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Für einen erfolgreichen Ermittler galt nur, er machte sich unbeliebt oder er machte sich unbeliebt. Also entschied Will sich.
Er gab sich als Journalist aus und versuchte, Antworten zu bekommen. Und er machte sich sehr unbeliebt, oh ja. Herr Doktor oder Frau Doktor schützten ihre Kinder mit Händen so groß wie Regenschirme.
Aber es gab noch die anderen Leute. Die wenigen, die nicht zur Klasse der Masters of the Univers gehörten. Die waren nicht weniger resolut, aber sie waren lauter, schriller, so wie man es aus RTL-II-Reality-Soaps kannte. Verklag mich doch! Ich nehme dir deine Wohnung! Ich nehme dir deine Kinder! Schluss mit Hotel Mama! Verdammt, ich nehme dir deine gottverschissene Seele und saug dir die Därme raus! Und wenn nichts mehr geht, lass ich mich von Angelika Kallwass heilen und von Johan Lafer bekochen.
Es war ein undankbarer Job. Offenbar hatten die Mütter nach wie vor zu viel Zeit tagsüber, und dass sie eventuell in früherer Zeit Thomas Mann gelesen oder Schöngeistigkeit studiert hatten, spielte heute keine Rolle mehr. Sie waren nur eine Fingernagelbreite von der Unterschicht entfernt.
Sie waren so, wie sie dachten, dass man als gute Mutter sein musste.
Krallend, besitzergreifend und besserwisserisch wie böse Hexen. Und die Kleinen waren großkotzige Scheißer, die gegenüber der Mutter den Kopf gesenkt hielten, aber sobald sie sich einigermaßen frei fühlten, rotzig und großmäulig geiferten wie böse Gnome. War das Selbstbewusstsein?
Oder war es ein ganz alltäglicher Horror, der die Kleinen ergriffen hatte, weil wiederum die Mütter sie ergriffen hatten und behandelten wie Manager, die von einem Termin zum nächsten gefahren wurden, ohne jemals wirklich Kind sein zu dürfen. Und je größer das Haus, desto krasser wurde es.
Beim Reiten.
Beim Sprachunterricht.
Beim Turnen.
Oha, beim Was-weiß-ich-Blumen-stecken-zum-Verrecken und Yoga-maloba-Scheiß!
Und diese Kinder sollten die Welt beherrschen? Kinder, die nie spielten, im Wald tobten, sich die Beine aufschlugen, im Sand rauften?
Es dauerte zwei Tage und Will Prenker war glücklich, nie Vater geworden zu sein.
Erreicht hatte er nichts.