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Der Don­ner groll­te, tiefer als auf Er­den, und roll­te über die Hü­gel vor Bak­hal­la, wie das Rum­peln und Grol­len von Gi­gan­ten, als Cle­tus und Ar­vid in Mon­dars Re­si­denz ein­tra­fen. Doch über der Stadt war der Him­mel klar. Über den Haus­dä­chern bis hin zum Ha­fen füll­te die gel­be Son­ne von Kul­tis den Him­mel und das Meer gleich­sam mit ro­si­gem Gold.

Mon­dars Haus, von Bäu­men und blü­hen­den Bü­schen um­ge­ben, ein Ge­misch von ein­hei­mi­schen und ak­kli­ma­ti­sier­ten Er­den­pflan­zen, stand ein­sam auf ei­nem klei­nen Hü­gel in ei­nem der öst­li­chen Vor­or­te der Stadt. Der Kom­plex be­stand aus ei­ner Rei­he von Ge­bäu­den, die ur­sprüng­lich eher nach nütz­li­chen als nach äs­the­ti­schen Ge­sichts­punk­ten zu­sam­men­ge­stellt wor­den wa­ren. Nun aber schi­en die Zweck­mä­ßig­keit et­was in den Hin­ter­grund ge­drängt zu sein, nur die Form der Ge­bäu­de er­in­ner­te noch ent­fernt an die ehe­mals prak­ti­schen Über­le­gun­gen, denn in je­der Be­zie­hung hat­te ein sanf­ter, künst­le­ri­scher Ein­fluß ge­wal­tet, der bei al­ler Pra­xis­nä­he un­über­seh­bar war.

Die har­ten, wei­ßen Blocks der Ge­bäu­de­kom­ple­xe, die jetzt im Schein der un­ter­ge­hen­den Son­ne glüh­ten, en­de­ten nicht ab­rupt am Ran­de des grü­nen Ra­sens, son­dern wa­ren durch Baum­grup­pen, Pa­ti­os und halb­of­fe­ne Räu­me mit wei­num­rank­ten Spa­lie­ren er­wei­tert wor­den. Nach­dem Cle­tus und Axvid aus ih­rem Wa­gen ge­stie­gen und die­se Vor­gär­ten be­tre­ten hat­ten, konn­ten sie nicht je­der­zeit mit Be­stimmt­heit sa­gen, ob sie sich nun wirk­lich schon im ei­gent­li­chen Ge­bäu­de­kom­plex be­fan­den oder nicht.

Mon­dar emp­fing sie in ei­nem halb­of­fe­nen Raum, der von drei so­li­den Wän­den und ei­nem die­ser wei­num­rank­ten Spa­lie­re be­grenzt wur­de. Er führ­te sie tiefer ins Haus hin­ein, in einen lan­gen, ge­räu­mi­gen, hal­len­ar­ti­gen Raum mit tief hän­gen­der De­cke, der mit di­cken Tep­pi­chen be­legt und mit be­que­men, ge­pols­ter­ten Ses­seln und Lie­gen aus­ge­stat­tet war. Ei­ni­ge Gäs­te wa­ren schon an­we­send, un­ter ih­nen Me­lis­sa und Eachan Khan.

„Ist de Ca­stries schon hier?“ wand­te sich Cle­tus an Mon­dar.

„Da ist er“, er­wi­der­te der Gast­ge­ber. „Er und Pa­ter Ten ha­ben so­eben ein Ge­spräch mit ei­nem mei­ner Exo­ten-Freun­de be­en­det.“ Wäh­rend­des­sen führ­te er die bei­den zu ei­ner klei­nen Bar, die in ei­ner Ecke des Raum­es auf­ge­baut war. „Be­stel­len Sie sich, was Sie trin­ken möch­ten. Ich muß noch ein paar Leu­te be­grü­ßen – aber ich möch­te Sie spä­ter gern spre­chen, Cle­tus. In Ord­nung? Ich wer­de Sie auf­su­chen, so­bald ich wie­der frei bin.“

„Auf je­den Fall“, sag­te Cle­tus. Als Mon­dar sie ver­ließ, wand­te er sich der Bar zu. Ar­vid nahm ge­ra­de ein Glas Bier ent­ge­gen.

„Sir?“ frag­te Ar­vid. „Darf ich Ih­nen viel­leicht …“

„Nein, dan­ke, im Au­gen­blick gar nichts“, sag­te Cle­tus. Er blick­te er­neu­te in die Run­de und er­blick­te Eachan Khan, der mit ei­nem Glas in der Hand in der Nä­he ei­nes großen Fens­ters stand. „Blei­ben Sie noch ei­ne Wei­le in der Nä­he, Ar­vid. So kann ich Sie leich­ter fin­den, wenn ich Sie spä­ter brau­chen soll­te.“

„Ja­wohl, Sir“, gab Ar­vid zu­rück.

Cle­tus ging auf Eachan Khan zu. Er stand mit stei­ner­nem Ge­sicht da, als wol­le er je­de Un­ter­hal­tung, die et­wa auf­kom­men moch­te im Keim er­sti­cken. Als er den Of­fi­zier er­blick­te, ent­spann­te sich sein Ge­sicht – so­fern sein Ge­sicht über­haupt je ent­spannt wir­ken konn­te.

„Gu­ten Abend“, sag­te Eachan. „Wie ich hör­te, ha­ben Sie Ih­ren Kom­man­deur auf­ge­sucht?“

„Neu­ig­kei­ten ha­ben flin­ke Bei­ne“, ver­setz­te Cle­tus.

„Schließ­lich sind wir ein Mi­li­tär­pos­ten“, gab Eachan zu­rück. Er schau­te für einen Au­gen­blick über Cle­tus hin­weg, dann faß­te er ihn wie­der ins Au­ge. „Au­ßer­dem ha­be ich auch ge­hört, daß Sie et­was über ei­ne neue In­fil­tra­ti­on von Neu­län­der-Gue­ril­las durch den Et­ter-Paß ge­äu­ßert ha­ben.“

„Das stimmt“, sag­te Cle­tus. „Hal­ten Sie es nicht eben­falls für wahr­schein­lich?“

„Für sehr wahr­schein­lich so­gar – jetzt, wo Sie dar­auf hin­ge­wie­sen ha­ben“, sag­te Eachan. „Üb­ri­gens – ich ha­be mir je­ne drei Bän­de über Tak­tik be­schafft, die Sie be­reits ver­öf­fent­licht ha­ben. Die exo­ti­sche Bi­blio­thek be­sitzt ein paar Ex­em­pla­re. Bis­her ha­be ich die Bü­cher nur flüch­tig durch­blät­tern kön­nen“ – sein Blick ver­senk­te sich plötz­lich tief in Cle­tus’ Au­gen – „aber es hört sich al­les recht ver­nünf­tig an. Sehr ver­nünf­tig so­gar … Trotz­dem bin ich mir im­mer noch nicht si­cher, ob Ihr Täu­schungs­ma­nö­ver an­wend­bar ist. Ei­ne Schlacht ist schließ­lich kei­ne Fecht­meis­ter­schaft, wie de­Ca­stries mein­te.“

„Nein“, mein­te Cle­tus, „aber das Prin­zip ist an­wend­bar. Stel­len Sie sich zum Bei­spiel ei­ne tak­ti­sche Fal­le vor, die Sie ei­nem Geg­ner stel­len, in­dem Sie ihn da­zu ver­lei­ten, einen an­geb­lich schwa­chen Punkt Ih­rer Stel­lun­gen an­zu­grei­fen. Dann aber zie­hen sich Ih­re Trup­pen zu­rück und lo­cken den Feind in einen Kes­sel, wo er um­zin­gelt und von star­ken Ver­bän­den ver­nich­tet wird.“

„Das ist ein al­ter Hut“, sag­te Eachan.

„Nein“, fuhr Cle­tus fort, „ich bin noch nicht fer­tig. Stel­len Sie sich die glei­che Si­tua­ti­on vor, nur daß man dies­mal in ei­ner Rei­he von Ge­fech­ten dem Feind das Ge­fühl zahl­rei­cher klei­ner Sie­ge ver­mit­telt. In der Zwi­schen­zeit aber brin­gen Sie den Geg­ner da­zu, bei je­dem Auf­ein­an­der­tref­fen grö­ße­re Ver­bän­de sei­ner ver­füg­ba­ren Kräf­te ein­zu­set­zen. Dann, wenn er fast al­le sei­ne Re­ser­ven in die Schlacht wirft, um einen ver­meint­li­chen wei­te­ren Sieg zu er­rin­gen, lo­cken Sie ihn in die Fal­le, wo er schließ­lich – viel zu spät – er­ken­nen muß, daß man ihn in ei­ne Po­si­ti­on hin­ein­ma­nö­vriert hat, wo er Ih­nen auf Gna­de und Barm­her­zig­keit aus­ge­lie­fert ist.“

„Sehr schlau“, sag­te Eachan und run­zel­te die Stirn. „Viel­leicht ein biß­chen zu schlau …“

„Nicht not­wen­di­ger­wei­se“, ver­setz­te Cle­tus. „So­wohl das kai­ser­li­che Chi­na als auch Ruß­land ha­ben sich ei­ner rü­de­ren Ver­si­on die­ser Tak­tik be­dient, in­dem sie die In­va­so­ren im­mer tiefer ins Land lock­ten, bis der An­grei­fer plötz­lich merk­te, daß sei­ne Ver­sor­gungs­we­ge zu lang und sei­ne Stütz­punk­te zu weit weg wa­ren und er sich von al­len Sei­ten vom Feind um­zin­gelt sah … Sie­he Na­po­le­on und sein Rück­zug aus Mos­kau.“

„Trotz­dem …“, Eachan brach plötz­lich ab, und sein Blick ging durch Cle­tus hin­durch. Cle­tus dreh­te sich um und sah, daß sich de­Ca­stries im Raum be­fand. Der hoch­ge­wach­se­ne, dunkle und ele­gan­te Mi­nis­ter der Ko­ali­ti­on für au­ßer­ir­di­sche An­ge­le­gen­hei­ten stand an der ge­gen­über­lie­gen­den Wand und war mit Me­lis­sa in ein Ge­spräch ver­tieft.

Cle­tus’ Blick wan­der­te von den bei­den Ge­stal­ten zu­rück zu Eachan, und er sah, daß des­sen Ge­sicht so kalt und ru­hig ge­wor­den war wie die ers­te Eis­schicht auf der Ober­flä­che ei­nes tie­fen Tei­ches an ei­nem wind­stil­len Win­ter­tag.

„Sie ken­nen de­Ca­stries jetzt schon ei­ne Wei­le?“ frag­te Cle­tus. „Sie und Me­lis­sa?“

„Al­le Frau­en mö­gen ihn.“ Eachans Stim­me klang grim­mig, wäh­rend sein Blick im­mer noch auf Me­lis­sa und Dow haf­te­te.

„Ja“, sag­te Cle­tus. „Üb­ri­gens …“. Er brach ab und war­te­te. Eachan lös­te wi­der­stre­bend sei­nen Blick von den bei­den und schau­te ihn er­neut an.

„Was ich sa­gen woll­te“, fuhr Cle­tus fort. „Ge­ne­ral Tray­nor hat wäh­rend un­se­res Ge­sprä­ches et­was Merk­wür­di­ges er­wähnt. Er sag­te, in Bak­hal­la sei­en kei­ne Fall­schirm­jä­ger sta­tio­niert. Das hat mich et­was über­rascht. Ich ha­be, be­vor ich hier­her kam, ei­ni­ges über die Dor­sai ge­le­sen, und ich war der Mei­nung, daß Fall­schirm­sprin­gen zum Trai­nings­pro­gramm Ih­rer Söld­ner­trup­pen ge­hört.“

„Das stimmt“, er­wi­der­te Eachan tro­cken. „Aber Ge­ne­ral Tray­nor ist wie die meis­ten kom­man­die­ren­den Of­fi­zie­re der Al­li­anz und der Ko­ali­ti­on. Er meint, un­se­re Aus­bil­dung sei nicht gut ge­nug, um die Leu­te für sol­che et­li­che an­de­re Ein­sät­ze an der Front zu qua­li­fi­zie­ren.“

„Hm“, mein­te Cle­tus. „Ei­fer­sucht? Oder glau­ben Sie, daß man Ih­re Söld­ner als ei­ne Art Kon­kur­renz be­trach­tet?“

„Das will ich nicht be­haup­ten“, sag­te Eachan fros­tig. „Sie mö­gen Ih­re ei­ge­nen Schlüs­se zie­hen.“ In sei­nem Blick war et­was wie der Wunsch zu er­ken­nen, wie­der durch den Raum zu Me­lis­sa und Dow zu wan­dern.

„Ach, und da ist noch et­was, was ich Sie fra­gen woll­te“, sag­te Cle­tus. „In den Or­dern für Bak­hal­la, die ich noch auf der Er­de ein­ge­se­hen ha­be, fin­den sich die Na­men ei­ni­ger Ma­ri­ne­of­fi­zie­re, die als Ma­rin­e­in­ge­nieu­re ab­kom­man­diert sind – für ir­gend­wel­che Ha­fen- und Fluß­ar­bei­ten. Aber ich ha­be bis­her noch kei­ne Ma­ri­ne­of­fi­zie­re ge­se­hen.“

„Kom­man­deur We­fer Li­net“, er­wi­der­te Eachan prompt, „der Mann in Zi­vil dort am En­de der Couch am an­de­ren En­de des Raum­es. Kom­men Sie, ich wer­de Sie vor­stel­len.“

Cle­tus folg­te Eachan quer durch den Raum zu ei­ner Sitz­grup­pe, wo ein hal­b­es Dut­zend Män­ner im Ge­spräch bei­ein­an­der sa­ßen. Hier war man Dow und Me­lis­sa schon viel nä­her – doch im­mer noch zu weit, um et­was von ih­rem Ge­spräch auf­zu­schnap­pen.

„Kom­man­deur“, sag­te Eachan, als sie bei der Sitz­grup­pe an­ge­kom­men wa­ren und ein klein­wüch­si­ger Mann um die Drei­ßig mit kan­ti­gem Ge­sicht von sei­nem Sitz hoch­schnell­te, das Glas in der Hand. „Ich möch­te Ih­nen Oberst Cle­tus Gra­ha­me vor­stel­len, der so­eben von der Er­de ein­ge­trof­fen ist, um im Stab von Ge­ne­ral Tray­nor sei­nen Dienst an­zu­tre­ten – üb­ri­gens ein Ex­per­te in tak­ti­schen Fra­gen.“

„Ich freue mich, Sie ken­nen­zu­ler­nen, Oberst“, sag­te We­fer Li­net, wäh­rend er Cle­tus’ Hand mit fes­tem Griff schüt­tel­te. „Den­ken Sie sich et­was für uns aus, et­was an­de­res, als Fluß­mün­dun­gen aus­zu­bag­gern oder Kanä­le zu rei­ni­gen, und mei­ne Leu­te wer­den von Ih­nen be­geis­tert sein.“

„Ganz be­stimmt“, er­wi­der­te Cle­tus lä­chelnd. „Das ver­spre­che ich Ih­nen.“

„Gut so“, ver­setz­te We­fer ener­gisch.

„Ha­ben Sie schon je­ne großen Un­ter­was­ser-Bull­do­zer be­kom­men?“ frag­te Cle­tus. „Ich ha­be vor et­was sie­ben Mo­na­ten et­was im Al­li­anz Streit­kräf­te Jour­nal ge­le­sen.“

„Den Mark V, oh ja.“ Li­nets Ge­sicht er­hell­te sich. „Wir ha­ben sechs Ge­rä­te die­ses Typs zur Ver­fü­gung. Möch­ten Sie dem­nächst mit ei­nem die­ser Bull­do­zer fah­ren? Es sind ganz hüb­sche Ma­schi­nen. Fle­der­maus Tray­nor woll­te sie aus dem Was­ser ho­len und sie bei der Ur­waldro­dung ein­set­zen. Es wä­re bes­ser als al­les, was ihr Leu­te von der Ar­mee fer­tig­brin­gen könn­tet. Aber die­se Ge­rä­te sind nicht fürs Fest­land be­stimmt. Ich konn­te von mir aus dem Ge­ne­ral kei­ne Ab­sa­ge er­tei­len, aber ich ha­be auf un­mit­tel­ba­re Be­feh­le von der Er­de be­stan­den und Däum­chen ge­dreht. Zum Glück wur­de sein An­sin­nen ab­ge­wie­sen.“

„Ich wer­de auf Ihr An­ge­bot zu­rück­kom­men“, sag­te Cle­tus. Eachan war im­mer noch mit stei­ner­ner Kon­zen­tra­ti­on da­mit be­schäf­tigt, Me­lis­sa und Dow zu be­ob­ach­ten. Cle­tus schau­te sich um und er­blick­te Mon­dar, der sich mit zwei Da­men un­ter­hielt, die wie Di­plo­ma­ten­frau­en aus­sa­hen.

Der Exot dreh­te sich um, als hät­te er Cle­tus’ Blick ge­spürt, dann lä­chel­te er und nick­te ihm zu. Cle­tus er­wi­der­te sein Ni­cken und wand­te sich wie­der an We­fer, der weit­schwei­fig er­klär­te, wie sei­ne Mark V funk­tio­nier­ten, und das bei Tie­fen von mehr als tau­send Fuß und un­ter den wid­rigs­ten von Strö­mung und Ge­zei­ten ver­ur­sach­ten Um­stän­den.

„Wahr­schein­lich wer­de ich wäh­rend der nächs­ten Ta­ge au­ßer­halb der Stadt zu tun ha­ben“, sag­te Cle­tus. „Wenn ich aber wie­der in der Stadt bin …“

„Ru­fen Sie mich an, wann im­mer Sie Zeit ha­ben“, sag­te We­fer. „Im Au­gen­blick ar­bei­ten wir im Haupt­ha­fen von Bak­hal­la. Ich kann Sie in­ner­halb von zehn Mi­nu­ten in mei­ne Kom­man­doein­heit ein­schleu­sen und vor­her bei den Docks ab­ho­len, wenn Sie mich ei­ne hal­be Stun­de vor­her an­ru­fen, um die not­wen­di­gen Vor­keh­run­gen zu tref­fen … Hal­lo, mein exo­ti­scher Freund. Der Oberst wird in den nächs­ten Ta­gen auf ei­nem Mark V mit­fah­ren.“

Mon­dar war zu ih­nen ge­tre­ten, wäh­rend We­fer sei­ne Aus­füh­run­gen fort­setz­te.

„Gut“, sag­te der Exo­te mit ei­nem Lä­cheln. „Er wird es si­cher in­ter­essant fin­den.“ Dann schau­te er Cle­tus an. „Ich neh­me an, Sie woll­ten de­Ca­stries spre­chen. Für dies­mal sind sei­ne Be­spre­chun­gen mit mei­nen Leu­ten zu En­de. Sie kön­nen jetzt mit ihm re­den. Da steht er, auf der an­de­ren Sei­te, bei Me­lis­sa.“

„Ja … ich weiß“, sag­te Cle­tus. Er schau­te sich nach We­fer und Eachan um. „Ich woll­te ge­ra­de hin­über­ge­hen. Wenn mich die Her­ren ent­schul­di­gen wol­len?“

Er ver­ließ We­fer mit dem Ver­spre­chen, ihn bei der nächs­ten Ge­le­gen­heit an­zu­ru­fen. Wäh­rend er sich ab­wand­te, be­merk­te er, wie Mon­dar Eachan leicht am Arm be­rühr­te und ihn bei­sei­te nahm.

Cle­tus hum­pel­te zu Dow und Me­lis­sa hin­über, die im­mer noch bei­ein­an­der stan­den. Als Cle­tus nä­her kam, wand­ten sich die bei­den ihm zu, wo­bei Me­lis­sa plötz­lich ver­är­gert die Au­gen­brau­en zu­sam­men­zog. Dow aber lä­chel­te freund­lich.

„Nun, Oberst“, sag­te er, „wie ich hör­te, hat man Ih­nen auf dem Weg vom Raum­haf­ten hier­her einen hei­ßen Emp­fang be­rei­tet.“

„Wie es in Bak­hal­la wohl nicht an­ders zu er­war­ten war“, mein­te Cle­tus.

Die bei­den lach­ten un­be­küm­mert, und die Fal­te zwi­schen Me­lis­sas Brau­en ver­schwand.

„Ent­schul­di­gen Sie“, sag­te sie zu Dow. „Ich glau­be, Va­ter möch­te mir et­was mit­tei­len. Er hat mir so­eben zu­ge­winkt. Ich bin gleich zu­rück.“

Sie ging, und die Bli­cke der bei­den Män­ner tra­fen sich.

„Al­so konn­ten Sie sich mit Ruhm be­kle­ckern, in­dem Sie ganz al­lein ei­ne gan­ze Gue­ril­la-Ban­de er­le­dig­ten“, sag­te Dow.

„Nicht ganz. Da war noch Eachan mit sei­ner Pis­to­le.“ Cle­tus be­ob­ach­te­te sein Ge­gen­über. „Me­lis­sa hät­te um ein Haar dar­an glau­ben müs­sen.“

„Durch­aus mög­lich“, mein­te Dow, „und das wä­re jam­mer­scha­de ge­we­sen.“

„Das glau­be ich auch“, sag­te Cle­tus. „Sie hat et­was Bes­se­res ver­dient.“

„Die Leu­te be­kom­men stets, was sie ver­die­nen“, ver­setz­te de­Ca­stries. „Selbst die Me­lis­sas. Aber ich glau­be nicht, daß sich ein Ge­lehr­ter mit Ein­zel­per­so­nen be­faßt.“

„Mit al­lem und je­dem“, mein­te Cle­tus.

„Ich ver­ste­he“, sag­te de­Ca­stries. „Mit Fin­ger­fer­tig­keit ganz ge­wiß. Sie wis­sen ja, daß ich un­ter der mitt­le­ren Tas­se schließ­lich doch einen Zucker­wür­fel ge­fun­den ha­be? Ich er­wähn­te es Me­lis­sa ge­gen­über und sie sag­te mir, sie wüß­te von Ih­nen, daß un­ter je­der Tas­se ein Zucker­wür­fel lag.“

„Ich fürch­te, das ist rich­tig“, er­wi­der­te Cle­tus.

Die bei­den Män­ner schau­ten sich an.

„Der Trick ist gut“, mein­te de­Ca­stries. „Aber ich glau­be nicht, daß er ein zwei­tes Mal funk­tio­niert.“

„Nein“, sag­te Cle­tus. „Das nächs­te Mal muß man einen an­de­ren Trick an­wen­den.“

De­Ca­stries lä­chel­te hin­ter­häl­tig.

„Das hört sich nicht da­nach an, als wür­den Sie in ei­nem El­fen­bein­turm le­ben, Oberst“, sag­te er. „Ich kann mir nicht hel­fen, ich ha­be das Ge­fühl, daß Sie eher zur Pra­xis als zur Theo­rie nei­gen. Ich glau­be …“ – sei­ne Au­gen blitz­ten amü­siert un­ter den dunklen Brau­en – „… wenn es dar­auf an­kommt, dann han­deln Sie lie­ber statt zu be­ten.“

„Zwei­fel­los“, gab Cle­tus zu. „Doch das Han­di­cap für einen Ge­lehr­ten be­steht dar­in, daß er auch Idea­list sein muß. Und auf lan­ge Sicht, wenn die­se neu­en Wel­ten ihr Schick­sal oh­ne jed­we­de Be­ein­flus­sung von der Er­de be­stim­men kön­nen, dürf­te sich die Theo­rie viel­leicht län­ger und se­gens­rei­cher aus­wir­ken als die Pra­xis.“

„Das ha­ben Sie be­reits an Bord er­wähnt“, sag­te de­Ca­stries. „Sie sag­ten, daß we­der die Al­li­anz noch die Ko­ali­ti­on ei­ne Welt wie Kul­tis be­ein­flus­sen dürf­ten. Wol­len Sie das im­mer noch be­haup­ten, wo Ih­re Vor­ge­setz­ten von der Al­li­anz hier über­all her­um­schwir­ren?“

„Oh ja, warum auch nicht?“ er­wi­der­te Cle­tus. „Nie­mand wür­de es be­strei­ten – au­ßer viel­leicht Sie.“

„Ich fürch­te, das stimmt“, mein­te de­Ca­stries. Er nahm ein Wein­glas von dem Tisch­chen, ne­ben dem er ge­ra­de stand, hielt es kurz ge­gen das Licht und dreh­te es lang­sam zwi­schen Dau­men und Zei­ge­fin­ger. Dann ließ er das Glas sin­ken und schau­te Cle­tus wie­der an. „Aber es wür­de mich in­ter­es­sie­ren zu hö­ren, wie Sie sich die Sa­che vor­stel­len.“

„Ich ha­be vor, den Din­gen et­was nach­zu­hel­fen“, sag­te Cle­tus.

„Wirk­lich?“ frag­te de­Ca­stries. „Aber Sie ha­ben nichts zu bie­ten, we­der ent­spre­chen­de Mit­tel noch Streit­kräf­te, noch po­li­ti­schen Ein­fluß. Ich zum Bei­spiel ver­fü­ge da­ge­gen über all die­se Din­ge, was mei­ne Po­si­ti­on be­deu­tend stärkt. Wenn ich der An­sicht wä­re, ei­ne um­fang­rei­che­re Ver­än­de­rung sei durch­führ­bar – selbst­ver­ständ­lich zu mei­nem Vor­teil –, wä­re ich durch­aus dar­an in­ter­es­siert, die Din­ge zu än­dern, die auf uns zu­kom­men.“

„Nun“, sag­te Cle­tus, „wir kön­nen es ja bei­de ver­su­chen.“

„Ein fai­res An­ge­bot.“ De­Ca­stries hielt das Wein­glas in der Hand und schau­te über den Rand hin­weg Cle­tus an. „Aber Sie ha­ben mir im­mer noch nicht ver­ra­ten, wie Sie sich das vor­stel­len. Ich ha­be Ih­nen be­reits mei­ne Ein­satz­mög­lich­kei­ten auf­ge­zählt – Geld, Streit­kräf­te, po­li­ti­sche Macht. Was kön­nen Sie da­ge­gen set­zen? Nichts als Theo­ri­en?“

„Manch­mal ge­nü­gen auch Theo­ri­en“, mein­te Cle­tus.

De­Ca­stries schüt­tel­te be­däch­tig den Kopf. Er stell­te das Wein­glas wie­der auf dem Tisch­chen ab und pus­te­te leicht auf sei­ne Fin­ger­spit­zen, die das Glas be­rührt hat­ten, als sei­en sie schmut­zig ge­wor­den.

„Oberst“, sag­te er ru­hig, „ent­we­der sind Sie ei­ne neue Art Agent, den mir die Al­li­anz an die Fer­sen hef­ten will – was ich un­ver­züg­lich er­fah­re, so­bald ich wie­der Kon­takt zur Er­de ha­be –, oder Sie sind ein im­mer­hin in­ter­essan­ter Narr. In die­sem Fall wer­den die Er­eig­nis­se für sich spre­chen, und das wird nicht mehr Zeit in An­spruch neh­men als fest­zu­stel­len, ob Sie nun ein Agent sind oder nicht.“

Er be­trach­te­te Cle­tus für ei­ne Wei­le, doch der Oberst hielt sei­nem Blick stand, oh­ne mit der Wim­per zu zu­cken.

„Es tut mir leid sa­gen zu müs­sen“, fuhr de­Ca­stries fort, „daß Sie mir im­mer mehr wie ein Narr vor­kom­men. Ei­gent­lich scha­de. Wä­ren Sie ein Agent, könn­te ich Ih­nen einen bes­se­ren Pos­ten an­bie­ten als den, den Sie au­gen­blick­lich bei der Al­li­anz be­klei­den. Aber ich wür­de nie­mals einen Nar­ren an­heu­ern – er wä­re für mich viel zu un­be­re­chen­bar. Tut mir leid.“

„Was aber“, frag­te Cle­tus, „wenn sich her­aus­stellt, daß ich ein recht er­folg­rei­cher Narr bin?“

„Dann liegt die Sa­che na­tür­lich an­ders. Aber das ist wohl kaum zu er­war­ten. Und dar­um kann ich nichts wei­ter da­zu sa­gen, als daß es mir leid tut. Ich ha­be ge­hofft, Sie wür­den mich nicht ent­täu­schen.“

„Mir scheint, ich ha­be ein be­son­de­res Ta­lent da­zu, die Men­schen zu ent­täu­schen“, mein­te Cle­tus.

„Wie et­wa da­mals, als Sie sich ent­schlos­sen hat­ten zu ma­len, statt auf die Aka­de­mie zu ge­hen, und sich dann schließ­lich doch für ei­ne mi­li­tä­ri­sche Lauf­bahn ent­schie­den?“ mur­mel­te de­Ca­stries. „Auch ich ha­be mei­ne Um­ge­bung auf mei­ne Wei­se ent­täuscht. Ich ha­be ei­ne Men­ge On­kel und Vet­tern in der Welt der Ko­ali­ti­on – al­les äu­ßerst er­folg­rei­che Ma­na­ger, Ge­schäfts­leu­te, wie mein Va­ter ei­ner war. Ich aber ha­be mich für die Po­li­tik ent­schie­den …“ Er brach ab, weil in die­sem Au­gen­blick Me­lis­sa wie­der zu ih­nen stieß.

„Es war nichts … Oh, Cle­tus“, sag­te sie, „Mon­dar läßt Ih­nen aus­rich­ten, daß er in sei­nem Ar­beits­zim­mer ist, wenn Sie ihn spre­chen wol­len. Es be­fin­det sich in ei­nem an­de­ren Ge­bäu­de hin­ter dem Haus.“

„Wie kann ich ihn fin­den?“ frag­te Cle­tus.

Sie zeig­te auf einen Bo­gen­gang am an­de­ren En­de des Raum­es. „Da hin­durch, im­mer ge­ra­de­aus und dann nach links“, sag­te sie. „Am En­de des Kor­ri­dors ist ei­ne Tür, die zum Gar­ten hin­aus­führt. Die Ar­beits­räu­me be­fin­den sich in dem Ge­bäu­de di­rekt hin­ter die­sem Gar­ten.“

„Dan­ke“, sag­te Cle­tus.

Er fand den Kor­ri­dor, von dem Me­lis­sa ge­spro­chen hat­te, und folg­te ihm bis in den Gar­ten, in einen klei­nen, ter­ras­sen­ar­tig ab­ge­setz­ten Raum, des­sen Pfa­de zu ei­ner Bau­mal­lee führ­ten, wo die Baum­wip­fel sich in ei­nem hei­ßen, feuch­ten Wind bo­gen und in einen Him­mel vol­ler Mond­licht und Wol­ken­fet­zen rag­ten. Doch da war kein Ge­bäu­de und kein Haus weit und breit.

Im glei­chen Au­gen­blick je­doch, als Cle­tus noch zö­gernd da­stand, sah er ein paar Lich­ter, die über sei­nem Kopf durch die Bäu­me blink­ten. Hin­ter dem schma­len Baum­gür­tel öff­ne­te sich ei­ne Art Hof vor ei­nem nied­ri­gen, ga­ra­ge­ähn­li­chen Ge­bäu­de mit tief her­ab­ge­zo­ge­nem Dach, das so ge­schickt in die Land­schaft ein­ge­paßt war, daß man an­neh­men konn­te, das Haus sei halb in den Bo­den ver­sun­ken. Das Licht, das er so­eben er­blickt hat­te, drang aus nied­ri­gen Fens­tern, hin­ter de­nen schwe­re Vor­hän­ge hin­gen. Di­rekt vor ihm stand ei­ne Tür. Und als er sich der Tür nä­her­te, glitt sie ge­räusch­los auf. Er trat ein, und die Tür schloß sich hin­ter ihm. In­stink­tiv blieb er einen Au­gen­blick ste­hen.

Er stand in ei­nem Raum mit ge­dämpf­ter Be­leuch­tung, die aber aus­reich­te, um das Zim­mer zu er­hel­len. Das Zim­mer sah eher nach ei­ner Bi­blio­thek als nach ei­nem Stu­dio aus, ob­wohl ge­wis­ser­ma­ßen doch bei­des zu­traf. Die Luft war merk­wür­dig dünn und tro­cken wie auf ei­nem ho­hen Berg­gip­fel. In den Re­ga­len, die in al­le vier Wän­de ein­ge­las­sen wa­ren, stand ei­ne über­ra­schen­de An­zahl von al­ten Dru­cken. Ei­ne Art Schreib­pult und ei­ne Ein­rich­tung, mit der man auch die höchs­ten Bor­de er­rei­chen konn­te, nah­men je ei­ne Ecke des Raum­es ein. Mon­dar, der ein­zi­ge, der sich au­ßer Cle­tus im Zim­mer be­fand, saß weit­ab auf ei­nem ge­räu­mi­gen Stuhl oh­ne Arm­leh­nen, die Bei­ne ge­kreuzt, wie ein Bud­dha in der Lo­tus-Po­si­ti­on.

Sonst hat­ten we­der der Au­gen­blick noch der Ort et­was Be­son­de­res an sich – doch als Cle­tus durch die Tür trat, war ihm, als stie­ge ei­ne tie­fe, war­nen­de Stim­me aus sei­nem In­ne­ren auf, ei­ne in­stink­ti­ve War­nung, so­bald er die Schwel­le über­schrit­ten hat­te. Er spür­te ei­ne un­faß­ba­re, le­ben­di­ge Span­nung, die in der Luft lag – ei­ne mas­si­ve, un­sicht­ba­re Kraft von be­son­de­rer Aus­ge­wo­gen­heit. Für einen Au­gen­blick wa­ren sei­ne Sin­ne ge­trübt.

Dann war sein Geist wie­der klar, und für einen flüch­ti­gen, aber zeit­lo­sen Au­gen­blick er­blick­te er das, was im Raum vor­han­den war – und das, was nicht vor­han­den war.

Er sah ge­wis­ser­ma­ßen die glei­che Sze­ne in zwei ver­schie­de­nen Ver­sio­nen, die sich über­la­ger­ten und den­noch deut­lich von­ein­an­der ge­trennt wa­ren. Das ei­ne Bild zeig­te den Raum, wie er war, mit Mon­dar auf sei­nem Stuhl, einen ganz ge­wöhn­li­chen Raum mit ganz ge­wöhn­li­chen Din­gen.

Das an­de­re Bild zeig­te zwar den glei­chen Raum, doch hier war al­les an­ders. Dies­mal saß Mon­dar nicht auf sei­nem Stuhl, son­dern schweb­te in Lo­tus­po­si­ti­on ei­ni­ge Zen­ti­me­ter über dem Sitz­kis­sen. Vor und hin­ter ihm stan­den in lan­ger Rei­he Bild­nis­se, die sich stän­dig wie­der­hol­ten, halb durch­sich­tig, doch je­des deut­lich er­kenn­bar. Die Bil­der in un­mit­tel­ba­rer Nä­he vor und hin­ter ihm wa­ren Du­pli­ka­te sei­ner selbst, die Ge­stal­ten aber, die in ei­ni­ger Ent­fer­nung von ihm stan­den, hat­ten an­de­re Ge­sich­ter – Ge­sich­ter von exo­ti­schem Schnitt, aber von je­weils an­de­ren Men­schen, die in end­lo­ser Rei­he vor und hin­ter ihm stan­den, so weit das Au­ge reich­te.

Cle­tus wur­de sich be­wußt, daß da in Reih und Glied mit ihm auch sei­ne ei­ge­nen Spie­gel­bil­der stan­den. Er konn­te die Ge­stal­ten se­hen, die vor ihm stan­den, und ir­gend­wie war er sich auch der an­de­ren Ge­stal­ten hin­ter sei­nem Rücken be­wußt. Vor ihm stand ein Cle­tus mit hei­len Kni­en, doch der nächs­te und die bei­den über­nächs­ten wa­ren ir­gend­wie an­ders, vor al­lem grö­ßer. Doch da war ein Fa­den, der durch sie al­le hin­durch­ging und sie mit­ein­an­der ver­band, ih­re Le­ben­sim­pul­se mit­ein­an­der ver­knüpf­te, der durch ihn hin­durch­ging und ihn mit ei­nem Mann ver­band, der hin­ter ihm stand und dem der lin­ke Arm fehl­te, wei­ter und wei­ter durch die Rei­hen, bis er bei ei­nem kräf­ti­gen al­ten Mann en­de­te, der einen Brust­har­nisch trug, auf ei­nem wei­ßen Roß saß und ei­ne Art Mar­schall­stab in der Hand hielt.

Aber das war noch nicht al­les. Der Raum war er­füllt von leb­haf­ten Kräf­ten und Strö­mun­gen, die sich aus wei­ter Fer­ne kom­mend in die­sem Punkt ver­ein­ten, wie Fä­den gol­de­nen Lichts hin und her lie­fen, al­les mit­ein­an­der ver­wo­ben und ei­ni­ge der Cle­tus-Bil­der mit den Mon­dar-Bil­dern ver­ban­den, ja so­gar von Cle­tus selbst zu Mon­dar lie­fen. Sie bei­de, ih­re Vor­fah­ren und ih­re Nach­kom­men hin­gen in die­sem Netz aus Licht, ge­wo­ben in die­sem Au­gen­blick, da Cle­tus die­se Dop­pel­sze­ne wahr­nahm.

Dann wand­te Mon­dar plötz­lich sei­nen Blick Cle­tus zu, und der gan­ze Spuk war ver­schwun­den. Nichts als der nor­ma­le Raum blieb zu­rück.

Doch Mon­dars Au­gen fun­kel­ten Cle­tus an wie zwei Sa­phi­re, durch­glüht von dem glei­chen Licht, das in Far­be und Be­schaf­fen­heit je­nen Fä­den glich, die die Luft im Raum zwi­schen den bei­den aus­ge­füllt zu ha­ben schie­nen.

„Ja“, sag­te Mon­dar. „Ich hab’s ge­wußt … fast vom ers­ten Au­gen­blick an, als ich Sie im Spei­se­saal des Raum­schif­fes er­blickt hat­te. Ich wuß­te, daß Sie ein Po­ten­ti­al be­sit­zen. Hät­te ich le­dig­lich vor­ge­habt, Sie zu be­keh­ren oder auf die üb­li­che Art zu ge­win­nen, so hät­te ich es von je­nem Au­gen­blick an ver­sucht. Ha­ben Sie mit Dow ge­spro­chen?“

Cle­tus be­trach­te­te das reg­lo­se Ge­sicht und die blau­en Au­gen sei­nes Ge­gen­übers und nick­te dann lang­sam.

„Mit Ih­rer Hil­fe“, sag­te er. „War es wirk­lich not­we­nig, Me­lis­sa eben­falls aus­zu­schal­ten? De­Ca­stries und ich hät­ten über Ih­ren Kopf hin­weg mit­ein­an­der re­den kön­nen.“

„Ich woll­te ihm al­le nur mög­li­chen Vor­tei­le las­sen“, sag­te Mon­dar mit glü­hen­den Au­gen. „Ich woll­te je­den Zwei­fel bei Ih­nen aus­schal­ten, daß er Ih­nen das höchst­mög­li­che An­ge­bot un­ter­brei­ten wür­de … Hat er Ih­nen einen Pos­ten an­ge­bo­ten?“

„Er sag­te mir, dies sei un­mög­lich bei ei­nem in­ter­essan­ten Nar­ren“, ver­setz­te Cle­tus, „wor­aus ich mes­ser­scharf schloß, daß er durch­aus dar­an in­ter­es­siert ist, einen sol­chen Nar­ren zu ka­pern.“

„Na­tür­lich ist er das“, mein­te Mon­dar. „Aber er braucht Sie nur für das, was Sie für ihn leis­ten kön­nen. An Ih­rer Zu­kunft ist er nicht in­ter­es­siert, am we­nigs­ten dar­an, was Sie aus sich ma­chen könn­ten … Cle­tus, wis­sen Sie ei­gent­lich, wor­aus wir Exo­ten uns her­lei­ten?“

„Ja“, er­wi­der­te Cle­tus. „Ich ha­be dar­über nach­ge­le­sen, be­vor ich um mei­ne Ver­set­zung nach hier bat. Die Ge­sell­schaft für die Er­for­schung und Ent­wick­lung der exo­ti­schen Wis­sen­schaf­ten … al­so mei­ne Quel­len be­sa­gen, daß sie sich aus ei­nem Kult der Schwar­zen Ma­gie im frü­hen ein­und­zwan­zigs­ten Jahr­hun­dert ent­wi­ckelt ha­ben, die sich Ka­pel­len­gil­de nann­te.“

„Rich­tig“, sag­te Mon­dar. „Die Ka­pel­len­gil­de war die Her­vor­brin­gung ei­nes Man­nes na­mens Wal­ter Blunt. Er war ein bril­li­an­ter Mann, Cle­tus, doch wie die meis­ten Men­schen sei­ner Zeit wehr­te er sich ge­gen die Tat­sa­che, daß sei­ne Um­ge­bung, die Welt, in der er leb­te, die Flä­che, der Raum sich plötz­lich über al­le denk­ba­ren Wel­ten im Um­kreis von Licht­jah­ren im in­ter­stel­la­ren Raum er­streck­te. Wahr­schein­lich ken­nen Sie die Ge­schich­te die­ser Zeit eben­so­gut wie ich – wie sich die­se ers­te in­stink­ti­ve Raum­angst au­ßer­halb des Son­nen­sys­tems auf­bau­te und sich schließ­lich in ei­ner Rei­he von blu­ti­gen so­zia­len Erup­tio­nen ma­ni­fes­tier­te. Da­mit war der Keim ge­legt für Ge­sell­schafts­sys­te­me und Kul­te al­ler Art, mit de­nen der Ver­such un­ter­nom­men wur­de, sich psy­chisch dem Ge­fühl der Ver­letz­bar­keit und Be­deu­tungs­lo­sig­keit an­zu­pas­sen, das tief im Un­ter­be­wußt­sein je­des ein­zel­nen lag. Blunt war ei­ne Kämp­fer­na­tur, ein An­ar­chist. Und sei­ne Re­ak­ti­on war die Re­vo­lu­ti­on …“

„Die Re­vo­lu­ti­on?“ frag­te Cle­tus.

„Ja­wohl, Re­vo­lu­ti­on – buch­stäb­lich“, er­wi­der­te Mon­dar. „Blunt woll­te einen Teil der vor­han­de­nen, ob­jek­ti­ven phy­si­schen Rea­li­tät zer­stö­ren – in­dem er pri­mi­ti­ve phy­si­sche Mit­tel ein­setz­te. Er nann­te sei­ne Vor­ha­ben ei­ne ’krea­ti­ve Ver­nich­tung’. Er rief das Volk zur Zer­stö­rung auf, doch er brach­te es nicht fer­tig, selbst die im­pul­sivs­ten Neu­ro­ti­ker sei­ner Zeit über den emo­tio­nel­len Ab­grund zu hie­ven. Und dann wur­de er als Lei­ter der Gil­de von ei­nem jun­gen Berg­bau­in­ge­nieur ab­ge­löst, der bei ei­nem Gru­ben­un­glück einen Arm ver­lo­ren hat­te …“

„Wel­chen Arm?“ frag­te Cle­tus scharf.

„Den lin­ken – zu­min­dest neh­me ich an, daß es der lin­ke Arm war“, mein­te Mon­dar. „Warum?“

„Nichts wei­ter“, ver­setz­te Cle­tus. „Fah­ren Sie fort.“

„Er hieß Paul For­main …“

„Viel­leicht Fort-May­ne?“ un­ter­brach ihn Cle­tus er­neut.

„Oh­ne t“ sag­te Mon­dar. „F-o-r-m-a-i-n“, buch­sta­bier­te er und schau­te Cle­tus fra­gend an. „Sind Sie an der Sa­che ir­gend­wie per­sön­lich in­ter­es­siert, Cle­tus?“

„Nur, weil al­les so schön zu­sam­men­paßt“, er­wi­der­te Cle­tus. „Sie sa­gen, er war ein­ar­mig, al­so muß der rech­te Arm stark ent­wi­ckelt ge­we­sen sein, um den Ver­lust aus­zu­glei­chen. Und sein Na­me er­in­nert doch in et­wa an fort-may­ne, ein Be­griff, der die Me­tho­den der Nor­man­nen be­schreibt, die sie den un­ter­joch­ten Eng­län­dern ge­gen­über an­wand­ten, nach­dem sie Eng­land im elf­ten Jahr­hun­dert er­obert hat­ten. Fort-may­ne – wört­lich ‚har­te Hand’. Das heißt, daß den Er­obe­rern je­des Mit­tel recht war, um die ein­ge­bo­re­nen Eng­län­der zu kon­trol­lie­ren. Und Sie sa­gen, er hät­te die Füh­rung der Gil­de über­nom­men, in­dem er die­sen Blunt ab­setz­te?“

„Ja“, mein­te Mon­dar stirn­run­zelnd. „Ich kann zwar die Zu­sam­men­hän­ge er­ken­nen, aber ich weiß noch im­mer nicht, warum sie von Be­deu­tung sind.“

„Viel­leicht sind sie es auch nicht“, gab Cle­tus zu­rück. „Al­so wei­ter. For­main über­nahm die Ka­pel­len­gil­de und grün­de­te Ih­ren Exo­ten­bund?“

„Um ein Haar hät­te er die Gil­de aus­lö­schen müs­sen“, fuhr Mon­dar fort. „Statt des­sen mach­te er die Re­vo­lu­ti­on zur Evo­lu­ti­on. Zur Evo­lu­ti­on des Men­schen, Cle­tus.“

„Evo­lu­ti­on“, wie­der­hol­te Cle­tus nach­denk­lich. „Mei­nen Sie nicht auch, daß die mensch­li­che Ras­se ih­re Evo­lu­ti­on be­reits hin­ter sich hat? Und was kommt dann?“

„Das kön­nen wir frei­lich nicht wis­sen“, sag­te Mon­dar und fal­te­te die Hän­de im Schoß. „Kann sich ein Af­fe einen Men­schen vor­stel­len? Aber wir sind da­von über­zeugt, daß der Sa­men ei­ner wei­te­ren Evo­lu­ti­on im Men­schen wei­ter­lebt, auch wenn die Saat bis­her noch nicht auf­ge­gan­gen ist. Wir Exo­ten sind da­zu be­stimmt, nach die­sen Kei­men zu su­chen und sie zu be­schüt­zen, so­bald wir sie ge­fun­den ha­ben, da­mit sie wach­sen und blü­hen kön­nen, bis der voll ent­wi­ckel­te Mensch Teil un­se­rer Ge­mein­schaft ge­wor­den ist.“

„Tut mir leid“, sag­te Cle­tus kopf­schüt­telnd. „Ich wür­de einen ziem­lich arm­se­li­gen Exo­ten ab­ge­ben, Mon­dar. Ich muß mei­ne ei­ge­ne Ar­beit ver­rich­ten.“

„Dies ist aber ein Teil Ih­rer Ar­beit – und um­ge­kehrt!“ Mon­dar beug­te sich vor, und sei­ne Hän­de glit­ten aus­ein­an­der. „Un­se­re Mit­glie­der wer­den in kei­ner Wei­se be­ein­flußt. Je­des Mit­glied kann auf sei­ne Wei­se für die Zu­kunft for­schen und ar­bei­ten, wie er es für rich­tig hält. Wir ver­lan­gen le­dig­lich, daß je­der sei­ne Fä­hig­kei­ten der Ge­mein­schaft zur Ver­fü­gung stellt, so­bald Not am Mann ist. Da­für bie­tet ihm die Ge­mein­schaft al­le ih­re Fä­hig­kei­ten, um ihn phy­sisch und geis­tig zu för­dern, da­mit sich sei­ne Ar­beit noch er­folg­rei­cher ge­stal­tet. Cle­tus, jetzt wis­sen Sie, was Sie tun kön­nen. Über­le­gen Sie, wo­zu Sie fä­hig wä­ren, wenn Sie all je­nes Wis­sen ver­wen­den könn­ten, das wir Ih­nen zur Ver­fü­gung stel­len wür­den!“

Cle­tus schüt­tel­te er­neut den Kopf.

„Wenn Sie un­ser An­ge­bot ab­leh­nen“, fuhr Mon­dar fort, „so ste­hen die Zei­chen für Sie auf Sturm. Das si­gna­li­siert den Wunsch Ih­res Un­ter­be­wußt­seins den Weg von de­Ca­stries ein­zu­schla­gen – sich von der Ver­lo­ckung lei­ten zu las­sen, Men­schen und Si­tua­tio­nen di­rekt zu ma­ni­pu­lie­ren, statt sich mit Din­gen zu be­fas­sen, die be­deu­tend wert­vol­ler, da­für aber we­ni­ger an­re­gend sind – näm­lich die Aus­ein­an­der­set­zung mit Ide­en, um Grund­sät­ze zu fin­den, die die Men­schen un­se­rer Wel­ten am En­de über jeg­li­che Ma­ni­pu­la­tio­nen, ganz gleich wel­cher Art, stel­len.“

Cle­tus lach­te, und sein La­chen klang et­was grim­mig. „Sa­gen Sie“, mein­te er, „trifft es zu, daß ihr Exo­ten we­der Waf­fen tragt noch wel­che an­wen­det, auch nicht zum Zwe­cke der Selbst­ver­tei­di­gung? Ist das der Grund, warum Sie Söld­ner wie die Dor­sai an­wer­ben oder mit po­li­ti­schen Grup­pen wie et­wa der Al­li­anz Ver­trä­ge ab­schlie­ßen, um sich selbst zu ver­tei­di­gen?“

„Schon, aber nicht un­be­dingt aus je­nen Grün­den, die die meis­ten Leu­te an­neh­men, Cle­tus“, sag­te Mon­dar schnell. „Für den Kampf, den wir füh­ren, ha­ben wir kei­ner­lei mo­ra­li­sche Grün­de. Es geht le­dig­lich dar­um, daß die Emo­tio­nen, die da­bei ei­ne Rol­le spie­len, dem ge­sun­den Men­schen­ver­stand wi­der­spre­chen, so daß Leu­te mei­nes Schla­ges es vor­zie­hen, kei­ne Waf­fen an­zu­rüh­ren. Doch das soll Ih­re Leu­te kei­nes­wegs be­rüh­ren. Wenn Sie an Ih­rem Buch über mi­li­tä­ri­sche Tak­tik weiter­schrei­ben oder so­gar Waf­fen tra­gen möch­ten …“

„Ich glau­be, wir re­den an­ein­an­der vor­bei“, mein­te Cle­tus. „Eachan Khan hat mir et­was ver­ra­ten. Er­in­nern Sie sich noch, als Sie heu­te in dem um­ge­kipp­ten Wa­gen sa­ßen und er Ih­nen na­he­leg­te, sich nicht le­bend von den Neu­land-Gue­ril­las ge­fan­gen­neh­men zu las­sen – aus of­fen­sicht­li­chen Grün­den? Sie er­wi­der­ten, daß Sie je­den Au­gen­blick ster­ben könn­ten. ’Kein Mensch au­ßer mir’, sag­ten Sie, ’kann über die­sen Leib ver­fü­gen’.“

„Und Sie mei­nen, Selbst­mord sei ei­ne Art Ge­waltakt …“

„Nein“, sag­te Cle­tus. „Ich ver­su­che Ih­nen zu er­klä­ren, warum ich nie ein Exot wer­den kann. Bei all Ih­rer Ge­faßt­heit und Ge­las­sen­heit, die Sie an­ge­sichts ei­ner mög­li­chen Fol­ter und der Not­wen­dig­keit, sich selbst zu tö­ten, zeig­ten, wa­ren Sie auf ganz be­son­de­re Art un­barm­her­zig, un­barm­her­zig ge­gen sich selbst – aber das ist nur die Kehrsei­te der Me­dail­le. Ihr Exo­ten seid im we­sent­li­chen ge­gen al­le und je­den un­barm­her­zig, weil ihr Phi­lo­so­phen seid und Phi­lo­so­phen im großen und gan­zen un­barm­her­zig sind.“

„Cle­tus!“ Mon­dar schüt­tel­te den Kopf. „Wis­sen Sie ei­gent­lich, was Sie da sa­gen?“

„Na­tür­lich!“ sag­te Cle­tus ru­hig. „Und Sie wis­sen es eben­so­gut wie ich. Die un­mit­tel­ba­re Leh­re ei­nes Phi­lo­so­phen mag sanft sein, doch die Theo­rie, die hin­ter sei­ner Leh­re steckt, kennt kei­ne Ge­wis­sens­bis­se – und das ist der Grund, warum so­viel Blut und Elend den Pfad der Nach­fol­ger säumt, die an­geb­lich die­se Leh­re be­fol­gen. Die mi­li­tan­ten An­hän­ger um­stürz­le­ri­scher Pro­phe­ten ha­ben mehr Blut ver­gos­sen als ir­gend­ei­ne an­de­re Grup­pe in der Ge­schich­te der Mensch­heit.“

„Kein Exot wür­de je­mals Blut ver­gie­ßen“, er­wi­der­te Mon­dar sanft.

„Nicht un­mit­tel­bar“, ver­setz­te Cle­tus. „Doch um je­ne Zu­kunft zu er­bau­en, von der sie träu­men, sinnt er auf ir­gend­wel­che Mit­tel, um die Ge­gen­wart aus­zu­lö­schen, so wie wir Sie er­le­ben. Sie kön­nen zwar be­haup­ten, daß sich Ihr Ziel von der Re­vo­lu­ti­on zur Evo­lu­ti­on ge­wan­delt hat, aber Ihr Vor­ha­ben ist den­noch stets auf die Zer­stö­rung des ge­gen­wär­tig Vor­han­de­nen ge­rich­tet, um für et­was an­de­res Raum zu schaf­fen. Sie ar­bei­ten an der Zer­stö­rung der Ge­gen­wart – und da­zu ge­hört ei­ne Por­ti­on Un­barm­her­zig­keit, die mir nicht liegt und die ich nicht ak­zep­tie­ren kann.“

Er hielt in­ne, Mon­dar je­doch schau­te ihm ei­ne Wei­le in die Au­gen.

„Cle­tus“, sag­te Mon­dar schließ­lich, „kön­nen Sie Ih­rer selbst so si­cher sein?“

„Ja“, er­wi­der­te Cle­tus, „ich fürch­te, ich kann.“ Er wand­te sich der Tür zu. Als er die Tür er­reicht und die Hand auf die Klin­ke ge­legt hat­te, dreh­te er sich noch ein­mal um.

„Trotz­dem vie­len Dank, Mon­dar“, sag­te er. „Viel­leicht wer­den Sie und Ih­re Exo­ten ei­nes Ta­ges mei­nen Weg ein­schla­gen. Ich aber möch­te nicht den Ih­ren ge­hen. Gu­te Nacht.“

Er öff­ne­te die Tür.

„Cle­tus“, sag­te Mon­dar hin­ter sei­nem Rücken, „wenn Sie jetzt un­ser An­ge­bot ab­leh­nen, dann tun Sie das auf ei­ge­ne Ge­fahr. Bei dem, was Sie vor­ha­ben, sind grö­ße­re Kräf­te am Werk als Sie ah­nen.“

Cle­tus schüt­tel­te den Kopf. „Gu­te Nacht“, wie­der­hol­te er und ging hin­aus.

In der Hal­le stö­ber­te er Ar­vid auf und sag­te dem jun­gen Leut­nant, daß sie auf­bre­chen wür­den. Als die bei­den den Park­platz er­reich­ten und Cle­tus die Tür des Luft­fahr­zeugs öff­ne­te, barst der Him­mel über ih­nen in ei­ner ge­wal­ti­gen Ex­plo­si­on von Blitz und Don­ner, und die Re­gen­trop­fen pras­sel­ten her­nie­der wie Ha­gel­kör­ner.

Die bei­den sa­hen zu, daß sie ins Fahr­zeug ka­men. Der Re­gen war eis­kalt, und die paar Se­kun­den, in de­nen sie dem Platz­re­gen aus­ge­setzt wa­ren, ge­nüg­ten, um sie bis auf die Haut naß wer­den zu las­sen, so daß ih­nen die Ja­cken an den Schul­tern kleb­ten. Ar­vid star­te­te den Wa­gen und lenk­te ihn aus der Parklücke.

„Heu­te Abend ist die Höl­le los“, mur­mel­te er, wäh­rend sie durch die Stadt fuh­ren. Dann starr­te er Cle­tus, der ne­ben ihm saß, ver­blüfft an.

„Warum ha­be ich das jetzt ge­sagt?“ frag­te er. Aber Cle­tus gab ihm kei­ne Ant­wort, und nach we­ni­gen Se­kun­den wuß­te Ar­vid selbst die Ant­wort auf sei­ne Fra­ge.

„Egal“, sag­te er vor sich hin. „Wie dem auch sei, es stimmt auf­fal­lend.“