UKW

 

Die einen beten den Geist an, der durch das Radio zu ihnen spricht, die anderen möchten ihren eigenen Geist vor der Verunreinigung durch die Medien schützen und lassen sie komplett hinter sich. Es kennzeichnet meistens ein fortgeschrittenes Stadium der Hingabe an den Unsinn, wenn ein Esoteriker sagt: »Fernsehen und Radio? Nein danke. Zeitungen lese ich auch keine mehr. Ich brauche so etwas nicht.« Der seltsame Glanz in den Augen der esoterischen Medienverweigerer kündet von ihrer Überzeugung, höhere, bessere, reinere Quellen des Wissens zu haben, die durch den alltäglichen medialen Wust aus Blut, Schweiß und Tränen nur verunreinigt würden. In Wahrheit ist ihnen der Mut zum Hinsehen vergangen, und sie möchten es nicht zugeben. Die Anstrengung, Nachrichten aus verschiedenen Quellen zu vergleichen, zwischen den Zeilen zu lesen, das Gedächtnis mit widersprüchlichen Meldungen zu den gleichen Vorgängen zu belasten, ist ihnen zuviel. In Selbstverantwortung die Dosierung zu bemessen, in der sie sich dem Dreck der Welt aussetzen wollen, gelingt ihnen nicht. Die reflexhafte psychische Abwehr als Symptom der Regression gerät ihnen zum narzißtischen Beweis der eigenen Souveränität: Was brauche ich auf den Gipfeln der Wahrheit diese Niederungen der Alltagskultur? Zuzugeben, daß man eigentlich überfordert ist, und das mit gutem Grund, wäre eine Möglichkeit. Die Esoteriker wählen aber den Ausweg der narzißtischen Realitätsverleugnung. Und wie verlockend ist dieser Ausweg, wenn man nicht llig abgestumpft ist und gleichzeitig seinen Stolz hat!