Kapitel 6
In welchem eine turbulente
Nacht ihren Fortgang nimmt
Wie sich herausstellte, sollte Victoria sich
nicht wie geplant am nächsten Morgen mit Sebastian und Polidori
treffen; ebenso wenig gelang es ihr, die Behaglichkeit ihres Bettes
für länger zu genießen.
Während sie dort lag, das Gespräch mit Sebastian
Revue passieren ließ und darüber nachgrübelte, ob er ihr wohl die
ganze Wahrheit gesagt hatte, bemerkte sie mit einem Mal, dass sich
ihre Nackenhärchen aufgerichtet hatten. Es fühlte sich an, als ob
der leise Luftzug vom Balkon, dessen Türen sie nach Sebastians
Verschwinden offen gelassen hatte, darüberstriche.
Da sie jedoch auf dem Rücken lag und ein Kissen
unter ihr Genick geschoben hatte, wusste sie, dass das nicht sein
konnte.
Falls man Sebastian glauben durfte, hatten die
Vampire Polidori gefunden.
Selbst wenn man ihm nicht glauben durfte, blieb
die Tatsache bestehen: Claythorne House hatte unwillkommene Gäste
angelockt.
Nachdem Victoria die Decken weggeschoben hatte -
zusammen mit ihren verworrenen Gefühlen Sebastian betreffend -
rollte sie sich von der Matratze und stellte leise die Füße auf den
Boden. Sie verstaute ihren langen Zopf im Rücken ihres Nachthemds,
damit er ihr bei einem möglichen Kampf nicht ins Gesicht fliegen
konnte, und schob die Arme in ihre Pelerine. Die Ärmel knüllten die
ihres Nachthemds zusammen, aber sie war diesmal zu sehr in Eile, um
sie geradezuziehen. Sie kramte auf dem Boden ihrer Truhe nach ihren
Pflöcken und nahm einen heraus, zusammen mit einer kleinen Phiole
Weihwasser, welche sie in ihrem zusammengebauschten Ärmel
verstaute. Noch während sie sich ein handtellergroßes Kruzifix um
den Hals hängte, stürzte sie schon aus dem Zimmer, ohne sich darum
zu kümmern, ob die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.
Sie lief den Gang hinunter und schätzte dabei
die Kälte in ihrem Nacken ein. Es war noch zu früh, um zu
bestimmen, wie viele es waren. Wussten sie, wo Polidori schlief?
War es wirklich der Schriftsteller, auf den die Vampire es
abgesehen hatten?
Sobald sie die Treppe erreichte, musste sie eine
Entscheidung fällen: hoch, nach unten oder weiter den Flur entlang?
Trotz sirrender Nerven und jagendem Puls zwang sie sich, stehen zu
bleiben; sie holte tief Luft und wartete ab. Fühlte. Lauschte und
witterte.
Nach unten.
Mit dem Pflock in der Hand flog Victoria die
Treppe geradezu hinunter, übersprang dann die letzten Stufen und
landete leichtfüßig auf dem Fußboden. So lebendig und unbesiegbar
hatte sie sich schon seit Monaten nicht mehr gefühlt. Seit Monaten!
Dies war es, wozu sie geboren war.
Wieder musste sie stehen bleiben, um ihre Fühler
nach den Untoten auszustrecken. Vielleicht hatten sie noch keine
Möglichkeit gefunden, ins Innere zu gelangen. Sie mussten darauf
warten, von jemandem eingeladen zu werden; selbst wenn die
Eingangstür offen stand, konnte ein Vampir ein Haus nicht betreten,
solange er nicht von jemandem mit Befugnis dazu aufgefordert
wurde.
Da sich eine solche Befugnis jedoch auch auf
Personen wie Butler, Lakaien oder sogar Zofen erstrecken konnte,
bot diese Voraussetzung nicht das Ausmaß an Schutz, das man
erwarten oder sich erhoffen würde.
Und dann gab es auch noch das Amulett zu
bedenken. Wer auch immer es verloren hatte, war zweifellos auch
derjenige, der sie hereinbat.
Dann hörte sie es. Ein Klimpern, gefolgt von
einem leisen, schabenden Geräusch aus der Bibliothek.
Die Bibliothek. In der sie George Starcasset
zurückgelassen hatte!
Mit hämmerndem Herzen glitt Victoria hinter die
hohe, dicke Säule am Fuß der Treppe. Sie legte die Wange gegen den
hellen Putz und spähte aus dem Schatten durch die offene Zimmertür.
War er noch immer dort? Bestimmt war er das... Er hatte tief und
fest geschlafen, als sie gegangen war.
So sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte den
Sessel, in dem sie ihn abgeladen hatte, nicht erkennen; er stand in
einem dunklen Winkel, dem offenen Kamin zugekehrt. In seinem
Schlummer wäre George hilflos jeder drohenden Gefahr ausgeliefert,
aber falls er nicht schnarchte, würde er vielleicht unentdeckt
bleiben.
Victoria sah eine Bewegung am Fenster und hielt
den Atem an. Sie zählte sie. Vier. Vier Gestalten, die eine nach
der anderen leise und ohne zu zögern durch ein geöffnetes Fenster
geschlüpft kamen. Ihr Nacken war eisig. Es waren alles Vampire; sie
konnte das schwache Glimmen von vier Augenpaaren sehen … Und
dennoch waren sie ohne Einladung in das Haus eingedrungen.
Es bewegte sich sonst nichts in dem Raum... Entweder schlief
George noch, oder er war nicht mehr da.
Die Vampire mussten schon zuvor auf Claythorne
gewesen sein. Das war die einzige Erklärung, wie sie das Gebäude
auf diese Weise hatten betreten können. Jemand hatte sie zu einem
früheren Zeitpunkt hereingebeten, als sie in menschlicher Gestalt
gewesen waren, und nun waren sie zurückgekommen... mit oder ohne
Wissen der betreffenden Person.
Victoria wartete; sie beobachtete, wie sie sich
mit Handzeichen und leise geflüsterten Worten verständigten,
während sie inständig hoffte, dass sie den im Zwielicht kauernden
Sessel mit George darin nicht entdecken würden. Als sie sich dann
in Richtung Tür und weg von dem Sessel bewegten, überfiel sie
immense Erleichterung gepaart mit aufgeregter Vorfreude.
Sie konnte es problemlos mit vieren von ihnen
aufnehmen. Die Augen erwartungsvoll zusammengekniffen, schloss sie
die Finger fester um den Pflock.
Doch als sie dann, nur ein kurzes Stück von
Victorias Versteck entfernt, aus der Bibliothek kamen, sah sie ihre
Gesichter, die brennenden Augen. Dies waren keine normalen Vampire
mit blutroter Iris.
Zwei von ihnen hatten blassrubinfarbene Augen.
Wächtervampire.
Die der anderen beiden waren von einem tiefen
Purpurrot. Sie hatten lange Haare und trugen blitzende Schwerter.
Imperialvampire.
Victoria schluckte; sie konnte ihre trockene
Kehle förmlich knistern hören. Ihre Handflächen wurden feucht, und
der Pflock verrutschte in ihrem Griff. Man konnte die Hierarchie
eines Vampirs innerhalb seiner Rasse stets anhand seiner Augen
bestimmen. Die rosaäugigen Wächter, Liliths Elitegarde, waren
durch ihre giftigen Bisse und ihre Fähigkeit, Sterbliche mühelos in
ihren Bann zu ziehen, schon gefährlich genug, aber die
Imperialvampire mit den magentaroten Augen waren die Mächtigsten
unter den Untoten - mit Ausnahme von Lilith selbst, versteht sich.
Die Imperialen führten ihre Schwerter wie ein zweites Paar Hände,
und ihre Kraft und Schnelligkeit waren unermesslich. Sie konnten
fliegen, wenn sie kämpften, und waren in der Lage, einem Menschen
die Lebensenergie auszusaugen, ohne ihn zu berühren.
Das erste und bislang einzige Mal, dass sie mit
Imperialvampiren zu tun gehabt hatte, war Max bei ihr gewesen. Es
war beängstigend für sie gewesen, den Kampf damals zu beobachten …
doch am Ende hatte Max gesiegt.
Aber heute Nacht war da kein Max - sie war auf
sich allein gestellt.
Sie konnten in der Dunkelheit sehen - so wie
alle Vampire - aber zum Glück waren sie nicht in der Lage, die
Präsenz eines Venators zu spüren, so wie sie die ihre spüren
konnte. Sie würden vielleicht ihre Anwesenheit als Mensch wittern,
aber nachdem das Haus voller Sterblicher war, mussten sie, solange
Victoria sich still und ruhig verhielt, nicht zwangsläufig
feststellen können, woher oder aus welcher Entfernung genau die
Wahrnehmung kam.
Victoria hielt den Atem an, als die vier Untoten
über den Flur fegten, ohne sich auch nur zu bemühen, ihre Schritte
zu dämpfen.
Die Vampire kamen so nahe an ihrem Versteck
vorbei, dass sie nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um nach dem
Stiefel des letzten zu greifen, dann waren sie schon an ihr vorbei-
und die
Treppe hinaufgelaufen. Wenn sie Glück hatte, würden sie sich
anschließend trennen, sodass sie sich einen nach dem anderen
vornehmen konnte.
Victoria trat hinter dem Schutz der Säule
hervor, hielt sich jedoch weiterhin in den Schatten, wobei sie sich
so positionierte, dass sie zwischen dem Treppengeländer, das sich
über ihr nach oben schlängelte, hindurchblicken konnte. Die vier
schienen kein Interesse daran zu haben, sich zu trennen, also würde
sie etwas nachhelfen müssen. Sie löste sich aus der Dunkelheit und
schlich entlang der Wand des Foyers zu einem kleinen Tisch neben
der Bibliothekstür. Auf ihm befand sich die Büste eines Vorfahren
der Claythornes, die Victoria nun auf ihrem Sockel bewegte, sodass
der Marmor leise über das Holz schrammte. Anschließend wich sie aus
dem Foyer und weg von der Treppe in den angrenzenden Flur zurück,
wo sie mittig und gerade außer Sichtweite stehen blieb. Sie
versteckte den Pflock in den Falten ihrer Pelerine und schloss die
andere Hand um das Kruzifix, um es zu verbergen.
Ihr Trick funktionierte. Sie hörte Schritte die
Treppe herunterkommen und hoffte, dass sich ein Einzelner von der
Gruppe abgesondert hatte.
Das Glück war auf ihrer Seite, denn es war
tatsächlich nur ein Vampir, der vom Fuß der Treppe aus in ihre
Richtung kam, zudem auch noch ein Wächter und kein
Imperialer.
Victoria blieb mit dem Rücken zur Wand im
Korridor stehen, während er auf sie zukam. Die scharfen
Metallkanten des Kruzifixes schnitten ihr in die Handfläche.
»Bitte, verzeihen Sie, Sir«, stammelte sie. »Ich wollte Sie nicht
stören... Oh!« Sie hielt ihren unterdrückten Aufschrei bewusst
leise - um nicht andere Bewohner des Hauses in die Falle zu locken
- und die
Hand mit dem Pflock in den Falten ihres Nachthemds
verborgen.
Der Vampir kam immer näher, und seine rosaroten
Augen funkelten vor Belustigung. »Du hast mich nicht gestört«,
erwiderte er mit schnurrender Stimme, während er den Arm nach ihr
ausstreckte. »Aber vielleicht finde ich Gefallen daran, dich ein
wenig zu stören, mein Schätzchen.« Er bleckte die langen, im
Dämmerlicht silbrig glänzenden Fangzähne zu einem zufriedenen
Grinsen. »Ich habe heute Nacht eine Aufgabe zu erfüllen, aber es
wäre wirklich schade, sich das frische Blut einer so schönen jungen
Dame entgehen zu lassen.«
Victoria tat so, als würde sie vor Angst
zurückzucken, und drehte sich weg, sodass er nicht nach dem Arm mit
dem Pflock greifen konnte. Lachend packte er stattdessen den
anderen, der abgewinkelt über ihrer Brust lag, um das Kruzifix zu
verdecken.
Sie hatten sich den Korridor hinabbewegt, zum
rückwärtigen Hausteil, wo die Küchen lagen, und damit weit genug
von der Treppe weg, dass die anderen Vampire keine Einzelheiten
ihrer Auseinandersetzung hören konnten.
»Falls du gut genug schmeckst, werde ich dir
vielleicht das Geschenk der Unsterblichkeit machen«, meinte er mit
herablassendem Lächeln. »Dann wirst du für immer so jung und schön
bleiben, wie du es jetzt bist, mit deinem langen, dunklen Haar und
der milchweißen Haut. Was für einen hübschen, bleichen Hals du doch
hast - so lang und schmal und delikat -«
Dann passierte alles sehr schnell: Er schnappte
ihr Handgelenk; sie ließ das Kruzifix los und gestattete dem
Vampir, ihr den Arm wegzuziehen, sodass sein Blick auf das Kruzifix
fiel. Seine Hand sackte nach unten, und er zuckte zusammen. Sein
Brustkorb war nun ungeschützt, und Victoria schlug zu.
Ein winziges Ploppen, gefolgt von einem
Fft, und der geschwätzige Vampir zerfiel zu
einem Häufchen Asche.
Victoria konnte sich nicht helfen, sie musste
einfach grinsen - besser hätte sie es auch nicht inszenieren
können. Aber bevor sie die Verfolgung der anderen aufnahm,
verharrte sie für einen Moment, um zu lauschen. Mit etwas Glück
würde sich einer der drei verbliebenen Vampire von der Gruppe
trennen und zurückkommen, um nach dem Wächtervampir zu sehen,
wodurch sie die Gelegenheit für einen weiteren Überraschungsschlag
bekäme.
Aber nachdem sie mehrere Atemzüge lang still
gewartet hatte, ohne etwas zu hören, wusste sie, dass sie keine
Zeit mehr verlieren durfte. Auf leisen Sohlen lief sie den Flur
zurück bis zum großen Foyer und dann die geschwungene Treppe
hinauf. Sie hatte erst den ersten Absatz hinter sich gebracht, als
ein markerschütternder Schrei durch das Haus schallte... von
unten.
Verdammt!
Was nun?
Die Vampire waren oben, auch Polidori war mit
Sicherheit oben, aber irgendetwas war unter ihr im Gange …
Im ersten Stock angekommen, zwang Victoria sich,
stehen zu bleiben, um zu bestimmen, woher die Gefahr kam. Ihr
Nacken war kalt, und ihre Instinkte rieten ihr, weiter die Treppe
hinaufzulaufen... Da gellte wieder ein Schrei durchs Haus.
Laute Schritte ertönten,Türen wurden geknallt
und plötzlich strömten Menschen in den Flur.
»Was ist passiert?«
»Ist jemand verletzt?«
»Lady Rockley, sind Sie das?« Diese letzten, an
sie gerichteten Worte kamen von einem Mann im Nachthemd mit
spindeldürren
Knien, dessen graue Locken platt an einer Seite seines Kopfes
klebten.Victoria konnte sich nicht an seinen Namen erinnern - er
war ein Gast von Gwendolyns Vater -, und sie hatte nicht die Zeit,
ihm eine höfliche Antwort zu geben.
»Geht zurück in eure Zimmer!«, rief sie, während
sie sich an ihm vorbeidrängte und zum nächsten Stockwerk
hinaufjagte. »Verriegelt die Türen!« Das würde sie zwar nicht ewig
schützen, die Vampire aber zumindest aufhalten. Hoffte sie.
»Was ist denn,Victoria?«, ertönte Gwendolyns
panische Stimme von der nächsten Etage. »Was tust du da?«
»Geht in eure Zimmer! Verschließt die Türen und
holt euch ein Kruzifix oder eine Bibel!« Victoria rannte an ihrer
Freundin vorbei, die versuchte, sie an ihrer Pelerine festzuhalten.
»Jetzt sofort, Gwendolyn! Tu, was ich sage!«
Die Eiseskälte in ihrem Nacken hatte nicht
nachgelassen, sondern wurde beständig intensiver. Sie waren ganz
nahe. »Wo ist Polidori?« Sie blieb abrupt stehen, drehte sich um
und brüllte noch einmal: »Wo ist er?«
Weitere Schreie, noch mehr Türengeknalle,
rennende Menschen und lautes, zorniges Gepolter aus einem der
Zimmer auf dem Flur.
»Die letzte Tür«, rief Gwendolyn, bevor sie sich
ängstlich an ihre Fersen heftete. »Victoria, was tust du da? Komm
zurück!«
»Lady Rockley!« Das war Mr. Berkley, der ebenso
verwirrt wie zerzaust aussah.
Victoria stürmte an ihm vorbei und weiter den
Flur hinunter, während sie sich das Gehirn zermarterte, wie sie
ohne das Überraschungsmoment auf ihrer Seite gegen einen Wächter
und zwei Imperiale kämpfen sollte. Und gleichzeitig verhindern,
dass die anderen, völlig ahnungslosen Bewohner ihr in die Quere
kamen.
Aber das musste sie. Denn ganz offensichtlich hing Polidoris Leben
davon ab.
Etwas fasste nach ihr aus der Dunkelheit, und
sie riss sich mit einem unterdrückten Schrei los.
»Sebastian!«
»Sie sind da drinnen. Zwei Imperiale und ein
Wächter.«
»Ich habe sie gesehen; einen Wächter habe ich
bereits erledigt. Ich dachte, du würdest, nachdem du mein Zimmer
verlassen hattest, zu Polidori gehen und bei ihm bleiben«, zischte
Victoria, die bereits auf die Tür zusteuerte.
»Was zur Hölle hast du vor? Ich sagte zwei
Imperiale.« Er zog kraftvoll an ihrem Arm,
und sie taumelte überrascht zurück. »Polidori ist nicht
dort.«
»Lass mich los«, knurrte sie wütend und entwand
sich seinem Griff. »Auf mich wartet Arbeit.Wo ist er dann?«
Victoria sah ihn an und registrierte verblüfft den Ausdruck auf
seinem Gesicht. Sie kannte Sebastian nur von seiner ausgeglichenen,
charmanten Seite und nicht in dieser erbitterten, wütenden
Stimmung. Aber sie hatte hier das Sagen. Nicht er. »Ich tue, was
ich tun muss. Erinnerst du dich? Meine Entscheidung - nicht von der
Stelle zu weichen und zu kämpfen, anstatt den Schwanz einzuziehen
und wegzulaufen.«
»Du allein gegen zwei Imperialvampire und einen
Wächter... Sei doch nicht so töricht. Abgesehen davon versteckt
Polidori sich.« Er zeigte auf ein Zimmer gegenüber von dem, in das
sie hatte hineinstürmen wollen. »Wer auch immer die Vampire
eingelassen hat, verriet ihnen, wo er schläft, und nun durchsuchen
sie das Zimmer nach ihm. Draußen sind noch zwei weitere, die die
Fenster beobachten.« Er sprach hastig, und seine Worte klangen rau
und abgehackt an ihrem Ohr. »Uns bleibt nicht viel Zeit, bevor sie
feststellen, dass er verschwunden ist.«
In diesem Moment bemerkte sie es. »Was hältst du
da in der Hand - ein Schwert?« Victoria stieß ein kurzes, nervöses
Lachen aus. »Was genau denkst du, mit einem Schwert ausrichten zu
können?«
Mit Zorn im Blick schob er sie zur Seite. »Denk,
was du willst. Bist du -« Was auch immer er hatte sagen wollen,
wurde im Keim erstickt, als hinter ihnen jemand aufschrie. Sie
drehten sich um und sahen den Flur hinunter, wo noch immer eine
Gruppe Wochenendgäste mit aufgerissenen Augen in ihre Richtung
glotzte. Einige der Männer hatten sich Pistolen geholt und begannen
nun, auf Victoria und Sebastian zuzugehen.
»Bleibt zurück!«, brüllte Sebastian. »Ihr
begreift nicht, was hier vor sich geht. Begebt euch in eure Zimmer
und verschließt die Türen! Ihr bringt euch nur selbst in
Gefahr.«
»Lady Rockley, was ist hier los? Sie müssen sich
in Sicherheit bringen! Um was geht es denn überhaupt?« Mr. Berkley,
der noch immer zerzaust aussah, inzwischen aber einen etwas
klareren Blick hatte, ignorierte Sebastian vollkommen.
Obwohl es ihr widerstrebte, noch mehr Zeit zu
verlieren, wandte sich Victoria trotzdem ihm und den anderen zu.
Dann begann sie mit ruhiger, fester Stimme zu sprechen. Sie wusste,
dass die anderen die Aufrichtigkeit und den Ernst in ihrem Gesicht
sehen mussten. »Bitte, hören Sie mir zu. Sie können nicht helfen.
Retten Sie sich, indem Sie tun, was ich sage. Verriegeln Sie Ihre
Zimmertüren, und kommen Sie nicht heraus, solange es nicht sicher
ist. Es sind Vampire in diesem Haus, und Pistolen werden Sie nicht
schützen können.« Victoria zog das Kruzifix über ihren Kopf. »Das
hier wird Sie beschützen.« Sie warf Gwendolyn den schweren Anhänger
zu. »Und jetzt schließen Sie sich ein.«
»Vampire?«, wiederholte Mr. Berkley mit
ungläubig gerunzelter Stirn. Ein anderer Mann, der seine Pistole
wie einen Schutzschild vor sich her hielt, machte einen Schritt auf
sie zu, so als wollte er widersprechen. Aber noch bevor er etwas
sagen konnte, wurde eine Tür aufgeschlagen, und ein großer,
glutäugiger Vampir schlenderte aus dem Zimmer.
Schreie hallten durch den Flur, während
Gwendolyn und ein paar der mutloseren Männer sich umdrehten und das
Weite suchten.
Der Anblick des Imperialvampirs mit seinen
magentaroten Augen und dem langen, silbrigen Haar reichte aus, um
jeden Widerspruch des kühnen Mannes mit der Pistole im Keim zu
ersticken. Er starrte den Untoten mit den bösen Augen an und wich,
die Schusswaffe mit zittriger Hand auf ihn gerichtet, zurück.
Victoria und Sebastian rührten sich nicht vom
Fleck.
»Wo ist Polidori?«, knurrte der Imperialvampir
und trat auf sie zu, während seine Gefährten hinter ihm in den
engen Korridor drängten. Durch die offen stehende Tür erhaschte
Victoria einen Blick auf ein umgestürztes Bett, zertrümmerte
Bettpfosten und einen zerschlagenen Frisiertisch. Zerfetzte
Bettdecken und andere Stoffe lagen über den Boden verteilt, auf dem
im Laternenschein Glasscherben funkelten.
Victoria trat vor, wobei sie den Pflock in den
Falten ihres Nachthemds verbarg und sorgsam darauf achtete, die
Augen gesenkt zu halten. »Er ist nicht hier.« Sie wollte
hinzufügen: Wie dumm für euch, dass ihr Lilith
nun erklären müsst, wie euch eure Beute durch die Lappen gegangen
ist. Doch sie unterließ es, weil sie hoffte, die Tatsache, dass
sie ein Venator war, noch ein wenig länger geheim halten zu können.
Gerade lange genug, um ein Ziel für den Pflock zu finden, der in
ihrer Hand kribbelte.
»Du lügst«, erwiderte der Wächter und drängte
sich an den beiden Imperialen vorbei. Sein Atem zischte wie ein
Kessel üblen Dampfes. »Ich kann den Hundesohn riechen. Sag mir, wo
er ist, oder du stirbst.«
Sebastian bewegte sich neben ihr, aber Victoria
trat einen Schritt zur Seite und deutete mit der Hand den langen
Flur hinunter, der sich bis zur Treppe erstreckte. Ablenkung. Sie
musste sie ablenken. Und gleichzeitig musste sie ihn nah genug zu
sich locken, um ihn pfählen zu können. Sie würde nur eine einzige
Chance bekommen.
»Was wollt Ihr mit Polidori? Gibt es hier nicht
genug frisches Blut?«, höhnte Victoria.
Die beiden anderen Vampire waren in dem Flur
hinter ihrem Anführer eingepfercht. In einem tief verborgenen
Winkel ihres Bewusstseins - jener Teil, der nicht auf die große
Hand konzentriert war, die der Wächter gerade nach ihr ausstreckte
- war Victoria dankbar dafür, dass der Gang nicht breit genug war,
um drei Männer nebeneinander darin stehen zu lassen. Durch seinen
stämmigen Körper hinderte der Wächter seine Gefährten wirkungsvoll
daran, an ihm vorbeizustürmen und sie anzugreifen.
Wenn sie sie nur dazu bringen könnte, sich von
Polidoris Zimmer wegzubewegen, würde es Sebastian vielleicht
gelingen, ihm zur Flucht zu verhelfen. Irgendwie. Während sie es
mit der Taktik versuchte, ihre Gegner einen nach dem anderen zu
vernichten - ihre einzige Option.
Jeder andere Gedanke löste sich in Luft auf, als
der Wächter die Hand um ihre Schulter schloss und zudrückte. Er
stand genau dort, wo sie ihn haben wollte... nahe genug, um
zuzustechen. Sieh ihn nicht an, ermahnte
sie sich selbst. Es wäre ein
Leichtes für ihn, sie mit seinem hypnotisierenden Blick in Bann zu
schlagen.
Scharfe Nägel gruben sich in ihre zarte
Schulter, aber sie vergaß das unangenehme Gefühl, als er sich näher
beugte und mit leiser, bedrohlicher Stimme zischte: »Wie herrlich
dein frisches Blut duftet. Soll ich mich jetzt gleich an dir laben,
meine Schöne?«
Wäre sie nicht aus dem Gleichgewicht geraten,
als er ihrer Schulter einen Stoß versetzte, hätte ihr Pflock sein
Herz durchbohrt.
Stattdessen traf der angespitzte Eschenholzstock
seinen Unterarm, als wäre es eine Ziegelmauer. Das unerwartete
Hindernis blockte ihren Stoß ab, es stauchte ihr den Arm, und sie
spürte ein hässliches Knacken in ihrem Handgelenk. Und Schmerz.
Rasenden, höllischen Schmerz in ihrem grotesk verdrehten
Handgelenk. Stöhnend taumelte Victoria zurück, und vor ihren Augen
tanzten dunkle Flecken, die sie nur mit Mühe vertreiben
konnte.
»Was haben wir denn hier?«, knurrte der Wächter.
Seine glimmenden Augen wurden zu Schlitzen, als er zu Victoria
hinuntersah, die ihm gerade bis zu den Achseln reichte. Er hielt
noch immer ihre Schulter fest, aber sie entwand sich seinem Griff,
als er sie zu sich ziehen wollte.
Sieh ihn nicht an.
»Ein verwegenes kleines Mädchen.Vielleicht bist
du ja meine Belohnung für heute.«
Victoria hatte zwar die schwarzen Flecken
weggeblinzelt, aber als sie jetzt versuchte, die Augen wieder zu
fokussieren, nahm der Blick des Vampirs sie gefangen.
Die Wirkung des Bannes trat sofort ein. Sie
hatte das Gefühl, als versinke sie in einem Tümpel aus weichem,
rosarotem Samt.
Ihre Atmung veränderte sich, wurde langsamer; ihre Gliedmaßen
kamen ihr so leicht vor wie Federkissen. Der Puls an ihrem Hals
raste. Sie spürte, wie ihr Blut zu brodeln begann und sich nach dem
geübten, scharfen Biss verzehrte, der es erlösen würde.
Es strömte warm, heiß und prickelnd durch ihre
Venen. Es sprudelte und brodelte, als würde der Vampir ihren
Lebenssaft zu sich rufen, es wogte und brandete mit jedem Atemzug.
Ihre Sinne erwachten, wurden lebendig und doch träge... aufgeregt
und doch schläfrig... so als ob sie sich mitten in der Nacht halb
wach und halb erregt Phillip zuwenden würde.
Matt kämpfte ihr Bewusstsein darum, sich an der
Oberfläche festzukrallen, den Bann zu durchbrechen. Sie musste dem
Vampir Einhalt gebieten.Aber dieser Sog... Er hüllte sie ein wie
eine unaufhaltsame Wassermasse, die auf sie zustürzte, um sie zu
ertränken. Sie wehrte sich... wenn es ihr doch nur gelänge, zu
blinzeln, ihre trockenen, offenen Augen auch nur für einen Moment
zu schlie ßen... Wie von fern nahm sie eine Bewegung, Rufe wahr...
Aber sie konnte nicht reagieren. Konnte sie nicht zuordnen.
Ihre Arme prallten gegeneinander, so als ob
jemand sie bewegte, dann fiel der Pflock aus ihren schlaffen
Fingern; etwas Hartes stieß gegen ihr malträtiertes Handgelenk...
etwas Hartes und Geschwungenes, das nicht hierher gehörte... Ihr
Kopf kippte zur Seite, sodass die Hitze ihrer Schulter eine Seite
ihres Halses wärmte, während die andere feucht und kühl und
verletzlich war.
Ihre Hände flatterten, als wollte sie ihn
abwehren, aber er war zu nahe... zu stark. Glühendes Rubinrot
füllte ihre Wahrnehmung. Heißer Atem näherte sich, zusammen mit
verführerischen, Erlösung verheißenden Fangzähnen, die gelb-grau im
Halbdunkel funkelten.
Victoria fühlte wieder das harte, schmale Ding
unter ihrem
Ärmel, als ihr die Arme nach oben gegen den Körper gedrückt
wurden, und plötzlich hatte sie einen Moment der Klarheit. Es war
die Phiole mit dem Weihwasser.
Pater noster. Sie dachte
es. Dann sagte sie es laut. »Pater noster, qui
es in caelis...«
Es war wie ein plötzlich aufzuckender Blitz in
ihrem Kopf, ein Schemen von Geistesgegenwart. Klarheit. Ihr war
Klarheit geschenkt worden.
Ein leises Lachen erklang neben ihrem Ohr. »Der,
zu dem du da betest, kann dir jetzt nicht mehr helfen.« Der Vampir
war zu nahe; sie würde die Phiole nicht mehr rechtzeitig erreichen,
obwohl das Senken seines Kopfes Stunden in Anspruch zu nehmen
schien... Tage. Ihre Finger tasteten linkisch herum; sie zwang sich
zu blinzeln, um den Bann zu brechen; dann zog sie an der
Phiole.
Während ihre Blicke sich voneinander lösten und
der Vampir sich gleichzeitig die letzten Zentimeter zu ihrem Hals
hinunterbeugte, glitt die Phiole in ihre Hand. Sie nestelte an dem
Verschluss herum, als seine spitzen Fangzähne schon sachte ihre
Haut berührten. Mit allerletzter Kraft zog sie ein Knie an, warf
sich zur Seite, zog den Korken hervor und schüttete ihm das
Weihwasser mitten ins Gesicht.
Brüllend ließ der Wächtervampir von ihr ab; er
schlug die Hände über die Augen und stieß dabei mörderische
Wutschreie aus.Victoria suchte fieberhaft nach dem Pflock, den sie
fallen gelassen hatte, aber noch bevor sie ihn finden konnte, sah
sie etwas Besseres.
Neben ihren Füßen funkelte ein Schwert: die
verlorene und in Vergessenheit geratene Waffe eines
Imperialvampirs. Blitzschnell bückte sie sich und hob die schwere
Klinge auf.
Mit einem flinken Hieb, ähnlich jenem, mit dem
sie den Dämon im Silberkelch geköpft hatte, holte sie weit aus und
schwang es genau in dem Moment nach unten, als der Vampir wieder
auf sie zukam.
Sein Kopf wurde abgetrennt und zerfiel zu Staub,
noch bevor er den Boden berührte.
Der letzte Rest seiner Kontrolle über sie fiel
von ihr ab, und Victoria kehrte abrupt in die Gegenwart
zurück.Verblüfft stellte sie fest, dass Sebastian gerade mit seinem
eigenen Schwert gegen einen der Imperialen kämpfte.
Mit blitzenden, rhythmisch klirrenden Klingen
lieferten sich die beiden in dem schmalen Korridor ein Duell.
Sebastian parierte die Attacken des Vampirs Schlag für Schlag, und
ihre Schwerter wetzten gegeneinander, wenn sie sie voneinander
lösten. Der zweite Imperialvampir war nirgends zu sehen; doch die
Tür zum zweiten Zimmer stand offen.
Victoria zögerte kurz, und Sebastian brüllte:
»Lauf! Polidori!« Er war seinem Gegner unterlegen, und sie wusste,
dass er sterben würde, wenn sie ginge. Ein Schwert war im Kampf
gegen einen Vampir nur dann wirkungsvoll, wenn man ihn damit
köpfte.Wohingegen ein Sterblicher durch ein Schwert an jeder Stelle
seines Körpers verwundet, verstümmelt oder sogar getötet werden
konnte.
Sebastian besaß weder die Kraft noch die
Schnelligkeit, um dem Vampir dauerhaft Widerstand zu leisten, und
es war Victoria ein Rätsel, wie er überhaupt so lange hatte
durchhalten können. Glücklicherweise verhinderte die niedrige
Decke, dass der Imperialvampir in die Luft springen und wie ein
Raubvogel nach unten schießen konnte, denn ansonsten wäre der Kampf
zu Ende gewesen, noch bevor er begonnen hatte.
»Victoria! Geh!«, schrie er noch einmal, und sie
traf ihre Entscheidung. Sie konnte sich später den Kopf darüber
zerbrechen, weshalb Sebastian bereit war, sein Leben aufs Spiel zu
setzen. Mit einer anmutigen Bewegung beugte sie sich nach unten und
hob den Pflock auf, dann stürzte sie, in der anderen Hand noch
immer das Schwert, zu dem Imperialvampir.
Sie schaffte es jedoch nicht an ihm vorbei, denn
er bemerkte sie und holte mit einer kreisenden Bewegung zu einem
Hieb aus, der dazu gedacht war Sebastian und Victoria mit einem
einzigen Streich in Stücke zu hacken. Das Klirren und Sirren der
drei Schwerter war ein ebenso schrecklicher wie befriedigender
Tumult.
Victoria erkannte eine Gelegenheit, schwang
mitsamt ihrem Schwert herum und schlüpfte neben den Vampir, der
gerade sein eigenes hob, um einen Angriff Sebastians abzuwehren.
Als Victoria ihres mit aller Kraft auf den Vampir herabsausen ließ,
nahm er eine Hand von seinem Heft, sodass er gleichzeitig Sebastian
attackieren und nach ihr greifen konnte.
Sie schlug zu, wobei sie anstelle seines
verletzlichen Halses jedoch nur seinen Arm durchtrennte, dann
sprang sie hinter ihn.
Der Arm löste sich von seinem Körper und zerstob
zu einer Staubwolke, bevor ihm einen Wimpernschlag später ein neuer
wuchs.
Victoria, die sah, dass Sebastian an der Wand
kauerte, holte wieder aus, doch der Imperiale parierte ihren
Angriff unverzüglich. Ihre Schwerter trafen sich mit lautem
Geklirre, wetzten aneinander entlang, bis sie an ihrem
Scheitelpunkt wieder voneinander abließen.Victorias ging nach oben,
das des Vampirs nach unten, dann fraß sich ihre Klinge ein Stück
weit in seinen Hals, während gleichzeitig ein glühender Schmerz
ihren Oberschenkel erfasste.
Mit einem entschlossenen Aufschrei hielt sie
ihre Schwungkraft aufrecht und schlug ihm mit einem zweiten Hieb
den Kopf ab.
Sie brach auf dem Boden zusammen, während der
Imperialvampir zu Staub verpuffte. Blut strömte ihr Bein hinab,
durchtränkte den Saum ihres Nachthemds und sammelte sich in einer
Lache auf dem polierten Boden. Dank Sebastians Unterstützung hatte
sie heute ihren ersten Imperialvampir getötet.
Zitternd rappelte sie sich auf die Füße und
stolperte zu ihm hinüber.
Als sie die Hand gegen seine Brust drückte und
die Finger durch die Öffnung und über seine warme Haut gleiten
ließ, um festzustellen, ob er noch atmete, dann seinen Kopf zur
Seite drehte und nach einem Puls suchte, schlug er mit einem
tiefen, holprigen Atemzug die Augen auf. Erschöpfte Belustigung
flackerte in seinen bernsteinfarbenen Pupillen. »Nicht jetzt,
Victoria... aber später, das verspreche ich.«
Mit einem unbeabsichtigten Lächeln zog sie sich
zurück, noch immer am ganzen Körper zitternd. Sie stand schwankend
auf, froh darüber, dass Sebastian nicht an Ort und Stelle zu
sterben drohte. »Jeder Mensch braucht seine Träume«, erwiderte sie,
dann spürte sie den Schmerz in ihrem Bein, und ihr entfuhr ein
Keuchen.
Mithilfe des Schwertes, das sich schwer anfühlte
in ihrer verletzten Hand, drehte sie sich zu dem Zimmer um, in dem
sich der Schriftsteller angeblich versteckte. Die Tür war offen und
hing halb aus den Angeln.
Der Imperialvampir, der als Einziger noch übrig
war, stürzte vom Bett her auf sie zu. Er hatte kein Schwert bei
sich, also musste er derjenige sein, der das, auf welches sie sich
gerade
stützte, verloren hatte. Als Victoria an ihm vorbeisah, entdeckte
sie Blut; Ströme von zähem, rostig riechendem Blut, die den
Leichnam, der dort lag, durchtränkten. Der Gestank des Bösen, von
Tod.
Ihr Bein tat höllisch weh, und ihr Handgelenk
protestierte, als sie das Schwert erhob, doch der Imperialvampir
stürmte auf sie zu und fing die Klinge ab. Sie klatschte flach in
seine Handfläche, und er packte zu, entwand sie ihrem kraftlosen
Griff und warf sie quer durch das Zimmer. Sein blutverschmiertes
Gesicht glühte vor Zorn, und seine Augen loderten, als er sie von
Neuem angriff.
Victoria spürte, wie sie hochgehoben und durch
die Luft geworfen wurde. Sie prallte gegen etwas Hartes, dann wurde
alles schwarz.