19

 

Die Hoch­zeit soll­te in zwei Wo­chen statt­fin­den, der Ter­min war ent­spre­chend fest­ge­setzt. Nach­dem Cle­tus fest­ge­stellt hat­te, daß sei­ne Be­mü­hun­gen Früch­te tru­gen und die Dor­sai selb­stän­dig zu wer­den be­gan­nen, nahm er sich die Zeit, nach Kul­tis und Bak­hal­la zu rei­sen, um sich mit Mon­dar zu be­spre­chen. Hin­zu kam ein Ab­ste­cher nach New­ton, um wei­te­re Ver­trä­ge für sei­ne Dor­sai ab­zu­schlie­ßen.

Auf Bak­hal­la nahm er mit Mon­dar an ei­nem ex­qui­si­ten Es­sen teil. Beim Es­sen be­rich­te­te Cle­tus dem Exo­ten über den neues­ten Stand der Er­eig­nis­se. Mon­dar hör­te in­ter­es­siert zu, und sein In­ter­es­se nahm merk­lich zu, als Cle­tus auf das Spe­zi­al­trai­ning zu spre­chen kam, das er für sei­ne Of­fi­zie­re und de­ren Mann­schaf­ten un­ter ih­rem Kom­man­do ein­ge­lei­tet hat­te. Nach dem Es­sen schlen­der­ten sie auf ei­ne der zahl­rei­chen Ter­ras­sen von Mon­dars Haus hin­aus, um ihr Ge­spräch un­ter dem Nacht­him­mel fort­zu­set­zen.

„Dort“, sag­te Cle­tus, als sie in der war­men Nacht­bri­se stan­den und zum Him­mel blick­ten. Er zeig­te auf einen gelb­li­chen Stern knapp über dem Ho­ri­zont. „Das dort wird Ih­re Schwes­ter­welt Ma­ra sein. Wenn ich rich­tig in­for­miert bin, habt ihr Exo­ten auch dort ei­ne Ko­lo­nie.“

„Oh ja“, er­wi­der­te Mon­dar nach­denk­lich, in­dem er den Stern an­schau­te.

„Scha­de“, mein­te Cle­tus und wand­te sich an Mon­dar, „daß man dort nicht so frei vom Ein­schluß der Al­li­anz und der Ko­ali­ti­on ist wie Sie hier auf Kul­tis, seit­dem der Kon­flikt mit den Neu­län­dern bei­ge­legt ist.“

Mon­dar wand­te den Blick von dem Stern, wand­te sich Cle­tus zu und lä­chel­te. „Sie wol­len uns Exo­ten sug­ge­rie­ren, Ih­re neu­en Kampfein­hei­ten an­zu­heu­ern, um die Al­li­anz und die Ko­ali­ti­on zu ver­trei­ben?“ sag­te er mit ei­nem An­flug von Hu­mor. „Cle­tus, wir ha­ben un­se­re fi­nan­zi­el­len Rück­la­gen Ih­ret­we­gen na­he­zu aus­ge­schöpft. Au­ßer­dem ist es ge­gen un­se­re Ein­stel­lung, die Un­ter­wer­fung und Er­obe­rung an­de­rer Völ­ker und Ge­bie­te ins Au­ge zu fas­sen. So was darf man uns wirk­lich nicht un­ter­stel­len.“

„Das liegt mir fern“, sag­te Cle­tus. „Ich möch­te Ih­nen le­dig­lich vor­schla­gen, den Bau ei­nes Kraft­werks am Nord­pol von Ma­ra zu er­wä­gen.“

Mon­dar schau­te Cle­tus durch die Dun­kel­heit for­schend an, und einen Au­gen­blick herrsch­te Schwei­gen zwi­schen den bei­den. „Ein Kraft­werk?“ wie­der­hol­te er schließ­lich ge­dehnt. „Cle­tus, wel­che neue Teu­fe­lei ha­ben Sie schon wie­der aus­ge­heckt?“

„Das ist kei­ne Teu­fe­lei“, er­wi­der­te Cle­tus. „Es geht eher dar­um, die wirt­schaft­li­chen und sons­ti­gen Tat­sa­chen auf Ma­ra ein­mal ge­nau un­ter die Lu­pe zu neh­men. So­wohl die Al­li­anz als auch die Ko­ali­ti­on ha­ben sich ziem­lich ver­aus­gabt, um ih­ren Ein­fluß in den ver­schie­de­nen Ko­lo­ni­en auf all den neu­en Wel­ten auf­recht­zu­er­hal­ten. Sie mö­gen hier an Bo­den ver­lo­ren ha­ben, aber sie wis­sen sich auf Ma­ra, auf Frei­land und der Neu­en Er­de un­ter dem Si­ri­us, auf New­ton und Cas­si­da und bis zu ei­nem ge­wis­sen Grad auch auf den äl­te­ren Wel­ten des Son­nen­sys­tems – auf Mars und Ve­nus – zu be­haup­ten. Man könn­te aber auch sa­gen, daß sie sich über­nom­men ha­ben. Frü­her oder spä­ter wird ih­re Po­si­ti­on ins Wan­ken ge­ra­ten, und wahr­schein­lich ist da die Al­li­anz et­was an­fäl­li­ger, weil sie mehr in die Ko­lo­ni­en hin­ein­ge­steckt hat als die Ko­ali­ti­on. Soll­te nun ei­ne von den bei­den Groß­mäch­ten un­ter­ge­hen, dann wird je­ne Macht, die üb­rig­bleibt, den Ein­fluß der an­de­ren an sich rei­ßen. An­stel­le von zwei ge­wal­ti­gen Kra­ken, die in den neu­en Wel­ten ih­re Ten­ta­kel über­all ha­ben, wird dann nur ein ein­zi­ger ge­wal­ti­ger Kra­ke üb­rig­blei­ben. Ich glau­be nicht, daß Sie das wol­len.“

„Ganz be­stimmt nicht“, mur­mel­te Mon­dar.

„Dann dürf­te es in Ih­rem In­ter­es­se lie­gen, da­für zu sor­gen, daß et­wa auf Ma­ra we­der die Al­li­anz noch die Ko­ali­ti­on die Ober­hand ge­winnt“, sag­te Cle­tus. „Nach­dem wir die Neu­län­der in ih­re Schran­ken ver­wie­sen und Sie die Al­li­anz hin­aus­kom­pli­men­tiert ha­ben, wur­de das Per­so­nal der Al­li­anz in al­le Win­de zer­streut, um je­ne Lö­cher zu stop­fen, wo die Al­li­anz einen Durch­bruch der Ko­ali­ti­on be­fürch­te­te. Die Ko­ali­ti­on ih­rer­seits hat ih­re Leu­te aus Neu­land ab­ge­zo­gen – zahl­reich ge­nug, wenn auch nicht so zahl­reich wie die der Al­li­anz – und sie ein­fach nach Ma­ra ver­legt. Das heißt, daß die Ko­ali­ti­on drauf und dran ist, auf Ma­ra die Ober­hand über die Al­li­anz zu ge­win­nen.“

„Soll das hei­ßen, daß wir ei­ni­ge die­ser frisch aus­ge­bil­de­ten Dor­sais an­heu­ern sol­len, da­mit auf Ma­ra das glei­che Spiel be­gin­nen kann wie hier?“ Mon­dar schenk­te ihm ein zwei­feln­des Lä­cheln. „Ich ha­be Ih­nen be­reits ge­sagt, daß es uns Exo­ten wi­der­strebt, un­se­re Po­si­ti­on durch Er­obe­rung und Un­ter­wer­fung zu ver­bes­sern, und daß wir je­de Art von Ge­walt ab­leh­nen. Ein Reich, das durch Ge­walt er­rich­tet wird, ist auf Sand ge­baut, Cle­tus.“

„Wenn das so ist“, ver­setz­te Cle­tus, „muß der Sand, auf dem das Rö­mi­sche Reich ge­baut war, ziem­lich fest ge­we­sen sein. Wie dem auch sei, mein Vor­schlag geht nicht in die­se Rich­tung. Ich ha­be Ih­nen le­dig­lich vor­ge­schla­gen, die­ses Kraft­werk zu bau­en. Ih­re exo­ti­sche Ko­lo­nie be­deckt auf Ma­ra den sub­tro­pi­schen Gür­tel ei­nes wei­ten Kon­tin­ents. Mit ei­nem Kraft­werk am Nord­pol könn­ten Sie Ih­ren Ein­fluß nicht nur auf die sub­ark­ti­schen Re­gio­nen aus­deh­nen, wo bis­her kaum je­mand ir­gend­wel­che An­sprü­che an­ge­mel­det hat, son­dern Sie könn­ten auch Ener­gie an die klei­nen, un­ab­hän­gi­gen Ko­lo­ni­en in den tem­pe­rier­ten Zo­nen zwi­schen Ma­ra und der Sta­ti­on ver­kau­fen. Sie könn­ten al­so den Pla­ne­ten oh­ne je­de Ge­walt auf fried­li­chem und wirt­schaft­li­chem Weg er­obern.“

„Die­se klei­nen Ko­lo­ni­en“, sag­te Mon­dar, in­dem er den Kopf et­was zur Sei­te leg­te und Cle­tus aus den Win­keln sei­ner blau­en Au­gen be­trach­te­te, „ste­hen al­le un­ter dem Ein­fluß der Ko­ali­ti­on.“

„Um so bes­ser“, mein­te Cle­tus. „Die Ko­ali­ti­on kann ih­re Ver­bün­de­ten nicht da­zu zwin­gen, ein Kon­kur­renz­kraft­werk zu bau­en.“

„Und wie sol­len wir das fer­tig­brin­gen?“ frag­te Mon­dar und schüt­tel­te den Kopf. „Cle­tus, Cle­tus, ich ha­be den Ein­druck, daß Sie an­neh­men, wir Exo­ten wür­den über un­er­schöpf­li­che Mit­tel ver­fü­gen.“

„Aber nein“, mein­te Cle­tus. „Es wür­den Ih­nen im Mo­ment nur Pla­nungs­kos­ten ent­ste­hen. Es müß­te für Sie mög­lich sein, einen Miet­kauf-Ver­trag für die Aus­rüs­tung und für die Fach­leu­te zu­stan­de zu brin­gen, die er­for­der­lich sind, um das Kraft­werk zu bau­en.“

„Mit wem denn?“ frag­te Mon­dar. „Mit der Al­li­anz? Oder mit der Ko­ali­ti­on?“

„Mit kei­nem von bei­den“, gab Cle­tus prompt zu­rück. „Sie schei­nen zu ver­ges­sen, daß es hier auf den neu­en Wel­ten ei­ne wei­te­re Grup­pe gibt, die sich als sehr fä­hig er­wie­sen hat.“

„Mei­nen Sie die wis­sen­schaft­li­chen Ko­lo­ni­en auf New­ton?“ frag­te Mon­dar. „Sie lie­gen von uns aus ge­se­hen am äu­ßers­ten En­de des phi­lo­so­phi­schen Spek­trums. Sie le­ben in ei­ner fest­ge­füg­ten Ge­mein­schaft und möch­ten mit Au­ßen­ste­hen­den so we­nig wie mög­lich zu tun ha­ben. Wir set­zen den In­di­vi­dua­lis­mus über al­les, und der ein­zi­ge Zweck un­se­res Da­seins liegt dar­in, sich für die gan­ze mensch­li­che Ras­se ein­zu­set­zen. Ich fürch­te, daß zwi­schen den New­to­ni­ern und uns ei­ne na­tür­li­che Ab­nei­gung be­steht.“ Mon­dar seufz­te leicht. „Ich bin da­für, daß wir einen Weg fin­den, um sol­che emo­tio­nel­len Schran­ken zwi­schen uns und an­de­ren mensch­li­chen We­sen nie­der­zu­rei­ßen. Aber wie auch im­mer – die Schran­ken sind nun ein­mal vor­han­den, und die New­to­ni­er ste­hen fi­nan­zi­ell auch nicht bes­ser da als wir. Warum soll­ten Sie uns Kre­dit, Ge­rä­te und die Dienst­leis­tung hoch­qua­li­fi­zier­ter Leu­te ge­wäh­ren, als wä­ren sie die Al­li­anz in Per­son?“

„Weil ein sol­ches Kraft­werk sich mit Zins und Zin­ses­zins be­zahlt ma­chen wür­de – bis zu dem Zeit­punkt, wo der Leih­ver­trag aus­läuft und Sie ih­re An­tei­le zu­rück­kau­fen kön­nen“, sag­te Cle­tus.

„Oh­ne Zwei­fel“, mein­te Mon­dar. „Doch die In­ves­ti­ti­on ist für Leu­te in ih­rer La­ge zu groß und viel zu lang­fris­tig. Ein Mann mit be­schei­de­nem Ein­kom­men ist nicht be­reit, aus hei­te­rem Him­mel auf fer­ne und ris­kan­te Pro­jek­te zu spe­ku­lie­ren. Er über­läßt es rei­che­ren Leu­ten, die einen even­tu­el­len Ver­lust eher ver­kraf­ten kön­nen – so­fern er kein Narr ist. Und die­se New­to­ni­er kön­nen sein, was sie wol­len, sie sind aber be­stimmt kei­ne Nar­ren. Sie wür­den uns nicht ein­mal an­hö­ren.“

„Sie wür­den schon“, sag­te Cle­tus, „wenn man den Vor­schlag rich­tig pla­ciert. Ich wür­de selbst mit ih­nen re­den – so­fern Sie mir die ent­spre­chen­de Voll­macht er­tei­len. Ich ha­be so­wie­so vor, sie zu be­su­chen und nach­zu­fra­gen, ob sie viel­leicht ei­ni­ge un­se­rer Dor­sai-Trup­pen an­heu­ern wol­len.“

Mon­dar schau­te ihn einen Au­gen­blick an, dann wur­den die Au­gen des Exo­ten schmal. „Ich bin wirk­lich fest da­von über­zeugt“, sag­te er, „daß es weit und breit nichts gibt, mit dem man die Leu­te zu ei­nem sol­chen Vor­ha­ben über­re­den könn­te. Im­mer­hin könn­ten wir da­bei al­ler­dings einen gu­ten Schnitt ma­chen, und ich glau­be nicht, daß wir durch Ih­ren Ver­such et­was ein­bü­ßen. Wenn Sie es wün­schen, wer­de ich mit mei­nen Exo­ten spre­chen – so­wohl über das Pro­jekt als auch über Ih­re Ab­sicht, die New­to­ni­er we­gen der Aus­rüs­tung und we­gen der Ex­per­ten zu be­fra­gen.“

„Gut. Tun Sie das“, sag­te Cle­tus. Dann wand­te er sich wie­der dem Haus zu. „Ich glau­be, ich soll­te mich jetzt auf die Strümp­fe ma­chen. Ich möch­te die Dor­sai-Trup­pen in dem Re­gi­ment in­spi­zie­ren, das hier sta­tio­niert ist, und ei­ne Art Ro­ta­ti­ons­sys­tem auf die Bei­ne stel­len, so daß wir sie grup­pen­wei­se für ei­ne Neu­aus­bil­dung zu den Dor­sai zu­rück­schi­cken kön­nen. Bis En­de der Wo­che möch­te ich nach New­ton un­ter­wegs sein.“

„Bis da­hin wer­de ich ei­ne Ant­wort für Sie ha­ben“, sag­te Mon­dar, in­dem er Cle­tus nach drin­nen folg­te. Wäh­rend sie bei­de ins Haus gin­gen, schau­te er Cle­tus fra­gend an. „Ich muß ehr­lich ge­ste­hen, daß ich im­mer noch nicht weiß, was Sie da­bei ge­win­nen wol­len.“

„Ei­gent­lich weiß ich das selbst nicht so ge­nau“, er­wi­der­te Cle­tus. „Auch die Dor­sai wis­sen es nicht – das heißt, wir Dor­sai, wie ich mir an­ge­wöhnt ha­be zu sa­gen. Aber konn­ten Sie mir je ge­nau sa­gen, wie­so und warum die Mensch­heit je zu ei­nem Um­sturz be­reit war und was Sie und Ih­re Leu­te je­mals be­wegt ha­ben könn­te, ir­gend­ein lang­fris­ti­ges Ziel ins Au­ge zu fas­sen?“

„Sind Sie an ei­nem lang­fris­ti­gen Pro­jekt in­ter­es­siert?“ frag­te Mon­dar.

„Nein, nicht was mich be­trifft“, sag­te Cle­tus. „Doch in die­sem Fall kommt es hier wie dort auf das­sel­be her­aus.“

Die nächs­ten fünf Ta­ge ver­brach­te er in Bak­hal­la, wo er mit den Dor­sai-Of­fi­zie­ren sein Trai­nings­pro­gramm auf der Dor­sai-Welt be­sprach. Er lud je­ne ein, die zu­sam­men mit ih­rer Mann­schaft nach Dor­sai zu­rück­keh­ren und an der Aus­bil­dung teil­neh­men woll­ten, und hin­ter­ließ ih­nen einen Mus­ter­plan für den Trup­pen­aus­tausch. Ent­spre­chend die­sem Plan soll­ten die­je­ni­gen, die am Trai­ning teil­neh­men woll­ten, von be­reits aus­ge­bil­de­ten Trup­pen auf Bak­hal­la er­setzt wer­den, die ih­rer­seits den Sold je­ner Leu­te er­hal­ten soll­ten, die sie für die Dau­er der Aus­bil­dung er­setz­ten.

Die Dor­sai in Bak­hal­la rea­gier­ten en­thu­sias­tisch. Die meis­ten Män­ner kann­ten Cle­tus seit der Zeit sei­ner Sie­ge über Neu­land. So war Cle­tus in der La­ge, die Dar­le­hens­s­um­me, die ihm die Exo­ten ge­währt hat­ten, bes­ser zu ver­wer­ten, da er für die be­reits aus­ge­bil­de­ten Dor­sai nicht so­fort einen Job fin­den muß­te, son­dern sie im­mer dort ein­set­zen konn­te, wo an­de­re Trup­pen ab­ge­zo­gen wur­den, die an der Aus­bil­dung teil­neh­men woll­ten. In der Zwi­schen­zeit konn­te er aber auch die Zahl je­ner Dor­sai stän­dig er­hö­hen, die für sei­ne ei­ge­nen Zwe­cke aus­ge­bil­det wur­den.

Am Wo­chen­en­de schiff­te er sich nach New­ton ein, mit ei­ner Voll­macht der Exo­ten ver­se­hen, den Bau ei­nes Kraft­werks mit dem Di­rek­to­ri­um auf New­ton zu be­spre­chen, vor al­lem aber, um sei­ne Dor­sai un­ter­zu­brin­gen.

Ein Ter­min mit dem Prä­si­den­ten war für den Tag sei­ner An­kunft in Bail­le ver­ein­bart wor­den. Bail­le war die größ­te Stadt und de fac­to die Haupt­stadt der Ver­ei­nig­ten Fort­schritt­li­chen Ge­mein­schaf­ten, wie die Ko­lo­ni­en der tech­ni­schen und wis­sen­schaft­li­chen Emi­gran­ten auf New­ton ih­ren Zu­sam­menschluß nann­ten. Der Prä­si­dent war ein schlan­ker, fast kahl­köp­fi­ger Mitt­fünf­zi­ger mit ju­gend­li­chem Ge­sicht, der Ar­tur Wal­co hieß. Er emp­fing Cle­tus in ei­nem ge­räu­mi­gen, sau­be­ren, fast ste­ril wir­ken­dem Bü­ro in ei­nem Hoch­haus, das min­des­tens so mo­dern war wie je­des ent­spre­chen­de Ge­bäu­de auf der Er­de.

„Ich bin mir nicht ganz im kla­ren dar­über, was den Ge­gen­stand un­se­res Ge­sprächs bil­den soll, Oberst“, sag­te Wal­co, nach­dem sie auf bei­den Sei­ten ei­nes voll­kom­men auf­ge­räum­ten Schreib­ti­sches Platz ge­nom­men hat­ten, auf des­sen Plat­te nichts als ein Steu­er­pult zu se­hen war. „Die VFG hat zu den an­de­ren Ko­lo­ni­en die­ser Welt ein recht gu­tes Ver­hält­nis.“

Es war die sprach­li­che Ent­spre­chung ei­nes Kö­nigs­sprin­ger­spiels beim Schach. Cle­tus lä­chel­te.

„Al­so war ich nicht rich­tig in­for­miert“, sag­te er, schob sei­nen Stuhl vom Tisch zu­rück und woll­te sich er­he­ben. „Dann ent­schul­di­gen Sie. Ich …“

„Nicht doch, nicht doch! Be­hal­ten Sie bit­te Platz!“ sag­te Wal­co has­tig. „Nach­dem Sie die­se lan­ge Rei­se auf sich ge­nom­men ha­ben, soll­te ich zu­min­dest an­hö­ren, was Sie mir zu sa­gen ha­ben.“

„Wenn Sie mich aber nicht an­hö­ren wol­len …“ fuhr Cle­tus fort. Aber Wal­co schnitt ihm mit ei­ner kur­z­en Hand­be­we­gung das Wort ab.

„Ich be­ste­he dar­auf. Be­hal­ten Sie Platz, Oberst, und er­zäh­len Sie“, sag­te er. „Wie ge­sagt, im Au­gen­blick be­steht hier kein Be­darf an Ih­ren Söld­nern. Doch je­der, der ver­nünf­tig denkt, muß wis­sen, daß auf wei­te Sicht nichts un­mög­lich ist. Au­ßer­dem fan­den wir Ih­re schrift­li­chen Mit­tei­lun­gen in­ter­essant. Sie be­haup­ten, Sie hät­ten Ih­re Söld­ner in Hoch­form ge­bracht, so daß sie über­durch­schnitt­li­chen Leis­tun­gen fä­hig sind. Um ehr­lich zu sein, mir ist un­klar, was die Hoch­form des ein­zel­nen in ei­ner mi­li­tä­ri­schen Ein­heit un­ter mo­der­nen Kriegs­be­din­gun­gen für einen Ein­fluß hat. Was macht es schon aus, wenn der ein­zel­ne Schüt­ze tat­säch­lich mehr leis­ten kann? Er ist und bleibt nichts wei­ter als Ka­no­nen­fut­ter, nicht wahr?“

„Nicht im­mer“, sag­te Cle­tus. „Ge­le­gent­lich ist er auch der Mann hin­ter der Ka­no­ne. Der Un­ter­schied ist be­son­ders bei Söld­nern ge­wal­tig, und ei­ne Leis­tungs­stei­ge­rung des ein­zel­nen ist ein nicht zu über­se­hen­der Fak­tor.“

„Wirk­lich? Wie­so denn das?“ Wal­co zog die im­mer noch dunklen, schma­len Au­gen­brau­en hoch.

„Weil Söld­ner nicht un­be­dingt dar­auf aus sind, ge­tö­tet zu wer­den“, er­wi­der­te Cle­tus. „Ihr Ziel ist, mi­li­tä­ri­sche Er­fol­ge zu er­rin­gen, oh­ne selbst da­bei drauf­zu­ge­hen. Je ge­rin­ger die Ver­lus­te, um so grö­ßer der Ge­winn – so­wohl für den Söld­ner als auch für den Auf­trag­ge­ber.“

„Wie­so Auf­trag­ge­ber?“ ver­setz­te Wal­co, und sein Blick wur­de scharf.

„Ein Auf­trag­ge­ber, der Söld­ner be­schäf­tigt“, mein­te Cle­tus, „be­fin­det sich in der glei­chen La­ge, wie ein Ge­schäfts­mann, der mit ei­ner Ar­beit kon­fron­tiert wird, die durch­ge­führt wer­den muß. Wenn die Kos­ten dem Ge­winn ent­spre­chen oder sie so­gar über­stei­gen, so ist er bes­ser be­ra­ten, wenn er die Fin­ger von ei­nem sol­chen Pro­jekt läßt. Im um­ge­kehr­ten Fall ist die Durch­füh­rung ei­nes Vor­ha­bens ei­ne prak­ti­sche Ent­schei­dung. Das heißt in un­se­rem Fall: Wenn bes­se­re Söld­ner­trup­pen zur Ver­fü­gung ste­hen, die einen Er­folg ga­ran­tie­ren, wird man sich über­le­gen, ob man ei­ne sol­che Ak­ti­on nicht doch durch­führt. Neh­men wir ein­mal an, es gin­ge um ein Ge­biet, das Bo­den­schät­ze ent­hält, wie et­wa Sib­nit …“

„Wie die An­ti­mon­mi­nen in der Bro­za-Ko­lo­nie, die uns die Bro­za­ner ein­fach ge­stoh­len ha­ben“, rief Wal­co aus.

Cle­tus nick­te. „Ei­ne ähn­li­che Si­tua­ti­on, wie ich sie eben er­wäh­nen woll­te“, sag­te er. „Hier ha­ben wir den Fall äu­ßerst wert­vol­ler Mi­nen, mit­ten in ei­nem Sumpf- und Wald­ge­biet ge­le­gen, das sich Hun­der­te von Mei­len in al­le Rich­tun­gen er­streckt, wo weit und breit kei­ne Stadt ist und wo die­se Mi­nen von ei­ner Hin­ter­wäld­ler­ko­lo­nie von Trap­pern und Far­mern be­setzt sind und aus­ge­beu­tet wer­den. Ei­ne Ko­lo­nie, die die­se Mi­nen nur dank der mi­li­tä­ri­schen Kräf­te der Ko­ali­ti­on in Be­sitz neh­men konn­te – der glei­chen Ko­ali­ti­on, die von den ho­hen Prei­sen pro­fi­tiert, die Sie für das aus dem Sib­nit ge­won­ne­ne An­to­mon be­zah­len.“

Cle­tus brach ab und schau­te Wal­co be­deu­tungs­voll an. Wal­cos Mie­ne ver­düs­ter­te sich.

„Die­se Vor­kom­men wur­den von uns ent­deckt und durch uns auf ei­nem Land er­schlos­sen, das wir von der Bro­za-Ko­lo­nie ge­kauft ha­ben“, sag­te er. „Die Ko­ali­ti­on fand es nicht ein­mal für nö­tig zu ver­ber­gen, daß sie es war, die die­se Ent­eig­nung an­ge­stif­tet hat. Das war Raub im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes.“ Wal­cos Kinn­mus­keln straff­ten sich, und sein Blick kreuz­te sich mit Cle­tus’ Blick über den Schreib­tisch hin­weg. „Sie ha­ben sich da ein in­ter­essan­tes Bei­spiel aus­ge­sucht“, mein­te er. „Ich glau­be, wir soll­ten uns zu­min­dest theo­re­tisch über die Kos­ten­fra­ge un­ter­hal­ten und über die Ein­spa­run­gen, die mit Hil­fe Ih­rer Dor­sai in die­sem spe­zi­el­len Fall zu er­zie­len wä­ren.“

 

Ei­ne Wo­che spä­ter be­fand sich Cle­tus be­reits auf dem Rück­weg zu den Dor­sai, einen Drei­mo­nats­ver­trag für zwei­tau­send Mann nebst Of­fi­zie­ren in der Ta­sche. Er mach­te Zwi­schen­sta­ti­on in Bak­hal­la auf Kul­tis, um die Exo­ten zu in­for­mie­ren, daß ihr Dar­le­hen sich al­lem An­schein nach aus­zah­len wür­de.

„Ich gra­tu­lie­re“, sag­te Mon­dar „Wal­co hat den Ruf, der här­tes­te Ver­hand­lungs­part­ner auf al­len be­kann­ten Wel­ten zu sein. War es schwer, ihn zu über­re­den?“

„Von Über­re­den kei­ne Spur“, er­wi­der­te Cle­tus. „Ich hat­te die La­ge auf New­ton auf einen emp­find­li­chen und schwer­wie­gen­den Punkt hin un­ter­sucht, be­vor ich ihn an­schrieb. Die Stib­nit­mi­nen, die ein­zi­gen na­tür­li­chen An­ti­mon­re­ser­ven auf New­ton, ka­men mir wie ge­ru­fen. Al­so ha­be ich in mei­ner Kor­re­spon­denz sämt­li­che Aspek­te und Vor­tei­le un­se­rer frisch aus­ge­bil­de­ten Trup­pen für ei­ne ähn­li­che Si­tua­ti­on ge­schil­dert – oh­ne na­tür­lich die Bro­za-Sib­nit­mi­nen zu er­wäh­nen. Na­tür­lich hat er mei­ne Ab­sicht durch­schaut, und si­cher stand sein Ent­schluß schon fest, un­se­re Trup­pen an­zu­heu­ern, um die Mi­nen zu­rück­zu­ge­win­nen, noch be­vor wir uns ge­trof­fen hat­ten. Wä­re ich nicht dar­auf zu spre­chen ge­kom­men, so hät­te er es von sich aus ge­tan.“

Mon­dar schüt­tel­te den Kopf mit ei­nem lei­sen, be­wun­dern­den Lä­cheln. „Ha­ben Sie die Ge­le­gen­heit ge­nutzt, um mit ihm über das Kraft­werk-Pro­jekt zu spre­chen?“

„Ja“, er­wi­der­te Cle­tus. „Sie sol­len einen Ver­tre­ter ent­sen­den, der die er­for­der­li­chen Pa­pie­re un­ter­zeich­net, und Sie wer­den se­hen, daß er sich vor Ei­fer über­schlägt, um die Ver­trä­ge eben­falls zu un­ter­schrei­ben.“

Das Lä­cheln aus Mon­dars Ge­sicht ver­schwand. „Glau­ben Sie, daß er ernst­haft dar­an in­ter­es­siert ist?“ frag­te er. „Wä­re er tat­säch­lich an ei­ner Si­tua­ti­on in­ter­es­siert, wo er all die­se Ge­rä­te und Fach­leu­te zur Ver­fü­gung stel­len müß­te, und dies an­ge­sichts ei­nes nur lang­fris­tig mög­li­chen fi­nan­zi­el­len Er­folgs?“

„Er ist nicht nur in­ter­es­siert“, sag­te Cle­tus. „Er ist viel­mehr ent­schlos­sen, wie Sie fest­stel­len wer­den, kei­ne Chan­ce aus­zu­las­sen, ganz gleich, um was es sich han­delt. Sie kön­nen Ih­re Be­din­gun­gen stel­len, und er wird sie ak­zep­tie­ren, oh­ne mit der Wim­per zu zu­cken.“

„Ich kann es nicht glau­ben!“ sag­te Mon­dar. „Wie, im Na­men der Ewig­keit, ha­ben Sie ihn so güns­tig ge­stimmt?“

„Das war kein Pro­blem“, er­wi­der­te Cle­tus. „Wie Sie rich­tig be­merk­ten, ist der Mann ein har­ter Bro­cken, ein zä­her Ver­hand­lungs­part­ner. Doch nur dann, wenn er aus ei­ner si­che­ren Po­si­ti­on her­aus ver­han­delt. Nach­dem wir über die Dor­sai ge­spro­chen hat­ten, be­merk­te ich so ne­ben­bei, daß ich zur Er­de rei­sen wür­de, wo ich durch mei­ne fa­mi­li­ären Be­zie­hun­gen wahr­schein­lich Geld bei der Al­li­anz lo­cker ma­chen könn­te, um Ih­nen bei der Fi­nan­zie­rung des Kraft­werk­pro­jekts auf Ma­ra un­ter die Ar­me zu grei­fen. Na­tür­lich war er dar­an in­ter­es­siert – ins­be­son­de­re, wie ich an­neh­me, um auf die­se Wei­se Zu­schüs­se von der Al­li­anz auf New­ton zu be­kom­men. Doch dann kam die Spra­che auf die fi­nan­zi­el­len Rück­ver­gü­tun­gen, die die Al­li­anz lang­fris­tig für ih­re Hil­fe be­an­spru­chen wür­de, und das gab ihm zu den­ken.“

„Oh ja“, mur­mel­te Mon­dar. „Die New­to­ni­er hat­ten im­mer schon ein ein­neh­men­des We­sen.“

„Ge­nau“, sag­te Cle­tus. „So­bald er In­ter­es­se zeig­te, wuß­te ich, daß ich ihn an der An­gel hat­te. Ich be­ar­bei­te­te ihn wei­ter, bis er von sich aus vor­schlug, daß die VFG einen klei­nen An­teil er­wer­ben kön­ne – et­wa zwan­zig Pro­zent an der Aus­rüs­tung oder an ent­spre­chen­dem Fach­per­so­nal, und zwar für ei­ne Hy­po­thek mit ei­ner Lauf­zeit von sa­ge und schrei­be fünf Jah­ren auf einen Be­sitz hier auf Bak­hal­la.“

„Wirk­lich?“ Mon­dar mach­te ein be­denk­li­ches Ge­sicht. „Das ist na­tür­lich ein ge­pfef­fer­ter Preis, aber wenn man be­denkt, daß un­se­re Aus­sich­ten, von der Al­li­anz Geld zu be­kom­men, gleich Null sind …“

„Ge­nau das ha­be ich ihm ge­sagt“, un­ter­brach ihn Cle­tus. „Es war ein so stol­zer Preis, daß es schon fast lä­cher­lich war. Ich ha­be ihm di­rekt ins Ge­sicht ge­lacht.“

„Wahr­haf­tig?“ Mon­dars Blick wur­de schär­fer. „Cle­tus, das war nicht sehr klug von Ih­nen. Ein sol­ches An­ge­bot vom Prä­si­den­ten des Ra­tes der VFG …“

„… ist kaum als rea­lis­tisch zu be­zeich­nen, und das ha­be ich ihm un­um­wun­den ge­sagt“, fuhr Cle­tus fort. „Man könn­te mir doch nicht zu­mu­ten, Ih­nen ein sol­ches An­ge­bot zu un­ter­brei­ten, das fast schon ei­ner Be­lei­di­gung gleich­kommt. Dar­über hin­aus sei ich mei­nen Dor­sai ge­gen­über ver­pflich­tet, mit den Re­gie­run­gen al­ler un­ab­hän­gi­gen Ko­lo­ni­en der neu­en Wel­ten gu­te Be­zie­hun­gen zu pfle­gen – und es wür­de mir fast leid tun, daß ich die Sa­che über­haupt er­wähnt ha­be. Ich sei le­dig­lich be­fugt, mit mei­nen Ver­wand­ten und Kon­takt­män­nern auf der Er­de zu ver­han­deln.“

„Und ist er dar­auf rein­ge­fal­len?“ frag­te Mon­dar und schau­te Cle­tus an.

„Nicht nur das“, sag­te Cle­tus. „Er zö­ger­te kei­nen Au­gen­blick, um sich zu ent­schul­di­gen und sein An­ge­bot rea­lis­ti­scher zu ge­stal­ten. Ich sag­te ihm, daß ich et­was un­si­cher sei, so­weit die An­ge­le­gen­heit ihn be­trä­fe, er aber be­gann sein An­ge­bot zu er­hö­hen, bis er sich schließ­lich be­reit er­klär­te, die er­for­der­li­che Aus­rüs­tung zu lie­fern und au­ßer­dem die not­wen­di­ge An­zahl ge­schul­ter Leu­te be­reit­zu­stel­len, um das Werk zu bau­en und in Be­trieb zu neh­men. Schließ­lich wil­lig­te ich wi­der­stre­bend ein, Ih­nen das An­ge­bot vor­zu­le­gen, be­vor ich zur Er­de flie­ge.“

„Cle­tus!“ Mon­dars Au­gen leuch­te­ten auf. „Sie ha­ben es wahr­haf­tig ge­schafft!“

„Das kann man so nicht sa­gen“, er­wi­der­te Cle­tus. „Da war noch die­se Sa­che, daß die New­to­ni­er au­ßer ei­ner Hy­po­thek auf das Kraft­werk auch bak­halla­ni­schen Be­sitz als Si­cher­heit for­der­ten. Ich muß­te am nächs­ten Tag wie­der ab­rei­sen, al­so schick­te ich ihm am frü­hen Mor­gen die Nach­richt, ich hät­te die Sa­che über­schla­fen, und da über­haupt kein Zwei­fel dar­an be­ste­he, daß die Al­li­anz be­reit sei, das Pro­jekt al­lein auf der Ba­sis ei­ner Hy­po­thek zu fi­nan­zie­ren, hät­te ich mich ent­schlos­sen, sein An­ge­bot ab­zu­leh­nen und di­rekt zur Er­de zu rei­sen.“

Mon­dar at­me­te lang­sam aus. „Und mit ei­nem sol­chen An­ge­bot, das Sie be­reits in der Ta­sche hat­ten“, sag­te er – in ei­nem Ton­fall, den man als bit­ter hät­te be­zeich­nen kön­nen, wä­re er kein Exo­te ge­we­sen –, „muß­ten Sie mit ei­nem sol­chen Bluff ar­bei­ten!“

„Das war kein Trick und kein Bluff“, ver­setz­te Cle­tus. „Zu die­sem Zeit­punkt hat­te sich der gu­te Mann selbst ein­ge­re­det, sich an die­sem Pro­jekt um je­den Preis be­tei­li­gen zu müs­sen. Wahr­schein­lich hät­te ich noch mehr aus ihm her­aus­ge­holt, wenn ich ihm zu­vor nicht be­reits die Gren­ze ge­nannt hät­te, die die Al­li­anz noch ak­zep­tie­ren wür­de. Sie ha­ben al­so nichts wei­ter zu tun, als je­man­den hin­zu­schi­cken, der die Pa­pie­re un­ter­zeich­net.“

„Wor­auf Sie sich ver­las­sen kön­nen. Wir wer­den kei­ne Zeit ver­lie­ren“, er­wi­der­te Mon­dar. Dann schüt­tel­te er den Kopf. „Wir ste­hen in Ih­rer Schuld, Cle­tus, das wer­den Sie selbst wis­sen.“

„Das läßt sich nicht leug­nen“, sag­te Cle­tus nüch­tern. „Aber ich will hof­fen, daß Exo­ten und Dor­sai auf lan­ge Sicht tiefe­re Grün­de ha­ben, sich ge­gen­sei­tig un­ter die Ar­me zu grei­fen, als nur, um sich einen Ge­fal­len zu er­wei­sen.“

 

Nach Schiffs­zeit acht Ta­ge spä­ter kehr­te er zu den Dor­sai zu­rück und fand die drei­tau­send Mann, die er von New­ton aus be­stellt hat­te, ab­marsch­be­reit und fer­tig zum Ein­schif­fen vor. Un­ter die­sen Leu­ten wa­ren nur et­wa fünf­hun­dert neu­aus­ge­bil­de­te Dor­sai. Bei den an­de­ren zwei­tau­send­fünf­hun­dert han­del­te es sich um so­li­de Söld­ner­trup­pen vom Pla­ne­ten, die bis jetzt noch nicht an Cle­tus’ Spe­zi­al­trai­ning teil­ge­nom­men hat­ten. Die­ser Um­stand schlug aber nicht zu Bu­che, da die­se nicht­aus­ge­bil­de­ten vier­und­zwan­zig Hun­dert­schaf­ten nach Cle­tus’ Plan nur als Re­ser­ve die­nen soll­ten.

Be­vor er mit sei­ner Mann­schaft in drei Ta­gen nach New­ton rei­sen woll­te, soll­te zwi­schen­zeit­lich sei­ne Hoch­zeit mit Me­lis­sa über die Büh­ne ge­hen. Die Ver­hand­lun­gen in Bak­hal­la und auf New­ton hat­ten ihn auf­ge­hal­ten. Als er dann end­lich ein­traf – nach­dem er ei­ne Nach­richt vor­aus­ge­schickt hat­te, daß er bei­zei­ten ein­tref­fen wür­de, selbst wenn er ein Raum­schiff ent­füh­ren müß­te –, knapp 45 Mi­nu­ten vor der Zeit, schi­en es, nach al­lem, was er zu hö­ren be­kam, daß sei­ne Mü­he für die Katz ge­we­sen war.

„Sie sagt, sie hat es sich an­ders über­legt, das ist al­les“, sag­te Eachan in der Ge­bor­gen­heit des schat­ti­gen Spei­se­zim­mers mit lei­ser Stim­me zu Cle­tus. Über Eachans stei­fe Schul­tern hin­weg er­blick­te Cle­tus in ei­ni­ger Ent­fer­nung den Kaplan sei­nes neu­aus­ge­bil­de­ten Dor­sai-Re­gi­ments und die Schar der üb­ri­gen Gäs­te, die am kal­ten Buf­fet sorg­los den Spei­sen und Ge­trän­ken zu­spra­chen, oh­ne sich um die dras­ti­sche Än­de­rung des Ta­ges­plans zu küm­mern, al­les al­te, treue Freun­de Eachans und neue, aber eben­so treue Freun­de und Of­fi­zie­re von Cle­tus. Es war nicht leicht, un­ter den Söld­nern Freun­de zu ge­win­nen, doch hat­te man erst wel­che, konn­te man mit ih­nen rech­nen. Cle­tus’ Freun­de wa­ren in der Über­zahl, weil er die Ein­la­dungs­lis­te ent­spre­chend zu­sam­men­ge­stellt hat­te.

„Sie sagt, ir­gend et­was sei nicht in Ord­nung“, sag­te Eachan hilf­los, „und sie möch­te mit Ih­nen spre­chen. Ich kann sie nicht be­grei­fen. Frü­her ha­be ich sie ver­stan­den, be­vor de­Ca­stries …“ Er brach ab, und sei­ne Schul­tern sack­ten un­ter der Ga­la­uni­form zu­sam­men. „Aber jetzt nicht mehr.“

„Wo ist sie?“ frag­te Cle­tus.

„Im Gar­ten. Dort un­ten am En­de des Gar­tens im Som­mer­haus“, sag­te Eachan.

Cle­tus dreh­te sich um und trat durch die of­fe­nen fran­zö­si­schen Fens­ter des Spei­se­raums in den Gar­ten hin­aus. So­bald er Eachans Bli­cken ent­schwun­den war, schlug er einen Bo­gen um den Park­platz und den Miet­wa­gen, mit dem er aus Fo­ra­lie ge­kom­men war.

Er öff­ne­te den Wa­gen­schlag, hol­te sei­nen Kof­fer her­aus und klapp­te den De­ckel auf. Im Kof­fer la­gen sein Pa­tro­nen­gür­tel und sei­ne Waf­fe. Er leg­te den Gür­tel um und ent­fern­te die Schutz­hül­le vom Kol­ben. Dann wand­te er sich wie­der dem Gar­ten zu.

Er fand sie an je­nem Ort, den Eachan be­zeich­net hat­te. Sie stand im Som­mer­haus mit dem Rücken zu ihm, die Hän­de aufs wei­ße Ge­län­der ge­stützt und be­trach­te­te durch die Bü­sche die fer­nen Gip­fel der Ber­ge. Beim Ge­räusch sei­ner Schrit­te auf dem Holz­bo­den des Som­mer­hau­ses dreh­te sie sich um und schau­te ihm ent­ge­gen.

„Cle­tus!“ sag­te sie. Ihr Ge­sichts­aus­druck war kühl und ge­faßt wie stets, ih­re Ge­sichts­far­be nor­mal, wenn auch ih­re Lip­pen et­was schma­ler wa­ren als sonst. „Hat dir mein Va­ter Be­scheid ge­sagt?“

„Ja“, er­wi­der­te er und blieb vor ihr ste­hen. „Du soll­test jetzt hin­ein­ge­hen. Wir müs­sen wei­ter­kom­men.“

Ih­re Au­gen wei­te­ten sich, ihr Blick wur­de un­si­cher. „Wei­ter­kom­men?“ frag­te sie. „Cle­tus, bist du nicht im Haus ge­we­sen? Du sag­test doch, du hät­test be­reits mit Va­ter ge­spro­chen.“

„Das ha­be ich“, sag­te er.

„Dann …“ Sie starr­te ihn an. „Cle­tus, hast du nicht be­grif­fen, was er ge­meint hat? Ich sag­te ihm – es ist et­was nicht in Ord­nung. Ich weiß nicht, was es ist, aber ir­gend et­was stimmt nicht – und ich will dich nicht hei­ra­ten!“

Cle­tus be­trach­te­te sie auf­merk­sam. Sie er­wi­der­te sei­nen Blick, und wäh­rend sie sich noch an­schau­ten, ver­än­der­te sich Me­lis­sas Ge­sicht. Es war ein Aus­druck, den Cle­tus nur ein­mal bei ihr er­lebt hat­te, der glei­che Aus­druck wie da­mals, als er le­bend aus dem Gra­ben ge­kro­chen war, wo er den to­ten Mann ge­spielt hat­te, um die Neu­län­der-Gue­ril­las in die Ir­re zu füh­ren, die ih­ren Pan­zer­wa­gen auf dem Weg nach Bak­hal­la an­ge­grif­fen hat­ten.

„Du kannst nicht … du glaubst doch nicht“, be­gann sie fast flüs­ternd, doch dann fuhr sie mit fes­ter Stim­me fort. „Du kannst mich nicht zwin­gen, dich zu hei­ra­ten.“

„Wir wer­den Hoch­zeit ma­chen“, sag­te er.

Sie aber schüt­tel­te un­gläu­big den Kopf. „Kein Dor­sai-Kaplan wür­de mich ge­gen mei­nen Wil­len trau­en.“

„Der Geist­li­che mei­nes Re­gi­ments wird es tun – wenn ich es ihm be­feh­le“, sag­te Cle­tus.

„Die Toch­ter von Eachan Khan ein­fach trau­en?“ flamm­te sie plötz­lich auf. „Und du glaubst wirk­lich, daß mein Va­ter ta­ten­los zu­se­hen wird?“

„Ich will es in­stän­dig hof­fen“, er­wi­der­te Cle­tus, so lang­sam und be­tont, daß ihr für einen Au­gen­blick die Rö­te ins Ge­sicht sprang, um dann ei­ner Bläs­se zu wei­chen, als hät­te sie einen Schock er­lit­ten.

„Du …“ Ih­re Stim­me erstarb. Als Kind ei­nes Söld­ner­of­fi­ziers konn­te sie un­mög­lich über­se­hen ha­ben, daß die Gäs­te, die zur Hoch­zeit er­schie­nen wa­ren, zum über­wie­gen­den Teil Cle­tus’ An­hän­ger wa­ren. Sie wa­ren weitaus zahl­rei­cher als die Freun­de ih­res Va­ters. Trotz­dem ruh­te ihr Blick vol­ler Zwei­fel auf ihm, in­dem sie sich ein­zu­re­den such­te, daß je­ner Cle­tus, der jetzt vor ihr stand, un­mög­lich der ech­te Cle­tus sein konn­te.

„Aber du bist doch gar nicht so. Du wür­dest nicht …“ Wie­der ver­sag­te ih­re Stim­me. „Va­ter ist dein Freund!“

„Und du wirst mei­ne Frau“, er­wi­der­te Cle­tus.

Erst jetzt er­blick­te sie die Waf­fe an sei­nem Gür­tel.

„O Gott!“ Sie leg­te ih­re bei­den schma­len Hän­de auf ih­re Wan­gen. „Und ich dach­te, Dow wä­re roh … Ich wer­de nicht ant­wor­ten. Aber wenn der Pfar­rer mich fragt, ob ich dich zum Mann neh­men will, wer­de ich nein sa­gen!“

„Das will ich nicht hof­fen“, sag­te Cle­tus, „um Eachans wil­len.“

Sie ließ die Hän­de sin­ken und stand da wie ei­ne Schlaf­wand­le­rin, wäh­rend ih­re Ar­me kraft­los am Kör­per bau­mel­ten.

Cle­tus trat zu ihr, er­griff ih­ren Arm. Sie ließ sich wil­len­los füh­ren, aus dem Som­mer­haus und durch den Gar­ten, durch ei­ne He­cke und durch die fran­zö­si­schen Fens­ter in den Spei­se­raum. Eachan war im­mer noch da. Als sie ein­tra­ten, dreh­te er sich rasch um, stell­te das Glas ab, das er in der Hand hielt und ging schnell auf die bei­den zu.

„Da seid ihr ja!“ Dann rich­te­te er den Blick for­schend auf sei­ne Toch­ter. „Mel­ly! Was ist los?“

„Nichts“, er­wi­der­te Cle­tus. „Kei­ne Schwie­rig­kei­ten. Wir möch­ten ge­traut wer­den.“

Eachans Blick wan­der­te zu Cle­tus. „Wirk­lich?“ Sein und Cle­tus’ Blick kreuz­ten sich für einen Mo­ment, dann wand­te er sich wie­der an Me­lis­sa. „Stimmt das, Mel­ly? Ist al­les in Ord­nung?“

„Al­les bes­tens“, sag­te Cle­tus. „Sa­gen wir dem Pfar­rer Be­scheid, daß wir be­reit sind.“

Eachan rühr­te sich nicht. Sein Blick glitt nach un­ten und blieb an Cle­tus’ Waf­fe am Gür­tel haf­ten. Dann schau­te er Cle­tus und Me­lis­sa an.

„Ich war­te, Mel­ly“, sag­te Eachan ge­dehnt, und sei­ne Au­gen wa­ren grau wie ver­wit­ter­ter Gra­nit. „Du hast mir im­mer noch nicht ge­sagt, ob al­les in Ord­nung ist.“

„Al­les in Ord­nung“, stieß sie zwi­schen schma­len, farb­lo­sen Lip­pen her­vor. „Es war vor al­lem dei­ne Idee, daß ich Cle­tus hei­ra­te, nicht wahr, Va­ti?“

„Ja“, sag­te Eachan. Sein Ge­sichts­aus­druck än­der­te sich kaum, doch da war et­was in sei­ner Hal­tung, et­was durch­fuhr ihn wie ei­ne Wel­le, die al­le Emo­tio­nen hin­weg­spül­te, so daß er ru­hig, ge­setzt und ent­schlos­sen da­stand. Er trat einen Schritt vor, so daß er jetzt fast zwi­schen den bei­den stand, wo­bei er Cle­tus aus nächs­ter Nä­he ins Ge­sicht schau­te. „Aber viel­leicht war es ein Feh­ler.“

Er ließ die Hand wie zu­fäl­lig sin­ken und um­faß­te die Hand von Cle­tus, der Me­lis­sa am Hand­ge­lenk fest­hielt. Sei­ne Fin­ger leg­ten sich leicht um Cle­tus’ Dau­men, ein Griff, der da­zu ge­eig­net war, den Dau­men zu bre­chen, wenn Cle­tus nicht losließ.

Cle­tus aber ließ die an­de­re Hand leicht auf sei­nen Gür­tel über der Waf­fe glei­ten.

„Los­las­sen“, sag­te er sanft zu Eachan.

Es war die glei­che töd­li­che Ru­he, die bei­de be­herrsch­te. Für einen Au­gen­blick war im Raum al­les wie er­starrt.

„Nein!“ stieß Me­lis­sa keu­chend her­vor. Sie dräng­te sich zwi­schen die bei­den Män­ner, ih­rem Va­ter zu­ge­wandt, mit dem Rücken zu Cle­tus, der hin­ter ih­rem Rücken im­mer noch ihr Hand­ge­lenk fest­hielt. „Va­ti! Was ist nur mit dir los? Ich glaub­te, du wärst froh, daß wir end­lich doch be­schlos­sen ha­ben zu hei­ra­ten!“

Cle­tus ließ ihr Hand­ge­lenk los, und sie zog den Arm nach vorn. Ih­re Schul­tern ho­ben und senk­ten sich im Rhyth­mus ih­rer Atem­zü­ge. Eachan starr­te sie zu­nächst an, dann trat et­was wie Ver­wir­rung und Be­stür­zung in sei­nen Blick.

„Mel­ly, ich dach­te …“ Sei­ne Stim­me über­schlug sich und erstarb.

„Du dach­test?“ rief Me­lis­sa scharf. „Was dach­test du, Va­ti?“

Er starr­te sie ver­wirrt an. „Ich weiß es nicht!“ brach es plötz­lich aus ihm her­vor. „Ich ver­ste­he dich nicht, Kind! Ich ver­ste­he über­haupt nichts mehr.“

Er wand­te sich ab, stapf­te zu dem Tisch zu­rück, wo er sein Glas hin­ge­stellt hat­te und nahm einen tie­fen Schluck.

Me­lis­sa trat zu ihm, leg­te den Arm um sei­ne Schul­tern und lehn­te den Kopf für einen Au­gen­blick an den sei­nen. Dann kehr­te sie zu Cle­tus zu­rück und leg­te ei­ne kal­te Hand auf sein Ge­lenk. Und sie schau­te ihn aus tie­fen Au­gen an, de­ren Blick frei von Zorn und Groll war.

„Komm, Cle­tus“, sag­te sie still. „Es ist bes­ser, wenn wir jetzt ge­hen.“

Erst nach Stun­den wa­ren sie wie­der al­lein. Die Hoch­zeits­gäs­te hat­ten sie bis zur Schlaf­zim­mer­tür des neu­er­bau­ten Gra­ha­me-Hau­ses be­glei­tet. Erst als die Tür ge­schlos­sen wur­de, ver­lie­ßen sie end­lich das Haus, wäh­rend das Echo ih­res La­chens und ih­rer freund­li­chen Stim­men lang­sam ver­hall­te.

Me­lis­sa setz­te sich mü­de auf den Rand des großen Bet­tes und schau­te zu Cle­tus hin­auf, der im­mer noch vor ihr stand.

„Willst du mir nun end­lich sa­gen, was los ist?“ frag­te sie.

Er schau­te sie an. Der Au­gen­blick, den er vor­aus­ge­ahnt hat­te, als er sie sei­ner­zeit bat, ihn zu hei­ra­ten, war jetzt ge­kom­men, und er nahm all sei­nen Mut zu­sam­men, um sich der Si­tua­ti­on zu stel­len.

„Es ist nur ei­ne Schei­ne­he, Me­lis­sa“, sag­te er. „In ein paar Jah­ren kannst du die Ehe an­nul­lie­ren las­sen.“

„Warum hast du mich dann über­haupt ge­hei­ra­tet“, frag­te sie an­kla­gend und ver­bit­tert.

„De­Ca­stries wird in et­wa zwölf Mo­na­ten wie­der auf die neu­en Wel­ten zu­rück­keh­ren“, sag­te er. „Er wird dich wahr­schein­lich er­neut auf­for­dern, zur Er­de zu­rück­zu­keh­ren. Durch dei­ne Ehe­schlie­ßung hast du dei­ne ir­di­sche Staats­bür­ger­schaft ver­lo­ren. Jetzt bist du ei­ne Dor­sai. Du kannst erst dann wie­der zu­rück­keh­ren, wenn dei­ne Ehe an­nul­liert wird und du dei­ne Staats­bür­ger­schaft neu be­an­tragst. Die An­nul­lie­rung wird aber nicht so ein­fach sein, und vor al­lem kannst du sie nicht so­fort be­an­tra­gen, oh­ne Eachan zu ver­ra­ten, daß ich dich zur Ehe ge­zwun­gen ha­be – und was das zur Fol­ge ha­ben könn­te, müß­test du mitt­ler­wei­le wis­sen.“

„Ich wür­de nie zu­las­sen, daß ihr euch ge­gen­sei­tig um­bringt“, sag­te sie. Ih­re Stim­me klang merk­wür­dig.

„Nein“, mein­te er. „Al­so wirst du zwei Jah­re war­ten. Nach zwei Jah­ren bist du frei.“

„Aber warum?“ frag­te sie. „Warum hast du das ge­tan?“

„Eachan wä­re dir zur Er­de ge­folgt“, sag­te Cle­tus. „Da­mit hat Dow ge­rech­net, und das konn­te ich nicht zu­las­sen. Ich brau­che Eachan Khan, um mei­ne Plä­ne durch­zu­füh­ren.“

Wäh­rend er zu ihr sprach, hat­ten sei­ne Au­gen auf ihr ge­ruht, doch jetzt wand­te er den Blick ab. Er schau­te durch die ho­hen, ver­häng­ten Fens­ter am En­de des Schlaf­zim­mers auf die Berg­gip­fel, die sich all­mäh­lich in Re­gen­wol­ken hüll­ten. In ein paar Mo­na­ten wür­de der ers­te Herbst­schnee fal­len.

Ei­ne Wei­le herrsch­te Schwei­gen. „Dann hast du mich al­so nie ge­liebt?“ sag­te sie schließ­lich.

Er mach­te den Mund auf, weil der Au­gen­blick güns­tig zu sein schi­en, doch dann sag­te er ge­gen sei­ne Über­zeu­gung: „Ha­be ich das je be­haup­tet?“ Dann wand­te er sich ab und ver­ließ das Schlaf­zim­mer, be­vor sie noch et­was er­wi­dern konn­te.

Als er die Tür hin­ter sich schloß, herrsch­te nichts als Schwei­gen.