Zusatz
Der Hegemonieanspruch der Rationalität kann nur dort glaubwürdig vertreten werden, wo er seine Grenzen kennt. Glauben und Wissen können nur dort voneinander zuverlässig getrennt werden, wo sie von beiden Seiten an die Membran drängen, die sie trennt. »Die wichtigste Funktion von Kunst und Wissenschaft ist es, ein umfassendes religiöses Gefühl zu wecken und lebendig zu erhalten.« Das hat niemand anders gesagt als Albert Einstein. Was wie eine Steilvorlage für den handelsüblichen esoterischen Unsinn klingt, ist das Gegenteil, weil eine persönliche Überzeugung hier eben nicht als Teil des wissenschaftlichen Werks selbst begriffen wird. Diese Überzeugung ist kein Teil der Relativitätstheorie. Einstein verdeutlicht durch diese Einlassung den religiös gefärbten humanen Hintergrund, vor dem er forschte und der den Vollrationalen, die später die Bombe bauen, immer fehlt. Es ist derselbe Hintergrund, der einen Joseph Weizenbaum so bitter und langanhaltend gegen die Wahnideen aus der sogenannten »Künstlichen Intelligenz« ankämpfen ließ. Als aufgeklärte Aufklärer haben beide die Fallen vermieden, die Intelligenz und Ehrgeiz so gerne aufspannen, vor allem für intelligente Leute, die glauben, daß sie alles können. Die Pauschalablehnung von Glauben, Phantasie, Gefühl und Intuition endet zu oft bei der Haltung des verbohrten Vernunftsklerus, der in seinen Hochsicherheitslabors nach allen Regeln der Vernunft den nächsten Alptraum kreieren und ihn in philosophischen Seminaren gelassen und vernünftig rechtfertigen. »Denn Philosophie hat nicht die Aufgabe, Geschichte zu sein, über die man in Hörsälen spricht. Philosophie hat die Aufgabe, Züchtung zu bewirken.« 5 Das ist, man staunt, ein Zitat von Max Bense aus der Zeit des Nationalsozialismus, und der schlechte Geschmack, den es im Mund hinterläßt, verdeutlicht schlagend die Reize, die die nur Rationalen dem Terror gelegentlich abgewinnen können.