Wo soviel Rauch ist, muß auch Feuer sein

 

Harmlos und vernünftig kommt der Satz daher und ist doch eine der giftigsten Redensarten im Zusammenhang mit den Luftbuchungen der Esoterik, der Kulte, der Bewegungen. Man kann tatsächlich nicht nach Indien gehen, um zu prüfen, ob ein Guru wirklich fliegt, und wenn so viele es behaupten, wieso sollte dann nicht »etwas Wahres daran sein«? Indem die Welt zu einem Dorf geworden ist, wurde sie zu einem sehr seltsamen Dorf: man kann nämlich nicht einfach zum Brunnen gehen und nachschauen, ob das Wasser in Ordnung ist. Im globalen Weltdorf fließt ein seltsam entmaterialisiertes Wasser namens »Information«, und es hat selbst schon Züge des Gerüchts an sich, weil seine Qualität, so fern seiner Quelle, jeder Überprüfbarkeit entzogen ist. Wieviele Schadstoffe mag es enthalten? Andererseits ist es eine der herausragenden Eigenschaften der Intelligenz, aus ungeprüften Teilinformationen Gesamtzusammenhänge zu erschließen, die dennoch zutreffen. Wir verlassen uns jederzeit auf unzuverlässige Informationen, bis hinab zu der Ebene, wo wir einen Ball als solchen erkennen, obwohl er zu zwei Dritteln von einem Türrahmen versteckt ist. Unsere evolutionäre Ausstattung schon empfiehlt uns, ungeprüfte Informationen zu Vermutungen zu verdichten, weil wir die Wege zur Entscheidung abkürzen müssen, bevor wir handeln. Darüber hinaus ist entwicklungpsychologisch eine Phase des Glaubens an unsere Eltern oder an sonstige Bezugspersonen unverzichtbar. Was uns die Großen sagen, müssen wir eine Zeit lang glauben dürfen, weil es uns die Welt erschließt und vor Gefahren warnt, denen wir sonst blind erliegen würden. Von vielen Seiten wird uns also der Glaube an unüberprüfte Aussagen nahegelegt.

Gleichgültig, wie schwer wir später enttäuscht werden: Wir wollen glauben und vertrauen. Das ist die schärfste Waffe der Gerüchtemacher im Kampf um die Kontrolle unseres Bewußtseins. Was den fliegenden Guru angeht, so hilft der common sense: Es ist noch kein Mensch ohne Hilfsmittel geflogen. Wenn die Überzeugungskraft der großen Zahl als Argument bemüht wird (»Millionen gehören meiner Bewegung an«), hilft eventuell Sarkasmus: »Freßt Scheiße, Milliarden Fliegen können nicht irren!« Gegen den grundsätzlichen Wunsch, dem Schein zu glauben, Erscheinungen für Erscheinungen zu halten, hilft nichts.