Kapitel 39
Die Vereinigung
Der Schatten, der von Hagens Leichnam aufstieg, verdichtete sich und dehnte sich dann schneller aus, als David zurückweichen konnte. Doch bevor er den entsetzten Mann erreichte, erkannte dieser eine Spur, einen feinen Lichtstreifen, als hätte jemand eine Kerze ins Fenster gestellt, damit er den Weg nach Hause finden konnte. Nur zu gern nahm David die Einladung an. Sogleich wurde er in eine Finsternis gezerrt, die ihm bereits vertraut war: die Welt des Dämons. Ein unendliches Schattenreich, in das dieses Mal jedoch jemand ein Licht getragen hatte. Und auf dieses Licht trieb der Dämon mit aller Macht zu, bis es eine solche Helligkeit und Wärme ausstrahlte, dass David sich die Hände vor das Gesicht schlagen musste.
Dann war es genauso abrupt vorbei, wie es begonnen hatte.
Vorsichtig sog David Luft in seine Lungen: Der brennende Gestank war fort, stattdessen trug die Winterluft einen Hauch von Rosen mit sich. Er nahm die Hände fort. Zu seinen Füßen lag nicht länger Hagens Leichnam, sondern ein Meer aus niedergesunkenen Leibern. Er sah vertraute Körperumrisse und Gesichter.Vor ihm lag sein altes Rudel und streifte gerade seine Ohnmacht ab.Verwirrt sah David zu, wie Bewegung in das Menschenknäuel geriet, dann entdeckte er eine Armlänge vor sich Meta. Er blinzelte, dann packte er den Mann, der zwischen ihm und Meta kauerte und ihm deshalb den Weg versperrte, am Kragen und schleuderte ihn beiseite, nicht ahnend, dass es Sascha war. Dabei handelte er nur seinem Instinkt gehorchend, so selbstverständlich auf die Kraft des Wolfes zurückgreifend, als seien sie wirklich eins. David streckte den Arm aus, und erst als seine Finger ihre vom Frost kühle Wange berührten und ihre Lippen lautlos seinen Namen formten, wusste er, dass es wahr war.
In nächsten Moment kam der Wandel über ihn wie eine schwarze Woge, aber dieses Mal ließ sich David nicht von ihrer Macht übermannen.Alles, was er wollte, stand vor ihm und bot ihm einen sicheren Hafen in diesem Sturm, den der Dämon in seinem Inneren entfachte. Nach all den Jahren konnte er den Wolf endlich annehmen - die Grenzen, die er ihm auferlegte, aber auch die Gaben. Er würde sich nicht länger abwenden.
Und während David sich an Meta festhielt, strömte die freigesetzte Energie des Wandels durch ihn hindurch und zerstäubte sich wie Gischt über dem Rudel, um es zu vereinen. Für diesen Moment gelang es ihnen, mit Davids Hilfe die innere Zerrissenheit zu überwinden, jenes Verlangen, sich mit den anderen Wölfen zu vereinen und doch fast immer von ihnen getrennt zu sein.
Kaum richtete David seine Aufmerksamkeit auf das Rudel, wurde sein Ruf beantwortet, und seine Leute scharten sich um ihn. Ein enger Kreis von Menschen, über deren Haut im roten Licht der allmählich verglimmenden Feuer Schatten tanzten. Ohne zu zögern, öffnete David sich so weit, dass es selbst den Schwächsten unter ihnen gelang, in diesen Kreis einzutreten. Er ließ sie an seiner eigenen Stärke teilhaben, indem er ihnen half, den Wolf zu besänftigen. Er schaffte einen Ausgleich zwischen den beiden Welten, so wie es sein sollte.
Unterdessen richtete Sascha sich benommen auf und torkelte voller Widerwillen zur Seite. Er war sich mit jeder Faser bewusst, kein Bestandteil dieses Schauspiels zu sein, in dem ein Rudel sich unter einem neuen Anführer zusammentat. Seine Hand fuhr zum Nacken, dorthin, wo David ihn mit solch einer Kraft gepackt hatte, dass die Muskelstränge schmerzten. Hastig senkte er wieder die Hand, aber niemand aus seinem Rudel hatte die Geste eines Schwächlings bemerkt. Sie alle waren viel zu sehr mit derVereinigung beschäftigt, die sich vor ihren Augen abspielte. Es kostete Sascha fast all seine verbliebene Kraft, um nach seinen Leuten zu pfeifen, damit sie sich hinter ihm formierten. Maggie sah kurz in seine Richtung, dann schmiegte sie sich in die Reihen ihres kleinen Rudels, als ginge von dem Eindringling nicht länger eine Gefahr aus.
Erst als sich Sascha sicher sein konnte, dass er das Zittern seiner Hände einigermaßen unter Kontrolle hatte, hob er den Blick. »Herzlichen Glückwunsch, David«, brachte er zwischen seinen vor Anspannung verkanteten Zähnen hervor, während er einen Bogen um das Rudel ging. Zwar hatte Sascha in Maggies Apartment Davids Stärke gewittert, aber im Gegensatz zu Maggie hatte er dem jungen Mann weder zugetraut, Hagen zu töten, noch, anschließend rasch seinen Anspruch zu verteidigen. Nach wie vor glaubte er, sich über den jüngeren Mann hinwegsetzen zu können. »Du hast getan, was ich von dir gefordert habe. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob dir der Sieg über Hagen wirklich zuzuschreiben ist.«
Augenblicklich zerschlug sich die positive Energie der Vereinigung, und der Unmut des Rudels über Saschas Anmaßung war beinahe greifbar. Nur David rührte sich nicht.Versunken stand er mit Meta in den Armen da. Er schien wild entschlossen, sie nie mehr loszulassen. Nach all den Zweifeln, Ängsten und Kämpfen konnte er die Vorstellung, sich auf etwas anderes als auf Meta zu konzentrieren, kaum ertragen.
Meta, der Saschas kaum verhohlene Drohung nicht entgangen war, streichelte seine Wange.Wenn es David nicht gelang, Sascha dazu zu bringen, seine Position als Anführer anzuerkennen, dann würden sie alles verlieren - diese Tatsache hatte selbst sie als Außenstehende begriffen.
»Ich liebe dich«, sagte sie leise. »Aber wenn du jetzt nicht sofort dafür sorgst, dass hier Ruhe herrscht, damit wir endlich nach Hause gehen können, dann bist du wirklich in großen Schwierigkeiten. Da hilft dir auch dein treuer Hundeblick nicht.«
David blinzelte verwirrt. »Hundeblick?«
Widerwillig löste er sich von Meta und trat auf Sascha zu, der ihn betont kühl musterte. Doch das angriffslustige Funkeln in seinen Augen und die angespannte Körperhaltung verrieten den Sturm, der in ihm tobte. Davids Wolf, der nach wie vor unter dem Eindruck derVereinigung stand, zuckte bei dieser Drohung unvermittelt zusammen. Offensichtlich fiel es ihm schwer, sich bereits der nächsten Herausforderung zu stellen. David ging es da nicht anders.
»Ich will mir die Frau ansehen«, sagte Sascha, wobei er jedes Wort hervorpresste. »Ich will wissen, wozu sie in der Lage ist und ob ich auch einen Anspruch auf sie erheben kann.«
Eine Zeit lang stand David schweigend da, in den Anblick seines Gegenübers vertieft. Die Spannung zwischen den beiden Männern war in der ganzen Arena spürbar und sorgte dafür, dass ein jeder sich unbehaglich regte. Es war David, der sich als Erster rührte. Er steckte die Hände in die Hosentaschen, wobei er kurz das Gesicht verzog, da die Bisswunde im Oberarm ihm einen unerwarteten Stich versetzte. Dann sagte er: »Nein.« Nicht sonderlich laut, aber doch so deutlich, dass nicht mal der Schneefall den Hall dämpfen konnte.
Sascha zuckte zurück, als habe Davids schlichte Zurückweisung ihm eine Wunde zugefügt. Ein verzerrter Zug legte sich um den Mund, während er seinen Wolf rief, um sein Gegenüber mit Gewalt gefügig zu machen. Aber sein Schatten formte nur für den Bruchteil eines Herzschlages die Silhouette eines Wolfes, dann verschwamm er wieder und kehrte zu seinem Hüter zurück. Ungläubig nahm der ihn mit aufgerissenen Augen auf. Anstatt dem Ruf seines Hüters zu folgen, hatte sich auch Saschas Wolf dazu entschieden, sich zu unterwerfen.
Doch offensichtlich reichte diese Niederlage nicht aus, um Saschas Siegermentalität zu brechen. David glaubte regelrecht zu hören, wie sich der Pulsschlag dieses machtgewohnten Mannes verlangsamte, bis er zu seiner alten Selbstsicherheit zurückgefunden hatte. Sich nachdenklich das Kinn reibend, ging er auf Maggie zu, die ihn abschätzend ansah.
»Hagen hat meine Machtposition infrage gestellt und dadurch das Wohlergehen der Rudel in dieser Stadt in Gefahr gebracht«, begann Sascha laut nachzudenken, während er in einem Abstand zu Maggie stehen blieb, den er mühelos würde überwinden können, wenn er es darauf anlegte. Falls Maggie sich allerdings gefährdet sah, ließ sie sich nichts anmerken. Auch ihr Rudel blieb gelassen. »Wir beide wissen nur allzu gut, welche Folgen es haben kann, wenn ein zu großes Ungleichgewicht entsteht. Deshalb haben wir zwei ja auch beschlossen, Hagen von diesem Burschen umbringen zu lassen. Wie es aussieht, haben wir trotz allem nichts dazugewonnen: Diese Frau kann den Wolf rufen, dadurch gefährdet ihre Existenz ebenfalls das Machtgefüge. Vor allem, wenn sie nur zu einem von uns gehört.«
Maggie schien nur mit halbem Ohr zuzuhören und unfassbarerweise mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Sie musste sich sogar räuspern, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. »Wie ich dir schon sagte, Sascha: Diese Frau gehört zu David. Außerdem glaube ich nicht, dass sie irgendein Machtgefüge durcheinanderbringt.Vielleicht würde sie das in deinen Händen tun, aber in denen ist sie ja glücklicherweise nicht.«
Sascha zog die Oberlippe hoch, als wolle er Maggie für ihre klaren Worte anknurren. »Solange ich nicht genau weiß, was sie ist und was sie hier heute Abend getan hat, erkenne ich Davids Führungsanspruch nicht an.«
»Vergiss es.« Obgleich Davids Ton gelassen war, galt ihm sofort die volle Aufmerksamkeit. »Ich habe Hagen zur Rechenschaft gezogen und die Führung des Rudels übernommen. Wenn du an der Rechtmäßigkeit Zweifel hegst, kannst du sie dir meinetwegen in den Arsch schieben.« Mit der Hand fuhr er sich durch sein zerzaustes Haar, dann über die geröteten Augen, als könnte er die Erschöpfung damit fortwischen. »Ich denke, wir sind quitt. Hagen, seine kranke Gier und kriegerischen Pläne sindVergangenheit. Es gibt also keinen Grund mehr, sich noch länger in Maggies Revier herumzutreiben. Das gilt für dein Rudel genauso wie für meins.Was Meta anbelangt: Wenn du zu ihr willst, musst du an mir vorbei. Und wie du eben so schön demonstriert hast, kannst du das nicht.«
»Im Augenblick vielleicht noch nicht«, knurrte Sascha. Damit wollte er kehrtmachen und zu seinem Rudel zurückkehren, doch als er an David vorbeigehen wollte, packte der ihn so schnell am Arm, dass Sascha überrascht einen Fluch ausstieß.
»Ich habe dieses ›Wer ist der bösere Wolf‹-Spielchen nicht veranstaltet, um deinen Ehrgeiz zu wecken. Die alte Ordnung hat ihren Sinn, da gebe ich dir Recht. Deshalb sollten wir sie beibehalten: Drei Reviere - drei Anführer, bis wir vielleicht eines Tages so weit sind, dass wir solche Grenzen nicht mehr brauchen.«
Eine Weile stand Sascha schweigend da, während die Anspannung um ihn herum wuchs. Dann flackerte ein listiges Lächeln auf, das er sofort wieder hinter einer ausdruckslosen Maske verbarg. »Gut«, sagte er gedehnt. »Dafür werde ich aber ein Pfand in der Hand behalten, damit du nicht vergisst, mich und mein Rudel ernstzunehmen.«
David legte den Kopf schief, dann verstand er. »Ich kann dir Jannik nicht überlassen«, sagte er, die Stimme plötzlich rau vor Widerwillen.
»Das brauchst du auch nicht.« Sascha klang beinahe vergnügt, als ihm bewusst wurde, wie gut sein Druckmittel funktionierte. »Schließlich habe ich ihn bereits.«
Den Sieg genießend, wollte Sascha sich abwenden, aber David verstärkte kurzerhand den Griff. Als Sascha erneut gezwungen war, stehen zu bleiben, ging ein aggressives Raunen durch sein Rudel, das sogleich von Davids Leuten erwidert wurde. Auch wenn keiner es wagte, die Reihen zu verlassen, so entstand dennoch ein Geraschel, als Muskeln angespannt und Beine in eine bessere Position gebracht wurden.
Unvermittelt trat Maggie zwischen die beiden Männer, und als sie Davids Arm vorsichtig herunterdrückte, sah es kurz so aus, als würde er es sich nicht gefallen lassen. Letztendlich wich er mit einem aufgebrachten Leuchten in den Augen zurück, während Sascha ihn mit einem dreisten Grinsen bedachte. Augenblicklich jaulte Davids Wolf auf und begann, aufgebracht umherzurennen, ohne allerdings den Versuch eines Angriffs zu unternehmen - Maggies Präsenz beeindruckte nicht nur seinen Hüter.
»Ich kann ihm Jannik auf gar keinen Fall überlassen. Nicht bloß, weil er zu meinem Rudel gehört, sondern weil er mein Freund ist.« Eindringlich sah David Maggie an, doch die lächelte ihn lediglich dünn an.
»Lass Sascha ziehen«, forderte sie ihn auf.
David schüttelte störrisch den Kopf. »Meta stellt für niemanden eine Bedrohung dar, außer er fordert es selbst heraus. Nur weil Sascha das nicht in den Kopf geht, werde ich nicht auf Jannik verzichten.«
Sascha gab ein verächtliches Schnaufen von sich, woraufhin David sich wütend zu ihm hinunterbeugte. Er war am Ende mit seiner Geduld, sein Körper schmerzte vor Überanstrengung und Müdigkeit, und er wollte sich endlich an Meta schmiegen und einschlafen. »Du wolltest mir Jannik wiedergeben, wenn Hagen tot ist, du verlogenes Dreckschwein. So war die Abmachung.«
Erneut schob sich Maggie dazwischen. »Lass Sascha gehen, vertrau mir.«
»Scheiße.« David presste die Augenlider zusammen, bis grelle Blitze aufleuchteten, dann trat er langsam einen Schritt zurück.
Sascha nickte lediglich zum Abschied und gesellte sich dann geradewegs zu seinem Rudel. Die Reihen öffneten sich, und er schritt die Treppen herauf, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Als er samt seinem Rudel die obersten Stufen erklomm, machte David Anstalten, ihm doch noch hinterherzujagen, aber bevor er auch nur einen Schritt tun konnte, prallte er gegen eine mentale Mauer. Fluchend wirbelte er herum und starrte Maggie wutentbrannt an. Die jedoch blinzelte ihm verschwörerisch zu. Verwirrt hielt David inne. Einen Moment später hatte sich das letzte von Saschas Rudelmitgliedern auf die Mauer hochgezogen und verschwand in der Dunkelheit.
»Maggie...«, knurrte David drohend, kam aber nicht weiter. Burek, der bislang tapfer an Metas Seite ausgeharrt hatte, flitzte mit einem freudigen Bellen ins Innere der Arena. David zögerte nicht, sondern folgte dem Hund. Seine Wut war mit einem Schlag vergessen. Fast rannte er in den Schatten, der unter zahlreichen Liebesbekundungen den sich wild auf dem Boden räkelnden Burek durchkraulte.
»Na, du Kläffer. Hast du genau so eine schöne Zeit gehabt wie ich?« Trotz der Platzwunde auf seiner Lippe schenkte Jannik seinem Hund ein Grinsen, aus dem, als er den sprachlosen David neben sich bemerkte, ein Lachen wurde. Mit steifen Bewegungen stand Jannik auf und nahm seinen Freund in die Arme.
David erwiderte die Umarmung, aber als Jannik schmerzerfüllt aufkeuchte, setzte er ein Stück zurück und musterte ihn gründlich. Auf dem Gesicht des Jungen zeigten sich Blutergüsse, die Unterlippe hatte gerade wieder zu bluten begonnen und an seinem Hinterkopf standen lediglich Überreste der einstigen Franseninsel ab. Was sich unter der mitgenommen aussehenden Kleidung verbarg, ließ sich nur erraten.Trotzdem konnte Jannik nicht aufhören zu grinsen.
»Diese verhärmte Kuh von Loreen steht drauf, wenn man auf den Knien vor ihr rumrobbt, als wäre man nichts weiter als ein widerspenstiger Köter, dem sie mal kräftig einen Einlauf verpassen muss. Mann, die habe ich vielleicht gefressen.« Dann zuckte er gleichgültig mit der Schulter und wandte sich den beiden abseitsstehenden Männern zu. »He, einer von euch riecht nach Tabak. Wie wäre es mit einer Zigarette für das befreite Entführungsopfer?«
Mit einem abfälligen Lächeln im Gesicht trat Tillmann vor und hielt Jannik eine Schachtel hin, aus der sich der Junge eine Zigarette fischte und sich zwischen die Lippen steckte. So stand er einen Augenblick da, dann hob er genervt die Augenbrauen. »Feuer?«
»Wie wäre es mit einem Bitte?«, erwiderte Tillmann, kramte aber in seinen Taschen, als Maggie sich gemeinsam mit Meta dazugesellte.
Meta starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Du?«, fragte sie mit bebender Stimme, David ignorierend, der ihr den Arm um die Hüfte legte.
»Ja, ich.« Obgleich Tillmann sich bemühte, gelassen zu wirken, huschte seine Zunge nervös über die Lippen. »Auf dem Weg hierher sind Jagau und ich im Wald über dieses Häufchen Elend und seine beiden Bewacher gestolpert.War ein leichtes Spiel. Sascha hat es nicht für nötig gehalten, schwere Geschütze zur Bewachung von dieser halben Portion aufzufahren.«
Jannik ließ ein wütendes Schnauben hören, das Tillmann jedoch nicht weiter beeindruckte. Er war vielmehr damit beschäftigt, sich möglichst rasch als Retter darzustellen, damit Meta nicht noch einmal auf die Idee kam, seinen Wolf zu rufen und ihn damit an ihre Leine zu legen. Einmal diese Erfahrung gemacht haben zu müssen, reichte Tillmann vollauf.
»Vermutlich wollte er einfach nur nicht auf seine fähigen Leute verzichten, als er in die Arena eindrang«, sagte David beschwichtigend, das Gesicht in Metas Haare geschmiegt. Dabei gab er ein zufriedenes Grollen von sich, von dem man nicht genau sagen konnte, ob es aus seinem Brustkorb kam oder dem Wolf gehörte. »Ein Glück, dass es den Wachen nicht gelungen ist, Sascha einen Hilferuf zu senden.«
»Das kommt davon, wenn man sich ausschließlich auf seinen Gegner konzentriert und keine Kraft mehr übrig hat, um mit seinem Rudel zu kommunizieren, ihr beiden Einzelkämpfer«, spottete Maggie.
»Im Gegensatz zu dir?«, hakte David nach.
»Glaub mir, von mir kannst du noch eine Menge lernen. Ein Rudel zu führen, bedeutet auch, den Weg mit ihm zusammen zu gehen.« Maggie warf einen müden Blick auf die langsam verlöschenden Feuer. »So, aber für heute reicht es mit den Lektionen, finde ich. Du bist weiterhin mein Gast, David.Also tu, was du willst. Ich geh mit meinen Leuten jetzt nach Hause. Es ist schweinekalt hier.« Mit diesen Worten setzte sie sich in Bewegung, und als David ihr ein verdutzt klingendes Dankeschön hinterherrief, hob sie lediglich die Hand, ohne sich umzudrehen.
»Nach Hause klingt gut«, sagte Meta, deren Beine mit einem Schlag so schwer wurden, dass sie sich kaum noch aufrechthalten konnte. David warf ihr einen zögerlichen Blick zu, als sei er sich nicht ganz sicher, was sie damit meinte. Meta verdrehte die Augen. »Du kommst mit zu mir. Oder glaubst du etwa, ich hätte diese Hölle durchwandert, um dich anschließend fortzujagen? Wir schlüpfen unter eine Decke und wärmen uns gegenseitig - war das jetzt deutlich genug?«
Da erst lachte David befreit auf, und in Metas Ohren klang es so warm und anziehend, dass sie die Augen schloss.