11

»Georgia! Shaun! Ich freue mich so, euch zu sehen!« Emily Ryman kam mit weit ausgebreiteten Armen auf uns zu, mit einem Lächeln im Gesicht, das bis über beide Ohren reichte. Ich schaute zu Shaun, der vortrat und sich von ihr umarmen ließ, womit er ihr gleichzeitig den Weg zu mir versperrte. Ich mag keinen Körperkontakt mit entfernten Bekannten, und Shaun weiß das.

Falls Emily unsere taktische Positionierung auffiel, sagte sie nichts dazu. »Bei den Berichten, die du immer bringst, kann ich nie ganz glauben, dass du noch lebst, du dummer, dummer Junge.«

»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Emily«, sagte Shaun und erwiderte ihre Umarmung. Ihm fällt so etwas viel leichter als mir. Ich schiebe es darauf, dass er zu den Leuten gehört, die die Hand eher in ein dunkles, gruseliges Loch stecken, als einen großen Bogen darum zu machen. »Wie lief’s bei dir?«

»Geschäftig wie immer. Das Abfohlen hat uns auf Trab gehalten, aber nun ist die Saison Gott sei Dank beinahe rum. Ich habe dieses Jahr zwei gute Stuten verloren, und keine von beiden ist hier auf dem Gelände wiederauferstanden, da glücklicherweise Hilfe zur Stelle war.« Emily löste sich nach wie vor lächelnd von Shaun und streckte mir ihre Hand entgegen. Keine Umarmung, nur ihre Hand. Ich nickte zufrieden und schüttelte sie. Ihr Lächeln wurde breiter. »Georgia. Ich kann dir gar nicht oft genug für deine Berichterstattung über den Wahlkampf meines Mannes danken.«

»Das war ich nicht allein.« Ich zog meine Hand zurück. »Es gibt eine Menge Reporter, die den Senator im Blick behalten. Man sagt, dass er heute Abend von seiner Partei nominiert werden wird.« Die anderen Politikjournalisten witterten langsam »Weißes Haus« im Wasser und sammelten sich wie Haie, die auf lohnende Beute hofften. Buffy verbrachte die Hälfte ihrer Zeit damit, von rivalisierenden Blogs platzierte Kameras und Mikrofone außer Gefecht zu setzen. Während der anderen Hälfte schrieb sie derbe Pornografie über die Mitarbeiter des Senators und hing mit Chuck Wong rum, der in letzter Zeit verdächtig viel Zeit in unserem Sendewagen verbrachte doch das ging nur Buffy etwas an.

»Ja, aber du bist die einzige Person, die ich kenne, die über ihn berichtet und nicht über irgendwas, das wegen seiner Kampagne aus der Versenkung auftaucht, oder über die angeblichen Affären seiner Mitarbeiter«, sagte Emily trocken. »Ich weiß, dass ich auf deine Worte vertrauen kann. Das hat mir und den Mädchen viel bedeutet, während Peter unterwegs war, und ab jetzt wird es noch sehr viel wichtiger werden.«

»Es war mir eine Ehre.«

»Was meinst du damit, ›es wird noch sehr viel wichtiger werden‹?«, fragte Shaun. »He, George, lernst du vielleicht endlich zu schreiben? Das wäre nämlich echt toll. Ich kann dich nicht ewig über Wasser halten, weißt du.«

»Unglücklicherweise hat die Sache nicht das Geringste damit zu tun, wie gut deine Schwester schreibt.« Emily schüttelte den Kopf. »Es geht allein um die Kampagne.«

»Ich verstehe«, sagte ich. Mit einem Blick in Shauns Richtung fuhr ich fort: »Sobald er die Nominierung annimmt vorausgesetzt, dass er nominiert wird , wird es ernst. Bis jetzt war das Ganze bloß ein etwas ungewöhnlicher Ferienausflug.« Nach den Nominierungen würden wir einem ernsthaften Wahlkampf entgegensehen. Es würde Debatten, harte Verhandlungen und lange Nächte geben, und Emily würde von Glück sagen können, wenn sie ihren Mann vor seiner Amtseinführung überhaupt noch einmal zu sehen kriegte. Vorausgesetzt, dass am Ende nicht alles für die Katz sein würde. Vorausgesetzt, dass er das Zeug dazu hatte, zu gewinnen.

»Genau«, sagte Emily, und ihre Miene nahm einen erschöpften Ausdruck an. »Der Mann kann froh sein, dass ich ihn liebe.«

»Bei Aussagen wie dieser wünschte ich, dass es nicht so weit her wäre mit meiner journalistischen Integrität, Emily«, sagte ich. Die Worte waren dezent, aber die Warnung war es nicht. »Du bist unzufrieden mit deinem Ehemann? Das ist O-Ton-Gold für beide politischen Lager.«

Sie hielt inne. »Du willst mir damit sagen, dass ich vorsichtig sein soll.«

»Ich will dir damit nur etwas sagen, was du bereits weißt.« Ich lächelte und wechselte zu einem Thema, bei dem ihr hoffentlich weniger unbehaglich zumute sein würde. »Kommen deine Töchter auch mit? Ich habe sie immer noch nicht kennengelernt.«

»Nicht zu so einer blöden Veranstaltung. Rebecca bereitet sich auf die Uni vor, und ich bringe es nicht übers Herz, Jeanne und Amber von den Fohlen zu trennen, bloß damit sie sich von ein paar Tausend völlig Fremden fotografieren lassen können. Wenn es sich hätte vermeiden lassen, wäre ich auch nicht hier.«

»Kann ich verstehen«, sagte ich. Der Job eines Kandidatenehepartners beim Parteitag ist einfach: Man muss rumstehen und dabei elegant und attraktiv aussehen, und man muss irgendwas Schlaues sagen, wenn einem jemand ein Mikrofon ins Gesicht hält. Für seine Familie bleibt einem dabei nicht besonders viel Zeit, oder dafür, die eigenen Kinder vor Reportern zu beschützen, denen es nach einem saftigen Skandal gelüstet. Was bei einem Parteitag geschieht, ist offiziell, sobald die Presse es herausfindet. Emily tat das Richtige. »Macht es dir etwas aus, wenn ich später auf ein Interview vorbeikomme? Ich verspreche, das Thema Pferde nicht anzusprechen, wenn du versprichst, dass du mir nichts Schweres an den Kopf wirfst.«

Emilys Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. »Liebe Güte. Peter hat keinen Witz gemacht, als er meinte, dass du anlässlich des Parteitags besonders großmütig wärst.«

»Sie spart sich die Gemeinheiten für ihr Interview mit Gouverneur Tate auf«, sagte Shaun.

»Er hat sich zu einem Interview bereit erklärt?«, fragte Emily. »Peter meinte, dass er dich seit den Vorwahlen hinhält.«

»Eben deshalb hat er sich letztlich einverstanden erklärt«, antwortete ich und machte dabei keinen Hehl aus meiner Verärgerung. »Bis jetzt hat er mich übergehen können. Ich meine, was hätte ich schon über den Mann sagen sollen? ›Gouverneur Tate ist so sehr mit dem Versuch beschäftigt, gewählt zu werden, dass er keine Zeit hat, sich mit einer Frau hinzusetzen, die seinen Konkurrenten innerhalb der Partei offen unterstützt‹? Nicht gerade ein vernichtendes Urteil. Jetzt sind wir beim Parteitag, und wenn er mit allen außer mir redet, sieht es nach Zensur aus.«

Emily musterte mich einen Moment lang. Dann trat langsam ein Lächeln auf ihre Lippen. »Also wirklich, Georgia Mason, ich glaube, du hast den armen Mann in die Falle gelockt.«

»Nein, Ma’am, ich habe lediglich eine journalistische Standardvorgehensweise angewendet«, sagte ich. »Er hat sich selbst ein Bein gestellt.«

Ein Exklusivinterview sechs Wochen vor dem Parteitag hätte noch so gut werden können wenn ich ihn nicht gerade dazu gebracht hätte, mir einen Sexskandal oder Drogenmissbrauch zu gestehen, dann hätte er es in der Versenkung verschwinden lassen oder sich davon freikaufen können, und sein strahlend reiner Ruf als »Vorkämpfer der religiösen und konservativen Rechten« wäre dadurch nicht getrübt worden. Senator Ryman ist gemäßigt mit einer Tendenz zum Liberalismus, trotz seiner starken Bindung an die Republikaner. Gouverneur Tate dagegen steht so weit rechts, dass er fast am Rand runterfällt. Wenige Leute sind dazu bereit, sich heutzutage sowohl für die Todesstrafe als auch für die Revidierung von Roe vs. Wade einzusetzen, doch er tut genau das, und nebenbei spricht er sich für eine Lockerung von Masons Gesetz aus, das den Betrieb von familiengeführten Farmen in einem Umkreis von hundertfünfzig Kilometern um Großstädte untersagt, und für eine strengere Auslegung des Raskin-Watts-Urteils. Unter seiner Regierung wäre der Besitz einer Kuh in Albany kein Verbrechen, aber es würde als Terrorhandlung eingestuft, wenn man versucht, dem Opfer eines Herzanfalls das Leben zu retten, bevor man einen umfassenden Bluttest durchgeführt hat. Ob ich ein wenig Zeit allein mit ihm verbringen wollte, um bei laufender Kamera herauszufinden, eine wie tiefe Grube er sich graben konnte, wenn man ihn mit den richtigen Fragen konfrontierte?

Aber hallo!

»Wann findet das Interview statt?«

»Um drei.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. »Genau genommen wäre es mir eine große Hilfe, wenn du den Rest des Weges allein mit Shaun gehen könntest, falls es dir nichts ausmacht. Ich muss langsam hinmachen, wenn ich den Gouverneur nicht warten lassen will.«

»Ich dachte, du willst den Gouverneur warten lassen«, sagte Shaun.

»Ja, aber es muss mit Absicht sein.« Wenn ich ihn absichtlich warten ließ, zeigte ich mich als Strategin. Wenn ich ihn warten ließ, weil ich nicht genug Zeit für den Weg zu seinem Büro eingeplant hatte, war das schlampig. Man sagt mir so einiges nach seit dem Artikel, in dem ich Wagman als »aufmerksamkeitsheischende Prostituierte, die beschlossen hat, sich mit einem Pole-Dance auf der Verfassung ein bisschen Kleingeld zu verdienen« bezeichnet habe, steht »Miststück« ganz oben auf der Liste der Bezeichnungen, mit denen man mich tituliert aber Nachlässigkeit gehört nicht dazu.

»Natürlich«, sagte Emily. »Danke, dass du hier rausgekommen bist, um dich mit mir zu treffen.«

»Es war mir ein Vergnügen, Mrs Ryman. Shaun, bitte zieh die nette potenzielle First Lady nicht in irgendwelche Spielereien mit Toten rein, bevor du sie an den Sicherheitsdienst übergibst.«

»Nie hat man seinen Spaß«, brummte Shaun im Scherz und hielt Emily seinen Arm hin. »Wenn du mich begleiten würdest, ich denke, ich kann dir eine absolut öde, langweilige und ereignislose Reise von Punkt A nach Punkt B versprechen.«

»Das klingt wundervoll, Shaun«, sagte Emily. Ihr Sicherheitsteam drei kräftige Herren, die wie alle anderen Sicherheitsleute auf dem Parteitag aussahen folgten Shaun und ihr durch den Korridor.

In der E-Mail mit der Bitte um ein Treffen hatte sie geschrieben, dass sie an einem der Lieferanteneingänge eintreffen würde und nicht durch die VIP-Tür. »Ich möchte der Presse aus dem Weg gehen«, war ihre leider nur allzu verständliche Begründung, auch wenn es sich dabei um ein hoffnungsloses Unterfangen handelte. Trotz der abfälligen Bemerkungen einiger meiner Kollegen sind ich und mein Team nicht die Schoßhündchen dessen, was hoffentlich einmal die Regierung Ryman sein wird. Wenn unser Kandidat Mist baut, sind wir doppelt so kritisch wie der Rest, weil wir ganz ehrlich mehr von ihm erwarten. Er ist unser Kandidat. Ob er nun gewinnt oder verliert, er gehört zu uns. Und wie jeder stolze Vater oder jeder gierige Aktionär wollen wir, dass unsere Investition es über die Ziellinie schafft. Wenn Peter voll ins Klo greift, dann stecken Shaun, Buffy und ich mit in der Scheiße, und wir werden genau dorthin zeigen, wo es stinkt und den Leuten sagen, dass sie ihre Kameras mitbringen sollen aber wenn er gewinnt, dann gewinnen auch wir. Wir haben kein Interesse daran, den Senator in Verlegenheit zu bringen, indem wir seine Familie bedrängen oder sie allzu sehr ins Rampenlicht zerren.

Ein Beispiel: Vor drei Jahren ist Rebecca Ryman bei einem Springreitturnier auf der Wisconsin State Fair vom Pferd gefallen. Damals war sie fünfzehn. Ich verstehe nicht, was die Leute am Springreiten finden große Säugetiere haben mich noch nie besonders interessiert, und ich habe umso weniger für sie übrig, wenn man Jugendliche auf sie draufsetzt und ihnen beibringt, über Hindernisse hinwegzusetzen , deshalb weiß ich nicht, was passiert ist, außer dass das Pferd sich vertreten hat und Rebecca runtergefallen ist. Ihr ist nichts passiert. Das Pferd hat sich das Bein gebrochen und musste getötet werden.

Beim Gnadenschuss gab es keine Probleme. Wie bei großen Säugetieren wurde er mit einem Bolzenschussgerät in die Stirn abgegeben, gefolgt von einem Stilettstich in die Wirbelsäule. Niemand hatte zu leiden außer dem Pferd, Rebeccas Eitelkeit und dem Ruf der Wisconsin State Fair. Das Pferd hatte nicht die geringste Chance, wieder aufzuerstehen. Das hat sechs unserer Rivalen allerdings nicht davon abgehalten, die Aufzeichnungen von dem Turnier wochenlang zu senden, als ob die Demütigung eines kleinen Mädchens etwas daran ändern würde, dass sie den Kürzeren gezogen haben. »Haha, ihr habt die Kandidatur, aber wir können uns über einen Unfall seiner kleinen Tochter lustig machen.«

Manchmal frage ich mich, ob mein Team die einzige Gruppe professioneller Journalisten ist, die es geschafft haben, bei ihrer Ausbildung keine Arschlochpillen zu schlucken. Und dann sehe ich mir ein paar meiner Kommentare an, insbesondere die, die Wagman und ihren schrittweisen politischen Selbstmord betreffen, und mir wird klar, dass auch wir die Pillen genommen haben. Wir haben nur eine kleine Portion Journalistenethos zum Runterspülen dazu gekriegt. Emily wusste, dass sie bei uns gut aufgehoben ist, weil Shaun und ich im Gegensatz zu unseren Kollegen nicht auf Unschuldigen herumhacken, um unsere Quoten ein bisschen aufzupolieren. Wenn wir es gerade nötig haben, können wir auf Politikern rumhacken.

Ich schaute auf die Uhr, während ich Richtung Haupteingang durch den Korridor ging. Eine Abkürzung durchs Pressezimmer würde mich ins Büro des Gouverneurs bringen, wo sein Stabschef mich liebend gerne so lange wie möglich hinhalten würde. Man hatte mir kein sechzigminütiges Interview garantiert dafür hätte ich sehr viel mehr Einfluss gebraucht. Nein, ich konnte einfach nur so viele Fragen stellen, wie ich in einer Stunde schaffte, unabhängig davon, was während dieser Zeit noch alles geschah. Ich wollte ihn nicht länger als zehn Minuten warten lassen. Damit würde ich ein deutliches Zeichen setzen und trotzdem noch genug Zeit haben, um die Antworten aus ihm herauszukriegen, die ich haben wollte. Sein Stabschef würde mich nicht nur warten lassen wollen, er würde mich mindestens eine halbe Stunde warten lassen wollen, womit er das Interview torpediert und einmal mehr bewiesen hätte, wer hier das Sagen hatte.

In manchen Momenten schaue ich mir die Welt an, in der ich mittlerweile zu Hause bin, mit ihrer unbarmherzigen politischen Praxis, den so himmelschreiend kleingeistigen Hinterzimmerdeals der Parteien und ich frage mich, wie man als Journalistin überhaupt etwas anderes wollen kann. Nach dieser Erfahrung würde die Lokalpolitik aussehen wie ein Kuchenbasar. Was bedeutet, dass ich mich in genau dieser Welt durchsetzen und allen zeigen muss, wie gut ich meine Arbeit mache.

Die Leute riefen mir Grußworte zu, als ich mich durchs Pressezimmer drängte. Ich winkte geistesabwesend und konzentrierte mich auf den Weg. Bei Teilen des Pressekorps stehe ich in dem Ruf, hochnäsig zu sein. Wahrscheinlich zu Recht.

»Georgia!«, rief ein Mann, den ich aus Wagmans Pressepool wiederzuerkennen meinte. Er schob sich durch die Menge und ging neben mir her, während ich meinen Weg zu Gouverneur Tates Büro fortsetzte. »Hast du eine Sekunde?«

»Eigentlich nicht«, erwiderte ich und griff nach der Türklinke.

Er legte mir eine Hand auf die Schulter und beachtete nicht, wie ich mich versteifte. »Die Kongressabgeordnete ist gerade aus dem Rennen ausgeschieden.«

Ich erstarrte, wandte mich ihm zu und rückte meine Sonnenbrille gerade weit genug vor, damit ich sein Gesicht gut sehen konnte. Das Licht der Deckenlampen brannte mir in den Augen, doch das spielte keine Rolle: Ich sah seine Miene gut genug, um zu wissen, dass er nicht log. »Was willst du?«, fragte ich und schob meine Brille wieder hoch.

Er warf einen Blick über die Schulter zu den übrigen versammelten Journalisten. Keiner schien bislang das frische Blut gewittert zu haben. Zumindest noch nicht. Doch bald würden sie es merken, und dann würden wir in der Klemme stecken.

»Ich bringe alles mit, was ich habe und zwar auch Videomaterial, einen Haufen Zeug, die Stimmen, Einzelheiten darüber, wo sie ihren verbliebenen Einfluss geltend macht , und du nimmst mich in dein Team auf.«

»Du willst zu Ryman?«

»Das will ich.«

Ich dachte mit ausdrucksloser Miene darüber nach. Schließlich nickte ich sehr langsam. »Sei in einer Stunde bei unseren Büroräumen, mit Kopien all deiner jüngeren Veröffentlichungen und mit allem, was du über Wagman hast. Dann reden wir weiter.«

»Wunderbar.« Er trat zurück und ließ mich meinen Weg fortsetzen.

Die Sicherheitsagenten von Gouverneur Tate nickten, als ich durch die Tür zu seinem Büro trat und dabei meinen Presseausweis zur Überprüfung hochhielt; man ließ mich passieren.

Gouverneur Tates Räumlichkeiten sahen genau wie die von Senator Ryman aus und waren wahrscheinlich auch fast identisch mit denen von Wagman. Da die Präsidentschaftsanwärter in den Tagungszentren derzeit dicht an dicht gepackt sind, achten die Organisatoren peinlich genau darauf, nicht den Eindruck zu erwecken, dass irgendeiner der Kandidaten bevorzugt werden würde. Einer der Leute hier würde als Kronprinz der Partei abreisen und den anderen nur Almosen übrig lassen, aber bis die Stimmen ausgezählt waren, standen alle gleich da.

Das Büro war voller freiwilliger Helfer und Stabsangehöriger, und die Wände waren erwartungsgemäß mit Tate-for-President-Plakaten zugekleistert, aber trotzdem herrschte eine stille Atmosphäre, die beinahe an eine Trauerfeier erinnerte. Die Leute sahen nicht ängstlich aus, sie konzentrierten sich lediglich auf ihre jeweiligen Tätigkeiten. Mit einem Druck auf den Knopf an meinem Kragen schaltete ich eine Kamera ein, die alle fünfzehn Sekunden ein Standbild aufnehmen würde. Sie hatte genug Speicherplatz für zwei Stunden, bevor ich die Bilder auf einer Festplatte abladen musste. Die meisten Aufnahmen würden wertlos sein, aber wahrscheinlich würde es ein oder zwei verwendbare geben.

Ich schlug ein paar Minuten tot, indem ich mir eine Tasse Kaffee einschenkte, die ich gar nicht wollte, bevor ich weiterging und bei den Wachtposten vor der Bürotür des Gouverneurs meinen Presseausweis vorzeigte.

»Georgia Mason, Nach dem Jüngsten Tag. Ich bin hier, um mich mit Gouverneur Tate zu treffen.«

Einer der beiden schaute mich über seine Sonnenbrille hinweg an. »Sie sind spät dran.«

»Ich wurde aufgehalten«, antwortete ich lächelnd. Meine eigene Sonnenbrille saß fest an ihrem Platz und machte es schwer, wenn nicht gar unmöglich, festzustellen, ob das Lächeln bis zu meinen Augen reichte.

Die Wachtposten wechselten einen Blick. Ich habe festgestellt, dass Männer mit Sonnenbrillen es zutiefst verabscheuen, wenn sie die Augen anderer Leute nicht sehen können es ist, als ob die Aura des Geheimnisvollen, die sie erzeugen möchten, nicht mit anderen geteilt werden darf, insbesondere nicht mit blöden Journalistinnen, die zufälligerweise an einer Augenkrankheit leiden. Ich gab nicht nach und lächelte weiter.

Ob ich nun spät dran war oder nicht, sie hatten keinen vernünftigen Grund, mich nicht reinzulassen. »Machen Sie das nicht wieder«, sagte der Größere der beiden und öffnete die Tür zum Privatbüro des Gouverneurs.

»Klar«, sagte ich und ließ mein Lächeln verblassen, während ich an den beiden vorbeiging. Ein hartes Klicken erklang, als sich die Tür hinter mir schloss. Ich drehte mich nicht um. Schließlich erwartete mich der erste Eindruck vom Privatbüro des Mannes, der die besten Chancen hatte, mir den Job zu versauen. Den wollte ich genießen.

Das Büro von Gouverneur Tate war spartanisch eingerichtet. Er hatte die beiden Fenster verdeckt: Regale verbargen sie fast vollständig, und das Licht stammte von weichen, fluoreszierenden Deckenlichtern. Zwei riesige Fahnen nahmen den Großteil der Rückwand ein, die der USA und die von Texas. Ansonsten ließ sich keinerlei persönliche Note entdecken. Das Büro war ein Zwischenhalt und kein Zielpunkt.

Der Gouverneur selbst saß an seinem Schreibtisch, mit Bedacht genau zwischen den beiden Fahnen platziert. Ich konnte mir vorstellen, wie seine Leute stundenlang darüber gestritten hatten, wie man am besten das Bild des starken und tatkräftigen Mannes vermitteln konnte, der ein Segen für die Nation und die ganze Welt wäre. Sie hatten es geschafft: Tate sah ohne Zweifel aus, als hätte er das Zeug zum Präsidenten. Während Peter Ryman sich durch jugendlich gutes Aussehen und einen typisch amerikanischen Charme auszeichnete, verkörperte der Gouverneur das amerikanische Militär, von seiner steiften Haltung bis hin zu seinem korrekten grauen Bürstenschnitt. Ich musste seine militärische Dienstakte nicht aufrufen: Der Umstand, dass er im Gegensatz zu Senator Ryman überhaupt eine hat, ist seit Beginn des Wahlkampfs Quelle zahlreicher, von »besorgten Bürgern« finanzierter Werbeanzeigen. Drei-Sterne-General, im Kampfeinsatz bei der kanadischen Grenzsäuberung von 2017, als wir die Niagarafälle den Infizierten wieder abgenommen haben, und dann erneut 2019 in Neuguinea, als ein Terroranschlag mit freigesetzten, aktiven Kellis-Amberlee-Viren uns beinahe das Land gekostet hätte. Er ist im Gefecht verwundet worden, er hat für sein Land und für die Rechte der Nichtinfizierten gekämpft, und er versteht den Krieg, den wir täglich gegen die führen, die einmal unsere Lieben gewesen sind.

Es gibt einen Haufen guter Gründe, warum der Mann mir eine Heidenangst macht. Und das sind noch längst nicht alle.

»Ms Mason«, sagte er und deutete beim Aufstehen mit einer ausholenden Handbewegung auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Ich hoffe, Sie haben sich nicht verlaufen? Ich dachte schon, Sie würden gar nicht mehr kommen.«

»Gouverneur.« Ich setzte mich, zog meinen MP3-Player aus der Tasche und positionierte ihn auf dem Tisch. Damit löste ich mindestens zwei Videokameras aus, die in meiner Kleidung versteckt waren. Das waren die, von denen ich wusste. Ich war mir sicher, dass Buffy noch ein halbes Dutzend mehr an mir versteckt hatte, für den Fall, dass sich jemand einen Spaß mit einem EMP-Gerät erlaubte. »Ich wurde von einer Angelegenheit aufgehalten, die keinen Aufschub duldete.«

»Ah ja«, sagte er und setzte sich wieder. »Diese Sicherheitsüberprüfungen sind manchmal mörderisch, nicht wahr?«

»Allerdings.« Ich beugte mich vor und schaltete den MP3-Player mit einer theatralischen Zeigefingerbewegung ein. Reine Schau: Wenn er glaubte, dass es sich um mein einziges Aufnahmegerät handelte, dann würde er sich weniger Gedanken darüber machen, was ich wirklich alles aufzeichnete. »Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie sich heute Zeit für mich genommen haben, und damit natürlich auch für unsere Leserschaft bei Nach dem Jüngsten Tag. Unsere Leser haben diese Wahlkampagne mit großem Interesse verfolgt und würden Ihre Position gerne besser verstehen.«

»Das ist nicht dumm von Ihren Lesern«, sagte der Gouverneur gedehnt und lehnte sich zurück. Ich schaute auf, ohne dabei den Kopf zu bewegen: Die Möglichkeit, seine Interviewpartner zu sehen, wenn sie nicht wissen, dass man sie anschaut, gehört zu den großen Vorteilen eines Lebens hinter getöntem Glas.

Ihn unauffällig zu mustern war leicht, aber nicht vor dem, was ich sah, zurückzuzucken, war sehr viel schwerer. Der Gouverneur beobachtete mich mit unverhohlener Teilnahmslosigkeit, wie ein kleiner Junge, der einen Käfer betrachtet, den er zu zerquetschen gedenkt. Ich bin es gewohnt, dass die Leute keine Reporter mögen, aber das war ein bisschen heftig. Ich setzte mich wieder auf, rückte meine Brille zurecht und sagte: »Es sind einige der kritischsten Leser der Blogger-Gemeinde unter ihnen.«

»Tatsächlich? Tja, ich nehme an, das erklärt Ihr unermüdliches Interesse am Wettrennen um die Kandidatur in diesem Jahr. Es hat Wunder für Ihre Quoten gewirkt, nicht wahr?«

»Ja, Gouverneur, das hat es. Also, Ihr Versuch, Präsident zu werden, kam ein wenig überraschend in politischen Kreisen hieß es, dass Sie dieses Amt erst bei einer späteren Wahl anstreben würden. Was hat dazu geführt, dass Sie so früh ins Rennen eingestiegen sind?«

Der Gouverneur lächelte und überdeckte damit die Leere in seinen Augen, doch es war zu spät: Ich hatte sie bereits gesehen. In gewisser Weise war es sogar noch beängstigender, wie seine Miene plötzlich zum Leben erwacht war. Jetzt befolgte er ein Drehbuch. Er glaubte zu wissen, wie er mit mir umspringen musste.

»Nun ja, Ms Mason, kurz gesagt habe ich mir ein kleines bisschen Sorgen gemacht, als ich gesehen habe, wohin die Dinge sich entwickeln. Ich habe aufs Spielfeld geschaut und festgestellt, dass sich dort niemand befindet, dem ich die Sicherheit meiner Frau und meiner beiden Jungs anvertrauen würde, falls es den Toten wieder einmal einfallen sollte, sich in Massen zu erheben. Niemand außer mir. In diesen unruhigen Zeiten braucht Amerika einen starken Anführer. Einen Mann, der weiß, was es bedeutet, sein Eigentum zu verteidigen. Nichts gegen meinen geschätzten Konkurrenten, aber der gute Senator hat noch nie für das, was ihm lieb und teuer ist, gekämpft. Hätte er jemals sein Blut dafür vergossen, dann würde er die Dinge besser verstehen.« Sein Tonfall war kameradschaftlich und beinahe scherzhaft, wie der einer Vaterfigur, die einem Vorzugsschüler Weisheiten mit auf den Weg gibt.

Ich kaufte es ihm nicht ab. Mit professioneller Miene sagte ich: »Also sehen Sie es als ein Zwei-Mann-Rennen zwischen Ihnen und Senator Ryman.«

»Seien wir ehrlich: Es ist ein Zwei-Mann-Rennen. Kirsten Wagman ist eine gute Frau mit starken republikanischen Werten, die die moralischen Grundlagen dieses Landes bestens versteht, aber sie wird nicht unsere nächste Präsidentin werden. Sie ist nicht bereit, das zu tun, was im Dienste des Volkes und der Wirtschaft dieses großartigen Landes getan werden muss.«

Ich widerstand der Versuchung, darauf hinzuweisen, dass Kirsten Wagman ihre Bürste für einen brauchbaren Ersatz für sachkundige Argumente hielt, und fragte: »Gouverneur, was braucht das amerikanische Volk Ihrer Meinung nach?«

»Dieses Land wurde auf drei Werten aufgebaut, Ms Mason: Freiheit, Religion und Familie.« Er betonte jedes einzelne Wort nachdrücklich. »Wir haben uns größte Mühe gegeben, den ersten dieser drei Werte zu bewahren, aber die beiden anderen haben wir aus den Augen verloren, während wir uns aufs Hier und Jetzt konzentriert haben. Wir entfernen uns von Gott.« Sein Blick war wieder ausdruckslos geworden. »Man urteilt über uns; man prüft uns. Ich fürchte, wir stehen kurz davor, zu versagen, und diese Prüfung kann man nur einmal ablegen.«

»Können Sie mir ein Beispiel für unser ›Versagen‹ nennen?«

»Nun, zum Beispiel den Verlust Alaskas, Ms Mason. Wir haben ein herrliches Stück Land von Amerika den Toten überlassen, weil wir nicht den Mumm hatten, aufzustehen für das, was rechtmäßig unser ist. Unsere Jungs waren nicht dazu bereit, im Vertrauen auf Gott die Front zu halten, und nun ist ein kostbarer Teil unseres Landes verloren, vielleicht für immer. Wie viel Zeit bleibt uns noch, bevor sich das wiederholt, auf Hawaii oder Puerto Rico oder, Gott behüte, im amerikanischen Kernland? Hinter unseren Mauern sind wir verweichlicht. Es ist an der Zeit, auf Gott zu vertrauen.«

»Gouverneur, bei der kanadischen Grenzsäuberung waren Sie im Gefecht. Ich hätte gedacht, dass Sie verstehen, warum Alaska aufgegeben werden musste.«

»Und ich hätte gedacht, dass Sie verstehen, warum ein wahrer Amerikaner niemals sein Eigentum aufgibt. Wir hätten kämpfen sollen. Unter meiner Führung werden wir kämpfen, und bei Gott, wir werden siegen.«

Ich unterdrückte ein unprofessionelles Schaudern. In seinem Tonfall war deutlich der Fanatiker zu hören. »Sie fordern eine Lockerung von Masons Gesetz, Gouverneur. Gibt es dafür einen besonderen Grund?«

»In der Verfassung steht nichts davon, dass ein Mann seine Familie nicht so ernähren darf, wie es ihm angemessen erscheint, selbst, wenn er sich damit nicht unbedingt beliebt macht. Gesetze, die unsere Freiheit einschränken, sind ebenso oft überflüssig wie sinnvoll. Bedenken Sie nur, was passiert ist, als die Demokraten aufgehört haben, für ihre nicht verfassungsgemäßen Waffenkontrollgesetze zu kämpfen. Sind die Todesfälle durch Schusswaffen in die Höhe geschnellt? Nein. Sie sind im ersten Jahr um vierzig Prozent gesunken, und seitdem sinken sie stetig weiter. Es ist nur logisch, dass die Lockerung anderer gegen die Freiheit gerichteter Gesetze «

»Wie viele Infizierte werden jährlich durch Schusswaffen getötet?«

Er hielt inne und kniff die Augen zusammen. »Ich wüsste nicht, welche Relevanz das für unser Gespräch hätte.«

»Laut der jüngsten Zahlen der Seuchenschutzbehörde werden neunzig Prozent der Kellis-Amberlee-Opfer, die in Zusammenstößen mit Nichtinfizierten sterben, durch Schusswaffen getötet.«

»Schusswaffen, die von gesetzestreuen Bürgern mit Waffenscheinen abgefeuert werden.«

»Ja, Gouverneur. Außerdem heißt es von Seiten des Seuchenschutzes, dass es praktisch unmöglich ist, ein Mordopfer, das durch einen Kopf- oder Genickschuss ermordet wurde, von einem Infizierten zu unterscheiden, der in gleicher Weise legal getötet wurde. Was entgegnen Sie den Kritikern der Lockerung der Waffengesetze, die der Meinung sind, dass die Gewalt im Zusammenhang mit Schusswaffen eigentlich gestiegen und aufgrund der postmortalen Kellis-Amberlee-Überflutung lediglich nicht als solche erkennbar ist?«

»Nun, Ms Mason, da müsste ich Sie wohl um Beweise bitten.« Er beugte sich vor. »Haben Sie eine Schusswaffe dabei?«

»Ich bin lizenzierte Journalistin.«

»Bedeutet das ja?«

»Es bedeutet, dass ich laut Gesetz eine Waffe bei mir tragen muss.«

»Würden Sie sich sicher fühlen, wenn Sie ohne Waffe eine Gefahrenzone betreten müssten? Oder ihre Kinder in eine Gefahrenzone lassen müssten? Es geht nicht mehr zivilisiert zu auf dieser Welt, Ms Mason. Die Eingeborenen sind heutzutage immer auf dem Kriegspfad. Sobald man krank wird, fängt man an, die Leute zu hassen, die noch gesund sind. Amerika braucht einen Mann, der keine Angst davor hat zu sagen, dass man im Grab keine Rechte mehr hat. Keine Gnade, keine Wohltätigkeit und keine Beschränkungen dessen, was ein Mann tun darf, um sein Eigentum zu schützen.«

»Gouverneur, es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Infizierte komplexe Gefühle wie Hass empfinden können. Des Weiteren sind sie nicht tot. Wenn man erst im Grab keine Rechte mehr hat, bedeutet das nicht, dass sie wie alle anderen Bürger auch unter dem Schutz des Gesetzes stehen sollten?«

»Miss, solche Ansichten kann man sich leisten, wenn man in Sicherheit ist, unter dem Schutz von Männern, die die Bedeutung des Worts ›standhalten‹ verstehen. Wenn die Toten Verzeihung, die ›Infizierten‹ vor Ihrer Tür stehen, werden Sie sich einen Mann wünschen, der wie ich redet.«

»Sind Sie der Meinung, dass Senator Ryman zu nachsichtig gegenüber den Infizierten ist?«

»Ich glaube nicht, dass er sich jemals in einer Situation befunden hat, in der er es hätte herausfinden können.«

Hübsch gesagt. So zog er Senator Rymans Fähigkeit, die Zombies zu bekämpfen, in Zweifel und legte gleichzeitig nahe, dass er vielleicht allzu große Sympathien für den Gedanken des »Lebens-und-leben-Lassens« hegte ein Konzept, das dann und wann von Angehörigen der extremen Linken hochgehalten wird. Etwa fünfzehn Minuten lang, bis wieder jemand aus ihrer Lobby gefressen wird. »Gouverneur, sie haben darüber geredet, dass Sie die sogenannten Samaritergesetze abschaffen wollen, die es derzeit gestatten, Bürgern in Not Hilfe zu leisten. Können Sie Ihre Gründe dafür erklären?«

»Das ist eine ganze einfache Sache. Jemand, der in Not ist, ist wahrscheinlich aus irgendeinem Grund hineingeraten. Ich sage nicht, dass mir Leute, die in so eine Lage geraten, nicht schrecklich leidtun würden, aber wenn Sie mir zu Hilfe eilen, nachdem ich gebissen worden bin, und wenn Sie dabei eine Quarantänezone betreten, dann ist die Wahrscheinlichkeit nun mal hoch, dass Sie mich ohnehin nicht retten werden und dass Sie zugleich ihr eigenes Leben weggeworfen haben.« Der Gouverneur lächelte. Es hätte ein warmes Lächeln sein können, wenn es sich auch nur ansatzweise in seinen Augen widergespiegelt hätte. »Es sind immer die jungen Idealisten, die auf diese Art sterben. Diejenigen, die Amerika am dringendsten braucht. Wir müssen unsere Zukunft bewahren.«

»Indem wir ihr die Gegenwart opfern?«

»Wenn es nötig ist, Ms Mason.« Sein Lächeln wuchs in die Breite und wurde versonnen. »Wenn es das ist, was Amerika braucht.«

8416_Strich%20Bitmap.tif

Jetzt, nachdem ich den Mann endlich kennengelernt habe, möchte natürlich jeder wissen: Was halte ich von Gouverneur David »Dave« Tate aus Texas, dem Mann, der drei Wahlen so überlegen gewonnen hat, jedes Mal mit Unterstützung aus beiden politischen Lagern, und der eine unglaubliche Bilanz bei der Durchsetzung des Gesetzes und der Beilegung von Streitigkeiten vorweisen kann, und das in einem Staat, der für seine Streitlust, Feindseligkeit und politische Instabilität berühmt ist?

Ich glaube, unter all den Furcht einflößenden Dingen, die mir seit dem Beginn der Wahlkampagne begegnet sind, jagt er mir am meisten Angst ein. Und zwar einschließlich der Zombies.

Gouverneur Tate ist ein Mann, dem die Freiheit so viel bedeutet, dass er sie einem mit vorgehaltener Pistole schenkt. Er ist ein Mann, dem unser Erziehungssystem so viel bedeutet, dass er die öffentlichen Schulen schließen will, zugunsten einer Förderung, die ausschließlich Schulen mit einer staatlichen Zertifizierung in Sicherheitsmaßnahmen erhalten soll. Ein Mann, dem unsere Landwirtschaft so wichtig ist, dass er Masons Gesetz zusammenstreichen möchte, um in der Nähe von Wohngegenden nicht bloß große Hirtenhunde, sondern Vieh mit einem Körpergewicht von bis zu achtzig Kilo zuzulassen. Gouverneur Tate will uns alle noch einmal die ruhmreichen Tage seiner sorglosen Jugend durchleben lassen, offenbar einschließlich infizierter Collies und Zombieziegen, die Jagd auf einen machen.

Umso schlimmer, dass er ein guter Redner ist, ein begnadeter Prediger, der in einem Großteil des Landes hervorragende Umfrageergebnisse erzielt, und dass er mit Auszeichnung gedient hat. Meine Damen und Herren, er ist kurz gesagt ein legitimer Anwärter auf das höchste Amt unserer Nation und hat gleichzeitig große Chancen, den endlosen Kampf mit den Infizierten zu einem Vernichtungskrieg eskalieren zu lassen.

Ich kann nicht bloß aufgrund meiner Abneigung gegen Gouverneur Tate dazu aufrufen, Senator Ryman zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner zu wählen. Aber eins kann ich euch sagen: Die Ansichten des Gouverneurs sind ebenso wie die meinen allgemein bekannt. Informiert euch. Macht eure Hausaufgaben. Bringt in Erfahrung, was dieser Mann mit unserem Land anstellen würde, im Namen einer Art von Freiheit, die ebenso zerstörerisch wie unmöglich zu bewahren ist. Erkennt euren Feind.

Das ist es, was Freiheit wirklich bedeutet.

Aus Unschöne Bilder, dem Blog von Georgia Mason,
14. März 2040