Zusatzklausel
Eine der unangenehmsten Nebenwirkungen der ins Kraut schießenden Verschwörungstheorien ist der Rückschlag, den sie in der Realität verursachen. Dinge, die nicht die Verschwörungstheoretiker, sondern reale Menschen in der realen Welt ausgeheckt haben und die bisweilen die abstrusesten Phantasien der Paranoiden in den Schatten stellen, können im Handumdrehen in das Reich der Phantasie verwiesen werden, weil sie so phantastisch klingen. Ein bürgerlich-liberales Bewußtsein, das, wenn überhaupt an irgend etwas, dann nur noch an der Fortschreibung des Status quo interessiert ist, hat als Ersatz für den totalen Ideologieverdacht, den Adorno ihm attestierte, den totalen Verdacht auf Paranoia entdeckt. Reflexartig wird jede Vermutung über die schattigen Rückseiten der offiziellen Politik und der offiziellen Zeitungsgeschichtsschreibung als »Verschwörungstheorie« gebrandmarkt, auch wenn Erfahrung und Geschichte manche dieser Vermutungen durchaus sinnvoll erscheinen lassen. Je deutlicher das republikanische Ideal einer informierten und mündigen Öffentlichkeit durch das klandestine Verhalten politischer und wirtschaftlicher Eliten ausgehöhlt wird, desto mehr muß so getan werden, als habe es noch Gültigkeit. Und es ist ja auch Vorsicht geboten gegenüber dem Gerede, die CIA sei an allem schuld, was bei Bedarf auch in die sattsam bekannten Wahnphantasien über die Allmacht der Freimaurer und der Juden umschlagen kann. Wenn sich aber dann die gentlemen’s agreements und ihre katastrophalen Folgen als nicht nur theoretisch, sondern schlicht und ergreifend als wahr herausstellen, treffen sie auf eine abgestumpfte Öffentlichkeit, der die Realität plötzlich nur noch wie der neueste Aufguß einer Verschwörungstheorie vom letzten Fernsehabend vorkommt. Was im Film mit wohligem Schauder konsumiert wurde, erweist sich in der Realität als so bitter, daß es nur noch lähmt.