7.


Leia gelangte zu folgendem Schluss: Das Einzige, was noch zerstörerischer war als ein wütender Ramoaner, war ein Ramoaner mit krampfhaften Zuckungen. Im Augenblick lag Bazel zitternd und um sich schlagend festgenagelt zwischen zwei demolierten Luftgleitern, wenn auch - glücklicherweise -an Ort und Stelle gefangen. Allerdings hatten bereits die Hälfte der Fahrzeuge im Hangar eingedrückte Hauben oder zerschmetterte Schutzbleche, und die Türen des Frachtstaplers waren zu stark verbeult gewesen, um sie zu öffnen. Am störendsten überhaupt war aber vermutlich, dass die Wände und Stützsäulen mit einem gelben Schaum bespritzt waren, der so widerlich roch, dass jeder Atemzug automatisch von einem Würgen begleitet wurde.

»Ich hätte ihm keinen zweiten Pfeil verpassen sollen«, sagte Melari Ruxon, die Duros-Schülerin, der Han die Pfeilpistole zuvor anvertraut hatte. »Aber nach dem ersten hat er weiterhin versucht aufzustehen, und Captain Solo sagte.«

»Du hast nichts falsch gemacht, Schülerin Ruxon«, versicherte Leia ihr. »Jedi Warv ist ein fähiger Ritter. So lange er auch nur ansatzweise wach war. hat er die Macht genutzt, um gegen das Betäubungsmittel anzukämpfen.«

»Du hattest keine andere Wahl, Mädchen«, stimmte Hau zu. »Ich hätte dasselbe getan.«

Ein Anflug von Erleichterung trat in Melaris Antlitz. »Wirklich?«

»Absolut«, beteuerte Leia. »Du weißt doch, wie diese Krankheit den Verstand verwirrt. Wie hättest du dich gefühlt, wenn du den zweiten Pfeil nicht abgefeuert hättest und er wieder zu sich gekommen und erneut nach draußen auf den Platz geflohen wäre?«

»Das ist richtig, Mel, du hast ihm einen Gefallen getan«, sagte Melaris Jenet-Partner Reeqo. Er legte ihr eine Hand mit kupferfarbenem Fell auf die Schulter. »Wenn ich durchdrehe, will ich jedenfalls nicht für den Rest der Ewigkeit eingefroren in irgendeinem GAS-Blockhaus hängen. Dann würde ich eine Zelle da unten in jedem Fall vorziehen.«

Wenn ich durchdrehe.

Leia war nicht bewusst gewesen, dass sich die Situation so verschlechtert hatte, dass sich junge Jedi darüber Gedanken machten, ob sie womöglich zu den Nächsten gehören würden, die den Verstand verloren, aber natürlich war dem so. Bis sie die Natur der Krankheit ergründet hatten, war das Einzige, was alle mit Sicherheit wussten, dass es einen in Gefahr brachte, jung und machtsensitiv zu sein. Kein Wunder, dass sie Angst hatten.

»Hört mir zu, ihr beide!« Leia wandte sich ihnen zu, sodass sie beiden Schülern in die Augen sehen konnte. »Momentan mögen die Dinge schlecht aussehen, doch Meisterin Cilghal wird dahinterkommen, was es damit auf sich hat. Und wenn sie das tut, wird Barv euch mit Sicherheit dafür dankbar sein, dass ihr ihm das Karbonit erspart habt.«

Die beiden Schüler tauschten Blicke, dann fragte Melari: »Seid Ihr sicher?«

»Vertraut mir, sie ist sich sicher«, sagte Han. »Ich war schon in Karbonit eingefroren, und alles ist besser als das.«

Reeqo nickte. Er schien die Solos beim Wort zu nehmen. Melari hingegen warf einen Blick zu dem scheckigen jadegrünen Fleischberg zurück, der noch immer zwischen den beiden Luftgleitern zitterte.

»Dann ist also alles besser als Karbonit?«. fragte sie. »Sogar zu sterben?«

Han warf Leia einen fragenden Blick zu. Als sie ihm mit einem Nicken bedeutete, ihnen die Wahrheit zu sagen, legte er jedem der beiden Schüler eine Hand auf die Schulter.

»Wenn ihr nie wieder da rauskommt, ja, dann ist alles besser«, sagte er. »Sogar zu sterben. Aber Barv hier wird nicht sterben - nicht heute.«

Das Gefühl, das in ihre Machtauren trat, war nicht gerade Erleichterung, doch zumindest schienen sie zu verstehen, was er meinte. Leia bestärkte sie durch die Macht in ihren Emotionen und winkte die beiden Schüler wieder zurück in Richtung des Hangareingangs, wo die bewusstlose Yaqeel Saav'etu immer noch zusammengesackt an der Rückseite des Wachstands lehnte. Ihre Hände waren mit einem Paar Plastifiber-Handschellen an die Schranke über ihrem Kopf gefesselt.

»Sorgen wir dafür, dass die Patienten transportbereit sind, wenn Meisterin Cilghal eintrifft!«, sagte sie. »Ihr beide kümmert euch um Jedi Saav'etu, Han und ich werden.«

Leia wurde vom Ding-Wuusch eines ankommenden Turbolifts unterbrochen. In der Erwartung, Cilghal und Tekli zu sehen, drehte sie sich zur Station um. Stattdessen betrat Kenth Hamner den Hangar. Seine würdevollen Züge waren angespannt vor Beunruhigung, und als er durch das Chaos auf die Solos zumarschierte, zeigte sich zunehmend auch seine Empörung.

Leia packte den Ärmel von Hans Hemd und führte ihn rasch auf Bazel Warvs noch immer zitternde Gestalt zu. Kenths Gesichtsausdruck nach zu urteilen, stand ihnen keine Unterhaltung bevor, von der sie wollten, dass Schüler sie mit

anhörten.

Kenth fing sie in der Nähe der riesigen runden Füße des Ramoaners ab und verlangte zu wissen: »Was ist geschehen?«

»Eine Nebenwirkung des Somatoll«, entgegnete Han. Bereit beiseitezuspringen, falls Bazel um sich schlug, kauerte er sich hin und versuchte, den Puls am massigen Knöchel des grünen Kerls zu finden. »Scheint, als wäre die Wirkung des Mittels auf Ramoaner ein bisschen anders als auf die meisten anderen Spezies. Wer hätte das gedacht?«

»Ich wollte nicht wissen, was mit Jedi Warv passiert ist«, schnappte Kenth. »Was war da eben mit dem GAS-Trupp los? Die drohen damit, das Außentor aufzusprengen, falls wir ihnen nicht ihren Gefangenen aushändigen. Sagen Sie mir bitte nicht, dass Sie beide Bazel tatsächlich aus GAS-Gewahr-sam befreit haben?«

»Natürlich nicht!«, beteuerte Han und schaute zu Kenth auf. »Die GAS hatte ihn überhaupt nicht in Gewahrsam.«

Kenth würdigte Han kaum eines Blickes und musterte vielmehr Leia mit düsterer Miene. »Warum bringt Ihr mich nicht auf den neuesten Stand der Dinge, Jedi Solo?«

»Mit dem größten Vergnügen.« Leia war sorgsam darauf bedacht, ihre Stimme warm und entspannt zu halten. Es sah Kenth überhaupt nicht ähnlich, sich bissig und unhöflich zu geben, und sie vermutete, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war, um ihn zu einem solchen Verhalten zu treiben. »Han hat recht. Captain Atar hatte keinen der beiden Patienten in Gewahrsam - zu keinem Zeitpunkt. Wir waren in der Lage, die beiden selbst zu überwältigen.«

»Moment mal!«, bat Kenth und hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wir verlieren sie jetzt schon im Doppelpack?«

»Ich fürchte ja«, antwortete Leia. Sie drehte sich um und wies in Richtung des Wachstands, wo Reeqo und Melari vorsichtig die Fesseln von Yaqeels Handgelenken lösten. »Jedi Saav'etu ist der Krankheit als Erstes zum Opfer gefallen und Bazel gleich danach.«

Kenth fluchte lauthals. »Dann ist es also ansteckend.«

»Das wissen wir nicht«, entgegnete Leia. »Falls es sich um etwas handelt, das inaktiv in ihnen schlummert, könnte es auch dadurch ausgelöst worden sein, dass beide demselben Stimulus ausgesetzt waren.«

Kenths finstere Miene kehrte zurück. »Ich fange an zu verstehen, woher Eure Tochter ihren Hang zur Dickköpfigkeit hat, Jedi Solo«, sagte er. »Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Ihr nicht versuchen würdet, mich zum Narren zu halten.«

»He, Augenblick mal!«, rief Han und richtete sich auf. »Jeder weiß, dass Jaina ihren Hang zur Dickköpfigkeit von mir hat.«

Kenth warf ihm einen Blick zu, der einen Wampa hätte festfrieren lassen. »Damit machen Sie die Sache nicht besser, Captain Solo. Ganz im Gegenteil.«

Hans Blick verhärtete sich, und Leia wusste, dass sie gefährlich dicht davorstand, es mit zwei wütenden Männern zu tun zu haben. Sie trat an Hans Seite und berührte ihn am Arm, ehe sie in Richtung des Kontrollpostens nickte.

»Han, warum siehst du nicht mal nach, ob du einen Hocker oder irgendetwas anderes findest, das wir Bazel zwischen die Zähne klemmen können?«, fragte sie. »Mit diesen Hauern muss er das Innere seines Mundes ja in Fetzen beißen.«

Han schaute sie kurz an, ehe er seinen Blick wieder zu Kenth schweifen ließ. »In Ordnung«, sagte er. »Aber wenn dieser Kerl weiter mit dir redet, als wärst du irgendeine Art von.«

»Hau!« Leia drehte ihn in Richtung Wachstand. »Bitte geh!

Ich kümmere mich hierum.«

Han ließ widerwillig zu, dass sie ihn wegschob, schaute über die Schulter jedoch weiterhin mit düsterer Miene zurück. Leia wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Kenth zu und wartete schweigend. Sie hatte bereits vor langer Zeit gelernt, sich niemals für Han zu entschuldigen. insbesondere dann nicht, wenn er nicht derjenige war, der sich im Irrtum befand. Abgesehen davon waren ein paar bissige Worte von einem hitzköpfigen Schmuggler womöglich genau das, was Kenth brauchte, um ihm dabei zu helfen, sein Temperament wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Doch offenbar sollte dem nicht so sein. Als Kenth schließlich sprach, war seine Stimme genauso scharf wie zuvor. »Jedi Solo, legt Ihr es darauf an, dass der Orden aufgelöst wird?«

Leia runzelte die Stirn und sagte dann gelassen: »Ich bin mir sicher, das wisst Ihr besser, Meister Hamner.«

»Und warum verkrijft noch mal ignoriert Ihr dann einen GAS-Haftbefehl, und das auch noch vor laufender Holokamera?« Er brüllte beinahe. »Daala selbst war am Kom, um mir zu sagen, dass sie diese Art von öffentlichem, offenem Ungehorsam nicht dulden kann, und ich fange an, ihr darin zuzustimmen. Ihr wisst, wie schlecht unser Image momentan ist, und Holoaufnahmen von Euch und Han bei der Missachtung eines rechtskräftigen Haftbefehls lassen unsere Probleme nicht kleiner werden.«

Leia schwieg, bis er offenbar fertig war, sprach dann jedoch mit durastahlharter Stimme. »Und was hätten wir Eurer Ansicht nach stattdessen tun sollen? Ihnen Bazel und Yaqeel einfach überlassen, um in Karbonit eingefroren zu werden?«

»Ja, wenn es das ist, was das Gesetz verlangt«, gab Kenth zurück. »Die Jedi werden nicht überleben - nicht, wenn wir weiterhin versuchen, uns über die Regierenden - und über die Lebewesen - zu stellen, denen wir zu dienen vorgeben.«

Leia schüttelte traurig den Kopf, während sie sich fragte, wie ein so prinzipientreuer Mann dem gegenüber, was richtig war, derart blind sein konnte. »Kenth, ich weiß, die Lage ist schwierig, aber wenn man darüber nachdenkt. Gesetz und Gerechtigkeit sind nicht das Gleiche. Wir können nicht anfangen, Daala junge Jedi-Ritter auszuliefern, bloß weil sie krank geworden sind - besonders dann nicht, wenn ihre Lösung des Problems darin besteht, sie in Karbonit einzufrieren!«

Das Aufblitzen von Kummer in Kenths Augen deutete daraufhin, dass Leia einen Nerv getroffen hatte, doch er war nicht bereit klein beizugeben. »Diese Entscheidung zu treffen, liegt nicht in den Händen einer Jedi-Ritterin, Jedi Solo.« Erwies auf den Zugangstunnel und sagte: »Wenn wir Glück haben, sind Captain Atar und sein Trupp immer noch.«

Das Ding-Wuusch des eintreffenden Turbolifts rettete Leia, und dieses Mal waren es Meisterin Cilghal und Tekli, die heraustraten. Die Mon Calamari warf einen Blick auf Bazels zitternde Gestalt und gab ihrer Assistentin eine Medikationsanweisung, bevor sie herüberkam, um sich zu Leia und Kenth zu gesellen.

»Ich bin sofort gekommen, als ich es erfahren habe«, sagte sie zu Leia. »Alle beide?«

Leia nahm einen beruhigenden Atemzug, dann nickte sie. »Ich fürchte ja.«

Cilghal hob eine flossenartige Hand. »Nein, da gibt es nichts zu bedauern«, meinte sie. »Jetzt haben wir etwas gelernt.«

»Was gelernt?«, fragte Han, der mit dem Hocker zurückkehrte, um den Leia gebeten hatte. »Ist nun klar, was

mit ihnen nicht stimmt?«

»Noch nicht.« Cilghal winkte vage mit einer Hand in Bazels Richtung; Teklis Arzneipfeil ragte bereits aus dessen Hals hervor. »Aber jetzt, wo Hazel und Yaqeel ebenfalls krank sind, können wir langsam gewisse Schlussfolgerungen ziehen.«

»Als da wären?«, fragte Kenth. Obwohl er nicht erleichtert klang, hörte er sich zumindest hoffnungsvoll an. »Die Jedi könnten in dieser Hinsicht wirklich einige gute Neuigkeiten gebrauchen.«

»Ich sagte, wir können jetzt langsam Schlussfolgerungen ziehen, Meister Hamner.« Cilghal wandte sich an Han und Leia. »Captain Solo, wenn Sie so freundlich wären, Tekli bei Yaqeel zur Hand zu gehen, können Jedi Solo und ich uns um Bazel kümmern.«

Han sah Kenth an, denn er vermutete, dass der amtierende Großmeister andere Vorstellungen darüber hatte, wie sie mit der Situation umgehen sollten.

Cilghal rollte ein großes Auge in Kenths Richtung. »Habt Ihr irgendwelche Einwände?«

»Um ehrlich zu sein, ja«, erwiderte Kenth. »Da draußen ist ein GAS-Trupp mit einem Haftbefehl für die beiden.«

Cilghal senkte den Blick, und ein Gefühl von Schuld erfüllte die Macht. »Ich verstehe.« Sie wandte sich an Leia. »Wie viele haben sie verletzt?«

Es war Han, der antwortete. »Verletzt? Niemanden. Wir haben sie gleich draußen mit Betäubungsmitteln ruhiggestellt. Die GAS ist bloß hinter ihnen her, weil das Durcheinander von Holokameras aufgezeichnet wurde.«

Cilghals Mund klaffte auf. »Warum will die GAS sie dann verhaften?«

»Wegen Gefährdung der Öffentlichkeit«, führte Leia aus.

»Und selbst das ist eine Übertreibung. Wir hatten sie innerhalb von zwei Minuten hier drinnen.«

Cilghal wandte sich wieder an Kenth, und ihr zunächst schuldbewusster Gesichtsausdruck wirkte nun erst verwirrt und dann verärgert. »Und Ihr wollt sie ausliefern?«

»Man hat uns einen Haftbefehl vorgelegt, und wir sind gezwungen, uns dem zu fügen«, beharrte Kenth. Der Farbe nach zu urteilen, die in seine Wangen stieg, mutmaßte Leia, dass Daala sich nicht die Mühe gemacht hatte, ihn über den Anklagepunkt zu informieren, als sie sich mittels Korn gemeldet hatte, um sich über den Widerstand der Solos zu beschweren. »Allerdings könnte sich das sogar zu unserem Vorteil auswirken. Ich bin sicher, dass Nawara Yen die Öffentlichkeit dazu bringen kann zu erkennen, dass die Anklagepunkte vollkommen ungerechtfertigt sind, wenn die Umstände des Zwischenfalls bei einer öffentlichen Anhörung geprüft werden.«

»Nein«, wandte Cilghal ein, »wir werden nicht zulassen, dass Daala meine Patienten in Karbonit einfriert, bloß um Eurem Bemühen zu genügen, in der Öffentlichkeit besser dazustehen.«

Kenths Antlitz wirkte aufgewühlt. »Meisterin Cilghal, diese Entscheidung zu treffen, liegt nicht bei Euch.«

»Und auch nicht allein bei Euch. Sie obliegt dem Rat. Und wenn Ihr Euch allein aus reiner Opportunität heraus einem albernen Haftbefehl beugen wollt, muss ich darauf bestehen, dass Ihr Euch hierfür die Zustimmung des Rats sichert.« Cilghal winkte die Solos zu den Patienten, ehe sie fortfuhr: »Bis Ihr die eingeholt habt, Meister Hamner, werde ich die Patienten im Anstaltsblock unterbringen.«

Leia, die Kenth keine Gelegenheit geben wollte, den Befehl zu widerrufen, schickte Han unverzüglich zu Yaqeel und wandte sich Bazel zu, um sich selbst um ihn zu kümmern. Teklis Arzneipfeil hatte den krampfhaften Zuckungen bereits ein Ende bereitet, also benutzte sie die Macht, um den großen Ramoaner zwischen den ramponierten Gleitern hochzuheben.

Leia hatte es viele Male gehört: »Größe bedeutet nichts«. wenn man einen Gegenstand schweben lässt, und vielleicht stimmte das. für denjenigen, von dem diese Aussage stammte. Sie hingegen musste all ihre Kraft aufbringen, um Bazel auf den Turbolift zuschweben zu lassen, und sie wurde dabei bereits müde, als Hans Stimme hinter ihr ertönte.

»He. ich glaube, wir haben gerade noch zwei verloren!«

Leias Konzentration versagte beinahe augenblicklich, und Bazel schlug so schwer auf dem Boden auf, dass er erbebte. In der Hoffnung, dass ein paar Schrammen mehr für ihn keinen Unterschied machen würden, wirbelte sie zum Kontrollposten herum und sah, dass Han über Yaqeels regloser Gestalt stand.

Die Bothanerin lehnte noch immer zusammengesunken am Wachstand, doch ihre Hände waren mit einem neuen Paar Fesseln wieder an die Schranke gebunden worden. Zu Leias Bestürzung waren die einzigen Hinweise auf Reeqo und Melari zwei graue Schülerroben, die neben Yaqeel auf dem Boden lagen, beide sorgsam zusammengefaltet, mit einem Lichtschwert oben drauf.

»Was ist passiert?«, fragte Kenth, der zum Posten hinüberging. Zu Leias Erleichterung - und vielleicht auch zu ihrer Überraschung - lagen weder Vorwurf noch Verärgerung in seiner Stimme, bloß Missmut und Kummer. »Haben Sie es gesehen?«

Han schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich war damit beschäftigt, die. ahm, Diskussion über Barv zu verfolgen.« Er deutete auf die Gewänder und die Lichtschwerter. »Mir ist nicht einmal aufgefallen, dass Reeqo und Mel fort sind, bis ich das hier gesehen habe.«

»Nun, sie können nicht weit gekommen sein.« Kenth holte sein Komlink hervor und marschierte in den Zugangstunnel. »Vielleicht bleibt uns genügend Zeit, sie aufzuhalten, bevor sie jemandem Schaden zufügen.«

»Das ist nicht notwendig, Meister Hamner«, sagte Cilglial. Sie streckte Kenth eine Hand entgegen und setzte die Macht ein, um ihn daran zu hindern loszulaufen. »Diese zwei stellen für niemanden eine Gefahr dar.«

Kenth wirbelte stirnrunzelnd zu ihr herum. »Cilghal, wenn Ihr die Sache mit den Haftbefehlen vor den gesamten Rat bringen wollt, schön. Aber wir können nicht zulassen, dass noch mehr verrückte Jedi frei auf Coruscant herumlaufen.«

»Sie sind nicht verrückt, nicht einmal auf die Art und Weise, wie Ihr den Begriff benutzt, Meister Hamner«, verbesserte Cilghal. »Zumindest bin ich mir zu achtundneunzig Prozent sicher, dass sie es nicht sind.«

Kenths Augenbrauen schossen in die Höhe. »Und warum nicht?«

»Weil sie niemals in der Zuflucht waren«, antwortete Tekli. »Sie sind zu jung.«

»Und alle anderen Patienten waren in der Zuflucht«, ergänzte Leia, die sich an ihre Unterhaltung erinnerte, als sie und Han Seff Hellin besucht hatten. »Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr da einen eindeutigen Zusammenhang festgestellt habt?«

»Eine eindeutige statistische Übereinstimmung«, korrigierte Cilghal. »Keine, die sich mit Ursache und Wirkung begründen ließe, aber wenn wir Bazel und Yaqeel mit einbeziehen, sinkt die Fehlertoleranz auf weniger als zwei Prozent. Ausschließlich für Jedi, die während des Krieges gegen die Yuuzhan Vong im Schlund versteckt waren, besteht die Gefahr zu erkranken.«

Hans Stirn legte sich beunruhigt in Falten, und Leia wusste, was er dachte, noch bevor er fragte: »Was, wenn sie sich nicht richtig dort versteckt haben?«

Cilghal konnte bloß die Schultern zucken. »Ich wünschte, ich könnte Sie beruhigen, Captain Solo, aber die Wahrheit ist, dass wir es einfach nicht wissen.«

»Falls es sich um irgendwelche Umwelteinflüsse handelt, besteht allerdings eine gute Chance, dass das Risiko einer Erkrankung mit der Dauer zusammenhangt, die man diesen Einflüssen ausgesetzt war«, fügte Tekli hinzu, die Leia einen raschen Blick zuwarf. »Und die Tatsache, dass keiner der Meister Solusar krank geworden ist, deutet vermutlich daraufhin, dass Erwachsene nicht so anfällig dafür sind. Wahrscheinlich ist mit Ihnen und Prinzessin Leia alles in Ordnung.«

Hans Gesichtsausdruck blieb besorgt, und Leia wusste, dass er sich keine Sorgen um sich selbst machte oder um sie. Er dachte an ein bestimmtes rothaariges kleines Mädchen und fragte sich, wer sie beschützen würde, falls ihre Großeltern mit einem Mal Kurs auf das nächstgelegene Schwarze Loch nahmen.

»Hau, entspann dich!«, sagte Leia. »Du würdest es als Erster erfahren, wenn ich mich plötzlich verrückt fühle.«

Ein verlegenes Grinsen trat in Hans Züge. »Das ist nicht sonderlich ermutigend. Prinzessin«, meinte er. »Nachdem du dich all diese Jahre mit mir herumgetrieben hast, würdest du die Veränderung wahrscheinlich gar nicht mitbekommen.«

»Oh, die würde ich mitbekommen«, sagte Leia lächelnd.

»Vertrau mir!«

»Wenn Sie mich fragen, sind Sie beide schon seit einer ganzen Weile verrückt«, fügte Kenth hinzu, vermutlich bloß halb im Scherz. »Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich an diese neue Theorie glaube. Wenn diese Schüler nicht erkrankt sind, warum sind sie dann weggelaufen?«

Han schaute zu den zusammengefalteten Gewändern und den liegengelassenen Lichtschwertern hinüber und blickte finster drein.

»Wenn ich raten müsste«, meinte er. »würde ich sagen, sie haben ihre Ausbildung geschmissen.«