Fragment 64

»Die Massenfertigung der Substanz ist angelaufen?«

»Ja.«

Carruaca hasste diese Treffen. Vor allem, da sie jetzt darauf bestanden, dass er wöchentlich einen Bericht abzuliefern hatte, und dieses Frage-und Antwortspiel den immer gleichen stupiden Mustern folgte.

»Die Droge ist bereit für den Markt. Die ersten Dosen werden spätestens zum Jahreswechsel in allen Grundnahrungsmitteln zu finden sein. In den USA, Japan und Europa werden die ersten Menschen schon viel früher mit der Droge in Kontakt kommen. Unsere neuen Bio-Produkte und Nahrungsergänzungsmittel werden sehr gut angenommen. «

»In allen Grundnahrungsmitteln?«

»Ja, in allen. Unsere Agenten verteilen Spuren der Substanz in den Produkten global aufgestellter Lebensmittelkonzerne.«

»Und in den Entwicklungsländern?«

»Auch hier sind die weltweit agierenden Chemie-und Lebensmittelkonzerne unsere verlässlichsten Partner. Die Genforschung ist für uns der Schlüssel zum Erfolg. Überall auf der Welt kommen neue Pflanzensorten zum Einsatz, die in erster Linie unseren Plänen in die Hände spielen.«

»Wie lange wird es dauern?«

»Da wir eine frühzeitige Entdeckung der Chemikalie verhindern wollen, werden wir nur sehr kleine Dosen pro Nahrungsmitteleinheit beimengen. Bis die von uns gewünschte Durchdringung erreicht ist, wird es 30 bis 50 Jahre dauern. Danach kann die Dosis in beliebig großen Schritten erhöht werden; bis die Verwandlung abgeschlossen ist.«

»Die Menschen werden dann nicht mehr misstrauisch sein und Nachforschungen anstellen?«

»Ein paar wird es immer geben. Doch das wird ein vernachlässigbarer Prozentsatz sein. Diese resistenten Subjekte kann man sehr leicht diskreditieren und unschädlich machen. Verschwörungstheoretiker wird es immer geben, und die Masse wird die Realität ohnehin nur noch durch unsere Filter wahrnehmen. Bis dahin werden auch fast alle Medienkanäle in unseren Händen sein und nur noch unsere eigene Wahrheit verbreiten.«

»Konsum ist der einzig wahre Weg zur Glückseligkeit. Sehr gut. Welche Fortschritte machen Sie bei der Suche nach der Rächerin?«

Carruaca hatte gehofft, dass der Erste diese Frage nicht stellen würde. Doch das war ein törichter Wunsch gewesen. Natürlich musste er diese Frage stellen. Und Carruaca hatte darauf keine zufriedenstellende Antwort, das würde dem Ersten nicht gefallen.

»Ich bin gerade dabei, mehrere Personen ausfindig zu machen, die mit großer Wahrscheinlichkeit Kontakt zu ihr hatten oder noch haben«, versuchte er den Ersten hinzuhalten. »Es gibt mindestens eine Person, von der ich mit Sicherheit weiß, dass sie mit der Rächerin verkehrt. Auch wenn diese Person keine Ahnung hat, wer oder was Krylova ist, wird eine Analyse …«

Der Erste hatte genug gehört. Er senkte den Kopf, erhob sich von seinem Thron und verließ schweigend den Raum. Carruaca atmete erleichtert auf. Der Zweite begleitete ihn zur Tür.

»Wer ist diese Person?«

»Ein Journalist«, log er. »Einer, den ich vor Jahren kennengelernt habe.«

»Hans Wels?«

Carruaca zuckte zusammen.

»Woher kennen Sie seinen Namen?«

Der Zweite lächelte wissend.

»Sie sollten nie vergessen, mit wem sie es zu tun haben. Beim nächsten Treffen wünschen wir erste Ergebnisse. Die Rächerin muss gefasst werden, sie darf nicht zur Ruhe kommen. Sie haben schon einmal versagt. Ich hoffe, Sie verstehen?«

Carruaca verstand und er würde dafür Sorge tragen, dass sie ihm nicht noch einmal entwischte.

»Es wird Zeit, die Killermaschinen zu testen.«