25

Ich weiß nicht, wie lange ich bewußtlos war. Ein paar Sekunden, vielleicht fünf. Mein Hinterkopf fühlte sich zermatscht an, wo er gegen die Wandung geknallt war, und der Vierpunktgurt übte schmerzhaften Druck auf meine verletzte Schulter aus. Trotzdem, ich lebte noch, das allein zählte. Mein Wohltäter, der milchgesichtige Soldat...

Tja, er lebte nicht mehr. Ohne Halt war er beim Aufprall gegen die Wandung geschleudert worden. Er lag da wie eine verdrehte Puppe, den Rücken auf unmögliche Weise gebeugt und das Gesicht blutverschmiert. Ich sah weg und schluckte die Galle herunter, die in mir hochstieg.

Pilot und Copilot war es nicht besser ergangen, sah ich. Die Nase der Merlin war gegen einen hausgroßen Felsen geprallt und durch den Aufprall zusammengequetscht worden. Die Kanzel sah wie eine Szene aus Splatterpunk VI aus, da aus der Besatzung jegliche Ähnlichkeit mit einer menschlichen Gestalt herausgequetscht worden war.

Im hinteren Teil des Wracks schien sich einer der Soldaten unter Kontrolle zu haben. Es war ein älterer Mann, der mit der Waffe in der Hand aufgesprungen war und seinen Zug anbrüllte. (Ein Sergeant? Oder wurde im hawai'ianischen Militär ein Zug von einem anderen Dienstgrad kommandiert?) »E hele!« bellte er. »Los, los, los!«

Um mich herum griff jetzt die militärische Ausbildung. Die jungen Soldaten mußten fast so erschüttert sein wie ich, aber wenn man von einem Vorgesetzten angebrüllt wird, bedarf es keiner intellektuellen Leistung, um zu gehorchen. Tief verwurzelte Reflexe übernehmen. Soldaten befreiten sich von ihren Gurten, sprangen auf und überprüften ihre Waffen. Pohaku und Kono ebenfalls. Die einzigen, die nicht reagierten, waren ich selbst, Akaku'akanene und der tote Soldat, der zusammengekrümmt im Gang lag. Der Sergeant brüllte erneut ...

Und meine eigene Ausbildung meldete sich zu Wort wie ein Geist aus der Vergangenheit. Keine Militärausbildung, aber das Zweitbeste, Lone Star. Ich löste meinen Gurt, und meine Reflexe ließen mich aufspringen. Ich sah mich nach dem Ausgang um. Es gab nur die eine Tür in der Wandung, durch die wir eingestiegen waren. Das ergab nicht besonders viel Sinn, oder? Wie sollte man Kampftruppen ausladen - möglicherweise sogar unter Beschuß -, wenn einem dafür nur eine armselige kleine Ausstiegluke zur Verfügung stand?

Eine Erschütterung, die mir durch Mark und Bein fuhr, beantwortete diese Frage. Ich hatte dem hinteren Teil der Passagierkabine keine besondere Beachtung geschenkt. Zwar war mir aufgefallen, daß der Boden hinter den letzten Sitzen im Winkel von fünfundvierzig Grad nach oben zeigte, hatte das aber für ein konstruktionsbedingtes Merkmal gehalten und nicht weiter darüber nachgedacht. Jetzt begriff ich. Die aufwärts geneigte Metallwandung war zu einer abwärts geneigten Metallrampe geworden und von Explosivladungen vom Rest der Wandimg abgesprengt worden. Bevor die Echos verklungen waren, hallten die Schritte der Soldaten auf dem Metall, als die Soldaten die Rampe hinunterrannten. Pohaku und Kono waren ihnen auf den Fersen, wobei die Frau lange genug innehielt, um mir noch einen vielsagenden ›Jetzt oder nie‹-Blick über die Schulter zuzuwerfen.

Währenddessen mühte sich Akaku'akanene mit dem Vierpunktgurt ab. Mit einem Seufzer ging ich in die Hocke und half ihr dabei, das Geschirr zu öffnen und die Riemen über ihre schmalen Schultern zu zerren. »E hele«, sagte ich zu ihr, und sie nickte. Während sie nach hinten zur Rampe eilte, holte ich mein Ares-Sturmgewehr unter dem Sitz hervor. Ich wollte ihr folgen, doch dann kam mir ein anderer Gedanke.

Die Soldaten waren mit ihren Sturmgewehren ausgerückt, aber viele von ihnen hatten ursprünglich auch noch andere Waffen bei sich gehabt. Nun, wo sich die Dinge hier oben im Haus der Sonne ziemlich übel entwickelt hatten, war es da nicht sinnvoll, mich noch nach einigen Dingen umzusehen, die mir vielleicht helfen konnten?

Es war hart, das Ekelgefühl zu überwinden, aber ich schaffte es, mich dem Soldat mit dem gebrochenen Genick so weit zu nähern, daß ich seine Bewaffnung sah. Haufenweise Granaten, aber die rührte ich nicht an. (Ich bin nie in ihrem Gebrauch unterwiesen worden, und um die Wahrheit zu sagen, ängstigten mich »persönliche Sprengwaffen‹ zu Tode. Ich konnte mir viel zu leicht vorstellen, wie ich den Stift abzog und dann in Panik geriet... und den Stift anstelle der Granate warf. Wumm.)

Aber ich sah auch etwas, das schon eher mein Kaliber war. In einem Spezialhalfter auf der rechten Seite steckte etwas, das wie die großkalibrigste Pistole der Welt aussah. Ich zog sie heraus und drehte und wendete sie in den Händen. Es war eine Granatwerfer-Pistole. Was sollte es sonst sein? Hinter dem Pistolengriff befand sich das Magazin, und die digitale Anzeige an der Waffe verriet mir, daß sechs Schuß nur darauf warteten, abgefeuert zu werden. Sahne. Ich vergewisserte mich gründlich, daß die Waffe gesichert war, bevor ich sie unter einen Halteriemen meiner Kampfweste klemmte. Ich nahm mir noch ein Magazin mit Granaten und schob es tief in eine Tasche. Dann trabte ich die Rampe hinunter...

Und mitten hinein in den schlimmsten Trip eines Chipheads. Über mir wallten die schwarzen Wolken wie eine Flüssigkeit und wurden von einem heißen, trockenen Wind durcheinandergewirbelt, der mit unsichtbaren Händen an meiner Kleidung und meinen Haaren zupfte. Zerschmettertes Gestein bewegte sich und schwankte unter meinen Füßen, während ich das Gleichgewicht zu halten versuchte. Der ganze Vulkan schien unter einer tiefen, fast sublimen Vibration zu beben. Meine Eingeweide verkrampften sich, was mir dabei half, mir nicht in die Hose zu machen. Nicht aus Angst - Drek, natürlich hatte ich Angst, aber daran lag es nicht. Es war, als würde das Geräusch selbst meine Gedärme in brodelnden Aufruhr versetzen.

Die Merlin hatte sich in die Ausläufer eines hundert Meter hohen Schlackehügels gebohrt. Der abfallende Boden war mit Felsbrocken übersät, die in der Größe zwischen Geschirrspülmaschine und Haus rangierten. Das wabernde Licht, bei dem es sich um Projekt Sonnenfeuer handelte, war dort unten - vielleicht einen halben Kilometer entfernt, einen zerklüfteten Abhang hinab und auf dem geschwärzten und verkohlten Boden eines kleineren Kraters. Der große Lichtfächer - der Nimbus aus leuchtender Luft - ragte vor mir auf und wurde von den wallenden Wolken reflektiert. An seiner Basis, inmitten der leblosen Lichtpunkte der Bogenlampen, sah ich Gestalten, die sich bewegten.

Ein halber Kilometer - das sind 500 Meter, eine ziemliche Entfernung, um Einzelheiten zu erkennen. Aber vielleicht lag hier irgend etwas in der Luft - ob magisch oder nichtmagisch wußte ich nicht -, das die Dinge klarer machte. Die Gestalten waren winzig, aber ich konnte dennoch einige Wesenszüge ausmachen. Zum einen tanzten sie, ein rundes Dutzend von ihnen. Sie stampften und drehten sich, während sie das Zentrum des unnatürlichen, flüssigen Lichts umkreisten. Sie waren so gut wie nackt. Männer und Frauen gleichermaßen trugen lediglich Lendentücher und Kopfbedeckungen aus Gras. Die Kahunas des Projekts ›Sonnenfeuer‹.

Ein Dutzend Meter zu meiner Rechten standen Po-haku und Kono wie Statuen und starrten in fassungslosem Erstaunen auf das Spektakel. Ich ging zu ihnen und beschleunigte meine Schritte, als ich sah, daß sich der Sergeant Pohaku näherte. Ich schaffte es rechtzeitig, um den Sergeant fragen zu hören: »Wie lauten unsere Befehle?«

»Dem ein Ende zu bereiten«, schrie ich fast, indem ich nach unten auf den Tanz und auf das Licht zeigte. »Es ist mir egal, wie ihr das tut, aber tut es, karimasu-ka?«

Das Gesicht des Sergeants wurde zu einer steinernen Maske, und er wandte sich an Pohaku, als existiere ich nicht.

Ich packte ihn an der Schulter und zerrte ihn zu mir herum, und zwar mit der linken Hand, dem Cyberarm mit erhöhter Kraft. Abgebrühter Soldat oder nicht, bei Gott, er drehte sich zu mir um. »Hör gut zu, Bursche!« schrie ich ihn an. »Eure Befehle lauten, dem ein Ende zu bereiten! Dieser Befehl stammt direkt vom verdammten Ali'i, verstanden?« Ich fummelte in meiner Tasche herum und zückte das Sheriff-Abzeichen, das mir Ho bei unserer ersten Begegnung gegeben hatte. »Siehst du das?« bellte ich, wobei ich ihm das Ding so nah vor das Gesicht hielt, daß er schielte. »Vom verdammten Ali'i, ja? Und jetzt los!«

Der Sergeant tat, was jeder Militär-Typ immer tut, wenn er von jemandem laut genug und mit genügend Selbstvertrauen angeschrien wird. Er salutierte wie aus dem Lehrbuch, dann vollführte er eine zackige Kehrtwendung und trabte davon, während er seinen Leuten Befehle auf Hawai'ianisch entgegenbrüllte.

Ich konnte den Haß, den Pohaku in verdammten Wellen ausstrahlte, förmlich spüren, aber im Moment war mir nichts gleichgültiger als sein gekränktes Ego. Ich drehte ihm den Rücken und lief zu Akaku'akanene, die in den Krater starrte. »Was geht da unten vor?« wollte ich wissen. »Was, zum Teufel, treiben die da?«

In dem verrückten Hexenlicht, das in der Luft lag, sah ihr Gesicht wie das einer Leiche aus. »Sie schwächen den Schleier«, sagte sie in einem schaurigen Flüsterton. »Und bereiten sich darauf vor, ihn ganz wegzuziehen.«

»Wie lange noch? Wie weit sind sie?«

»Weit«, antwortete sie schlicht.

»Dann sollten wir uns besser beeilen, oder?« Ich machte mich auf den fünfhundert Meter langen Weg den Geröllhang hinab und in den Krater, wo der Tanz stattfand. (Was, zum Teufel, wirst du tun, wenn du dort ankommst? fragte eine innere Stimme. Halt verdammt noch mal das Maul! antwortete eine andere innere Stimme höflich.) Um mich herum sah ich, daß die Soldaten ebenfalls den Geröllhang hinunterliefen. Kono und Akaku'akanene machten Anstalten, mir zu folgen. Pohaku stand immer noch unentschlossen im Schatten der abgestürzten Merlin. Nun, zum Teufel mit ihm, wenn er keinen Spaß verstand. Ich rannte weiter, verlor jedoch gegenüber den ausgebildeten und körperlich fit-ten Soldaten rasch an Boden.

Und da schlugen die Geister wieder zu - vielleicht dieselben, welche die Merlin zum Absturz gebracht hatten, vielleicht auch ein anderer Haufen. Sie stürzten sich wie Thorhämmer von oben auf uns herab - Feuer, Wind und Wasser und Gott weiß, was noch. Sie griffen zuerst die Soldaten an, die jungen, abgebrühten Männer und Frauen, die dem keuchenden, ehemaligen Polizeiinspektor, der völlig außer Form war und mit ihnen mitzuhalten versuchte, mühelos enteilt waren. Einige der Soldaten sahen die Geister kommen und hatten genug Zeit, ihre Waffen hochzureißen und zu schießen. Auf die meisten traf das nicht zu. Nicht, daß es einen Unterschied gemacht hätte. Salven von Leuchtspurgeschossen, Granaten, was auch immer - alles ging einfach durch die angreifenden Geister hindurch, als seien sie gar nicht da. Und dann waren die Geister zwischen den Soldaten, und das Gemetzel begann.

Ich drehte mich um und rief über die Schulter: »Akaku'akanene! Tu irgendwas!«

Die vogelknochige Schamanin blieb wie angewurzelt stehen, schloß die Augen und fing an zu singen. Doch es war zu spät für die Soldaten. Sie waren alle tot - oder so gut wie -, bevor sie auch nur die ersten Noten ihres krächzenden Liedes herausbekam. Unter mir amüsierten sich einige der Geister immer noch mit den Leichen ihrer Opfer - indem sie sie in kleine Stücke rissen, sie hoch in die Luft trugen und dann auf die Felsen fallen ließen oder sie mit Feuer verbrannten und ihre Munition zur Explosion brachten. Während ich vor Entsetzen wie erstarrt zusah, schienen einige der Geister mich und die anderen zum erstenmal zu bemerken. Sie ließen von den Leichen ab und eilten den Geröllhang herauf und uns entgegen.

Als sie kamen, hatte ich mein Sturmgewehr angelegt, aber ich versuchte erst gar nicht abzudrücken. Ich war tot, wenn diese Geister mich erreichten.

Natürlich erreichten sie mich nicht. Sie wichen von ihren geraden Linien ab und rasten in den Himmel wie Flugzeuge, die im letzten Augenblick hochzogen, bevor sie gegen ein zuvor unsichtbares Hindernis prallten. Unmenschliches Geschrei und Geheul hallte mir in den Ohren - die Wut und Enttäuschung der Geister darüber, nicht zu ihrer Beute vordringen zu können. Hinter mir sah ich, wie sich Kono und Pohaku ganz dicht um Akaku'akanene scharrten, und ich nahm an, daß sie die richtige Idee hatten. Was die Neneschamanin auch tat, ich wollte es nicht auf einen Test ihrer Reichweite ankommen lassen.

Über uns stürzten sich die Geister wieder aus dem Himmel herab auf uns, aber bevor sie uns erreichten, drehten sie erneut ab. Sekunden später umkreiste uns noch ein Dutzend mehr dieser verdammten Dinger, die die Luft mit ihrem Gekreisch erfüllten. Zu keinem Zeitpunkt näherten sie sich Akaku'akanene auf weniger als fünfzehn Meter, und mir wurde verspätet klar, daß sie dieselbe Annäherungs-Ausweich-Reaktion zeigten wie die Geister, die den entfernten Tanz umkreisten.

»Was, zum Teufel, sind sie?« fragte ich Akaku'akanene in einem heiseren Flüsterton.

Ich hätte Verständnis dafür gehabt, wenn die Kahnna mir nicht geantwortet hätte. Drek, bei mir mußte die Neugier immer hinter dem Überleben zurückstehen. Sie öffnete zwar nicht die Augen, unterbrach ihr Lied aber lange genug, um zu sagen: »Hütergeister.«

»Gewittergeister? Vulkangeister? Was?« hakte ich nach.

»Beides. Keines. Hütergeister Sie nahm ihr Lied wieder auf, und ich ließ sie in Ruhe.

Was, zum Teufel, sollte ich jetzt tun? Akaku'akanene war das einzige, was uns die ›Hütergeister‹ vom Halse hielt. Irgendwie glaubte ich nicht, daß sie mich in ihren Schutz einbeziehen konnte, während ich einen halben Kilometer durch die vulkanische Einöde trabte, um die Tänzer zu erreichen. (Und was, zum Teufel, wirst du tun, wenn du dort ankommst? fragte eine innere Stimme. Halt verdammt noch mal das Maul! antwortete eine andere innere Stimme.) Und ich konnte mir auch nicht vorstellen, wie sie den Schild (oder was es war) aufrechthielt, während sie neben mir hertrabte. Vielleicht konnte sie langsam gehen und trotzdem noch die Geister abwehren ... aber würden wir die Tänzer noch rechtzeitig erreichen?

»Drek!« rief ich frustriert. »Es sind doch Hüter, oder nicht? Kannst du ihnen nicht einfach sagen, daß sie uns in Ruhe lassen sollen?« Ich gestikulierte wild in Richtung der Tänzer. »Schließlich versuchen wir, dem ein Ende zu bereiten. Ich dachte, das wollten die Geister auch. Begreifen sie das denn nicht?«

Akaku'akanene nickte und unterbrach ihr Lied lange genug, um zu sagen: »Ja. Sie wollen die Struktur erhalten.«

»Warum sollten sie dann uns umbringen wollen?«

»Ich weiß es nicht.« Und wiederum setzte sie ihr rauhes Lied fort.

Sahne. Das einzige, was die Dinge noch verschlimmern konnte, war...

Und wie als Antwort auf meinen Gedanken war er auch schon da. Quirin Harlech erschien vielleicht fünfzehn Meter unterhalb von mir, indem er in einem prismatischen Lichtschimmer materialisierte. Sogar auf diese Entfernung konnte ich spüren, wie jene zwei Laser, die er Augen nannte, Löcher in mich brannten. Seine Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen, und er setzte zu einer (zweifellos vernichtenden) Bemerkung an.

Bevor er auch nur ein einziges Wort herausbekam, sah ich, wie sich seine Augen weiteten und aufwärts zuckten. Er warf die Arme in die Luft, und die Luft direkt über seinem Kopf flimmerte plötzlich wie vor Hitze.

Keinen Augenblick zu früh. Der Hütergeist, der sich mit Höchstgeschwindigkeit auf den Schädel des Elfs hatte stürzen wollen, prallte gegen Quirins magischen Schild und von ihm ab wie ein Basketball von einer Betonmauer. Der Elf beschrieb eine weitere, beiläufigere Geste, und der Geist stieß ein verzweifeltes Kreischen aus und wurde wie von unsichtbaren Krallen zerfetzt.

Er hatte weniger als eine Sekunde gebraucht, um sich des angreifenden Geistes zu entledigen, aber das war lange genug für die anderen Hütergeister - für diejenigen, die Akaku'akanenes magischen Schild umschwirrten -, um seine Existenz zur Kenntnis zu nehmen. Und, ihren Handlungen nach zu urteilen, zu dem Schluß zu gelangen, daß er eine größere Gefahr für ihre kostbare Struktur war als wir. Von dem Dutzend Geister, das uns umschwärmte, drehten die meisten ab und rasten auf Quentin Harlech zu.

Ich hörte den Elf in irgendeiner flüssigen, komplexen Sprache fluchen. Er streckte den angreifenden Geistern eine zur Klaue gekrümmte Hand entgegen. Die Hälfte von ihnen platzte auseinander und bespritzte das Gestein unter ihnen mit dem Geister-Äquivalent von Blut und Gedärmen. (Vielleicht Ektoplasma...?) Die anderen ließ der Tod ihrer Gefährten anscheinend völlig kalt, da sie weiterrasten und dabei wie aufgepeppte Banshees kreischten. Quirin runzelte die Stirn. Er beschrieb eine weitere Geste, und ein weiteres halbes Dutzend Geister explodierte.

Damit hätten eigentlich alle erledigt sein müssen, doch plötzlich war der Elf von mehr kreischenden Geistern als zuvor umringt. Woher, zum Teufel, kamen sie?

Es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff. Die Anwesenheit des Elfs zog Geister aus der Umgebung des eigentlichen Tanzes ab. Als ich genauer hinsah, stellte ich fest, daß sich ein beständiger Strom Geister von den Tänzern löste und zu Quirin flutete.

Er kämpfte gut, der belagerte Elf. Ich weiß nicht, wie viele Hütergeister er in ektoplasmische Fetzen zerriß und in Wolken aus Asche, Rauch oder herabregnenden Fröschen verwandelte. Dutzende. Aber für jeden, den er geekte, tauchten zwei neue auf. Nach einer halben Minute waren die Hütergeister so zahlreich geworden, daß ich den Elf nicht mehr sehen konnte.

Schließlich hörte ich ein scharfes »Drek!« aus dem Tumult der Geister. Dann flackerte ein strahlendes prismatisches Licht auf, das teilweise von den Schwärmen der Hütergeister verdeckt wurde, und ich wußte, daß Quirin geflohen war.

Als er verschwunden war, rechnete ich damit, daß die Geister ihre Aufmerksamkeit wieder auf uns konzentrieren würden.

Und, um aufrichtig zu sein, ich rechnete damit zu sterben. Es gab so viele von den verdammten Dingern -so viele, daß sogar Quirin Harlech zu dem Schluß gekommen war, daß Vorsicht der bessere Teil der Tapferkeit war. Wenn der Elf es nicht mit ihnen aufnehmen konnte, wie sollte uns dann Akaku'akanene vor ihnen schützen?

Doch sie kamen nicht. Sie wirbelten immer noch dort in der Luft herum, wo der Elf gestanden hatte, als suchten sie nach ihm. Ich sah mich um. Kein Geist achtete auf uns - kein einziger. Und, Drek, damit war meine letzte Ausflucht dahin.

Plötzlich lachte ich. Auf dem Rollfeld auf Oahu hatte Quinn Harlech zu mir gesagt, er könne Dinge vollbringen, zu denen ich nie in der Lage sein würde, nicht? Dinge, ohne die ich niemals Erfolg haben konnte? Tja, das hatte er gerade bewiesen, oder? Er hatte die Geister abgezogen, die zwischen mir und meinem Ziel standen...

Bevor ich es mir anders überlegen konnte, umklammerte ich mein Sturmgewehr fester und machte Anstalten, den Geröllhang zu den Tänzern hinunterzulaufen.