7. KAPITEL
Eines war Danika sofort klar gewesen, als sie, zermürbt von einem weiteren schrecklichen Albtraum, in Reyes’ Bett erwachte: Es ging nicht! Sie schaffte es nicht! Sie konnte nicht hierbleiben! Egal wie wichtig ihre Mission war. Nicht mit Reyes. Seine körperliche Anziehungskraft war einfach zu groß, eine unkalkulierbare Gefahr für sie …
Dabei hätte eigentlich blanker Hass in ihr aufbrodeln müssen, sobald sie ihn nur ansah. Hass, Wut und Gewalt. Doch immer, wenn sie verstohlen in seine dunklen, unergründlichen Augen blickte, in diese Seen voller Weisheit und Schmerz, dann verspürte sie … etwas anderes. Sie ertrank darin, wobei Teile von ihr starben und sich anschließend neu formierten, neu zusammensetzten. Für ihn. Nicht für ihre Familie, auch nicht für ihr eigenes Überleben, sondern für ihn.
Wie konnte sie den Zweck ihres Aufenthaltes hier so vergessen? Wie war das möglich? Wie konnte sie Reyes ihre Arme entgegenstrecken, nachdem seine Leute sie vor Wochen gekidnappt und ihr jetzt sogar das armselige Leben genommen hatten, das sie sich mühsam wieder aufgebaut hatte? Wie konnte sie sich bloß wünschen, in seinen Armen Trost zu finden – und viel schlimmer noch: mit ihm zu schlafen? Wie war es ihm gelungen, in ihre intimsten Fantasien vorzudringen und dort ihre ursprünglichsten Triebe zu wecken?
Weil sie keinen anderen Plan hatte, war sie aus dem Bett gesprungen und einfach aus dem Zimmer gerannt. Sie war ziemlich weit gekommen, dann jedoch umgedreht, weil sie fürchtete, hinter der nächsten Ecke plötzlich einem von Reyes’ Freunden gegenüberzustehen. Schließlich hatten ihre Beine nicht mehr mitgemacht, und sie hatte hier, in diesem Treppenaufgang, eine Pause eingelegt.
Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, um nicht noch mehr auszukühlen. Ihre innere Kälte war zurückgekehrt, sie zitterte am ganzen Körper. Nur einmal in letzter Zeit war ihr warm gewesen: in Reyes’ Armen.
„Danika!“
Wenn man vom Teufel spricht – oder besser: vom Dämon. Reyes’ Stimme hallte durch den Flur, Panik schwang darin mit – und etwas Messerscharfes. Sie lehnte ihren Kopf gegen das Treppengeländer, benommen vor lauter Müdigkeit. Los, lauf weiter! Doch sie blieb sitzen. Sie konnte es gar nicht erwarten, ihn zu sehen. Wie eine Verrückte.
„Danika!“ Die Stimme kam näher.
Sie machte sich erst gar nicht die Mühe zu antworten. Er würde sie eh früh genug entdecken, nicht nötig, ihm auch noch zu helfen.
„Dani…“
Die letzte Silbe ihres Namens blieb unausgesprochen, dafür streifte ein Luftstoß ihren Hals. Reyes musste abrupt stehen geblieben sein. Sie konnte ihn nicht sehen, nicht einmal aus den Augenwinkeln, aber sie spürte seine Wärme in ihren Knochen. Oh Gott, wie warm er war. Augenblicklich hörte sie auf zu zittern.
Dann plötzlich war er da, saß neben ihr, seine Oberschenkel berührten ihre. Kleine Elektrostöße durchliefen ihren Körper. Sie schluckte.
Lange saßen sie einfach nur schweigend da.
Schließlich sah sie ihn an. Ihr Blick wanderte von seinen schlammbespritzten Stiefeln zu seiner zerrissenen Jeans, dann hoch zu den kräftigen Armen, die er auf seine Oberschenkel stützte. Er hatte drei tiefe Schnittwunden in der Haut, doch das Blut war bereits getrocknet.
Er sah die Treppenstufen hinab, musste ihren Blick aber gespürt haben, denn er verbarg seine Arme hinterm Rücken und wandte das Gesicht ab.
„Du hast dich schon wieder verletzt“, sagte sie und versuchte ihre Besorgnis nicht allzu sehr durchklingen zu lassen.
„Ach was, das ist nichts.“
„Nichts“, schnaubte sie. „Du bist der ungeschickteste Mann, den ich kenne. Du bist ständig zerschrammt und voller Blut.“
Er schwieg, dann fragte er: „Wolltest du vor mir fortlaufen?“
„Ja.“ Sie sah keinen Grund, es zu leugnen.
„Warum?“
„Als wenn du da lange grübeln müsstest.“
„Nein, ich meine: Warum bist du nicht weitergelaufen?“ Aus Angst vor der Wahrheit und weil sie zu müde war, sich eine Lüge auszudenken, überging sie die Frage einfach mit einer anderen: „Warum wollt ihr, du und deine Freunde, meine Familie umbringen? Du hast mir noch immer keinen Grund genannt. Meines Wissens nach haben wir euch weder beleidigt, noch sind wir euch in die Quere gekommen oder haben sonst irgendetwas getan, was … das alles rechtfertigt.“
Er seufzte tief und erschöpft. „Nein, ihr habt nichts falsch gemacht. Und ich will euch auch gar nicht umbringen.“
Sie wusste nicht, ob er die Wahrheit sagte oder nicht. Aber so oder so reagierte sie. Ihr Puls beschleunigte sich, als hätte ihr Herz den Startschuss zu einem Rennen bekommen. Es schlug so heftig, als wollte es ihre Brust sprengen. Seine Stimme klang heiser und kratzig, und er hatte die Wörter nur stockend hervorgebracht. In ihrem Hals formte sich ein Klumpen, den sie erst herunterschlucken musste, bevor sie weitersprechen konnte: „Letztes Mal hast du etwas anderes gesagt. Letztes Mal …“
„Wir wollen nicht über letztes Mal sprechen, Danika. Das ist vorbei. Erledigt.“
„Nein, ist es nicht.“ Wut kochte in ihr hoch, heiß und hungrig, und gab ihr neue Kraft. Sie hieb sich mit der Faust aufs Knie. Reflexartig schoss ihr Bein hoch. „Und das wird es auch nie sein.“
„Tu dir nicht weh, Danika“, sagte Reyes und klang jetzt genauso verärgert, wie sie sich fühlte.
„Na, das sagt der Richtige. Das letzte Mal hast du mir noch gedroht, mich umzubringen, wenn du mich finden würdest. Na los, mach schon, du hast mich gefunden.“
Er wandte sich ihr jetzt wieder zu, und sie hatte das Gefühl, als blickten ihr seine Augen direkt bis in die Seele. Sie waren dunkel und sinnlich, und die onyxfarbene Iris schien fast ein Eigenleben zu führen. „Stimmt, das habe ich gesagt. Aber ich habe inzwischen gemerkt, dass ich dir nicht wehtun kann, unmöglich, es geht einfach nicht.“
Das stimmte. Dieser Mistkerl! Alles in ihrem Innern wurde weich – und sie konnte nichts dagegen tun! Guck weg, er versucht bloß, dich wieder ins Verderben zu ziehen, deine Gedanken zu manipulieren, dich kaputt zu machen. Sie blickte hinunter zum Fuß der Treppe. Der Boden war mit einem luxuriösen roten Teppich ausgelegt, so dick, dass der Marmorboden darunter garantiert nicht zu spüren war. „Aber deine Freunde wollen mich umbringen.“
„Wollen?“ Er lachte gequält. „Nein. Niemand will deinen Tod, sie tun nur, was sie tun müssen.“
„Und sie müssen mich umbringen?“
Er schwieg, aber sie bohrte weiter: „Und was wirst du tun? Wirst du sie gewähren lassen?“
Wieder stieß er einen tiefen Seufzer aus. „Habe ich dir je etwas zuleide getan?“
Nein. „Was weißt du von meiner Familie, Reyes? Meine Großmutter wird seit …“, sie bekam kaum noch Luft, musste würgen, „… seit über zwei Wochen vermisst.“
Reyes streckte die Hand aus und schlang seine Finger um ihre.
Mit einem entsetzten Keuchen entriss sie ihm ihre Hand. „Wir waren uns doch einig: keine Berührung!“ Seine Haut war einfach zu heiß und die Reaktionen ihres Körpers zu heftig. Schon wieder glühte sie innerlich, und ihre Brustwarzen waren hart wie Pfeilspitzen.
„Ich weiß nichts von deiner Großmutter, aber ich … ich kenne jemanden, der etwas wissen müsste.“
Danika lachte, und es klang ähnlich gequält wie eben bei Reyes. „Ja, klar.“
„Das ist die Wahrheit. Ich würde dich nie belügen in einer so ernsten Sache.“
Es war weniger sein ernster Ton als die Wahl seiner Worte, die sie überzeugten. Dreimal hatte sie bislang mit ihm zu tun gehabt, und nicht ein Mal hatte er sie angelogen oder die Wahrheit geschönt. Er war durch und durch schonungslos und offen. Ihr Magen verkrampfte sich … vor Hoffnung? … aus Furcht? Was würde sie erfahren, wenn sie mit ihm diesen unbekannten Typen aufsuchte? Dass ihre Mutter, Schwester und Großmutter gesund und munter waren oder dass sie vor ihrem Tod fürchterlich leiden mussten?
„Bring mich zu dieser Person.“ Das war keine Bitte, das war eine unmissverständliche Aufforderung. Sie drehte sich so, dass sie ihm direkt in die Augen schauen konnte. Ihr beider Atem vermengte sich, warm und minzig. Sie sog seinen Duft tief ein. So tief, dass sie fürchtete, er könne ein Teil von ihr werden. Er ist schon lange ein Teil von dir, schon von Beginn an.
Nein. Ich weigere mich, das zu glauben.
„Ich werde dich nicht zu ihm bringen, aber ich werde ihn für dich fragen.“
„Zum Teufel, nein!“ Sie hätte ihre Finger am liebsten in Reyes’ Schultern gekrallt und ihn durchgeschüttelt, aber sie wusste, dass sie ihre Fassung verlieren würde, wenn sie ihn wieder berührte. „Ich begleite dich.“
„Ich …“ Er massierte sich den Nacken. „Nein.“
„Du wirst mich nicht davon abhalten können, ich werde nämlich handgreiflich, wenn du mich zwingst hierzubleiben.“
Ein langer, müder Seufzer. „Na schön. Aber zuerst isst du etwas. Du kannst ja kaum noch den Kopf auf den Schultern halten.“ Er musterte sie von oben bis unten, doch diesmal lag zum Glück nichts Anzügliches in seinem Blick, wie sie erleichtert feststellte. Seine Miene war verschlossen, verriet nichts über seine Emotionen.
„Ich kriege ohnehin keinen Bissen runter, solange ich nicht weiß, was mit meiner Familie passiert ist.“
Er schüttelte den Kopf, noch bevor sie ausgeredet hatte. „Das ist nicht verhandelbar. Du isst erst, dann duschst du und dann gehen wir.“
„Erzähl mir nicht, was ich zu tun habe! Wenn du glaubst, dass ich noch die gleiche Frau bin, die du entführt hast, dann täuschst du dich. Ich werde dir nicht widerspruchslos gehorchen!“
„Hast du dich damals so empfunden? Als widerspruchslos gehorchendes Mädchen?“
Sie starrte ihn ungläubig an. „Hattest du ein anderes Bild von mir?“
„Ja. Ich habe eine starke, stolze Frau in dir gesehen, die alles Menschenmögliche getan hat, um ihre Familie zu beruhigen und am Leben zu halten.“
Reagier nicht darauf. Bloß nicht. „Ich war schwach und verängstigt. Jetzt hingegen weiß ich mich zu wehren.“ Na toll, womöglich provozierte sie ihn mit ihrer trotzigen Stimme noch, ihre Behauptung gleich mal zu überprüfen. Was dumm wäre, denn momentan hatte sie wahrscheinlich nicht mal die Kraft eines Neugeborenen. Aber egal, er konnte ruhig wissen, dass er mit Konsequenzen rechnen musste, falls er ihr wehtat.
Er nickte einsichtig, aber sein grüblerischer Gesichtsausdruck blieb unverändert. „Ich hab von dem Menschen gehört, den du getötet hast.“
Das Wort „Mensch“ reichte aus, um ihr mit einem Schlag vor Augen zu führen, aus welch unterschiedlichen Welten sie kamen. Dann sah sie plötzlich nichts mehr, nur noch ein schwarzes und rotes Zucken, allerdings vor ihrem inneren Auge, und dann spürte sie, wie ihr der Asphalt die Handflächen und Knien verbrannte, hörte das Zerbrechen eines Bleistiftes, dann ein qualvolles Keuchen und schließlich einen rasselnden Atem, der langsam erstarb. Jetzt war es ihr vollkommen egal, wie verschieden sie und Reyes waren, sie wollte nur noch eines: dass er sie in Sicherheit brachte.
„Danika.“
Es reichte, dass er sie mit seiner heiseren, kratzigen Stimme beim Namen nannte, um sie aus der Erinnerung an diesen traumatisierenden Vorfall zu reißen. Sie schluckte, dann schüttelte sie den Kopf. „Das bereue ich nicht.“ Wenn es doch nur so wäre, dachte sie. Aber sie wusste einfach nicht, wie sie wirklich dazu stand, zumindest im Moment nicht, wo sie viel zu benommen und verwirrt war.
„Das freut mich.“
Natürlich freute es ihn … Moment mal. Sagte er, dass es ihn freut? „Warum?“
„Er hätte dir sonst sehr wehgetan. Du hast dich nur verteidigt, das war reine Notwehr. Wenn ich doch nur vor Ort gewesen wäre!“
„Na, ich hab mich jedenfalls nicht sonderlich gut verteidigt“, sagte sie bitter. Dann fluchte sie. Diesen Vorfall zur Sprache zu bringen und sie an ihre Zeit bei den Jägern zu erinnern war nicht sonderlich geschickt gewesen. Denn schließlich hatte sie einen Auftrag zu erledigen. „Wie hast du von der Sache erfahren? Werde ich steckbrieflich gesucht? Ist vielleicht schon ein Haftbefehl gegen mich erlassen?“
Obwohl sie so leise gesprochen hatte, dass sie sich selbst kaum hörte, ließ seine Antwort nicht auf sich warten. „Nein, es gibt keinen Haftbefehl. Niemand weiß etwas davon. Was ich dir jetzt erzähle, Danika, darf um Himmels willen nicht nach draußen dringen. Eigentlich ist es ziemlich dumm von mir, dir diese Informationen anzuvertrauen, denn ich weiß, wie sehr du uns hasst – aus gutem Grund. Aber ich will, dass du weißt, warum wir bestimmte Dinge getan haben.“
Plötzlich hatte sie sogar Angst zu atmen – hatte ebensolche Angst, ihm das Wort abzuschneiden wie ihn zum Weitersprechen zu ermuntern. Welches dunkle Geheimnis würde er lüften? Musste er in Vollmondnächten Jungfrauen opfern? War sie als Nächstes dran? Na, zum Glück war sie keine Jungfrau mehr.
Er atmete einmal tief durch, den Blick abgewandt. „Ich hab dir bereits gesagt, dass wir Krieger keine Menschen sind. Was ich dir noch nicht gesagt habe, ist, dass jeder von uns einen … einen Dämon beherbergt.“ In seinen Worten lag Scham. „Lucien – erinnerst du dich an ihn? – beherbergt den Dämon des Todes. Als dein Angreifer starb, wurde Lucien herbeigerufen.“
Ich weiß, hätte sie ihm fast entgegnet, biss sich aber noch rechtzeitig auf die Lippen. Der Unterschied war allerdings, dass Stefano gesagt hatte, die Krieger wären mit den Dämonen verschmolzen, wären selbst zu Dämonen geworden; er hatte nicht gesagt, dass sie sie lediglich beherbergten. Erleichtert ließ sie ihre angespannten Schultern sacken. Komisch, dass Reyes’ Version sie erleichterte. Na, zumindest musste sie ihr Wissen jetzt nicht mehr verbergen.
Vorsicht, was machst du da?, hallte es in ihrem Inneren. Reyes wusste nicht, dass sie Bescheid wusste, und sie würde es ihm auch nicht auf die Nase binden. Dann musste ihm allerdings ihre Erleichterung merkwürdig vorkommen. Aber … wie sollte sie sonst auf eine solche Offenbarung reagieren? Mit Lachen? Mit einem entsetzten Aufschrei?
„Dämonen …“, stieß sie betont atemlos hervor. Was sollte sie sonst noch sagen?
„Ja.“
„Ich … ich dachte mir schon so was“, entschied sie sich für die halbe Wahrheit. „Letztes Mal, als ich hier war, habe ich Dinge gesehen, die ich mir nicht erklären konnte. Übernatürliche Dinge.“
Er nickte, und ihre Erleichterung wuchs. „Ich will nicht, dass du Angst vor uns hast“, fuhr er fort. „Wir leben zwar mit den Dämonen, das stimmt, aber wir werden dir nichts tun. Zumindest nicht mehr als bisher“, fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu.
Es war ganz sicher kein Versprechen auf Freude und Annehmlichkeit – und trotzdem: Wie gerne hätte sie ihm vertraut und ihm vielleicht sogar gestanden, warum sie hier war, damit er das Problem für sie löste. Du Dummkopf. Wie freundlich würde Reyes wohl noch sein, wenn er erst einmal die Wahrheit erfuhr? Wenn er erfuhr, dass sie hier war, um ihn auszuspionieren, um Informationen zu sammeln, die am Ende gegen ihn verwendet würden. Du tust es für deine Familie, vergiss das nicht. „Ich hab ihn in der Nacht nicht gesehen.“
Reyes hatte sich auf seine Ellbogen gestützt, um Distanz zwischen sie zu bringen, und sah sie jetzt fragend an. „Wen hast du nicht gesehen?“
„Lucien. Als der Kerl gestorben ist, hab ich Lucien nicht gesehen.“ Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf, und zwar im selben Tempo, wie Reyes’ Wärme sich aus ihrem Körper zurückzog und sie wieder zittern ließ. „Du hast gesagt, dass er anwesend war und gesehen hat, was ich getan habe.“
„Du konntest ihn auch nicht sehen. Lucien bewegt sich, wenn er seinen Pflichten nachkommt, ausschließlich in der Welt der Geister und bleibt deshalb unsichtbar.“
Sie musste ihn am Reden halten. Das war genau die Art von Information, die sich Stefano wünschte. Doch noch während sie das dachte, regten sich Schuldgefühle in ihr. Schuldgefühle? Warum? Reyes und seine Freunde verdienten es, ausgerottet zu werden. „Wie ist das möglich? Wie kann er sich in der Welt der Geister aufhalten? Was sieht er dort?“
„Da bin ich nicht der Richtige, um dir das zu erklären.“
Wenn sie ihn jetzt weiter drängte, würde er Verdacht schöpfen, oder? Leider lief ihr Verstand nicht gerade auf Hochtouren. „Du sagtest, dass ihr alle besessen seid. Von w…was für Dämonen seid ihr denn besessen?“
Jetzt hielt er sich so steif, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. „Die Männer, die dich angegriffen haben, waren Jäger.“
„Jäger“, wiederholte sie. Reyes hatte ihre Frage gerade ebenso geflissentlich nicht beachtet, wie sie einige seiner Fragen ignoriert hatte. Aber vielleicht war es auch besser, dass er nicht antwortete. Bis jetzt konnte sie fast noch so tun, als hätte sie, wie so oft, einfach nur schlecht geträumt, als wäre ihre Familie in schönster Sicherheit und ihre einzige Sorge die Frage, ob sie ihr nächstes Auftragsgemälde rechtzeitig fertigbekäme. Sie konnte fast so tun, als wäre Reyes ein normaler Mann, der versuchte, hier mit ihr anzubandeln. Fast. „Ashlyn hatte sie seinerzeit mal erwähnt, aber da wussten wir noch nicht, was Jäger sind.“
„Die Jäger sind ein Trupp von Männern, die uns ausrotten wollen. Sie glauben, dass die Welt ohne uns besser dran wäre.“
„Und, wäre sie das?“, kam Danika nicht umhin zu fragen. Sein Blick verdüsterte sich. „Solange die Menschen einen freien Willen haben, wird die Welt nie perfekt sein. Wir zwingen sie nicht, schlechte Dinge zu tun. Sie tun sie aus freien Stücken.“ Bitternis klang aus jedem Wort heraus. „Doch die Jäger verschließen gern ihre Augen vor dieser Tatsache. Klar, für sie ist es viel einfacher, all ihre Probleme auf eine Instanz abzuwälzen, die sie nicht durchschauen.“
Was er sagte, klang vernünftig, doch ganz so schnell wollte sie nicht umschwenken. Zu viel stand auf dem Spiel. „Aber ihr habt meine Familie doch ganz gezielt gejagt. Warum? Sag’s mir doch endlich. Ich hab ein Recht, es zu erfahren. Warum habt ihr Jagd auf uns gemacht? Was hat meine Familie mit dieser ganzen Sache zu tun? Mit dir?“
„Danika …“
„Ich bitte dich, erzähl es mir endlich!“
Er rieb sich die Stelle direkt über seinem Herzen. „Die Götter haben Aeron befohlen … erinnerst du dich an Aeron?“
Obwohl Danika schweißbedeckt war in Erwartung der lang ersehnten Antworten, fröstelte es sie plötzlich. Niemals im Leben würde sie diesen Kerl vergessen. Schon bald nach ihrer ersten Entführung war Aeron auserkoren worden, sie in die Stadt zu begleiten, um Medikamente für Maddox’ Freundin zu kaufen. Wie eine Frau so krank sein konnte, sich mit einem der Krieger einzulassen, war ihr immer noch schleierhaft – obwohl sie Ashlyn in den darauffolgenden Wochen extrem nett und ihre Gesellschaft sehr angenehm gefunden hatte. Aeron jedenfalls hatte damals sein Hemd hochgezogen und seinen mit brutalen Tattoos bedeckten Oberkörper entblößt. Danika hatte panische Angst bekommen, dass er sie vergewaltigen wollte, und war jedes Mal, wenn er seinen Arm nach ihr ausstreckte, zurückgewichen, was ihn zur Weißglut gebracht hatte.
Reyes hatte sie beruhigt – wie er das geschafft hatte, war ihr immer noch ein Rätsel –, und schließlich hatte sie Aeron erlaubt, sie mit seinen Armen zu umfassen. Dann waren ihm Flügel auf dem Rücken gewachsen, und er war mit ihr durch Budapest geflogen. Geflogen. Nur um ihr Portemonnaie zu holen und Tylenol für die kranke Ashlyn zu besorgen.
Danika erinnerte sich, wie seltsam sie die Männer damals fand, eine merkwürdige Mischung aus altertümlich und modern. Sie hatten nicht die geringste Ahnung von Medizin, besaßen aber Fernseher mit Plasmabildschirmen und eine X-Box. Sie kleideten sich wie archaische Krieger, bewaffnet bis zu den Zähnen, und gingen gleichzeitig in die angesagtesten Clubs der Stadt, um Party zu machen. Sie hätschelten Ashlyn, während sie ihr, Danika, nach dem Leben trachteten. Diese Widersprüche hatten sie verwirrt. Und taten es immer noch.
„Ja, ich erinnere mich an Aeron“, sagte sie schließlich.
„Die Götter haben ihm befohlen, dich und deine Familie umzubringen.“
Ungläubig riss Danika die Augen auf. „Du lügst. Erstens gibt es keine Götter. Und zweitens …“
„… gibt es keine Dämonen, klar.“
Sie klappte ihren Mund auf und zu, brachte aber keine zusammenhängende Antwort heraus. Stefano hatte im Gespräch mit ihr dieselbe Logik angewandt. Sie war sicher, dass die beiden nicht erfreut wären, festzustellen, wie ähnlich sie tickten.
„Es gibt die Götter, und sie wollen deinen Tod. Je eher du dich mit diesem Gedanken anfreundest, umso besser kannst du dich schützen.“
„Schön. Aber warum? Ich habe nichts Böses getan. Und meine Familie ebenso wenig.“
„Wir wissen nicht, warum. Ich hatte gehofft, du wüsstest eine Antwort darauf.“
„Nein, tut mir leid.“ Wieder musste sie lachen, und diesmal hörte es sich an, als würde eine Glasscherbe über eine Schultafel kratzen.
„Ich bin normalerweise jeden Sonntag zur Kirche gegangen. Ich habe stets versucht, nett zu meinen Mitmenschen zu sein, und habe niemandem je vorsätzlich geschadet.“ Sie hielt inne, als sie das Gesicht des sterbenden Mannes vor sich sah, dem sie ihren Stift in den Hals gerammt hatte. „Jetzt kann ich das natürlich nicht mehr von mir behaupten. Aber bis ich dich und deine Freunde getroffen habe, war ich, glaube ich, ein ziemlich anständiger Mensch.“
„Das bist du immer noch.“
Mit zusammengekniffenen Augen sah sie ihn an. „Du weißt überhaupt nichts über mich, und ich will auch nicht, dass du etwas erfährst. Ich will verdammt noch mal nur, dass du mich zu diesem Kerl führst …“ Plötzlich traf sie die Erkenntnis wie ein Schock, und ihr Zorn verwandelte sich in blanke Panik. „Es ist Aeron, oder?“
Reyes nickte widerstrebend.
Bei dem Gedanken, den geflügelten Krieger wiederzusehen, kam ihr fast das Würgen, aber trotzdem wiederholte sie ihre Bitte: „Ich möchte, dass du mich zu ihm bringst.“
Doch Reyes ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe Essen für dich in meinem Zimmer. Du weißt, was wir zuerst machen werden.“
Grrr! Er würde sich nicht davon abbringen lassen, dazu sah er viel zu entschlossen aus. „Okay“, gab sie nach, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. „Ich esse was.“ Sie zog sich am Treppengeländer hoch, aber ihre Knie knickten sofort wieder ein.
Reyes legte ihr seinen Arm um die Taille und stützte sie.
Sein Arm war heiß wie ein Brenneisen.
Sie fauchte ihn an. Fauchen war sicherer als Schnurren. „Ich hab gesagt, keine Berührung!“
Anstatt von ihr abzurücken, zog er sie zu sich heran und wiegte sie an seiner breiten, muskulösen Brust. Sein Herz pochte an ihrer Schulter, stark und zuverlässig.
„Lass mich gehen.“ Ihre Wangen fingen an zu glühen, als sie merkte, wie atemlos sie klang. „Bitte lass mich einfach gehen.“
„Tut mir leid. Ich werde es niemals schaffen, dich einfach gehen zu lassen.“
Reyes trug Danika zurück zu seinem Zimmer und setzte sie vorsichtig auf dem Rand der Matratze ab, um die Teller nicht umzustoßen, die auf dem Bett standen. Hastig und ohne ihn eines Blickes zu würdigen, rutschte sie zur Seite. Dann nahm sie sich ein Sandwich und konzentrierte sich auf die Mahlzeit. Putenbrust auf Weißbrot. Sie kaute eine ganze Weile darauf herum, dann steckte sie sich mehrere Weintrauben in den Mund.
Genießerisch schloss sie die Augen.
Reyes zog sich in eine Ecke des Raumes zurück, betaste die Klinge seines Dolches und rammte sich dessen Spitze hinter seinem Rücken ins Handgelenk. Oh, das ist so verdammt gut. Währenddessen beobachtete er sie. Sie hatte auf sein Bekenntnis, ein Dämon zu sein, nicht so reagiert, wie er befürchtet hatte. Er hatte mit blankem Horror, einem entsetzten Schrei und Ungläubigkeit gerechnet. Stattdessen hatte sie die Nachricht ganz ruhig geschluckt und nicht einmal Beweise verlangt.
Das bedeutete, dass sie schon vorher Bescheid gewusst hatte.
Doch was hatten die Jäger ihr noch erzählt?
So sehr wie Danika ihn und seine Freunde hasste, fürchtete Reyes plötzlich, dass die Jäger sie überzeugt haben könnten, als Köder für sie zu arbeiten. Und wenn sie tatsächlich ein Lockvogel war, musste sie ihnen erlaubt haben, sie mit Drogen vollzupumpen. Wahrscheinlich, damit er nicht merkte, in welcher Funktion sie da war. Es machte ihn traurig, dass man sie zu so einer extremen Maßnahme getrieben haben könnte.
Bestand ihr Job darin, ihn abzulenken und seine Feinde ins Innere der Festung zu lassen? Oder sollte sie ihn einfach nur ausspionieren? Wegen ihrer vielen Fragen tippte er eher auf Letzteres. Sie hatte ihn nach seinem Dämon ausgefragt und sich nach Luciens Fähigkeiten erkundigt. Ob sie wohl alle Informationen, die sie erhielt, umgehend den Jägern übermittelte?
Sollte ihrer Familie irgendetwas zugestoßen sein, dann würde sie ihn verraten, kein Zweifel. Könntest du ihr das verübeln? Nein, das konnte er nicht, aber genauso wenig konnte er den Schmerz über ihren möglichen Verrat – oder vielmehr ihren bereits begangenen Verrat – unterdrücken.
Wegen desselben Verdachts hatte Maddox Ashlyn fast getötet. Deshalb war es völlig klar, dass die anderen, sollten sie auch nur den leisesten Argwohn hegen, Danika könnte ein Spitzel sein, sie auf der Stelle ausschalten würden – oder ihn bitten würden, es zu tun.
Reyes hatte die Jagd auf die Jäger erst in den vergangenen Monaten wieder aufgenommen, all die Jahrtausende zuvor hatte er sie in Ruhe gelassen. An den Beginn ihrer Blutfehde erinnerte er sich jedoch noch sehr gut: an die Kämpfe und die Toten, die Schreie und die Zerstörung. Auf beiden Seiten. Jeder Schatten war verdächtig gewesen, jeder Fremde ein möglicher Mörder.
Trotzdem hatte Reyes nicht in ständiger Angst gelebt, denn er war schon damals mit Leib und Seele Krieger gewesen – dreist, arrogant und siegessicher, was die Frauen und die Schlachten anbelangte. Er hatte ohne Gewissensbisse gemordet, sich jede Frau genommen, die scharf auf ihn war, und sie in das lustvolle Reich der Schmerzen eingeführt, völlig gleichgültig gegenüber den Konsequenzen, die das Ganze für sie hatte.
Einige von ihnen hatten ihren nächsten Partner verprügelt, andere sich danach gesehnt, künftig selbst geschlagen zu werden. Allen Frauen war gemeinsam, dass sie ihr altes Ich abgestreift und dieselbe Lust am Schmerz entwickelt hatten wie er selbst.
Danika würde er das nicht antun, und ebenso wenig würde er zulassen, dass seine Freunde ihr etwas antaten. Egal welche Ziele sie verfolgte. Er hatte zu viel Energie investiert, um sie zu retten, er brauchte sie viel zu sehr, ja, er glaubte sogar, ohne sie nicht mehr leben zu können. Entweder würde er ihre Zuneigung gewinnen, sodass sie ihre Spitzelpläne aufgab, oder er würde verhindern müssen, dass sie die Jäger kontaktierte.
Entschieden nickte er. Er konnte … er konnte sie einfach nicht gehen lassen. Sie … linderte seine inneren Qualen, das hatte er jetzt schon öfter festgestellt. Jedes Mal wenn er sich ihr näherte, flaute seine Sehnsucht nach Schmerzen beträchtlich ab. Wie oft schon hatte er vom Dach der Festung springen müssen. Wie oft schon hatte er von gebrochenen Knochen und zerfetzten Organen geträumt. Und jetzt schienen ihm ein paar kleine Hautverletzungen hier und da auszureichen. Erstaunlich.
„Danke. Für das Essen.“ Die Worte gingen Danika nur widerwillig über die Lippen. Sie schob sich noch eine Weintraube in den Mund.
„War mir ein Vergnügen.“ Sie hatte schon wieder etwas Farbe im Gesicht und schien weniger wackelig auf den Beinen. Zwar war ihre Haut immer noch schmutzig, aber zumindest waren die durchscheinenden Adern verschwunden. „Wenn du aufgegessen hast, kannst du duschen.“
Sie verspannte sich, sah ihn aber nicht an. „Das ist reine Zeitverschwendung.“
„Egal.“
„Weigert sich Aeron, mit ungeduschten Frauen zu sprechen?“, schoss sie zurück. „Mir ist bislang nicht aufgefallen, dass ihr Dämonen so hohe Hygienestandards habt.“
„Ich möchte, dass es dir gut geht“, sagte er seufzend. „Ich möchte, dass du dich wohlfühlst in deiner Haut, innerlich und äußerlich aufgeräumt. Du wirst deine Kräfte wahrlich noch brauchen. Eine Dusche wird dir guttun.“
Das beruhigte sie. „Okay. Aber ich dusche nicht, wenn du hier im Zimmer bleibst.“
„Wie schade“, murmelte er.
Jetzt endlich schaute sie ihn an, mit einem scharfen Blick aus ihren smaragdgrünen Augen. „Was hast du gesagt?“
Ihr harscher Blick schmälerte in keiner Weise das Begehren, das durch seine Adern pulsierte. Im Gegenteil, sein Schaft wurde steif, und seine Hände brannten darauf, sie zu berühren. Es geht nicht, das weißt du genau. „In der Kommode findest du Kleidung. Nimm dir, was du brauchst.“
Ihr Blick ruhte immer noch auf ihm, während sie auf ihrer Weintraube herumkaute.
Die Erregung brachte ihn fast um den Verstand. Er stellte sich vor, wie sich ihre scharfen weißen Zähne noch einmal in sein Fleisch gruben. Der Schmerz … die Wonne … was für ein Rausch! Sein kleiner Engel würde ihn direkt in den Himmel schicken.
Sein kleiner Engel? Er wusste, wie gefährlich dieser Wunsch war, aber er kam nicht dagegen an. Mit jeder Faser schrie ihm sein Körper zu, dass sie sein war, dass sie füreinander bestimmt waren und zusammengehörten.
Allerdings bezweifelte er, dass sie das auch so sah. Und das war ein Segen.
Denn wenn sie ihn tatsächlich genauso begehren würde wie er sie, wie sollte er sich selbst Einhalt gebieten? Wie sollte er sich bremsen, sie zu nehmen? Und wenn er sie nahm, wie sollte er sich je wieder ins Gesicht schauen, wissend, dass er sie zugrunde gerichtet hätte? Schmerz, sein Dämon, würde sie kaputt machen, sie würde fortan nur noch leben, um zu verletzen.
Leider wirkten sich seine deprimierenden Grübeleien nicht negativ auf seine Erregung aus.
„Bin gleich fertig.“
Als Danikas Blick kurz zwischen seinen Beinen hängen blieb, schaute sie hastig – und mit feuerroten Wangen – wieder weg. Fast hätte sie sich an ihrer Weintraube verschluckt.
„Klar, okay. Lass dir nur Zeit.“
Angenommen, sie würde irgendwann das Ausmaß seiner Sehnsucht nach Schmerz überblicken und begreifen, dass er ohne körperliche Pein seinen Verstand verlor … und angenommen, sie würde dieses Wissen an die Jäger weiterleiten – was für ein Desaster.
Ganz klar: Er musste sich in ihrer Gegenwart zusammenreißen. Egal wie sehr er sie begehrte und die Qualen lindern wollte, die mittlerweile fester Bestandteil ihres Lebens waren, er musste ihr gegenüber extrem vorsichtig und zurückhaltend sein. Trotzdem: Dieser Wunsch, Schmerzen zu lindern, statt Schmerzen zu verursachen, war schon erstaunlich.
Seufzend drehte er sich um und wollte gehen.
„Reyes“, rief sie ihm hinterher.
Er blieb stehen und sah sie noch einmal an. „Ja.“
„Ich kenne dich zwar“, sagte sie und klang plötzlich schüchtern, „aber ich weiß fast nichts von dir.“
„Und, willst du mehr über mich erfahren?“
Sie nickte zögernd und beinahe widerstrebend.
War sie aufrichtig neugierig oder fragte sie nur, um hinterher Bericht zu erstatten? Er hatte geglaubt, ihre Mission sei ihm egal, aber jetzt, in diesem Augenblick, wünschte er, sie wäre einfach nur neugierig auf ihn – ohne Hintergedanken. Er wünschte, sie würde ihn kennenlernen wollen. Er wünschte, ihr am Herzen zu liegen.
„Und was willst du über mich wissen?“
Sie zuckte mit den Achseln und fuhr mit einem Finger über die schwarze Bettdecke. Ihre Wangen hatten eine hübsche rosa Färbung angenommen. „Wie lange lebst du schon hier? Was hast du für Hobbys? Hast du Kinder? Wovon träumst du, was sind deine Hoffnungen und Wünsche?“
Okay, die Fragen waren harmlos, fand er. „Ich lebe hier schon länger, als du auf der Welt bist. Ich habe nur ein einziges Hobby: Waffen. Ich stelle sie her, reinige sie, sammele sie. Und ich hab keine Kinder.“ Er hatte nie Kinder haben wollen, aus Angst, ihnen womöglich wehzutun. Und schlimmer noch: sie zu überleben, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie sterblich wären, lag bei fünfzig Prozent. Er bemitleidete Maddox, der diese traurige Erfahrung wahrscheinlich eines Tages würde machen müssen. „Und ich träume von …“ Dir. „Ich träume von Frieden und Ruhe, einem Leben ohne Schmerzen.“
„Was …?“
„Du hast jetzt genug Antworten erhalten, um dich beruhigt in meinem Zimmer aufzuhalten. Ich denke, du solltest jetzt duschen. In einer halben Stunde bin ich wieder da. Sei dann bitte fertig, damit wir aufbrechen und etwas über deine Familie in Erfahrung bringen können.“
„Zwanzig Minuten.“ Ihre Blicke trafen sich und verschmolzen miteinander. In ihrem lag Entschlossenheit und … Hass? Auf ihn? Oder auf Aeron? „Sei in zwanzig Minuten wieder hier.“
Er nickte und wandte sich zum Gehen. „Bis dann.“