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Eine Woche später kehrte Cletus mit zwei gecharterten Frachtschiffen zur Neuen Erde zurück. Die Besatzung und die Offiziere hatten sich bereiterklärt, in einen Raum eingeschlossen zu werden, während die Truppen, die sie angeblich transportieren sollten, ein- und ausgeladen wurden. Später würden sie dann bestätigen können, daß sie Schritte vernommen hätten, als hätten auf Dorsai eine Menge Leute das Schiff betreten. Gleiches galt für etwa vier Stunden, während sie auf der Kreisbahn über der Neuen Erde hingen, wobei die Raumfähren zwischen den Raumschiffen und einem unbekannten Punkt auf dem Planeten unter ihnen hin und her pendelten. Agenten des Zentralringes der Stadtstaaten allerdings beobachteten diese Landefahrzeuge, die in einer Waldlandschaft vor der Grenze zwischen der Kolonie Breatha und Spanierstadt niedergingen. Bei ihren weiteren Vorstößen sahen sich die Agenten einem Kordon bewaffneter Dorsai gegenüber, die ihnen den Weg verstellten und am weiteren Vordringen hinderten, doch aus der Anzahl der Landungen und dem Pendelverkehr der Raumfähren zwischen Raumschiff und Landeplatz schlossen sie auf etwa fünftausend Mann, die auf den Planeten gebracht wurden.
General Lu May, Kommandeur der zusammengelegten Streitkräfte der Stadtstaaten, knurrte vor sich hin, als man ihm diese Information überbrachte.
„Das sind die Scherze, die dieser Grahame bevorzugt“, sagte Lu May. Der General war Mitte Siebzig und hatte bereits den aktiven Dienst quittiert, als die neuen Ambitionen und die Kriegsbegeisterung der Stadtstaaten dazu führten, daß er zurückkehrte, um das Oberkommando über die neuen Streitkräfte zu übernehmen. „Er will uns einreden, daß wir zwei verschiedene Invasionskommandos zu überwachen haben. Doch ich mag wetten, daß er seine Truppen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zusammenzieht – und zwar sobald er meint, er hätte uns aus der Reserve gelockt –, um dann eine ganze Reihe lustiger Manöver aufzuziehen. Aber wir werden ihm nicht auf den Leim gehen. Wir werden hübsch brav hier in Spanierstadt sitzen bleiben und ihn an uns herankommen lassen.“
Der General kicherte. Er war ebenso fett wie alt, und er glaubte, diesen unorthodoxen jungen Senkrechtstarter zu frustieren, während er gemütlich in seinem Haus in Stanleywille sitzen blieb. Er befahl, schwere Energiewaffen rund um die Stadt aufzustellen und alle Zufahrten zu verminen. Es bedurfte mehr als der nur leicht bewaffneten und auch nur leicht geschützten Dorsai-Söldner, um eine solche Verteidigungslinie zu brechen, selbst wenn ihre Anzahl der Anzahl von Männern entsprach, die in der Stadt unter Waffen standen.
Mittlerweile war Cletus’ Armee bereits auf den Beinen. Eine bunt zusammengewürfelte Schar von zivilen Lastwagen und sonstigen schweren Luftpolsterfahrzeugen hatte sich bereits auf dem Gelände eingefunden, wo die Raumfähren gelandet waren. Diese Fahrzeuge rückten jetzt wie ein Transport- und Nachschubkonvoi ab, wobei jedes Fahrzeug von einem Dorsai gelenkt wurde. Der Transport überschritt die Grenze nach Armoy und fuhr weiter landeinwärts auf Armoy-Stadt zu, wobei seine Ankunft überall bei der Bevölkerung Alarm auslöste.
„Immer mit der Ruhe!“ grunzte Lu May angesichts der dringenden Botschaften, die ihn aus Armoy-Stadt erreichten und in denen er um Entsendung einer Expeditionsarmee gebeten wurde, um sie gegen die heranmarschierenden Dorsai zu verteidigen. Er dachte nicht im Traum daran, die angeforderten Truppen zu entsenden. Dafür befolgte er seinen eigenen Befehl, bewahrte die Ruhe und beobachtete Cletus’ zweites Kommando, das jetzt ebenfalls in Bewegung war, die Grenze von Spanierstadt überschritten hatte und sich offenbar durch Spanierstadt hindurch auf die angrenzenden Stadtstaaten zubewegte. Lu May unternahm immer noch nichts, und sobald es die Stadt Spanierstadt durchquert hatte, schwenkte Cletus’ erstes Dorsai-Kommando um und ging hinter der Stadt in Stellung. Gleichzeitig aber kam auch jenes Kommando, das die Stadt Armoy bedroht hatte, herangerückt und postierte sich vor Spanierstadt, so daß die Stadt innerhalb weniger Tage von den Dorsai-Truppen umzingelt war.
Lu May kicherte und klopfte sich auf die fetten Knie. In Cletus’ Hauptquartier außerhalb der Stadt herrschte merkwürdigerweise ebenfalls eitel Freude und Sonnenschein. Besonders der Vertreter der Kolonie Breatha, Kanzler Ad Reyres, der Cletus angeblich als „Beobachter“ begleitete, war hell begeistert.
„Ausgezeichnet, Marschall, ausgezeichnet!“ Reyres, ein hagerer, eifriger Mann mit hoher Gelehrtenstirn in seiner langen schwarzen Amtsrobe rieb sich erfreut die knochigen Hände. „Sie haben es fertiggebracht, ihre Armee hier festzunageln. Und es gibt keine anderen Truppen, die ihnen zu Hilfe eilen könnten. Ausgezeichnet!“
„Sie sollten eher General Lu May als mir dankbar sein“, erwiderte Cletus trocken. „Solange er hinter seinen Minenfeldern und seiner Verteidigungslinie hockt, hat er weniger von uns zu befürchten, als auf offenem Feld, wo die Dorsai weitaus beweglicher sind als seine eigenen Truppen. Er hat mehr Leute und hat sich wohlweislich verschanzt.“
„Aber Sie müssen die Stadt doch nicht im Sturm nehmen!“ protestierte Reyes. „Sie können sich aus der Umgebung versorgen oder aus Breatha Nachschub kommen lassen, wie es Ihnen gefällt. Lu May dagegen ist von jedem Nachschub von außen abgeschnitten. Wir müssen ihn lediglich aushungern!“
„Das wird nicht so einfach sein“, sagte Cletus. „Er müßte schon sehr vergeßlich gewesen sein, wenn er nicht genug Vorräte für sich und seine Truppen gehortet hätte, so daß er länger aushalten kann, als wir in der Lage sind, die Stadt zu belagern.“
Reyes runzelte die Stirn. Er hatte den Eindruck, daß dieser Dorsai-Marschall viel zu schwarz sah.
„Haben Sie gegen die Belagerung etwas einzuwenden?“ wollte Reyes wissen. „Wenn ja, dann dürfte ich vielleicht erwähnen, daß die Regierung von Breatha es als die optimale – und einzige Konstellation – ansah, Lu May irgendwo festzunageln.“
„Ich habe keine Einwände – zumindest im Augenblick nicht“, erwiderte Cletus gelassen. „Aber nur, weil es dafür militärische Gründe gibt, ein Umstand, der mit der Meinung Ihrer Regierung nichts zu tun hat. Ich darf Sie daran erinnern, Kanzler, daß eine meiner Bedingungen hinsichtlich des Vertrages mit Breatha wie bei jedem anderen Vertrag, den ich unterzeichne, dahingehend lautet, daß ich allein die Kampagne leite und kein anderer.“
Er wandte sich ab und setzte sich hinter den Tisch seines Zeltes, wo die Unterhaltung geführt wurde. „Wenn Sie mich nun entschuldigen wollen – ich habe zu tun.“
Reyes zögerte einen Augenblick, dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
Cletus ließ die Stadt noch drei Wochen belagern, ließ Brustwehren errichten und Gräben ausheben, um die Stadt fest in den Griff zu bekommen, als hätte er vor, für immer dort zu bleiben. Während all dieser Zeit kam es außer einigen kleinen Scharmützeln zwischen den Verteidigern und den Dorsai zu keinem offenen Konflikt.
In der Luft herrschte in dieser Zeit ebenfalls eine Art stillschweigender Waffenstillstand. Die Luftfahrzeuge der Dorsai patroullierten über der Stadt, um zu verhindern, daß stadteigene Fluggeräte starten oder landen konnten. Darüber hinaus gab es aber keine Luftkämpfe. Wie bei den meisten interkolonialen Konflikten wurde der Luftkrieg nach Möglichkeit vermieden, und zwar aufgrund eines ähnlichen stillschweigenden Übereinkommens wie im Zweiten Weltkrieg im zwanzigsten Jahrhundert auf der Erde, demzufolge kein Giftgas zum Einsatz kam. Ziel und Zweck der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen technologiearmen Kolonien, wie etwa den jungen Kolonien im Weltraum, war es nicht unbedingt, die produktive Kapazität des Feindes zu zerstören, sondern ihm diese abzunehmen. Kein Angreifer wollte jene Anlagen zerstören, derentwegen er einen Krieg angezettelt hatte. Waren die Produktionsstätten und sonstigen Geräte der Zivilisation von Wert, so waren die Leute, die diese Anlagen bedienen konnten, ebenso wertvoll.
Also wurde versucht, Bombardements, ja selbst den Einsatz schwerer Waffen in der Umgebung bebauter Gebiete zu vermeiden, und da atmosphärische Fluggeräte ähnlich teuer waren wie Raumschiffe, wurde der Himmel nur zu Aufklärungs- und Transportzwecken benutzt.
Als die drei Wochen verstrichen waren, schien Cletus die Geduld verloren und diese Pattsituation satt bekommen zu haben, denn er erließ einige Befehle, die Kanzler Ad Reyes veranlaßten, mit fliegenden Rockschößen in Cletus’ Hauptquartier zu erscheinen, so daß er um ein Haar über seine lange Robe gestolpert wäre.
„Sie ziehen die Hälfte Ihrer Streitkräfte ab und schicken sie aus, um Armoy-Stadt und den Raumhafen zu erobern!“ rief Reyres anklagend, während er in Cletus’ Büro stürmte.
Cletus schaute von seinem Tisch auf, an dem er arbeitete. „Haben Sie es auch schon vernommen?“ fragte er.
„Was heißt hier vernommen!“ Reyes drang bis zum Schreibtisch vor und lehnte sich darüber, als wollte er seine Nase in Cletus’ Gesicht stecken. „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! All diese Zivillaster, die Sie für den Transport Ihres zweiten Kommandos angefordert haben, sind Richtung Armoy abgebraust! Sagen Sie mir ja nicht, daß die woanders hingegangen sind!“
„Das will ich gar nicht leugnen“, meinte Cletus zuvorkommend. „Der schäbige Rest wird ihnen innerhalb von vierundzwanzig Stunden folgen. Wir haben keinen Grund mehr, diese Belagerung noch weiter fortzuführen. Ich bin drauf und dran, die Belagerung aufzuheben, nach Armoy-Stadt zu marschieren und den Raumhafen zu besetzen.“
„Die Belagerung aufheben? Was ist das wieder für ein Trick? Wenn die Stadtstaaten Sie dafür bezahlt haben, uns zu verraten, so hätten Sie sich keinen günstigeren Zeitpunkt aussuchen können …“ Er brach plötzlich ab, wie erschrocken vom Klang seiner eigenen Worte, die sein Ohr erreichten. Cletus richtete sich hinter dem Schreibtisch auf.
„Ich hoffe, ich habe mich verhört, Kanzler“, sagte Cletus mit verändertem Blick und veränderter Stimme. „Wollen Sie die Dorsai beschuldigen, einen Vertrag mit Ihrer Regierung mißachtet zu haben?“
„Nein … das heißt, ich meinte nur …“ stammelte Reyes.
„Ich würde Ihnen raten, mit Ihrer Meinung vorsichtig zu sein“, meinte Cletus. „Die Dorsai brechen keinen Vertrag, und wir werden nicht dulden, daß so etwas behauptet wird. Erlauben Sie mir jetzt, Sie zum letzten Mal daran zu erinnern, daß ich, und nur ich allein, diese Kampagne befehlige. Vielleicht wäre es besser, wenn Sie jetzt in Ihr eigenes Quartier zurückkehren würden.“
„Ja, ich …“ stotterte Reyes.
Am nächsten Morgen, kurz vor Tagesanbruch, bestieg der Rest der Dorsai, die Spanierstadt belagerten, die Militärfahrzeuge und zog mit allen Waffen und Geräten davon. Nur die Luftfahrzeuge der Dorsai blieben im Luftraum von Spanierstadt zurück, um eine Verfolgung durch Aufklärungsflugzeuge zu unterbinden.
Der Morgen dämmerte über den verlassenen Schanzen auf, die die Söldner errichtet hatten, aber es war fast Mittag, bis die ersten Patrouillen aus Spanierstadt, irritiert durch die ungewöhnliche Stille, sich aus ihren Mauern wagten, um die Stellungen näher in Augenschein zu nehmen. Dann aber, sobald feststand, daß die Stellungen verlassen waren und die Spuren im Boden und im Gras südlich der Stadt die Marschroute der Dorsai verrieten, wurde General Lu May in aller Eile über die Ereignisse benachrichtigt.
Lu May, der durch diese Nachrichten aus seinem Schlummer nach einer langen Nacht gerissen wurde, fluchte in einer Art und Weise vor sich hin, die bereits vor vierzig Jahren aus der Mode gekommen war.
„Wir werden ihn kriegen!“ explodierte der alte Mann, während er seinen Körper aus dem Bett rollte und hastig in seine Kleider schlüpfte. „Er konnte es nicht abwarten – und hat sich selbst die Kehle durchgeschnitten!“
„Sir?“ fragte der Oberst, der ihm die Neuigkeit überbracht hatte. „Er hat sich selbst die Kehle durchgeschnitten? Ich verstehe nicht …“
„Das kommt davon, daß ihr keine Ahnung habt, wie ein Krieg richtig geführt wird!“ trompetete Lu May, während er in seine Beinkleider stieg. „Grahame ist nach Armoy-Stadt aufgebrochen, Idiot!“
„Jawohl, Sir“, sagte der Oberst. „Aber ich kann immer noch nicht begreifen …“
„Er mußte sich mit der Tatsache abfinden, daß für ihn keine Hoffnung besteht, diese Stadt einzunehmen!“ schnappte Lu May. „Deshalb ist er abgezogen und hat beschlossen, dafür Armoy-Stadt zu nehmen. Auf diese Weise kann er behaupten, sein Bestes getan und für die Kolonie Breatha den Raumhafen erobert zu haben, der ihnen Konkurrenz machte. Der Raumhafen, so wird er erklären, wird der Kolonie dazu verhelfen, ihren Korridor zum Meer zu schützen! Haben Sie was gemerkt? Grahame ist dahintergekommen, daß der Vertrag, den er unterzeichnet hat, gar nicht so gut war. Er möchte sich um jeden Preis aus diesem Vertrag herauswinden – das kann er aber nur, wenn er Breatha wenigstens etwas zu bieten hat, in diesem Fall nämlich Armoy-Stadt und den Raumhafen!“
„Jawohl, Sir“, sagte der Oberst ernst. „Das alles leuchtet mir ein. Was ich aber nicht begreife ist, daß Sie meinten, er habe sich ins eigene Fleisch geschnitten. Wenn er in der Lage ist, Breatha den Raumhafen und Armoy-Stadt zu offerieren …“
„Idiot! Idiot im Quadrat!“ röhrte Lu May. „Zuerst muß er aber Armoy-Stadt erobern, nicht wahr, Sie Narr?“
„Jawohl, Sir …“
„Dann muß er wohl mit seiner Schar abziehen, um Armoy-Stadt zu nehmen, nicht wahr?“
Endlich war Lu May fertig angekleidet und watschelte hastig zur Tür. Über die Schultern hinweg fuhr er fort: „Wenn wir ihm möglichst schnell folgen, werden wir ihn in Armoy-Stadt erwischen und ihn einschließen können! Er hat nicht genügend Vorräte, um sich lange in einer solchen Stadt zu halten – und wenn es sein muß, haben wir genügend Leute und Waffen, um die Stadt im Sturm zu nehmen! Auf jeden Fall können wir seine Dorsai aufreiben und ihn gefangennehmen. Dann können wir mit ihm machen, was wir wollen!“
Lu May verlor keine Zeit, um seine Armee Cletus und seinen Dorsai auf die Spur zu setzen. Doch bei aller Eile versäumte er es nicht, in guter Marschordnung auszuziehen, und vergaß auch die schweren Energiewaffen nicht, die er rund um die Stadt in Stellung gebracht hatte. Er ließ sie jetzt mitnehmen, auch wenn sie ihn bei seinen Operationen behinderten. Schwerfällig, aber tödlich zog er der Spur nach, die Cletus’ Kommandos in Wiesen und Feldern zurückgelassen hatten.
Der Treck marschierte direkt auf Armoy-Stadt zu, für Cletus’ leicht bewaffnete Dorsai ein Marsch von etwa drei Tagen. Lu May mußte Glück haben, um mit seinem Kommando den gleichen Weg in vier Tagen zurückzulegen, doch dieser zusätzliche Tag würde den General aus Spanierstadt gerade zum rechten Zeitpunkt in Armoy-Stadt in Erscheinung treten lassen, wie er vorausberechnet hatte, gerade zum richtigen Zeitpunkt, um jenen Augenblick zu nutzen, wo Cletus’ Truppen aufatmen würden, nachdem sie Armoy-Stadt und den Raumhafen erobert hatten.
Es war ein weiser Entschluß – dachte Lu May –, sich etwas Handlungsspielraum zu verschaffen, falls dies möglich war. Sollte er zu früh eintreffen, konnte er sich dann immer noch Zeit lassen, ohne die Spur zu verlieren, und rechtzeitig in der Stadt eintreffen. Also gab er nach dem Abendbrot den Befehl, die Verfolgung nach Einbruch der Dunkelheit unter dem mondlosen, aber hellen Sternenhimmel der Neuen Erde fortzusetzen. Er scheuchte sein Kommando durch die Finsternis, bis seine Leute am Steuer ihrer Fahrzeuge einzunicken begannen oder gar im Gehen und Stehen einschliefen. Schließlich ließ er drei Stunden nach Mitternacht widerwillig anhalten und für den Rest der Nacht eine Pause einlegen.
Kaum waren seine Leute eingeschlafen, als sie von einer Reihe scharfer Explosionen aufgeschreckt wurden. Was sie sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern erstarren. Ihre Energiewaffen brannten lichterloh, und das Lager mit den Energieladungen schmolz in der Hitze wie Butter in einer Pfanne. Im gleichen Augenblick tauchten dunkel gekleidete Dorsai zwischen Lu Mays Truppen auf, entwaffneten die Leute und trieben sie unter den wachsamen Augen der anderen Söldner in Gruppen zusammen.
General Lu May, aus tiefem Schlummer erwacht, richtete sich auf seinem Feldbett auf und erblickte Cletus über sich, die Pistole im Gürtel. Lu May starrte ihn verwirrt an, als sei er eine Erscheinung.
„Aber … Sie müßten mir weit voraus sein …“ stammelte er, nachdem er sich einigermaßen gefaßt hatte.
„Ich habe Ihnen einen Konvoi ziviler Lastwagen vorausgeschickt“, erwiderte Cletus. „Diese Wagen waren leer bis auf die Fahrer. Meine Leute habe ich mitgebracht – und Ihr Kommando haben wir gefangengenommen, General. Es ist besser, Sie ergeben sich gleich, das vereinfacht die Sache.“
Lu May rappelte sich aus seinem Bett hoch. Plötzlich sah er sehr alt und hilflos wie ein begossener Pudel aus, als er in seinem Schlafanzug dastand. Fast demütig ergab er sich, ohne Widerstand zu leisten.
Cletus kehrte zu der Feldeinheit zurück, wo bereits ein provisorisches Hauptquartier eingerichtet worden war. Kanzler Ad Reyes wartete schon auf ihn.
„Sie können Ihrer Regierung mitteilen, Kanzler, daß die regulären Militärstreitkräfte des Zentralrings der Stadtstaaten unsere Gefangenen sind …“ begann er, brach dann aber ab, als Arvid eintrat und ein gelbes Meldeformular überreicht.
„Nachricht von Oberst Khan auf Dorsai“, sagte Arvid, „übermittelt von unserem Basislager bei Adonyer in der Kolonie Breatha.“
Cletus nahm das Formular, entfaltete es und las:
Angriff durch Etter-Paß von Neuland auf Bakhalla-Gebiet abgewehrt. Streitkräfte der Allianz und der Koalition in einer „Friedensarmee“ für die neuen Welten vereint. Dow deCastries hat Oberkommando dieser Streitkräfte übernommen.
Cletus faltete das Blatt zusammen und steckte es in eine Tasche seiner Kampfjacke. Dann wandte er sich an Reyes.
„Sie haben vierundzwanzig Stunden Zeit“, sagte er, „um die Breatha-Truppen hierherzubeordern und die Gefangenen zu übernehmen. Meine Truppen und ich müssen unverzüglich nach Dorsai zurückkehren.“
Reyes starrte ihn ehrfurchtsvoll und gleichzeitig verblüfft an. „Aber wir haben doch für den Fall eines Sieges einen Triumphzug vorgesehen …“ begann er unsicher.
„Vierundzwanzig Stunden“, erwiderte Cletus brüsk. Damit machte er auf dem Absatz kehrt und ließ den Kanzler stehen.