Kapitel 12
Streifzug
David lag auf der Seite, den Kopf in der Beuge seines angewinkelten Arms, eine Hand auf dem verschwitzten Laken. Zu gern hätte er die Decke gestreichelt, unter der sich Metas Rücken und die weichen Wölbungen ihres Pos abzeichneten. Sie döste auf dem Bauch liegend, die Arme unterm Oberkörper verschränkt wie ein schlafendes Kind.
Aber David hielt sich zurück. Solche liebevollen Gesten wollten nicht recht zu der rauen Leidenschaft passen, mit der sie sich in dem Hauseingang und anschließend in seinem Bett geliebt hatten. Da war kein Platz für Zärtlichkeiten gewesen, zu sehr hatte das Bedürfnis ihrer Körper nach Vereinigung und rascher Befriedigung gedrängt. Nicht, dass sich David an dieser Hastigkeit gestört hätte, aber es fiel ihm jetzt ausgesprochen schwer, Meta einfach nur zärtlich zu berühren, ohne sie zu erregen. Er befürchtete, dass eine solche Geste falsch verstanden oder - viel schlimmer noch - zurückgewiesen wurde.
Doch David wollte sich nicht in Grübeleien verlieren, sondern der angenehmen Leere hingeben, die mit der Befriedigung einherging. Er versuchte, es Meta gleichzutun, und schloss die Augen. Draußen fiel immer noch prasselnd der Regen nieder, schlug gegen die Fensterscheiben. Er erinnerte ihn daran, wie wunderbar Metas Haut geduftet hatte, als er ihr das nasse Kleid ausgezogen hatte. Kalt und glatt hatte sie sich angefühlt, bevor sie einen Augenblick später mit Hitze überzogen gewesen war.
David versuchte erneut, sich auf den fallenden Regen zu konzentrieren, aber das tiefe, leicht wunde Pochen in seinem Körper ließ das nicht zu.Was für ein Zufall es doch gewesen war, dass er Metas Fährte an diesem Mittag unweit seiner Wohnung aufgespürt hatte. Während er mit geschlossenen Augen dalag, ließ er die Geschehnisse der letzten Nacht Revue passieren.
Nach einer für alle Beteiligten unangenehmen Taxifahrt drückte er einem verstört dreinblickenden Fahrer ein paar Banknoten in die Hand. Immer noch ganz benommen, geleitete er die junge Frau in das Palais und fiel prompt Amelia in die Hände.
»Gehört sie dir?«, fragte Amelia mit einem anzüglichen Lächeln und legte dabei eine Fingerspitze auf den Amorbogen ihrer schön geschwungenen Oberlippe.
David hätte gern ihre Hand fortgewischt. Die verspielte Geste ärgerte ihn, dafür kannte er die Vorlieben von Hagens Gefährtin zu gut. Aber auch genau aus diesem Grund unterließ er es. Amelias zierliche Gestalt, von der eine verwirrende Sinnlichkeit ausging, war nicht die ausschlaggebende Größe bei einem Kräftemessen. Sie stand aus gutem Grund an Hagens Seite, denn sie war ihrem Anführer in vielerlei Hinsicht gewachsen. Doch während es bei Hagen seine unberechenbare Ader und seine unvermittelt ausbrechenden Wutanfälle waren, vor denen sich das Rudel fürchtete, so verfügte Amelia über zwei Gesichter, was fast noch beunruhigender war. In einem Moment konnte sie zuckersüß sein und einen im nächsten bis aufs Blut demütigen. Hagen neigte zur Brutalität, Amelia dagegen ging bei ihren Ausfällen mit einer Raffinesse vor, die mehr auf die Erniedrigung als auf die Unterwerfung ihrer Opfer abzielte.
Darum wog David seine Worte auch sorgsam ab, bevor er antwortete: »Ich habe das Mädchen nur hierhergebracht.« Als Amelia enttäuscht die Lippen schürzte, fügte er hastig hinzu: »Nathanel wollte das so.«
»Und was will Nathanel, das du mit ihr anstellst?« Mit diesen Worten strich Amelia der jungen Frau das Haar aus dem Gesicht. Einen Augenblick lang sah es so aus, als hätte das Mädchen ihr am liebsten in die Hand gebissen. Doch bei Amelia überlegte man es sich zweimal, ob man sich wirklich mit ihr anlegen wollte, das begriff selbst diese Fremde instinktiv.
»Ich passe auf sie auf, bis Nathanel zurück ist. Dann gehe ich.«
»Wenn du mich fragst, solltest du bleiben. So eine hübsche Beute lässt man nicht einfach aus den Augen.« Erneut schenkte Amelia ihm ein Lächeln, das nichts Freundliches enthielt. Es erinnerte David eher an eine höhnische Tierfratze.
Bevor man ihm seine Gedanken ansehen konnte, senkte er den Blick und ging mit der jungen Frau, die sich auffällig dicht in seinem Schatten hielt, in eins der abgelegenen Zimmer. Das Mädchen begutachtete kurz ihre wunden Füße, dann schlief sie auf einem Deckenlager ein. David setzte sich mit dem Rücken gegen die Tür und versuchte, seine Müdigkeit zu vergessen. Stunden später tauchte endlich ein erschöpft aussehender Nathanel auf und entließ David mit einer Geste in den anbrechenden Tag.
»Tut mir leid, dass du so lange auf mich warten musstest, aber ich habe Jannik noch zu seinem Köter begleitet. Bin mir nicht ganz sicher, aber als wir vor Ruths Tür standen, hat es irgendwo in den Schatten geknurrt. Mathol dürfte wegen meines Escort-Dienstes ziemlich angefressen sein, er lässt sich nicht gern um seinen Spaß bringen.Vielleicht solltest du deinem kleinen Freund in den nächsten Tagen Gesellschaft leisten, würde euch beiden guttun«, sagte Nathanel mürrisch.
»Danke!« Tatsächlich war seine Sorge um Jannik immer größer geworden, während er Stunde um Stunde gewartet hatte. Vor Erleichterung schlug er gegen die Wand. Bei dem knallenden Geräusch stöhnte die junge Frau im Schlaf auf, so dass David schuldbewusst zusammenzuckte. Er hätte gern erfahren, was mit ihr geschehen sollte.Aber ein Blick auf Nathanels Gesicht hatte ausgereicht, um ihm klarzumachen, dass er von diesem Mann erst einmal keine weiteren Gefälligkeiten mehr zu erwarten hatte. Deshalb verließ er hastig das Palais, darauf bedacht, niemandem über den Weg zu laufen.
Für gewöhnlich hielten sich die Rudelmitglieder im Palais auf. Oder, wenn man Hagens Wege nicht unnötig kreuzen wollte, in einem der angrenzenden Häuser. Um sich bei Laune zu halten, erzählten sie sich gegenseitig Geschichten. Nun, es waren tatsächlich Geschichten - wenn auch immer dieselben -, denn die meisten Rudelmitglieder führten ein zurückhaltendes Leben. Trotzdem drehten sich die meisten Gespräche um übermenschliche Kräfte, kaum bezwingbare Triebe und die Macht, die einem der eigene Schatten verlieh. Wenn er es denn tat … Die meisten Wolfsdämonen waren schlicht nicht zu viel zu gebrauchen. Eigentlich besteht ein Großteil des Rudellebens im grimmigen Beisammensein, dachte David nüchtern. Er konnte diese erzwungene Nähe und das Hierarchiedenken nicht ausstehen, obgleich auch sein Wolf ihn in die Nähe des Rudels drängte. Davids Distanziertheit war eine Eigenart, die von einigen bewundert, von anderen mit Skepsis beäugt wurde. Der von Natur aus gesellige Jannik hatte dafür wenig Verständnis. Zwar reichte ihm in der Regel Davids Gegenwart, aber wenn dieser seine Wohnungstür hinter sich zuzog, lief Jannik mit seinem getreuen Burek geradewegs zum Palais oder zu einem der nahe gelegenen Verschläge.
Dabei hatte es anfangs danach ausgesehen, als gestehe der Anführer David keinen Rückzugsort zu. Allein seine Anfrage hatte damals einen Zornausbruch ausgelöst. Um sich abzukühlen, war Hagen derart aus dem Palais gestürmt, dass selbst der zu der Zeit noch vor Gesundheit strotzende Nathanel seine liebe Mühe hatte, Schritt zu halten. Dass ausgerechnet dieser Mann Hagen gefolgt war, hatte David Hoffnung gegeben, und er war den beiden Männern wie ein junger Hund hinterhergelaufen. Wenn Hagen seinen Wunsch nach einer eigenen Bleibe, mehrere Straßen vom Lager des Rudels entfernt, abgeschmettert hätte, hätte er nicht gewusst, wie es weitergehen sollte.
»Keine Ahnung, warum ich mich mit diesem Schwachsinn rumplagen muss.« Im Vorübergehen hatte Hagen sich einen Apfel von einem Obststand geschnappt und hineingebissen. »David steht doch in der Rangordnung ganz unten. Eigentlich sollte er vor Glückseligkeit vor mir auf dem Boden robben, weil ich ihn in meiner Nähe dulde. Ein Zimmer im Palais auszuschlagen … dieser kleine Scheißer.« Ohne innezuhalten, hatte Hagen sich umgedreht und die Apfelreste nach David geworfen.
»Du hast ihn in unser Rudel geholt, obwohl du seinen Lebensweg genau kennst«, hatte Nathanel dagegengehalten. »Der Junge ist vollkommen verblendet von Convinius’ Lehren. Es braucht vermutlich seine Zeit, bis er die Nähe des Rudels rund um die Uhr ertragen kann.«
Hagen war so abrupt stehen geblieben, dass David fast in ihn reingelaufen wäre. »Weil Convinius ein Schwachkopf war, soll ich seinem Welpen jetzt Narrenfreiheit gewähren, anstatt ihn hart ranzunehmen? Das ist ein Scheißrat von dir.«
Nathanel hatte bloß mit den Schultern gezuckt. »Du bist der Chef.Aber manchmal ist die lange Leine die wirkungsvollere. Du kannst ihn natürlich auch brechen, aber wem nutzt er dann noch?«
Einige Tage lang hatte Hagen gegrollt, dann hatte David sich mit seinen Habseligkeiten in einer eigenen Wohnung einquartieren dürfen. Als er sich mit ein paar wenigen Worten für Nathanels Fürsprache bedankte, hatte der bloß geschnaubt.
»Ich will Ruhe im Rudel, und solange du wie im Käfig hin und her läufst, ist das kaum möglich. Tu mir einen Gefallen und sieh zu, dass du mit deinem Wolf klarkommst. Nochmal wird Hagen sich nämlich nicht so leicht von seiner Fährte abbringen lassen.«
David hatte stumm genickt, obgleich er die lapidare Erklärung nicht geglaubt hatte. Und das hatte sich im Laufe der Zeit auch nicht geändert. Vielmehr hatte sich der Verdacht bestätigt, dass Nathanel ahnte, wie wenig Davids Fähigkeiten seinem niedrigen Rang entsprachen. Und das, obwohl David einen Großteil seiner Kraft darauf verwendete, seinen in die Welt drängenden Wolf unter Verschluss zu halten.
Erleichtert trat David aus dem Palais und atmete die Morgenluft ein, froh, die Verantwortung für die junge Frau abgegeben zu haben. Angelockt von der frischen Luft, zwängte sich der Wolf hervor, und mit einem Mal war alles um David herum ein einziges flirrendes Gemälde aus unzähligen Fährten. Und jede einzelne davon erzählte eine eigene Geschichte. Einige lockten, andere leuchteten glühend rot wie eine Warnung. Aus Klängen wurden Farben, aus Gerüchen eine ertastbare Spur, und die klaren Formen der Welt lösten sich wie ein zu Boden gefallenes Puzzle auf. Wie immer war David sich nicht sicher, ob er das heillose Durcheinander genießen oder sich dieser anderen Welt, die ihm der Dämon offenbarte, entziehen sollte.
Ausgerechnet sein Wolf war sehr lebhaft und ließ keine Gelegenheit verstreichen, seinen Hüter auf die ungenutzten Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Warum das so war, hatte David noch nie verstanden. Gerade er, der doch darauf gedrillt worden war, den Dämon stets zu unterdrücken. Erst seit er unter Hagens Führung lebte, hatte David begriffen, dass nicht jeder Wolf dazu bestimmt war, an Stärke zu gewinnen. Die meisten Wölfe im Rudel zeichneten sich durch ein unterwürfiges Naturell aus, so wie bei Jannik. Von Hagen und seinen Getreuen abgesehen, gelänge es den meisten Dämonen niemals, einen der höheren Ränge im Rudel zu bekleiden, denn sie zeigten nur selten das Verlangen, sich zu behaupten. Sie kauerten in den Höhlen, die ihre Hüter für sie waren, und solange ein starker Anführer sie leitete und sie an seinem Leben teilhaben ließ, waren sie zufrieden. Es waren die Menschen, die sich nach einem kraftvolleren Dämon sehnten, die sich von Taten erzählten, die sie so niemals vollbracht hätten. Es war ja nicht so, dass David diesen Hang zum Geschichtenerzählen nicht verstehen konnte. Aber der Stolz, den die Rudelmitglieder für ihren Dämon hegten, war ihm fremd.
Für gewöhnlich gönnte David dem Dämon eine Zeit lang seinen Blick auf die Welt, dann konzentrierte er sich wieder auf seine menschliche Wahrnehmung. Stets war er darauf bedacht, dem Wolf nicht zu viel Freiraum zuzugestehen, auch wenn es sie beide schmerzte. Kurz schloss er darum die Augen und raubte dem Wolf somit den Blick auf die Welt. In der Vergangenheit hatte er die Erfahrung machen müssen, dass er sich dem Dämon immer mehr annäherte, je länger er die Wolfssicht beibehielt. Obwohl dieser Berührung etwas durchweg Angenehmes innewohnte, misstraute David ihr. Zu lange hatte er sich Convinius’ Ansichten über den Wolfsdämon anhören müssen, um nicht eine instinktive Abneigung zu hegen, wenn der Wolf mit ihm verschmelzen wollte. Allerdings ließ sich die dämonische Wahrnehmung niemals vollends ausblenden, sie lag wie ein durchscheinender Film über allen Dingen.
Nachdem David das Palais hinter sich gelassen hatte, sprang ihn im stets präsenten Gewühl der Fährten von Menschen, Tieren und sonstigen vielfältigen Eindrücken eine Spur regelrecht an, so vertraut war sie ihm.Vor einigen Wochen schon hatte er sie verfolgt, sich so sehr auf ihren schwachen, kaum noch wahrnehmbaren Ausläufer konzentriert, bis er sie inund auswendig zu kennen glaubte. Metas Fährte zu folgen, das war, als ob er ein komplexes Gemälde Schicht für Schicht wieder freilegte, bis nur noch ein einzelner Pinselstrich auf der Leinwand zurückblieb. Und sein Wolf war ihm dabei so behilflich, dass David das eine oder andere Mal angehalten hatte. Doch entgegen seiner Befürchtung wollte der Wolf ihn niemals zu einer Jagd anstiften.Vielmehr kam es ihm so vor, als teilte der Dämon seine Sehnsucht nach dieser einen Frau.
Metas Fährte war an diesem Morgen von einer solchen Deutlichkeit, dass es ihm fast den Verstand raubte. Der Schrecken der letzten Nacht, als er einen Moment lang in der namenlosen Fremden eine von seinem Rudel gestellte Meta erkannt zu haben glaubte, saß ihm noch in den Knochen.Auch der Blick, den Meta ihm in der Galerie zugeworfen hatte, der verächtliche Zug um ihren Mund, war ihm ausgesprochen lebhaft in Erinnerung geblieben. Dass sie nun seinetwegen in dieser Gegend war, konnte er nicht erwarten, oder doch? Denn was trieb sie hier? Einerseits wollte er dieser Frage nur allzu gern nachgehen, andererseits wollte er sich eine weitere Zurückweisung ersparen. Die letzten Wochen waren auch so hart genug gewesen, die feixenden Bemerkungen und die Fragerei, wann er wohl mal wieder zum Zug kommen würde, hatten Spuren hinterlassen.
Während er sich noch zu einer Entscheidung durchzuringen versuchte, übernahm sein Körper das Kommando, und er hastete durch die Straßen. In dem Moment, als Meta unvermittelt ihre Arme um seinen Nacken schlang, wich auch der letzte Rest Vernunft. Nun, zumindest die anzüglichen Sprüche gehörten jetzt sicher nicht so schnell der Vergangenheit an.
Das schlechte Gewissen ließ David die Augen aufreißen. Mit seinem Unvermögen, Gefühle und Gedanken von Bedeutung zu verbergen, hatte er Meta den gierigen Blicken seines Rudels ausgeliefert. Er hatte sie zum Allgemeingut einer johlenden Horde gemacht. Ein jeder, der in der Rangordnung über ihm stand - und das taten offiziell fast alle -, hatte miterleben können, wie es war, diese Frau zu lieben.
Mit einem Stöhnen setzte David sich auf der Matratze auf und fuhr sich verzweifelt mit den Händen durchs Haar. Neben ihm rührte sich Meta und warf ihm einen schlaftrunkenen Blick zu. »Alles in Ordnung?«, fragte sie, ohne das Gesicht vom Kissen zu heben.
»Soll ich dir etwas aus der Küche mitbringen, einen Kaffee vielleicht?« David schob die Decke zur Seite und sah zu, dass er aus ihrem Blickfeld kam, bevor sie die Schamesröte auf seinem Gesicht entdeckte.
»Gern«, hörte er sie noch antworten, doch es klang nicht sehr dringlich.
In der Küche ging David einige Male auf und ab, und zum ersten Mal ärgerte er sich über die Beengtheit seiner Wohnung. Er konnte es einfach nicht fassen, dass er sich so hatte gehenlassen. Es gab einen Grund dafür, warum die meisten aus seinem Rudel sich nicht auf Liebesgeschichten einließen. Für sie alle gab es keine wahre Zweisamkeit. Oder zumindest war David nicht bereit, den Preis zu zahlen, den sein Wolf dafür fordern würde: den Preis, endlich in der Rudelordnung aufzusteigen.
Stirnrunzelnd blickte David zum Bett, auf dem sich Metas Silhouette unter der Decke abzeichnete. Über ein paar triebgesteuerte Nummern mochte Hagen schief lächeln und Amelia den Rücken streicheln. Aber sollte mehr daraus werden...
Ja klar!, spottete eine Stimme in David. Die Prinzessin auf deinem Lager ist sicherlich ganz entzückt, wenn du sie ins Kino und anschließend zum Asiaten um die Ecke einlädst, dessen Billigfraß nicht einmal Jannik ohne Zuckungen herunterbekommt.
In Gedanken versunken, machte David sich an der Kaffeemaschine zu schaffen und durchforstete den Kühlschrank, während das Wasser aufkochte. Er fand ein altes Stück Pizza, eine braun gefleckte Banane und ein Packet Hackfleisch, von dem er nicht wusste, wie es in seinen Kühlschrank geraten war. Nachdem er alle Schränke abgesucht hatte, fand er schließlich eine Packung Hundekekse und eine Tafel Schokolade, die er wohl einmal für Jannik gekauft und vergessen hatte.
Mit zwei Bechern Kaffee und der Schokolade kehrte David schließlich ins Schlafzimmer zurück, wo Meta gegen die Wand gelehnt auf dem Bett saß. Sie hatte sich ihr zerwühltes Haar glattgestrichen und die Decke sorgfältig um die Brust gewickelt, so dass sich David seiner Nacktheit mit einem Mal sehr bewusst wurde. Der Blick, mit dem sie ihn musterte, machte das Ganze nicht unbedingt einfacher. Zumindest schien ihr zu gefallen, was sie sah. David schaute sie herausfordernd an, und sie schenkte ihm ein Lächeln, das ihm ein Kribbeln über den Rücken jagte.
Er setzte sich auf den Rand der Matratze und stellte die beiden Becher auf den Boden. Dann hielt er die Schokoladentafel hoch. »Eine Portion Zucker ist jetzt bestimmt nicht verkehrt«, sagte er, als Meta skeptisch die Lippen aufeinanderpresste.
Nach einigem Zögern sagte sie: »Wahrscheinlich hast du Recht.«
Während sie umständlich die Silberfolie abwickelte, trank David einige Schlucke Kaffee und fragte sich, wie es nun weitergehen sollte. Meta widmete ihre Aufmerksamkeit der Schokolade und schien den nackten Mann an ihrer Seite vollkommen vergessen zu haben. Verstohlen betrachtete David die Rundungen ihrer Schultern, die helle Haut, die sie so verletzlich aussehen ließ, und die sanfte Rötung, mit der ihr Dekolleté immer noch überzogen war. In einem Anflug von Erregung wandte er sich ab und blickte in seinen leeren Becher.
»David?« Metas Stimme klang eine Spur zu zurückhaltend für eine Frau, die vorhin noch voller Leidenschaft gewesen war. Einen schrecklichen Moment lang glaubte er, dass sie seine Erregung bemerkt hatte und ihm nun erklären würde, dass sie losmüsse. Automatisch verspannten sich seine Schultern.
»Ich wollte mich für das Bild bedanken, das du mir geschenkt hast. Das war wirklich … Ich habe mich sehr darüber gefreut.«
David stellte den Becher ab und versteckte sein erleichtertes Lächeln hinter seinen Händen. Meta rutschte von hinten an ihn heran und begann, seinen Nacken mit Küssen zu bedecken. Dabei mieden ihre Lippen die Blutergüsse, die Mathols brutaler Griff hinterlassen hatte, wie auch die Narben auf seinen Schulterblättern. Doch Meta war sich dessen wohl gar nicht bewusst, denn ihre Hände gingen bereits auf Erkundungstour.
»Brauchst du vielleicht auch noch ein wenig Zucker?«, fragte sie sanft. Sie fand ihre Antwort, bevor David etwas erwidern konnte.