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Ich setzte meine Pantomime fort und tat so, als
würde Casey immer noch vor mir knien, während ich zusah, wie sie
eilig weiter auf Eileen zukroch.
Am Rand der Decke ließ sie sich aus ihrem seltsamen
Krebsgang auf den Boden sinken und drehte sich um. Sie schlängelte
sich auf dem Bauch auf die Decke wie ein Soldat, der unter
Stacheldraht durchkriecht.
Dann stützte sie sich auf den linken Ellbogen,
streckte den rechten Arm aus und griff nach dem Docht der ihr
nächsten Kerze. Die Flamme erlosch zwischen ihrem Daumen und ihrem
Zeigefinger.
»Wie süß.«
Randys Stimme. Hinter mir. Ich wirbelte herum. Der
freigeräumte Gang zwischen mir und der Treppe war leer. Dann kam
Randy von der Seite aus dem Gerümpel gesprungen. Er rutschte ein
Stück auf seinen nackten Füßen, blieb stehen und drehte sich zu
mir. Um seinen rechten Oberschenkel trug er einen Verband. Sonst
trug er nichts.
Nackt und glücklich.
Er war erregt, lächelte und hielt eine Pistole in
der rechten Hand.
»Pass auf!«, rief Eileen.
Er hob die Pistole. Es schien eine kleine
Halbautomatik zu sein. »Aus dem Weg«, befahl er mir.
»Sofort!«
Ich richtete mich auf und warf einen Blick über
meine Schulter. Casey lag noch immer auf dem Bauch und löschte
Kerzen. Viele waren bereits erloschen, aber einige brannten noch.
So flach am Boden gäbe sie kein einfaches Ziel ab. Aber Eileen
stand aufrecht an die Balken gekettet und war leicht zu
treffen.
Ich blickte wieder zu Randy und spreizte die Arme
wie ein Basketballspieler, der einen Wurf blocken will.
Er lächelte noch immer. »Blöder Wichser«, sagte er
und schoss.
Es gab einen kurzen trockenen Knall. Eine.22er? Ich
spürte ein schmerzhaftes Stechen an der rechten Seite meines
Brustkorbs.
Ich rannte auf ihn zu.
Durch das Klingeln in meinen Ohren hörte ich ihn
sagen: »Also gut.« Er zielte auf mein Gesicht, grinste, richtete
die Pistole nach unten und schoss mir in den Oberschenkel. Mein
Bein wurde weggerissen. Ich knallte vor ihm auf den Boden. Er
schoss noch zweimal, aber ich wurde nicht mehr getroffen.
Irgendwo hinter mir schrie eine der Frauen vor
Schmerz auf.
Randy lachte. »Das kommt davon.«
Eileen schrie: »Du dreckiger Mistkerl!«
»Du solltest mir dankbar sein«, sagte er. »Sie war
deine Konkurrentin, Dummerchen.«
Ich warf mich nach vorn und griff nach Randys
Beinen, aber er wich mir mühelos aus. »Bist du hinter mir her,
Ed?«, fragte er. »Das beruht auf Gegenseitigkeit.« Plötzlich war er
mit einem Satz bei mir. Er beugte sich über mich, zog an meinen
Armen und drehte mich auf den Rücken. Die Pistole hielt er nicht
mehr in der Hand. Ich fragte mich, wo sie war.
Dann kniete er über mir, streckte meine Arme aus
und presste sie auf den Boden. »Ich mach dich fertig, kleiner
Eddie. Wie ich es versprochen habe.« Er ließ sich auf mich sinken.
Ich spürte seine Erektion an meinem Bauch, seinen Mund auf meinem,
seine Zunge, die sich zwischen meine Lippen schob.
Ruckartig richtete er sich wieder auf. Auf allen
vieren über mir sagte er: »Wir werden richtig Spaß miteinander
haben. Aber eins nach dem anderen. Ich muss mich erst mal um die
Süße kümmern, solange sie noch frisch ist.«
Casey.
»Nein«, sagte ich.
»Keine Sorge. Ich bin gleich wieder da.«
Dann bohrte er seinen Zeigefinger in die Wunde an
meinem Oberschenkel. Der Schmerz breitete sich explosionsartig aus.
Ich musste das Bewusstsein verloren haben, aber nur für einen
kurzen Moment.
Als ich wieder wach wurde, schnitt Eileens Stimme
durch meinen Kopf. »Lass sie in Ruhe, du verdammtes Schwein! Lass
sie los! Nein! Hör auf!«
Ich setzte mich auf und sah, wie Randy
rückwärtsstolperte
und Casey an den Fußgelenken hinter sich her zog. Offenbar wollte
er sie von der petroleumgetränkten Decke befördern, ehe er sich mit
ihr vergnügte.
Sie hatte gute Arbeit geleistet, aber ein paar
Kerzen brannten noch.
Eileen schluchzte und grunzte, zappelte zwischen
den Balken wie ein weiblicher Samson, der den Alptraum stoppen
wollte, indem er das ganze Gebäude niederriss. Aber die Balken
gaben nicht nach. Und die Handschellen auch nicht.
Obwohl der Schmerz durch meinen Körper pulsierte,
schaffte ich es, auf die Knie zu kommen. Ich versuchte aufzustehen,
aber meine Beine versagten den Dienst. Also kroch ich.
Ich krabbelte auf sie zu, während Randy sich mit
dem Rücken zu mir zwischen Caseys Beine auf die Knie sinken ließ
und ihr das Höschen vom Leib riss. Eileen tobte zwischen den
Balken, Schweißtropfen flogen aus ihrem Haar und von ihrer
glänzenden Haut, aus der noch immer drei Dartpfeile ragten.
»Ich bring dich um, Randy!«, brüllte sie. »Lass sie
in Ruhe, oder ich bring dich um!«
Er ließ sie nicht in Ruhe.
Ich kroch, so schnell ich konnte. Ich versuchte
mich aufzurichten, aber fiel hin. Irritiert von dem Geräusch
blickte Randy über die Schulter. Als er sah, dass ich am Boden lag,
lachte er. »Meine Güte. Den Helden wirst du wohl kaum noch spielen
können.«
Dann wandte er sich ab von mir und Casey zu.
»NEIN!«, schrie ich.
»Nicht!«, stieß Eileen aus.
Randys weißer Hintern spannte sich an, als er
zustieß. Jedes Mal, wenn er in sie eindrang, zuckten Caseys kleine
nackte Füße ein wenig.
Dann hörte ich schnelle, klopfende Geräusche,
spürte den Boden unter mir beben und fragte mich, was vor sich
ging. Eileen hörte auf zu zappeln. Randy stieß nicht länger auf
Casey ein. Er stützte sich am Boden ab, drückte den Rücken durch
und sah über die Schulter.
Nun lachte er nicht mehr.
Jemand sprang über mich hinweg.
Er rannte direkt auf Randy zu.
Der große rennende Mann versperrte mir teilweise
die Sicht, aber ich konnte genug erkennen.
Ich sah, dass der Mann Kirkus war. Sah, wie Randy
versuchte, von Casey herunterzuklettern. Sah Kirkus das Katana
schwingen. Sah, wie Randy abwehrend einen Arm hob, wie die erhobene
Hand davonflog, blutspritzend auf das Gerümpel zusegelte und uns
allen zum Abschied winkte.