71
Kirkus ließ das Schwert sinken, als wäre er
erschöpft und erschrocken über sich selbst.
Eileen schwankte und schnappte nach Luft.
Randy kniete zwischen Caseys Beinen, hielt den
spritzenden Armstumpf hoch und schrie: »Ich brauche Hilfe! Helft
mir! Ruft einen Krankenwagen!«
»Leck mich«, keuchte Eileen.
Stöhnend richtete ich mich auf Händen und Knien
auf.
Ich sah, wie sich einer von Caseys kleinen nackten
Füßen vom Boden hob. Ihr Knie beugte sich, und das Bein bewegte
sich zur Seite, so dass es hinter Randy verschwand.
»Was …?«, sagte er.
Dann flog er nach hinten. Er landete nicht weit von
mir mit dem Rücken auf dem Boden. Sein Kopf schlug auf. Während er
sich stöhnend herumwälzte, stand Casey auf. Sie war
blutverschmiert. Ein Teil des Bluts stammte wahrscheinlich von
Randy, doch das Blut, das an der Innenseite ihrer Schenkel
herabtropfte, musste ihr eigenes sein.
Mit gesenktem Kopf hinkte sie zu Kirkus.
»Kann ich mir das mal ausleihen?«, fragte sie mit
tiefer, rauer Stimme.
Er gab ihr das Schwert.
Randy kreischte: »Du bist tot! Ich hab dich
erschossen!«
»Ja, klar«, sagte sie.
Sie stand über ihm.
»NEIN!« Er versuchte, sich auf den Ellbogen
wegzuschieben.
Ich hielt seinen Rückzug auf, indem ich meinen
rechten Fuß auf seine Stirn stellte.
Aus irgendeinem Grund hatte er trotz seiner frisch
abgehackten Hand immer noch eine Erektion. Zumindest, bis Casey das
Schwert schwang.
Randy kreischte auf.
Dann verlor er das Bewusstsein, und eine
merkwürdige Stille erfüllte den Raum.
Kirkus, Eileen und ich starrten Casey an, während
sie
zu Eileen hinüberging. An ihrem Rücken waren kein Blut und keine
Verletzungen zu sehen.
»Ich dachte, er hätte dich erschossen«, sagte ich
mit zitternder Stimme.
»Er hat nicht getroffen«, antwortete sie, ohne mich
anzusehen. Sie blieb vor Eileen stehen, fasste das Schwert mit
beiden Händen, holte aus und schlug zu. Die Klinge durchtrennte die
Kette der Handschellen und bohrte sich in den Balken. Eileens
linker Arm fiel an ihrer Seite herab.
Der rechte Arm war noch an den anderen Balken
gefesselt, und sie geriet ins Schwanken. Kirkus ging zu ihr.
»Pass auf die Kerzen auf«, warnte ich ihn. »Die
Decke ist mit Petroleum getränkt.«
»Okay«, sagte er nur. Dann zog er die Pfeile aus
Eileens Körper. Sie zuckte jedes Mal zusammen.
Kirkus ließ die Pfeile auf die Decke fallen und
nahm Eileen in die Arme. Casey zerschlug die Kette der Handschellen
auf der anderen Seite. Eileens rechter Arm fiel herab. Sie sackte
zusammen, aber Kirkus hielt sie fest. Aneinandergeklammert
taumelten sie von der Decke herunter. Kirkus ließ Eileen vorsichtig
zu Boden sinken.
Casey hatte das Schwert bereits weggelegt. Sie
kroch auf allen vieren herum und blies die Kerzen aus. Der Raum
wurde langsam dunkler.
Kirkus kam zu mir. »Wie geht’s dem Bein?«, fragte
er.
»Ist getroffen worden.«
»Ich habe die Schüsse gehört«, sagte er.
»Bist du deshalb hochgekommen?«
»Sagen wir, es hat meine Entscheidung
beschleunigt.«
»Schön, dass du gekommen bist«, sagte ich.
»Danke.«
»Das war doch das mindeste, was ich tun konnte,
alter Kumpel. Sieht so aus, als hätte es nicht geschadet, ein
bisschen früher zu kommen.«
»Du hast das ziemlich gut gemacht, Rudy.«
Er ging neben mir in die Hocke und tastete mit
beiden Händen meinen nackten Oberschenkel ab. Ein paarmal strich
eine seiner Hände über meine Genitalien. Natürlich
versehentlich.
»Ich kann keine Austrittswunde finden«, sagte
er.
»Die Kugel steckt wahrscheinlich im Knochen.«
»Aha, in deinem Knochen«, sagte er. Ich rechnete
mit einer geistreichen Anspielung, aber er hielt sich zurück.
Stattdessen zog er ein gefaltetes Taschentuch aus der Hosentasche.
»Mach dir keine Sorgen, es ist sauber.« Er drückte es auf das Loch
in meinem Bein. »Halt es dort fest«, sagte er. »Ich wickle meinen
Gürtel …«
»Hilfe«, murmelte Randy. »Helft mir. Bitte.«
Im schwindenden Licht sah ich ihn den Kopf
heben.
»Immer noch nicht tot?«, fragte Kirkus. »Lass dir
Zeit.«
»Bitte«, ächzte Randy noch einmal.
»Ich helfe ihm«, bot Casey an.
Sie kam mit einer brennenden Kerze in jeder Hand
auf uns zu. Hinter ihr lag der Raum im Dunkeln. Es waren
offensichtlich die beiden letzten brennenden Kerzen.
Nackt und blutig wirkte Casey im Licht ihrer Kerzen
wie eine jugendliche Wilde, die ihre Rolle in einem heidnischen
Ritual erfüllt.
Sie blieb bei Randy stehen und sah auf ihn
hinab.
»Wir sollten die Blutung stoppen«, sagte sie leise
mit heiserer Stimme.
»Lass ihn sterben«, sagte Eileen.
»Dem stimme ich zu«, meinte Kirkus.
»Ich muss tun, was ich kann«, sagte Casey. Sie ließ
sich neben Randys blutendem Handgelenk und nicht sehr weit von mir
auf die Knie sinken. In dem flackernden Licht sah ich Sperma über
das Blut an ihren Oberschenkeln tröpfeln. »Die Wunden müssen
ausgebrannt werden«, sagte sie. »Mal sehen, ob das mit den Kerzen
funktioniert.«
Eileen kicherte leise.
»Na so was«, sagte Kirkus.
Dann erfüllten Randys Schreie den Raum. Und der
Gestank.