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Es war schon fast Mitternacht, als ich Diandras Wohnung verließ; ich fuhr in Richtung Süden an der Mole entlang, die Stadt war schon still. Die Temperatur lag noch immer um die zwölf Grad, und ich ließ die Fensterscheiben meines rollenden Schrotthaufens herunter, damit die warme Brise die muffige Luft vertrieb.
Nachdem mein letzter Firmenwagen auf einer düsteren, vergessenen Strasse in Roxbury einen Herzinfarkt erlitten hatte, hatte ich diesen nussbraunen Crown Victoria Baujahr 86 auf einer Polizeiauktion erstanden, von der mir mein Freund Devin, ein Polizist, erzählt hatte. Der Motor war unverwüstlich: Man konnte einen Crown Victoria von einem Wolkenkratzer stürzen – der Motor tuckerte noch, wenn der Rest des Autos schon längst in alle Himmelsrichtungen verstreut war. Für die Erneuerung der Technik gab ich eine Menge Geld aus, außerdem kaufte ich hochwertige Reifen, doch das Wageninnere ließ ich so, wie ich es vorgefunden hatte: Himmel und Sitze vergilbt von den billigen Zigarren des Vorbesitzers, aus den zerrissenen Rücksitzen hervorquellendes Schaumgummi, kaputtes Radio. Beide Hintertüren waren stark eingedrückt, so als sei der Wagen in die Zange genommen worden, und die Lackierung des Kofferraums war in Form eines gezackten Kreises abgetragen, so dass die alte Farbe zutage trat.
Das Auto war ein Ausgeburt an Hässlichkeit, so dass ich ziemlich sicher sein konnte, dass kein halbwegs vernünftiger Autoknacker darin gefasst werden wollte.
Ich hielt vor der Ampel bei den Hafbor Towers, der Motor summte munter weiter, während er pro Minute mehrere Liter Sprit verschluckte. Vor mir überquerten zwei attraktive junge Frauen die Strasse. Sie sahen wie Büroangestellte aus: Beide trugen enge, aber schlichte Röcke und Blusen, darüber zerknitterte Regenmäntel. Die dunklen Strumpfhosen steckten in weißen Tennisschuhen. Ihr Gang war ein wenig unsicher, als habe sich der Bürgersteig in einen Sumpf verwandelt, und die Rothaarige lachte ein wenig zu laut.
Die Brünette sah mich an, und ich grinste das harmlose Grinsen eines Menschen, der in einer lauen, ruhigen Nacht in einer ansonsten geschäftigen Stadt einen anderen erkennt.
Sie lächelte zurück, und ihre Freundin bekam einen lauten Schluckauf, worauf die beiden zusammenstießen und laut draufloslachten. Ich fuhr weiter und bog auf die Hauptstrasse ab, über mir zog sich die dunkelgrüne Schnellstrasse entlang, und ich dachte, was für ein komischer Kerl ich war, dass das Lächeln einer beschwipsten Frau mich noch immer so leicht aufheitern konnte.
Aber es war auch eine komische Welt, auf der es zu viele Menschen wie Kevin Hurlihy und Fat Freddy Constantine gab oder wie die Frau, von der ich am Morgen in der Zeitung gelesen hatte: Sie hatte ihre drei Kinder in einer von Ratten befallenen Wohnung sich selbst überlassen, während sie mit ihrem neuesten Freund eine viertägige Spritztour unternahm. Als die Beamten des Jugendamtes die
Wohnung betraten, mussten sie eins der schreienden Kinder vorsichtig von der Matratze nehmen, weil es sich wundgelegen hatte. Manchmal sollte man meinen, dass das Lächeln irgendeiner Frau in einer solchen Welt, in der ich mir Sorgen um eine Klientin machte, die aus unbekannten Gründen von Unbekannten bedroht wurde, dass ein Lächeln in einer solchen Welt keine Wirkung hatte. Hatte es aber.
Und wenn mich schon das Lächeln dieser Unbekannten aufheiterte, so gab es kaum noch Worte für das, was Grace’ Lächeln bewirkte, als ich vor meinem Haus parkte und sie auf der Veranda sitzen sah. Sie trug eine dunkelgrüne Leinenjacke, die ihr vier oder fünf Nummern zu groß war, darunter ein weißes T-Shirt und die blaue OPHose. Normalerweise umspielten die kurzen, kastanienbraunen Locken das Gesicht, doch war sie sich während ihrer DreißigStunden-Schicht offensichtlich unzählige Male durchs Haar gefahren, und ihr Gesicht war gezeichnet von zuwenig Schlaf, zuviel Kaffee und dem grellen Licht der Notaufnahme.
Und trotzdem war sie eine der schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte.
Sie sah mir mit einem halben Lächeln auf den Lippen und einem schelmischen Blick in den blassen Augen entgegen, wie ich die Treppe emporstieg. Als ich drei Stufen von ihr entfernt war, breitete sie die Arme aus und neigte sich wie ein Schwimmer auf dem Sprungbrett nach vorne.
„Fang mich!“ Sie schloss die Augen und ließ sich fallen.
Der Aufprall ihres Körpers auf meinen war so schön, dass es fast wehtat. Sie küsste mich, und ich spreizte die Beine, weil sie die Oberschenkel um meine Hüfte schlang und die Füße hinter meinem Rücken verschränkte. Ich roch ihre Haut und spürte ihre Wärme, die Wärme, die von jeder einzelnen Faser unserer Körper ausging, so als säße jedes Organ direkt unter der Haut. Grace löste sich von mir, ihre Lippen streiften mein Ohr.
„Du hast mir gefehlt“, flüsterte sie.
„War nicht zu übersehen.“ Ich küsste ihren Hals. „Haben sie dich gehen lassen?“
Sie stöhnte. „Zum Schluss wurde es weniger.“
„Wartest du schon lange?“
Sie schüttelte den Kopf und biss mir zärtlich in die Schulter, bevor sie ihre Umklammerung lockerte und sich vor mich stellte, die Stirn an meine gelehnt.
„Wo ist Mae?“ fragte ich.
„Zu Hause bei Annabeth. Schläft tief und fest.“
Grace wohnt mit ihrer jüngeren Schwester Annabeth zusammen, die öfter auf Mae aufpasst.
„Hast du sie noch gesehen?“
„Ich konnte ihr gerade noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen und einen Kuss geben. Dann schlief sie wie ein Murmeltier.“ „Und was ist mit dir?“ fragte ich und streichelte ihren Rücken. „Brauchst du Schlaf?“
Sie stöhnte wieder und nickte, wobei wir mit den Köpfen zusammenstießen.
„Autsch!“
Sie lachte leise, „‘tschuldigung.“
„Du siehst kaputt aus.“
Sie sah mir in die Augen. „Und wie! Aber was ich noch dringender brauche als Schlaf, das bist du.“ Sie küsste mich. „Und zwar ganz tief in mir. Glauben Sie, Sie können diesem Bedürfnis nachkommen, Detective?“
„Und wie ich dem nachkommen kann, Dr. Cole!“
„Davon habe ich schon gehört. Nimmst du mich jetzt mit rein, oder bieten wir den Nachbarn eine schöne Show?“
„Tja…“
Sie legte mir ihre Hand auf den Bauch. „Sag mir, wo es weh tut.“ „Ein bisschen tiefer“, antwortete ich.
Sobald ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, drückte mich Grace gegen die Wand und fuhr mir mit der Zunge in den Mund. Mit der linken Hand hielt sie meinen Kopf, die rechte jedoch krabbelte wie ein kleines, hungriges Tier über meinen Körper. Hormonell bin ich normalerweise immer gut dabei, doch wenn ich nicht vor einigen Jahren mit dem Rauchen aufgehört hätte, hätte mich Grace auf die Intensivstation verfrachten können.
„Heute Abend hat offenbar die Dame das Kommando.“
„Die Dame“, hauchte Grace und biss mir nicht gerade sanft in die Schulter, „ist so heiß, dass sie dringend eine Abkühlung braucht.“ „Dem kommt der Herr wiederum gerne nach“, erwiderte ich. Sie löste sich von mir und blickte mich an, während sie die Jacke auszog und ins Wohnzimmer warf. Grace ist nicht gerade eine Ordnungsfanatikerin. Dann küsste sie mich heftig auf den Mund, wandte sich um und ging.
„Wo willst du hin?“ Meine Stimme klang ein bisschen rauh. „Duschen gehen.“
An der Badezimmertür angekommen, schälte sie sich aus dem TShirt. Die Straßenlaternen warfen einen schmalen Streifen Licht vom Schlafzimmer in den Flur und beleuchteten ihre kräftigen Rückenmuskeln. Sie hängte das T-Shirt über den Türknauf und sah mich wieder an, die Arme über der nackten Brust verschränkt. „Du bewegst dich nicht!“ warnte sie mich.
„Ich genieße den Anblick“, entgegnete ich.
Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar und lehnte sich zurück, so dass sich ihr Brustkorb unter der Haut abzeichnete. Wieder sah sie mir in die Augen, als sie die Schuhe abstreifte und dann die Socken auszog. Sie strich sich mit der Hand über den Bauch und schob den Bund der Strumpfhose herunter. Dann streifte sie sie ab. „Ist das eine Totenstarre?“ fragte sie mich.
„O nein!“
Sie lehnte sich gegen den Türrahmen und hakte die Daumen in das Gummiband ihres schwarzen Slips. Als ich auf sie zukam, hob sie eine Augenbraue und grinste anzüglich.
„Ach, Detective, könnten Sie mir beim Ausziehen behilflich sein?“ Aber sicher. Darin bin ich klasse.
Als Grace und ich uns unter der Dusche liebten, fiel mir auf, dass ich bei ihr immer an Wasser dachte. Wir lernten uns in der feuchtesten Woche eines kalten und verregneten Sommers kennen, und ihre grünen Augen waren so blass, dass sie mich an einen Winterregen erinnerten. Das erste Mal schliefen wir im Meer miteinander, unsere Körper nass vom nächtlichen Regen.
Nach dem Duschen legten wir uns ins Bett, wir waren noch ganz nass, ihr kastanienbraunes Haar hob sich dunkel von meiner Brust ab, und in meinen Ohren hallten noch die Geräusche unseres Liebesspiels wider.
Auf der Schulter hatte sie eine Narbe von der Größe einer Heftzwecke – der Preis dafür, dass sie als Kind in der Scheune ihres Onkels neben offen herumliegenden Nägeln gespielt hatte. Ich beugte mich vor und küsste sie.
„Hmmm“, schnurrte sie. „Tu das noch mal!“
Ich ließ meine Zunge über die Narbe gleiten.
Sie legte ein Bein über meins und fuhr mir mit dem Fußrücken über den Knöchel. „Kann eine Narbe eine erogene Zone sein?“ „Ich finde, alles kann eine erogene Zone sein.“
Ihre warme Hand tastete sich zu meinem Bauch vor und streichelte über das harte, gummiartige Narbengewebe in Form einer Qualle. „Was ist mit der hier?“
„An der ist nichts erogen, Grace.“
„Du weichst mir immer aus, wenn ich danach frage. Das ist ganz offensichtlich eine Brandnarbe.“
„Was bist du – eine Ärztin?“
Sie kicherte. „Angeblich ja.“ Sie fuhr mit der Hand zwischen meinen Oberschenkeln hoch. „Sagen Sie mir, wo’s weh tut, Detective.“ Ich versuchte zu lächeln, aber es gelang mir nicht richtig. Sie stützte sich auf den Ellenbogen und sah mich lange an. „Du musst es mir nicht sagen“, flüsterte sie sanft.
Ich hob die linke Hand und schob ihr mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus der Stirn, ließ die Finger dann langsam an ihrem Gesicht heruntergleiten, an ihrem weichen, warmen Hals entlang, dann um die kleine, feste Rundung der rechten Brust. Als ich die Hand drehte, streifte ich mit der Handfläche die Brustwarze, dann fuhr ich wieder hoch zu ihrem Gesicht und zog Grace auf mich. Einen Augenblick lang hielt ich sie so fest, dass ich unsere Herzen so laut klopfen hörte, als falle Hagel in einen Wassereimer. „Mein Vater“, begann ich, „hat mich mit einem Bügeleisen verbrannt, um mir eine Lektion zu erteilen.“
„Was für eine Lektion?“ fragte sie.
„Nicht mit dem Feuer zu spielen.“
„Was?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Vielleicht nur, um seine
Macht zu beweisen. Er war der Vater, ich der Sohn. Er wollte mich verbrennen, also hat er’s getan.“
Sie hob den Kopf, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann grub sie die Finger in mein Haar, suchte mit ihren großen, geröteten Augen meinen Blick. Ihr Kuss war hart und heftig, so als wolle sie den Schmerz aus mir heraussaugen. ‘
Als sie mich freigab, war ihr Gesicht nass.
„Er ist tot, oder?“
„Mein Vater?“
Sie nickte.
„O ja. Er ist tot, Grace.“
„Gut“, antwortete sie.
Als wir uns einige Minuten später wieder liebten, war es eins der schönsten und verwirrendsten Erlebnisse in meinem ganzen Leben. Wir hielten die Handflächen gegeneinander gepresst, die Unterarme ebenfalls, mein ganzer Körper, jeder Muskel, jeder Knochen wurde von ihrem Körper bedeckt. Dann zog sie die Knie hoch zu meinen Hüften und nahm mich in sich auf. Sie schob die Beine seitlich an mir herunter und klemmte die Fersen unter meine Knie, so dass ich ganz und gar eingewickelt war, als sei mein Fleisch mit ihrem verschmolzen, als hätte sich unser beider Blut vereint. Sie schrie laut auf, und ich spürte den Schrei, als entstammte er meinen eigenen Stimmbändern.
„Grace“, flüsterte ich, als ich in sie eindrang. „Grace.“
Kurz vor dem Einschlafen flüsterte sie mir etwas ins Ohr. „Nacht“, sagte sie schläfrig.
„Nacht.“
Heiß und elektrisierend fuhr sie mir mit der Zunge ins Ohr. „Ich liebe dich“, murmelte sie.
Als ich die Augen aufschlug, um sie anzusehen, schlief sie bereits. Um sechs Uhr morgens wachte ich von dem Geräusch der Dusche auf. Das Bettlaken roch nach ihrem Parfüm und ihrem Körper, ein bisschen nach dem Desinfektionsmittel aus dem Krankenhaus, nach unserem Schweiß und nach Sex. Das alles schien sich im Stoff verewigt zu haben, so als befände es sich dort schon seit langer Zeit.
Ich ging ins Badezimmer. Sie lehnte sich gegen mich, während sie sich das Haar kämmte.
Ich griff unter das Handtuch, Wasserperlen von ihren Unterschenkeln liefen an meiner Hand herunter.
„Mach dir keine Hoffnung!“ Sie küsste mich. „Ich muss zu meiner Tochter und dann ins Krankenhaus. Nach der Nacht bin ich froh, dass ich noch gehen kann. Los, fang an mit dem Aufräumen!“ Ich duschte alleine, während sie in der Kommode, die ich ihr überlassen hatte, nach sauberen Kleidungsstücken suchte. Ich merkte, dass ich auf das übliche Gefühl von Unbehagen wartete, das mich immer beschleicht, wenn eine Frau mehr als, sagen wir, eine Stunde in meinem Bett verbracht hat. Aber es kam nicht.
„Ich liebe dich“, hatte sie kurz vor dem Einschlafen gemurmelt. Komisch.
Als ich ins Schlafzimmer zurückkehrte, zog sie gerade die Betten ab; sie trug eine schwarze Jeans und ein dunkelblaues Oxfordhemd.
Ich stellte mich hinter sie, während sie sich über die Kopfkissen beugte.
„Wenn du mich anfasst, Patrick, bist du tot!“
Ich legte die Hände auf den Rücken.
Als sie sich mit dem Bettzeug in der Hand umdrehte, lächelte sie und fragte: „Wäsche waschen – kommt dir das bekannt vor?“ „Schon mal gehört.“
Sie warf alles auf einen Haufen in der Ecke. „Kann ich davon ausgehen, dass du das Bett frisch beziehst, oder schlafen wir das nächste Mal, wenn ich hier bin, auf der nackten Matratze?“ „Ich werde mein Bestes tun, Madam.“
Sie schlang mir die Arme um den Hals und küsste mich. Dann zog sie mich fest an sich, und ich drückte sie genauso fest.
„Es hat jemand angerufen, als du geduscht hast.“ Sie lehnte sich in meinen Armen zurück.
„Wer? Es ist noch nicht mal sieben Uhr morgens.“
„Das habe ich auch gedacht. Er hat seinen Namen aber nicht genannt.“
„Was hat er denn gesagt?“
„Er wusste, wie ich heiße.“
„Was?“ Ich löste die Hände von ihrer Taille.
„Es war ein Ire. Ich dachte, es sei ein Onkel von dir oder so.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich rede nicht mit meinen Onkeln. „ „Warum nicht?“
„Weil sie die Brüder meines Vaters sind und nicht viel besser als er.“
„Oh.“
„Grace“, ich griff nach ihrer Hand und zog sie neben mich aufs Bett, „was hat dieser irische Kerl gesagt?“
„Er sagte: Sie müssen die wunderbare Grace sein. Nett, Sie kennen zu lernen.“ Sie sah kurz auf den Stapel mit der Bettwäsche. „Als ich ihm sagte, dass du unter der Dusche bist, meinte er: Na, dann sagen Sie ihm einfach, dass ich angerufen habe und demnächst mal vorbeikomme, dann hat er einfach aufgelegt, bevor ich nach seinem Namen fragen konnte.“
„Das war alles?“
Sie nickte. „Warum?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Ich weiß nicht. Ich werde nicht oft vor sieben Uhr morgens angerufen, und wenn doch, nennen die Leute meistens ihren Namen.“
„Patrick, wer von deinen Freunden weiß, dass wir zusammen sind?“ „Angie, Devin, Richie und Sherilynn, Oscar und Bubba.“ „Bubba?“
„Du kennst ihn. Dieser große Typ, der immer einen Trenchcoat trägt…“
„Dieser Furchtbare“, schnitt sie mir das Wort ab. „Der so aussieht, als würde er eines Tages, mir nichts, dir nichts, in den Supermarkt gehen und alle umbringen, nur weil die Softeis-Maschine nicht funktioniert.“
„Genau der. Den hast du kennengelernt…“
„Auf dieser Party letzten Monat. Ich erinnere mich.“ Sie schüttelte sich.
„Er ist harmlos.“
„Für dich vielleicht“, gab sie zurück. „Mein Gott.“
Ich drehte ihr Gesicht zu mir. „Nicht nur für mich, Grace. Für jeden, der mir etwas bedeutet. Bubba ist in dieser Hinsicht seltsamerweise loyal.“
Mit den Händen fuhr sie mir durch das nasse Haar an den Schläfen. „Aber er ist verrückt. Leute wie Bubba liefern den Nachschub für die Notaufnahme.“
„Stimmt.“
„Deshalb will ich ihn nie in der Nähe von meiner Tochter sehen. Verstanden?“
Eltern haben so einen bestimmten Blick in den Augen, wenn sie ihre Kinder meinen schützen zu müssen, es ist der Blick eines Tieres, der spürbar nichts Gutes verheißt. Man sieht ihm an, dass mit ihm nicht zu spaßen ist, und er kennt kein Erbarmen, obwohl er aus tiefer Liebe entspringt.
So sah mich Grace an.
„In Ordnung“, lenkte ich ein.
Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Trotzdem wissen wir immer noch nicht, wer dieser irische Typ war.“
„Nee. Hat er sonst was gesagt?“
„Bald“, erwiderte sie im Aufstehen. „Wo habe ich meine Jacke gelassen?“
„Im Wohnzimmer“, antwortete ich. „Was meinst du mit >bald<?“ Auf dem Weg zur Tür hielt sie kurz inne und blickte zu mir zurück. „Als er meinte, er käme demnächst mal vorbei. Er legte eine kurze Pause ein, und dann sagte er: >Bald<.“
Sie ging aus dem Schlafzimmer, und ich hörte eine lose Diele knarren, als sie durchs Wohnzimmer ging.
Bald.