit Gel frisiert und ein dampfgepresstes, formelles Gewand angelegt hatte, deren Wirkung jedoch von den Stoppeln des allmählich ergrauenden Zwei-Tage-Barts zunichte gemacht wurde. »Daala will, dass die Lobbyisten wissen, dass sie an einem Ort wie dem da verschwinden könnten, wenn sie für die falschen Leute arbeiten.«

»Das würde jedenfalls den Standort des Gebäudes erklären«, pflichtete Cilghal bei. Die Mon Calamari rollte ein hervortretendes Auge herum und sah Jaina an. »Bist du sicher, dass sich Valin und Jysella jetzt dort befinden?«

»Den neuen Inhaftierungsbefehlen zufolge werden sie dort.«Jaina sagte beinahe gelagert, doch als sie den Schmerz in den Augen der beiden Horns aufblitzen sah, gelangte sie zu dem Schluss, dass es besser war, jeden Begriff zu vermeiden, der irgendwie assoziierte, in Karbonit eingefroren zu sein, »...gefangen gehalten. Soviel ich weiß, versucht Daala. dank ihres Jedi Gerichtshofs alles nach Vorschrift zu machen, weshalb ich nicht glaube, dass sie die Aufzeichnungen fälschen würde.«

»Diese hier stimmt dem zu.« Schließlich wandte Saba den Blick vom Blockhaus ab, um Jaina zu fragen: »Hast du das Schriftstück?«

»Ja.« Jaina holte eine Flimsiröhre aus der Robe hervor und hielt sie ihr hin. »Hier ist es.«

»Nein, behalte es!« Saba stieß eine Kralle in Richtung des Blockhauses. »Dein Plan, deine Jagd.«

»In Ordnung, danke. glaube ich«, erwiderte Jaina.

Eigentlich war der Plan mehr Jags Idee denn ihre, doch Jaina war klug genug, das den Meistern nicht auf die Nase zu binden.

Zwar hatten alle erklärt, Jags Beweggründe zu verstehen, warum er nicht erwähnt hatte, dass Daala beabsichtigte, eine Kommandoeinheit Mandalorianer anzuheuern, doch sie waren immer noch verärgert. Tatsächlich hatten sie ihm aufgrund möglicher »Interessenkonflikte« verboten, den Tempel weiterhin zu betreten. Und obwohl sie Jaina nicht ausdrücklich angewiesen hatten, sich von Jag fernzuhalten, hatten sie deutlich gemacht, dass sie sich darüber klar werden sollte, wo ihre Prioritäten lagen - und darüber nachdenken, ob die Heirat mit dem Staatschef der Imperialen Restwelten für eine Jedi-Ritterin wirklich eine realistische Möglichkeit war.

Natürlich hoffte Jaina, sie davon zu überzeugen, dass dem so war. Und wenn die Sache heute gut ausging, würde das für ihr Vorhaben mit Sicherheit von Vorteil sein. Sie schob das Schriftstück in ihr Gewand zurück, um sich dann an Corran und Mirax Horn zu wenden.

Der Kummer der Horns zeigte sich überdeutlich in den lila Ringen um ihre Augen. Mirax' schwarzes Haar war ungekämmt und schmutzig, und der Kiefer unter Corrans wirrem Bart war so fest zusammengebissen, dass er vermutlich Gefahr lief, sich Zähne abzubrechen. Jaina wusste, dass sie die einzige Schwachstelle in ihrem Plan waren. Sie verlangte eine Menge, indem sie von ihnen erwartete, dass sie ruhig und beherrscht blieben, während sie dastanden und ihre in Karbonit eingefrorenen Kinder betrachteten, doch die beiden waren Menschen von außergewöhnlicher emotionaler Kraft. Corran war ein Jedi-Meister, der regelmäßig Entscheidungen traf, die Dutzende von Jedi-Rittern - inklusive seiner eigenen Kinder -in Gefahr brachte. Und Mirax war ganz einfach Booster Terriks Tochter. Allein diese Tatsache bewies, dass Daala absolut ahnungslos war, was für eine Art Sturm sie entfesselt hatte, als

sie beschloss, die Kinder der Horns in Karbonit einzufrieren.

Die Horns brauchten einen Augenblick, um zu bemerken, dass Jaina sie ansah, aber als sie es taten, bestand keine Notwendigkeit, sich zu erkundigen, ob sie bereit waren. Corran nickte knapp, und Mirax sagte: »Lasst uns loslegen! Es ist an der Zeit, dass wir der Staatschefin etwas von diesem Mynock-Eintopf auftischen, wie du es versprochen hast.«

Jaina lächelte. »Schauen wir mal, ob wir sie dazu bringen können, das Zeug runterzuwürgen.« Sie wandte sich an Saba. »Mit Eurer Erlaubnis.«

»Erlaubnis?« Saba schlug mit ihrem Schwanz auf den Boden, ehe sie in Richtung Ausgang wies. »Wir haben keine Zeit mit Scherzen zu vergeuden, Jedi Solo.«

Jaina neigte bestätigend den Kopf. »Ich lasse Euch wissen, wenn ich drinnen bin.«

Als sie den Graser-Turm verließ, war Jaina erleichtert, einen Blick auf den stets wohlbekleideten Javis Tyrr und seinen untersetzten Kameramann zu erhaschen, die auf dem Balkon des angrenzenden Gebäudes standen. Wie erwartet hatte der Anblick der Horns und mehrerer Jedi-Meister, die sich in der Nähe eines geheimen GAS-Inhaftierungszentrums versammelten, genügend Aufmerksamkeit erregt, um die Medien auf den Plan zu rufen. Sie hoffte bloß, dass Tyrr nicht der einzige Reporter war, der einen Tipp bekommen hatte.

Jaina benutzte eine Fußgängerbrücke, um die geschäftige Schlucht der Luftstraße zu überqueren, dann folgte sie einem Galeriegang zur Mitte des Blockhauses. Zutritt gewährte einem eine lange Rolltreppe, die durch einen zunehmend schmaler werdenden Tunnel zu einer Tunqstoid-Panzertür hinaufführte. Über der Tür hing ein schlichtes Schild, auf dem stand: 

LAGERDIENST DER GAKAKTISCHEN ALLIANZ. 

Darunter verkündete ein Motto: 

SERVICE. SICHERHEIT, DISKRETION.

Alles an dem Eingang besagte: Festung. Die Doppeltür war so schwer, dass sie auf Magnetschwebeführungen statt in Schienen verlief. Die Tunnelwände wurden von hohen, rechteckigen Paneelen gesäumt, bei denen es sich einfach um die Schiebeabdeckungen von Schießscharten handeln musste. Selbst die Stufen der Rolltreppe konnten eingeklappt werden, um eine steile, stählerne Rampe zu schaffen, die man unter Beschuss bloß schwer würde erklimmen können.

Dennoch gelangte Jaina ohne Zwischenfälle nach oben. Am höchsten Punkt des Tunnels verwandelte sich die Rolltreppe in ein Laufband, und die beiden Hälften der Panzertür glitten auf, um den Blick auf eine kleine Eingangshalle freizugeben. Während das Lauf band sie über die Schwelle trug, benutzte sie die Macht, um einen Abgleichsensor zu verbiegen, sodass die Verriegelung der Panzertür nicht greifen würde. Links von sich sah sie zwei voneinander getrennte Sitzbereiche und rechter Hand einen erhöhten Sicherheitsschalter. Im hinteren Teil der Lobby boten zwei Turbolifts Zugang zum Rest des Gebäudes.

Das Laufband setzte Jaina vor dem Sicherheitsschalter ab, hinter dem zwei rodianische Wachmänner standen, die ihre Hände verborgen hielten. Die Fühler oben auf ihren Köpfen waren wachsam nach außen ausgerichtet. Selbst ohne auf die Macht zurückzugreifen, hätte Jaina gewusst, dass jeder von ihnen eine Hand auf einem Alarmknopf liegen hatte und mit der anderen den Griff einer Blasterpistole umklammert hielt. Beide trugen schwarze, paramilitärische Uniformen, auf einer Brusttasche war in geschwungenen gelben Lettern 

LAGERDIENST DER GAE AKT ISCHEN ALLIANZ 

aufgestickt, während auf der anderen ein Namensschild aufgenäht war.

Jaina streckte ihre Machtsinne aus. um die Meister wissen zu lassen, dass sie es nach drinnen geschafft hatte, ehe sie zum Wachtresen hinüberging. Sie schaute zu den beiden Rodianern auf und sagte nichts. Das Duo blickte sie an seinen konischen Schnauzen vorbei an - ihre Neugierde sorgte dafür, dass ihre Aufmerksamkeit auf sie gerichtet blieb und nicht auf die manipulierten Türen. Falls sie das Problem mit dem Schließmechanismus bemerkt hatten, war ihren Gesichtern nichts davon anzusehen.

Als Jaina nicht zuerst das Wort ergriff, sagte der Größere der beiden schließlich: »Ich wusste nicht, dass wir irgendwelche Jedi-Kunden haben.« Er war so fett, dass seine Wangen wie Beutel wirkten, und der Name, der auf seiner Brust stand, war WEEZE. »Depotnummer und Passwort?«

»Ich habe keins von beidem«, entgegnete Jaina. »Aber das wissen Sie ja schon.«

Weeze sah seinen dünneren Partner an, auf dessen Namensschild ROSII stand. »Ich wusste das nicht«, sagte er. »Du vielleicht?«

Rosii nickte. »Irgendwie habe ich mir das schon gedacht.« Seine Stimme klang eher typisch rodianisch als die von Weeze, brummend und nasal. »Ich habe hier drin noch nie einen Jedi gesehen.«

Weeze sah wieder Jaina an. »Wir können Euch an diesem Schalter nicht weiterhelfen. Da müsst Ihr rüber zum Hauptempfang gehen und bei einem Kundenberater ein Depot mieten.«

»Ich will kein Depot«, sagte Jaina. »Ich bin gekommen, um Valin und Jysella Horn zu sehen.«

»Horn?«, echote Rosii. Seine Schnauze verzog sich in einem Ausdruck der Verwirrung, doch die plötzliche Unruhe, die sie in der Macht fühlte, deutete darauf hin, dass die beiden Rodianer sehr wohl wussten, warum Jaina hier nach den Horns suchte. »Sind das nicht zwei von den Jedi-Rittern, die durchgeknallt sind?«

»Die einen wahnhaften Zusammenbruch erlitten haben«, korrigierte Jaina. Sie hielt ihren Blick unbeirrt auf Weeze gerichtet. »Und ich will sie jetzt sofort sehen.« Sie hielt inne und wartete, bis Weezes Rang in sein Bewusstsein emporstieg, wo sie ihn durch die Macht wahrnehmen konnte. »... Sergeant.«

Weezes Fühler ruckten abrupt nach vorn. »Wir sind hier allesamt Zivilisten, Jedi.« Die Beunruhigung in seiner Machtaura wandelte sich zu Entschlossenheit, und Jaina sah seine Schulter zucken, als er schließlich den Alarmknopf drückte. »Der Lagerdienst der Galaktischen Allianz kümmert sich um Besitztümer, nicht um Gefange...«

Jaina setzte die Macht ein, um beide Rodianer vom Tresen wegzustoßen - und von jedweden schweren Waffen, die womöglich dahinter versteckt waren.

»Lügen Sie niemals einen Jedi an, Sergeant!«, sagte Jaina. Als die Rodianer ihre Blasterpistolen hoben, ließ sie beide Waffen beiseitefliegen. »So was macht uns wirklich ärgerlich.«

Die Rodianer sahen einander an, dann konterte Rosii: »Ihr werdet es nicht mal aus der Eingangshalle schaffen.«

»Da ist diese hier anderer Ansicht«, sagte Saba, die Kyp und die anderen durch die halb offenstehenden Panzertüren hereinführte. »Diese hier denkt, dass ihr uns dort hinbringen werdet, wo wir hinwollen.«

Sobald die Blicke der Rodianer auf Sabas imposante Gestalt fielen, sanken ihre Fühler schlaff gegen ihre Köpfe, und ihre Machtauren knisterten schier vor Furcht.

»Entspannt euch!«, meinte Jaina. »Wir haben eine Genehmigung.«

»Eine Genehmigung?« Weeze drehte den Kopf, um Jaina mit einem Auge zu betrachten. »Was für eine Genehmigung?«

»Du hast ihm das Dokument nicht gezeigt, Jedi Solo?«, fragte Saba mit gespielter Verwunderung. »Worauf wartest du noch?«

Jaina warf einen Blick durch die Panzertür und sah, wie Corran und Mirax Horn hinter Kyp, Cilghal und den anderen Meistern zusammen mit einer beträchtlichen Meute von Pressevertretern mit Holokameras die Rolltreppe hochfuhren, die ihnen Fragen zuriefen. Natürlich hatte Javis Tyrr die Führung übernommen. Seine modische Weste war dort hässlich zerknautscht, wo man ihn gepackt und - zweifellos -beiseitegestoßen hatte. Eine geschwollene Wange und ein dunkler werdender Bluterguss wiesen daraufhin, dass jemand großen Gefallen daran gefunden hatte, und Jaina verlor langsam das Vertrauen in Meister Horns Fähigkeit, sich zu beherrschen, sobald sie zu Valin und Jysella gelangten.

Jaina wandte sich Saba zu und neigte in gespielter Abbitte den Kopf. »Verzeiht mir, Meisterin Sebatyne! Es hat einige Minuten gedauert, um die Bestätigung zu erhalten, dass dies der richtige Ort ist.«

Zuversichtlich, dass die Rodianer angesichts so vieler Meister im Raum nichts Törichtes versuchen würden, löste Jaina sie von der Wand und holte dann die Flimsiröhre aus ihrem Gewand hervor. Inzwischen betraten die Horns die Eingangshalle, während sich Javis Tyrr und - hinter ihm - ein weiteres halbes Dutzend Nachrichtenteams durch die Türen drängelten.

Jaina wartete, derweil Kyp und Cilghal die Macht einsetzten, um die Menge auf unaufdringliche Weise so zu arrangieren, wie sie es brauchten. Sobald sie sicher war, dass sämtliche Holokameras freie Sicht auf den Sicherheitsschalter hatten, trat sie vor und präsentierte den Wachen das Schriftstück, wobei sie es so drehte, dass das Siegel des Justizzentrums deutlich zu sehen war.

»Sergeant Weeze«, sagte sie, »dies ist ein rechtsgültiges Dokument, das uns Besuchsrechte für Valin und Jysella Horn gewährt, die in einem geheimen GAS-Inhaftierungszentrum verwahrt werden, das sich unter dieser Adresse befindet, wie Sie anhand der beigefügten Inhaftierungsanweisung ersehen können.«

Weeze machte keine Anstalten, das Schriftstück entgegenzunehmen. Stattdessen starrte er es an, als würde Jaina versuchen, ihm einen scharfen Thermaldetonator in die Hand zu drücken.

»Ich. Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, erwiderte der Rodianer. »Dies ist bloß eine Lagereinrich.«

Das Dementi des Rodianers fand ein abruptes Ende, als von den Turbolifts im hinteren Teil der Eingangshalle aus das Zischen deaktivierter Zugangsfelder ertönte. Scharfe Stimmen brüllten widersprüchliche Befehle, sich »hinzulegen« und sich »nicht zu rühren«. Alle drehten sich in Richtung des Lärms um - gerade rechtzeitig, um einen GAS-Angriffstrupp zu sehen, der in voller Rüstung in die Lobby stürmte, Betäubungsgranaten in den Händen und Repetierblaster schussbereit an der Schulter.

Natürlich schalteten die Nachrichtenteams unverzüglich ihre Kameralampen ein, und bloß ein paar flinke Machtstöße von Jaina und den anderen Jedi sorgten dafür, dass der Hagel von Lasersalven, der folgte, in die Decke schlug anstatt in die Menge der Journalisten. Die Wesen, die die größeren

Holokameras trugen, ließen sich bloß auf ein Knie fallen und filmten weiter, während der Rest des konfusen Angriffstrupps aus den Turbolifts strömte und am anderen Ende der Eingangshalle Stellung bezog.

Das Feuer erstarb schnell, als dem Angriffstrupp klar wurde, dass sie nicht angegriffen, sondern gefilmt wurden, doch bis dahin hatten die Nachrichtenteams bereits volle vier oder fünf Sekunden der Verwirrung der GAS-Beamten für die Abendübertragung eingefangen. Die Dinge liefen sogar noch besser, als Jaina gehofft hatte - und sie wurden schlagartig noch grandioser, als die vertraute breitschultrige Gestalt des Truppenführers aus dem Turbolift trat.

»Du liebe Güte!« Jaina ging auf den Lift zu. »Wenn das mal nicht Captain Atar ist!«

Sie rief den Namen besonders laut aus, um sicherzugehen, dass Javis Tyrr und jeder andere Pressevertreter ihn auf seiner Tonspur hatte. Wenn der Plan weiterhin so gut lief, War sie vielleicht sogar bereit, das Risiko einzugehen zu enthüllen, dass diese ganze Falle Jags Idee gewesen war. Wahrscheinlich würde das nicht viel nützen, damit er - oder sie - bei ihren Eltern wieder einen Stein im Brett hatte, aber vielleicht sorgte es dafür, dass die Meister ihre Situation ein bisschen wohlwollender betrachteten.

Atar bedeutete seinen Trupplern hastig, die Waffen zu senken, ehe er drei Meter vortrat und dann stehen blieb, um über seinem buschigen Schnauzbart hervor den Blick in die Runde schweifen zu lassen. Jaina war froh zu sehen, dass sowohl er als auch sein Team in voller GAS-Montur waren.

Jaina blieb einen halben Schritt vor ihm stehen, und als sie spürte, dass die Kameraschweinwerfer ihre Seiten wärmten, sagte sie: »Captain Atar, ich wünschte, ich könnte sagen, dass es mich freut, Sie wiederzusehen.« Sie hielt ihm die Schriftrolle hin. »Vielleicht wären Sie so freundlich, dies entgegenzunehmen. Ihre Untergebenen scheinen sich nicht recht darüber im Klaren zu sein, für wen sie eigentlich arbeiten.«

Das zog Gekicher von den Reportern nach sich, und Atars Verhalten wurde argwöhnisch und verbittert. Alan hatte ihn in seinem eigenen Bau in die Falle gelockt, und er wusste es. Er nahm die Röhre kommentarlos an sich, ehe er das Schriftstück herausholte und es schweigend las.

Als er zur Unterschrift des Weisungsbefugten kam, weiteten sich seine Augen, und sein Gesicht wurde rot. Er ließ das Blatt sinken und musterte Jaina mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Sie wollen Valin und Jysella Horn besuchen?«

»Das ist richtig«, bestätigte Jaina.

»Aber sie sind eingefroren«, wandte er ein. »In Karbonit.«

»Dessen sind wir uns bewusst«, sagte Cilghal, die an Jainas Seite trat. »Diese Genehmigung gibt mir das Recht, ihre Gefrierbehälter zu inspizieren und sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist.«

»Außerdem gesteht sie Valin und Jysella Horn das Recht zu, während ihrer Gefangenschaft Besucher zu empfangen«, fügte Kyp hinzu und winkte Corran und Mirax nach vorn. »Genau wie alle anderen Gefangenen auch.«

»Wie sie sehen können«, sagte Jaina, während sie hinter sich schaute und direkt in die Kameras sah, »haben wir uns große Mühe gegeben, sämtliche erforderlichen Genehmigungen einzuholen.«

Atar nickte. »Fürwahr.« Er rollte das Schriftstück sorgsam wieder zusammen - zweifellos um sich Zeit zum Nachdenken zu erkaufen - und schob es in die Röhre zurück. »Ich bin mir sicher, der Direktor dieser Anlage ist gerne bereit, einen Besuchstermin mit Euch zu vereinbaren.«

»Nein, Captain.« Jaina trat näher an Atar heran, reckte den Hals, um zu ihm aufzuschauen - und setzte die Macht ein, um ihn zurückzuschubsen. »Diese Genehmigung gewährt uns sofortigen Zugang.«

»Auf diese Weise können wir sicherstellen, dass die GAS die Gefrierbehälter routinemäßig ordnungsgemäß wartet«, fügte Cilghal hinzu, die ebenfalls vortrat. »Wenn Sie denken, dass wir Ihnen die Möglichkeit geben, noch schnell Reparaturen vorzunehmen und Wartungsprotokolle zu fälschen, haben Sie sich getäuscht.«

Jaina stieß ihn noch einen Schritt zurück, doch Atar blieb mittig vor den Turbolifts stehen. »Es tut mir leid.« Er winkte den Rest seines Trupps zu sich. »Aber ich habe nicht die Erlaubnis, Ihnen Zutritt zu dieser Anlage zu gewähren.«

Saba trat vor und blieb unmittelbar vor ihm stehen. »Da irren Sie sich, Captain. Sie haben keine Erlaubnis, uns aufzuhalten.«

Die Barabel schnappte ihm die Röhre aus der Hand und pikste ihn dann damit in die Brust. Atars Augen wölbten sich wütend vor, doch bevor er reagieren konnte, drängte sich Javis Tyrr nach vorn, um ihm ein Mikrofon ins Gesicht zu stoßen.

»Captain Atar«, wollte der Reporter wissen. »Vertreten Sie die Ansicht, dass der Sicherheitsdienst der Galaktischen Allianz nicht an Erlässe des Justizzentrums gebunden ist?«

»Nein, selbstverständlich nicht.« Atar hatte die Worte kaum über die Lippen gebracht, als die übrigen Pressevertreter bereits weitere Fragen riefen, und sein Gesicht rötete sich, als ihm bewusst wurde, wie seine Aussage missverstanden wurde. Er hob die Hände, um für Ruhe zu sorgen, und als das nicht funktionierte, rief er: »Ich meine, die Sicherheitsdienste sind in jeder Hinsicht an das Gesetz gebunden, genau wie jeder andere in der Galaktischen Allianz.«

»Diese hier ist froh, das zu hören«, sagte Saba. Sie gab Jaina die Röhre zurück und ging auf die Turbolifts zu. »Wir werden in den Untergeschossen mit unserer Suche beginnen und uns dann nach oben vorarbeiten.«

Atars rotes Gesicht wurde schlagartig blass, und er stürmte ihr nach. »Für eine Durchsuchung besteht kein Anlass. Meisterin Sebatyne. Ich werde Euch persönlich begleiten.«

Saba blieb vor dem Eingang des Turbolifts stehen und drehte sich um. »Wie nett von Ihnen, Captain.« Sie wandte sich an die Kameras, die sich bereits dicht hinter ihr drängten, und fragte dann: »Wie lauten die Zellennummern?«

Atar schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Meisterin Sebatyne. Wir fahren in die.«

»Medistation vielleicht?« Saba bückte sich nach unten, um einen Blick auf die Turbolift-Kontrolltafel zu werfen. »Ist sie das? Ebene vier achtundneunzig?«

Sie streckte eine Klaue nach dem Nummernfeld aus, doch Atars Hand schoss vor, um stattdessen eine andere Etage einzugeben. Saba studierte die Ziffer, ehe sie sich an den Captain wandte, und ihre Gesichtsschuppen drückten sich im Barabel-Äquivalent eines Stirnrunzelns gegen ihren Kopf.

»Vier siebzig?« Sie drehte sich um und fügte für ihre Gefährten und die Reporter die Etagenbezeichnung hinzu. »Die Verwaltungsbüros ?«

Atar ließ den Blick sinken, und Jaina wusste, was das zu bedeuten hatte. Die GAS behandelte die Horn-Geschwister wie eine Art Trophäe, stellte sie zur Schau - genauso wie Jabba der Hutt vier Jahrzehnte zuvor ihren Vater zur Schau gestellt hatte.

Und die zunehmende Woge des Zorns, die sie in der Macht fühlen konnte, verriet ihr, dass das auch den Meistern klar war.

Eine Sekunde später versuchte Atar, die Sache zu vertuschen. »Wir, ahm, müssen noch Besucherausweise holen.«

Saba fixierte ihn mit einem kalten Reptilienblick. »Das bezweifelt diese hier doch sehr.«

Sie trat in den Turbolift und verschwand die Transportröhre hinauf.

Atar fluchte leise und wandte sich an eine junge Bothanerin mit einem Leutnantsabzeichen am Kragen. »Die Horns und die Jedi dürfen ihr folgen, Rasher. Niemand sonst.«

Der Leutnant - der Name über ihrer Brusttasche lautete REE, RASIIER - nahm Haltung an. »Ja, Sir.«

»Geben Sie die Turbolift-Etage persönlich ein«, befahl er. »und durchsuchen Sie sie zuerst nach Waffen!«

Wieder salutierte sie, doch bis dahin eilte Atar bereits hinter Saba her. Cilghal ging unverzüglich nach vorn zum Turbolift und gab die Etagennummer selbst ein.

»Wartet. Meisterin!«, rief Ke'e, die ihr den Weg zu versperren versuchte. »Ihr habt den Captain gehört. Ich muss Euch nach Waffen durchsuchen.«

»Ich versichere Ihnen, dass das nicht notwendig ist.« Cilghal winkte mit einem Finger, und der Leutnant trat beiseite, um sie durchzulassen. »Ich habe keine bei mir.«

Sie trat in den Turbolift, verschwand außer Sicht und ließ die Bothanerin vor Wut kochend zurück. Jaina warf einen Blick hinter sich und sah, dass Kyp zusammen mit den Horns hinter den Reportern stand und darauf wartete, sie nach vorne zu bringen. Sie suchte Corran Horns Blick, hob dann fragend eine Augenbraue und nickte mit dem Kopf in Richtung Turbolift.

Dieser nächste Teil würde für ihn und Mirax schwerer werden, als sie alle vermutet hatten, und es war nicht an ihr, die Entscheidung zu treffen, sie dem inmitten dieses Medienrummels auszusetzen.

Corran nahm ihre Frage zur Kenntnis, indem er sich an seine Frau wandte, deren normalerweise so spitzbübisches Antlitz bereits von Zorn und Kummer gezeichnet war. Sie kniff die Augen zusammen und antwortete mit einem knappen Nicken, das Jaina alles verriet, was sie über den Gemütszustand der Horns wissen musste. Sie wussten, wie sehr das hier weh tun würde, doch sie waren bereit, das auf sich zu nehmen und weiter am Plan festzuhalten.

Jaina drehte sich wieder um und sah, dass Ke'e ihre Untergebenen auf die Turbolifts zu dirigierte und sie anknurrte, nicht einfach so herumzustehen, sondern die Eingangshalle zu sichern. Jaina trat ihrerseits vor, um die Eingänge zu bewachen. Die Truppler richteten sofort ihre Waffen auf sie und fingen an, ihr Befehle zuzubrüllen zurückzuweichen.

Jaina wandte sich ruhig an Javis Tyrr und nutzte die Macht, um sich über die GAS-Truppler hinweg Gehör zu verschaffen. »Möchten Sie nicht mit hochfahren und sehen, was Daala zu verbergen versucht?«

In Tyrrs zusammengekniffenen Augen leuchtete so etwas Ähnliches wie Gier auf, was jedoch sogleich Furcht wich, als sie zu Leutnant Ke'e herumschwangen.

»Bleiben Sie so, wie Sie sind, Tyrr!«, befahl die Bothanerin. »Pressevertretern ist es nicht gestattet, die. «

»Und was wollen Sie dagegen tun, Leutnant?«, wollte Jaina wissen. »Wollen Sie sie live vor allen Holokameras erschießen?«

Damit drehte sie sich um und nutzte die Macht, um ein paar Truppler aus Tyrrs Weg zu schieben. Er zögerte weiterhin -aber bloß, bis die übrigen Kamerateams nach vorn zu drängen begannen. Tyrr und sein untersetzter Assistent fingen an, ihre Ellbogen fliegen zu lassen und zu rufen, dass diese Einladung ihnen ausgesprochen worden war, und die Reporter verschwanden in den Turbolifts nach oben.

Leutnant Ke'e winkte ihre Untergebenen beiseite, ehe sie sich durch die Menge drängelte, um die Mündung ihres Blasters direkt vor Jainas Nase zu halten. »Das werdet Ihr bereuen, Jedi! Wir haben einen langen Arm.«

»Leutnant Ke'e, ich wurde bereits von Killerdroiden, Yuuzhan-Vong-Kriegsherren und Sith-Lords bedroht.« Jaina verfolgte, wie Kyp und die Horn den letzten Reportern in den Turbolift folgten, ehe sie hinzufügte: »Die habe ich ernst genommen.«

Damit wandte Jaina der Bothanerin den Rücken zu und trat in den Turbolift. Sie fuhr drei Stockwerke hoch zu den Verwaltungsbüros, dann trat sie in einen ausladenden Eingangsbereich mit gewölbter Decke und hohen Steinwänden hinaus. Das geräumige Sitzareal war mit Nerfleder-Sofas möbliert, die vor einem langen, eingebauten Aquarium voller exotischer Wasserlebewesen von Pavo Prime arrangiert waren.

Allerdings war das Aquarium nicht der Blickfang des Raums. Zwei Meter über dem Tank hingen zwei schwarze Platten, jede ungefähr zwei Meter hoch und vielleicht anderthalb Meter breit. Entlang der Unterseite blinkten eine Reihe von Kontrolllampen, doch abgesehen davon erinnerten die Platten an schwarze, glänzende Flachrelief-Skulpturen von Valin und Jysella Horn. Im hellen Schein so vieler Lampen war es möglich, jedes Detail der Gesichter der jungen Jedi-Ritter zu sehen - die

Augen vor Grauen vorquellend, die Nasenlöcher vor Panik geweitet, die Münder mitten im Schrei erstarrt.

Die Horns standen direkt unter den Karbonitblöcken, die Hälse zurückgelegt und die Münder weit offen, als sie zu ihren eingefrorenen Kindern emporblickten. Jainas Magen wurde schlagartig kalt und schwer, als sie mit ihren eigenen Emotionen kämpfte - mit dem Schuldgefühl, dass sie diejenige war. die vorgeschlagen hatte, die Horns auf so zynische Weise zu benutzen; die Entrüstung darüber, das Ausmaß der Demütigung zu erfahren, die ihren Kindern widerfuhr. die immerhin ihre Jedi-Gefährten waren.

Die Reporter mussten ebenso schockiert sein wie Jaina und die anderen Jedi, da sie zu den Sofas respektvollen Abstand wahrten. Das einzige Geräusch, das von ihnen ausging, war das leise Summen ihrer Ausrüstung und einige geflüsterte Kameraanweisungen. Einen Moment lang dachte Jaina, dass die GAS-Offiziere sie enttäuschen und zulassen würden, dass die Konfrontation mit dieser traurigen Note endete: mit den Horns, die zusahen, wie Cilghal die Karbonitblöcke überprüfte, um sicherzustellen, dass man sich während ihrer Haft angemessen um Valin und Jysella kümmerte.

Dann stieg in Mirax ein langgezogenes, durchdringendes Wimmern auf. Sie wandte sich ab und vergrub den Kopf in Corrans Gewand. Er drückte sie fest an die Brust, und seine Augen wurden feucht und wütend, als er zu den Karbonitplatten aufsah. Die Reporter riefen Fragen, auch wenn sie vermutlich wussten, dass sie keine Antworten bekommen würden, und ein schwergewichtiger Yaka in der Uniform eines GAS-Colonels kam aus dem Eckbüro gestapft. Eskortiert von einem halben Dutzend bewaffneter Wachen und doppelt so vielen finster dreinblickenden Offizieren, war er mit ziemlicher

Sicherheit der Kommandant dieser Anlage.

Der Yaka marschierte in den Sitzbereich, ohne die Reporter auch bloß eines Blickes zu würdigen, und ging geradewegs zu Saba. Er war sogar noch größer und breiter als sie und hatte ein Gesicht, das bloß deshalb weniger animalisch wirkte, weil es statt mit Schuppen von Fleisch bedeckt war.

»Bist du die Jedi, die für dieses unerhörte Eindringen verantwortlich ist, Kurzschwanz?«, verlangte er zu wissen.

Eine Barabel so anzusprechen, war außerordentlich beleidigend. Unter anderen Umständen hätten diese Worte wahrscheinlich dazu geführt, dass dem Yaka einer seiner massigen Arme am Ellbogen abgesäbelt wurde, damit man ihn dazu benutzen konnte, ihm damit auf den Kopf zu schlagen. Doch so grausam, wie Saba sein konnte, war sie doch ebenso eine Jedi-Meisterin, und das bedeutete, dass sie klug genug war, sich nicht vor laufenden Holokameras zu einem törichten Angriff verleiten zu lassen.

Sie musterte den Yaka bloß einen Moment lang und rasselte dann: »Wer will das wissen?«

»Colonel Retk«, entgegnete der Yaka.

Der Schatten eines Lächelns huschte über sein Gesicht, und Jaina wusste, dass Retk genau das tat. was sie angenommen hatte: Er versuchte, eine Katastrophe in puncto Öffentlichkeitsarbeit in einen Sieg zu verwandeln, indem er eine Jedi-Meisterin zu einem übereilten Angriff provozierte. Trotz ihres grobschlächtigen Erscheinungsbilds gehörten die Yakas zu den intelligentesten und gerissensten Wesen der Galaxis - ein Merkmal der Cyborg-Gehirne. die die meisten von ihnen in jungen Jahren implantiert bekamen.

»Colonel Wruq Retk«, fuhr der Yaka fort und streckte Saba seine Hand entgegen. »Befehlshaber dieser Einrichtung.«

»Aha.« Anstatt Retks dargebotene Hand zu schütteln, klatschte Saba die Schriftröhre hinein. »Dann würden Sie gewiss gern das hier. «

Bevor Saba sehen sagen konnte, drängte sich Mirax Horn zwischen sie und Retk.

»Wenn Sie der Kommandant dieses Gruselkabinetts sind«, sagte sie und legte ihren Kopf zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen, »dann müssen Sie der Sohn einer Schutta sein, der beschlossen hat, meine Kinder als Wanddekoration zu benutzen!«

»Bitte, das ist nicht mit der Absicht passiert, sie zu beleidigen.« Ein amüsiertes Funkeln trat in Retks Augen, und er drehte sich, um sich an die Kameras zu wenden. »Ich wollte sie bloß hier unterbringen, damit ich ihr Wohlergehen persönlich im Auge behalten kann.«

»Einen kriff wollten Sie!«

Mirax' Hand schoss so schnell hoch, dass nicht einmal Jaina sie kommen sah. Retks Zähne schlugen einfach aufeinander, dann ruckte sein Kopf abrupt nach hinten, und er kippte auf das Sofa hinter sich. Seine Leibwächter waren genauso verblüfft wie alle anderen im Raum, was sie daran hinderte, sofort zu reagieren, und das verschaffte Jaina und den anderen Jedi die halbe Sekunde, die sie brauchten, um ihre Machtsinne auszustrecken und die Blasterläufe der Wachen in Richtung Fußboden zu stoßen.

Schließlich schüttelten die Truppler ihre Verwirrung ab und traten vor, um ihre freien Hände nach Mirax auszustrecken und ihr zu befehlen, sich zu ergeben. Natürlich reagierten Saba, Cilghal. Kyp und Corran sogar noch schneller und stellten sich zwischen sie und Mirax.

Jaina bemerkte einen adlernasigen GAS-Captain, der die

Schriftröhre beäugte, die jetzt neben dem bewusstlosen Yaka auf dem Sofa lag, und mit einem Mal fürchtete sie, dass ihr Plan womöglich gehörig nach hinten losgehen könnte. Ohne das Dokument selbst war die Chance groß, dass der Richter, der es ausgestellt hatte, abstreiten würde, das getan zu haben, und dann hatte Daala die Möglichkeit, ihren Besuch hier als ein bloßes weiteres Beispiel für die Unberechenbarkeit der Jedi darzustellen.

Der adlernasige Captain machte sich die Verwirrung um sich herum zunutze, griff nach der Röhre, um sie an sich zu nehmen - und stürzte beinahe hin, als Jaina die Hand danach ausstreckte und die Macht einsetzte, um ihm die Röhre wegzureißen. Der Captain blickte erstaunt auf, dann spreizte er bloß die Hände und zuckte die Schultern. Offensichtlich scherte er sich ebenso wenig darum, das Gesetz zu brechen, wie jeder gewöhnliche Straßendieb.

Zu dem Zeitpunkt, als die Schriftröhre wieder in Jainas Besitz war, hatte sich die Situation selbst zu einem Patt entwickelt. Ein weiterer GAS-Captain befahl Mirax, sich zu ergeben, um sich wegen des Angriffs auf einen Sicherheitsoffizier zu verantworten. Derweil standen Corran und die anderen Meister als stummer Schild um sie herum. Mirax' schmächtige Gestalt war zu sehr hinter ihnen verborgen, um ihren Gesichtsausdruck auszumachen, doch ihre Machtaura wies daraufhin, dass sie froh darüber war, den großen Yaka bewusstlos geschlagen zu haben.

Innerlich stöhnte Jaina. Der Plan war gewesen, öffentliche Sympathien zu wecken, indem sie den Jedi-Rittern, die Daala in Karbonit eingefroren hatte, ein menschliches Gesicht verliehen. Jetzt jedoch würde sich die Hauptmeldung der Abendnachrichten um eine weitere Auseinandersetzung zwischen den Jedi und der GA-Sicherheit drehen, diesmal in der eigenen Inhaftierungsanlage der GAS. Und die Einzige, der Jaina dafür die Schuld geben konnte, war sie selbst. Sie hatte gewusst, dass es viel von den Horns verlangt war, einen klaren Kopf zu bewahren, wenn sie ihre Kinder in Karbonit eingefroren sahen.

Als Jaina dieser Gedanke durch den Kopf ging, sah sie erneut Mirax' kleine Gestalt, die ihren Hals reckte, um zu dem Yaka aufzuschauen, und sie wusste, wie sie die Situation retten konnte. Sie überließ es Saba und den anderen, die GASWachen in Schach zu halten, drehte sich zu den emsig summenden Kameras um und suchte nach Javis Tyrrs großer, braunhaariger Gestalt.

Zuerst war er zu sehr damit beschäftigt, die Konfrontation vor sich zu beschreiben, um Jaina irgendwelche Aufmerksamkeit zu schenken. Als sie jedoch die Macht benutzte, um sein Mikrofon in ihre Richtung zu zupfen, verstand er den Wink schließlich und wandte sich ihr zu.

»Jedi Solo, möchtet Ihr eine Stellungnahme abgeben zu.«

»Nicht jetzt.« Jaina vollführte mit ihren Fingern eine schneidende Bewegung und wartete, bis Tyrr seine Ausrüstung abgeschaltet hatte. Dann sagte sie: »Ich habe einen Vorschlag für dich, Sleemo.«

Tyrr runzelte die Stirn, doch er war zu sehr Nachrichtenmann, um gegen die Bezeichnung zu protestieren - besonders, wo sie doch so gut zu ihm passte. »Ich bin ganz Ohr.«

Jaina zog die Kappe von der Schriftröhre. »Du kannst eine Aufnahme von dem Schriftstück machen.«

»Keine große Sache. Ich kann mir eine Kopie beschaffen, sobald wir hier raus sind.« Tyrr versuchte zu vermeiden, eifrig zu klingen, doch Jaina konnte seine Aufregung in der Macht spüren. »Deshalb bin ich nicht unbedingt scharf drauf.«

Jaina lehnte sich dicht zu ihm. »Ich will bloß, dass du eine einzige Frage stellst.« Sie schaute sich nach den anderen Reportern um, in dem Wissen, dass die meisten von ihnen zu anständig - und zu klug - waren, um zuzulassen, dass die Person, die im Mittelpunkt eines Berichts stand, einem die Fragen diktierte. »Ich rede hier von einer Frage, die jemand anderem früher oder später ohnehin kommen wird.«

Tyrr gab vor, das abzuwägen, und sagte dann: »Schieß los!«

Als Jaina sie ihm sagte, lächelte er tatsächlich. »Das ist gut«, meinte er. »Eigentlich sollte ich mich nicht auf so was einlassen. aber Geschäft ist Geschäft.«

Er nickte seinem Kameramann zu, der wartete, bis Jaina das Schriftstück hervorgeholt hatte und es ausrollte, bevor er seine Kamera einschaltete. Natürlich bemerkten die übrigen Nachrichtenteams schnell, was vorging, und schwangen herum, um selbst ebenfalls Aufnahmen zu bekommen, was bedeutete, dass sie ihre Kameras von der Konfrontation zwischen den Meistern und den GAS-Wachen abwandten.

»In Ordnung, das reicht«, zischte Tyrr. »Steck's wieder ein!«

Das war nicht Teil der Abmachung, also ließ Jaina das Schriftstück bloß sinken, bis sich Tyrr und sein Kameramann wieder auf die Auseinandersetzung konzentrierten. Dann, sobald die Aufmerksamkeit der beiden anderweitig beansprucht war, hob sie das Dokument hoch, sodass auch alle anderen ihre Aufnahmen davon machen konnten. Ein Chor von Gekicher und überraschtem Gekeuche ertönte, als die anderen Nachrichtenteams die Unterschrift auf dem Flimsi bemerkten, doch da hielt Tyrr sein Mikrofon bereits dem blonden Captain ins Gesicht, der von Mirax verlangte, sich zu ergeben.

»Sagen Sie mir, Captain Xanda, hat die GAS tatsächlich die Absicht, eine leidtragende Mutter wegen Körperverletzung festzunehmen? Eine verzweifelte, fünfzig Kilo leichte Mutter, die sich dazu verleiten ließ.«

Während Tyrr das sagte, schwenkte sein Kamermann über den Kreis der Meister. Nach einem sanften Machtschubs von Jaina traten sie beiseite, um der Kamera eine gute Aufnahme von Mirax' zierlicher Gestalt zu gewähren.

Tyrr machte eine dramatische Pause, während die Kamera zu der massigen Gestalt schwenkte, die auf dem Sofa lag, ehe er fortfuhr: ». einen Yaka-Colonel zu ohrfeigen, der dreimal so groß ist wie sie - nachdem sie entdeckt hat, dass er ihre Kinder an die Wand gehängt hat.« Wieder hielt er inne, diesmal, während die Kamera nach oben schwang, um auf den Karbonitplatten zu verweilen, die Valin und Jysella bargen. ». als Bürodekoration?«

»Nein.« Die Antwort kam nicht von dem blonden Captain. sondern von den Turbolifts. »Die GAS wird mit Sicherheit keine, Anklage gegen Mirax Horn erheben. Ihr Kummer ist vollkommen verständlich - und ihre Tat gänzlich verzeihlich.«

Zusammen mit allen anderen in der Kammer drehte sich Jaina zu der nur allzu vertrauten Stimme um und sah Admiralin Daala mit großen Schritten in den Kaum kommen. Ihr dicht auf den Fersen folgten Wynn Dorvan, ihre Sicherheitseskorte und die beiden sehr nervös aussehenden rodianischen Wachen aus der Eingangshalle.

»Was wir hingegen nicht verzeihen können, ist ein weiteres Beispiel für Jedi-Herrschsucht«, fuhr Daala fort, die zum Rand des Sitzbereichs marschierte. »Jetzt erzwingen sich Jedi-Meister ihren Weg in rechtmäßige GAS-Inhaftierungszentren schon mit Gewalt!«

Die Kameras schwangen zu Daala herum, beleuchteten sie wie eine Jabori-Geistsängerin auf der Bühne, und Jainas Herz hämmerte vor Aufregung. Es hatte mit Sicherheit eine Menge Überraschungen und Aufs und Abs gegeben, doch mit einem Mal sah es so aus, als würde ihr Plan sämtliche Erwartungen übertreffen.

Daala badete einen Augenblick im Schein der Kameras, ehe sie ein ernstes Gesicht aufsetzte. »Kennt Ihre Vermessenheit denn keine Grenzen?«

»Von Vermessenheit kann hier keine Rede sein, Staatschefin Daala«, sagte Jaina. Sie sah zu Saba hinüber und erntete ein ermutigendes Nicken, dann hielt sie das Schriftstück hoch. »Wie Sie sehen können, haben wir hierfür von den Justizbehörden eine rechtmäßige Genehmigung eingeholt.«

Daala wirkte unbeeindruckt. »Das wurde mir mitgeteilt.« Sie hielt ihre Aufmerksamkeit auf die Kameras gerichtet. »Allerdings haben wir alle schon von Jedi-Gedankentricks gehört. Dies ist bloß ein weiterer Beweis für ihre Missachtung des Gesetzes.«

»Wenn Sie von unseren Gedankentrickz gehört haben«, sagte Saba und trat vor, »dann haben Sie vielleicht ebenfallz davon gehört, dass sie bloß bei geistig schwachen Personen funktionieren?«

Daala drehte sich zur Seite und grinste Saba an. »Ich bezweifle, dass das eine Jedi überraschen wird, Meisterin Sebatyne, aber es gibt durchaus einige willensschwache Richter in den Diensten der Galaktischen Allianz.«

»Gibt es die?« Saba gelang es glaubwürdig, Verblüffung zu mimen, schlug mit ihrem Schwanz auf den Boden und wandte sich an Jaina. »Diese hier ist empört!«

Ein Chor von Gelächter rollte durch den Raum, dann flüsterte Wynn Dorvan, Daalas Assistent, ihr etwas ins Ohr. Ihr Gesicht erbleichte, und sie wandte sich wieder den Kameras zu. offensichtlich drauf und dran, zurückzurudern. Zu ihrem Leidwesen war das einzige Wesen, das noch skrupelloser als eine Politikerin mit einer Absicht war, ein Reporter, der eine gute Story witterte. Bevor sie das Wort ergreifen konnte, trat Javis Tyrr vor. Er hielt ein Datapad mit einem Bild des Schriftstücks in Händen, das Jaina ihn hatte aufnehmen lassen.

»Staatschefin Daala, wie der Zufall so will, stammt die Unterschrift auf diesem Dokument von der Richterin, die Ihrem speziellen Jedi-Gerichtshof vorsteht«, sagte er. »Entspricht es nicht den Tatsachen, dass Sie diejenige sind, die Arabelle Lorteli in dieses Amt berufen hat?«

Daalas Augen wurden zu Schlitzen. »Dem ist tatsächlich so, und ich habe vollstes Vertrauen in ihre Fähigkeiten.« Sie richtete ihren Blick - wütend und vernichtend - auf den Yaka-Colonel, der ihr gegenüber bewusstlos auf dem Sofa lag. »Obgleich ich bekanntermaßen in großer Sorge wegen der Jedi und ihrer Neigung bin, die Gesetze dieser großartigen Allianz zu missachten, bin ich gleichermaßen besorgt über Machtmissbrauch durch unsere eigenen Institutionen. Der Grund, warum ich heute hier bin, ist der, dass ich soeben über Colonel Retks geschmacklose Zurschaustellung der Geschwister Horn informiert wurde. Seien Sie versichert, dass alle Verantwortlichen ihre gerechte Strafe erhalten werden. Die Galaktische Allianz toleriert keinen Machtmissbrauch -ganz gleich durch wen.«

»Dann unterstützen Sie also das Recht der Jedi, Jedi-Ritter zu besuchen, die in geheimen Inhaftierungszentren gefangen gehalten werden?«, fragte eine Falleen-Reporterin. »Sogar, wenn solche Inhaftierungszentren selbst illegal sind?«

»Absolut. Diese Einrichtung ist weder geheim noch illegal, aber wir sind alle an das Gesetz gebunden.« Daalas Blick wanderte zu Jaina - und sorgte dafür, dass ein kalter Schauer drohender Gefahr ihren Rücken hinabfuhr, »lud ich hoffe, dass wir alle das in den kommenden Stunden und Tagen nicht vergessen werden.«