15. Kapitel (Agaldir)

 

Schluss jetzt!, drang Vaadhs Stimme in die letzte verbliebene Schicht von Agaldirs Geist. Genug, oder ich werde mir die Augen eigenhändig auskratzen um euer jämmerliches Versagen nicht weiter mit ansehen zu müssen!

Immer noch in Gestalt eines Monstrums richtete der Halbling sein verschobenes Augenpaar auf die in Robe und Kapuze gehüllte Figur, die kopfschütteln oben auf einem der Dächer hockte, den knorrigen Eichenstab in die Regenrinne gestemmt.

Lehrer. Mentor. Freund.

Selbst auf die elementarste Entwicklungsstufe reduziert, rührte dieser Anblick etwas in Agaldir an, brachte eine feinere, tief verschüttete Seite zum klingen und nahm ihm die Gier. Pures Vertrauen, innige Verbundenheit, grenzenlose Liebe war es, die seinen Körper flutete und in sanften Schritten zurückführte zu seinem alten Ich.

 

 

Dennoch dauerte es fast einen ganzen Wochenlauf, bis er sich von den Auswirkungen der ungewollt verlaufenden Transmutation soweit erholt hatte, daß er gemeinsam mit Claudel vor den Rat der Magistraten treten konnte, um das niederschmetternde Prüfungsergebnis in Wort und Schrift zu empfangen.

In den holzvertäfelten Gängen fühlte sich für Agaldir jeder Schritt wie ein Schlag in den Nacken an. Er hatte versagt, hatte die Kontrolle verloren und für einen einzigen fatalen Augenblick alles vergessen, was sein Lehrer ihm über innere Ruhe und Vernunft beigebracht hatte. Wieder waren die tierischen Gewalten - das Erbe seiner Väter - aus ihm heraus gebrochen und hatte trotz der Ausbildung und den Übungen die Führung übernommen.

Seine Abstammung würde mehr Bürde als Geschenk sein, hatten sie ihm damals bei der Aufnahme gesagt und recht behalten. Die instinktive Seite war einfach zu stark in ihm, um sie gänzlich unterdrücken zu können.

Mit gesenktem Haupt, die Haare zu einem Zopf eingebunden, blieb er schließlich neben Claudel vor der schweren, zweiflügligen Tür zum Ratssaal stehen und starrte an sich hinab zu Boden.

Vielleicht hatte er nie hier her gepasst.

Vielleicht war es falsch gewesen, gerade bei den Menschen nach der Ausbildung zu suchen, die seine Talente förderte. Vision hin oder her, es war doch unübersehbar, wer für die Aufgabe bestimmt war und Vaadhs rechte Hand werden würde.

Claudel stand mit leichtem Lächeln auf den Lippen und erwartungsfrohem Blick da. Ein Muster von einem Magier. Straffe, aufrechte Haltung, die Robe penibel sauber und jedes kleinste Fältchen getilgt, die Haare kurz geschoren, der Bart gestutzt.

Agaldir dagegen hatte trotz mehrfacher Rügen an seinem alten Kleidungsstil festgehalten. Die Brust zumeist nackt, die Beine von einem Kilt aus Leder oder Stoff bedeckt und das Haar lang gewachsen. Es war ihm Tradition und Erinnerung an seine alte Heimat, die er schon so viele Jahre nicht mehr gesehen hatte und gleichsam Ehrung seines Glaubens und seiner Abstammung. Ein Halbling ließ sich eben nicht so einfach abrichten und zu einem Werkzeug der königlichen Puppenspieler machen.

»Hast du deine Sachen schon gepackt?«, fragte Claudel süffisant, als im Saal das dreimalige Klopfen eines Stabes ertönte und sich daraufhin die Türen öffneten.

Vaadh saß zusammen mit den anderen vier Magistern hinter dem halbrunden Pult und blickte ihnen genau wie der Rest des Rates mit undurchdringlicher Miene entgegen.

Agaldir und Claudel warteten auf das nächste Zeichen des Zeremonienmeisters und traten erst dann mit langsam gesetzten Schritten vor, bis in die Mitte des verschnörkelten Mosaikbildes, welches das Halbrund zu einem Kreis ergänzte.

»Claudel Bonat Immerruh, Sohn von Beatrix und dem, für seine Verdienste in den Adelsstand berufenen, Dämonenjäger Vinzenz Immerruh tritt vor und höre, was die Gilde der Magiekundigen zu Dandoria entschieden hat«, erhob der Erste Magistrat das Wort.

Claudel folgte der Aufforderung, wie es schien, nur zu gerne.

»Trotz der unerwarteten Entwicklung während des Prüfungskampfes habt Ihr Eure Magie überlegt und wohl dosiert eingesetzt, um der Lage Herr zu werden, bevor weiterer Schaden entstehen konnte. Dafür und für Eure mehrfach belobigte Disziplin und Lernbereitschaft unter der Mentorenschaft von Magistrat Vaadh werdet Ihr am heutigen Tage in den Stand eines Magisters berufen. Zehn Jahre lang, von diesem Tage an, werdet Ihr Euren Dienst der Gilde zur Verfügung stellen, um abzugelten, was euch an Ausbildung, Zeit und Material seit Eurer Aufnahme zuteil wurde.«

Agaldir schloss die Augen und blendete die Stimme aus. Er wollte nicht hören, welche Pflichten und Rechte Claudel für seinen Verrat zugesprochen bekam. Denn was war es schon anderes gewesen?

Claudel hatte ihn im Stich gelassen, statt ihm den Rücken zu decken. Wie ein feiger Hund mit eingekniffenem Schwanz hatte er irgendwo in einer dunkeln Ecke abgewartet und den Kampf mit dem Narazin allein ihm überlassen.

Wenn also der Magisterstand die Belohnung für Feigheit war, wollte Agaldir ihn nicht. Dann wollte er kein Magister werden, ganz egal wie hartnäckig Vaadh in ihn dringen würde, um es im nächsten Jahr noch einmal zu versuchen.

Die Verwandlung hatte seine Sicht auf die Dinge verändert. Auch wenn er kaum Erinnerungen an den Kampf, die genaueren Umstände seiner Überwältigung und Rückverwandlung hatte, so spürte er dennoch ganz genau diese Ursprünglichkeit in seinem Herzen. Jetzt, da er es mit etwas Abstand betrachten konnte, erkannte er wie rein, wie verletzlich und doch auch unbesiegbar diese Gefühle waren und daß sie noch immer unter dem Deckmantel des Verstandes tief in ihm loderten.

»Agaldir On'tor, Sohn von Enarin und Abkömmling von Dunka und Tokk, Daschwa und Sogg, Zonday und Inuel, tritt vor und empfange den Spruch des Rates.«

Die Stimme des ersten Magistrats riss Agaldir aus seinen Gedanken. Er öffnete die Augen, ließ seinen Blick über die einzelnen Ratsmitglieder wandern und machte dann einen entschlossenen Schritt auf das Pult zu. Er war bereits, sich dem Unausweichlichen zu stellen und von nun an neue, eigene Wege zu beschreiten. Im Grunde klang diese Aussicht sogar sehr verlockend.

Doch gerade, als der Magus Luft holte, um offenbar zu einer längeren Rede anzusetzen, wurden die Flügeltüren im Saal aufgerissen und eine hochgewachsene vermummte Gestalt rauschte herein.

Reflexartig drehte Agaldir sich um, doch irgend etwas sagte ihm, daß von dem Gast keinerlei Gefahr ausging. Fasziniert folgte er den geschmeidigen Bewegungen, mit denen der Fremde eher gleitend denn gehend auf das Ratspult zustrebte, wanderte mit seinem Blick die unverkennbar weiblichen Formen entlang und nahm den herben Duft von Wald an ihr wahr, als sie ihn unbeachtet passierte.

Auch der Rest der Anwesenden hatte sich nicht weiter gerührt. Eine seltsame Friedlichkeit füllte den Raum und verströmte ein solch starkes Gefühl von Glück, daß Agaldir nicht anders konnte, als heiter aufzulachen.

»Botschafterin ...«, begann Vaadh und unterbrach sich gleich wieder, als bräuchte er all seine Energie um seine Beherrschung gewahrt zu wissen. »... Botschafterin, diese Geste der Beschwichtigung ist nicht notwendig.«

Die Vermummte wandelte bis ganz an das Pult heran, beugte sich über die blank polierte Tischplatte und hauchte Agaldirs Meister ein paar Worte entgegen, die sich wie ein sachtes Blätterrauschen anhörten.

Immer noch gab es keine anderen Reaktionen.

Keiner der übrigen Ratsmitglieder rührte sich, keine Wachen, kein aufgeregter Hof-Pilar, der dem Eindringling hinterher geeilt kam.

Wer bist du?, fragte Agaldir in Gedanken, maß ihre Gestalt neuerlich mit seinem Blick und begann vorsichtig seine Sinne nach ihr auszustrecken.

Doch schon als der erste noch dünne geistige Faden ihre verhüllten Knöchel streifte, drehte die Botschafterin sich ruckartig um, fixierte ihn und schnitt die Verbindung so abrupt ab, daß der Halbling aufstöhnte.

»Ich bin Mandraeja, Abgesandte aus dem Elfental, Hüterin des Glücks und Beschützerin der Unversehrten Seelen«, erschallte die Antwort auf seine unausgesprochene Frage mit überraschend mädchenhaften Klangfarbe durch den Raum. »Aber wer bist du, daß du die besänftigenden Schleier mit deiner Magie durchdringen kannst, ohne auch nur einen Finger gerührt zu haben?«

Ihr Frage klang eher neugierig als erbost oder gar drohend und verleitete Agaldir - immer noch gebannt von ihrer Präsenz - abermals zu einem fröhlichen Lacher. Seine Beherrschung reichte weniger weit, als die seines Mentors.

Er gluckste mehrfach, als er nach einer angedeuteten Verbeugung sprach: »Ich bin Agaldir On'tor, aufgenommen und aufgewachsen bei den Wan'girs, Halblingskind und Sohn der sechs Aspekte, die über unser Volk wachen.«

Die Elfe trat vom Pult zurück, legte den Kopf zur Seite und glitt langsam auf ihn zu. Jetzt war er es, der ihre geistigen Fühler auf sich spürte und sie dennoch gewähren ließ.

»So viel Macht schlummert noch in dir, kleiner Hüter. So viel Leidenschaft, die nach einem Weg sucht, sich mit dem Zauber, der sich aus den Erdlinien speist, zu verbinden«, wisperte sie, während sie ihn umrundete.

Und er hielt still.

Hielt still, als die Berührungen intensiver wurden, sich um sein Herz wanden, um seine Seele und die Bilder seiner Vergangenheit. Streichelnde Bewegungen, die ihn erst zum Seufzen brachten und dann die Tränen in die Augen trieben.

»Gib sie auf«, hauchte Mandraeja. »Gib die Kontrolle auf und lass die Vermählung deiner zwei Seiten zu.«

»Ich kann nicht«, keuchte Agaldir. »Ich wäre nur mehr ein Sklave meiner Instinkte.«

»Du vergisst, daß Agaldir kein Elf ist, Mandraeja.« Vaadh hatte es unterdessen geschafft sich zu erheben. Die Handflächen auf das Pult gedrückt, stand er leicht vorgebeugt da und schien Agaldirs Blick zu suchen. »Er ist kein Elf«, wiederholte der Magus ernst. »Er hat keine Zeit, Jahrhunderte damit zu verbringen die beiden Flüsse in Einklang zu bringen.«

»Was er braucht ist Vertrauen, nicht Zeit«, erwiderte Mandraeja ruhig und zog langsam und behutsam ihre geistigen Fühler zurück. Agaldir schluchzte, als der Faden ihrer Verbundenheit abriss und auch der Mantel des glückseligen Friedens sich hob und davon wehte.

»Seid Ihr gekommen, um uns eine Lehrstunde über Gefühle und die Endlichkeit des Seins zu erteilen?«, fragte der erste Ratsvorsitzende barsch.

»Glaubt der Rat, er hätte nichts mehr zu lernen?« Unbeeindruckt hielt die Elfe ihren Blick auf Agaldir gerichtet. »Aber ich habe in der Tat besseres zu tun, als mich bei euch als Lehrmeisterin zu versuchen.«

Noch nie in seinem Leben hier in Dandoria und im Schoß der ehrenwerten Magiergilde hatte der Halbling jemanden so unverfroren mit den Magistern reden hören. Selbst der König hatte ihnen bei den wenigen Anlässen, bei denen auch Schüler zugegen sein durften, stets ausgesuchte Höflichkeit entgegengebracht.

Zähneknirschen war hinter dem Pult zu vernehmen, bevor der Magistrat sich zu einer Antwort durchrang. "Dann sprecht und sprecht rasch. Was ist euer Anliegen?"

Mandraeja schob ihre Kapuze zurück, so daß Agaldir das erste Mal mehr als nur die schimmernden Augen sehen konnte. Der Kopf ganz von silbrigweißem Haar umhüllt. Dabei war ihr Gesicht schmal, wirkte jung und von so zartweicher Haut bespannt, als wäre sie kaum vor einer Stunde in diese Welt gekommen. Ihre Nase zog sich gerade bis hinab zu einem scharf umrissenen, leicht vorgewölbtem Mund und versteckte das kleine Grübchen auf ihrem Kinn.

Doch das, was den Halbling am meisten faszinierte, waren die fein gezogenen nachtblauen Zeichnungen, die sich von einem Sternsymbol auf der Stirn zu beiden Seiten die Schläfen hinab zogen und erst auf der Mitte des Halses ihr Ende fanden.

Wozu ist das?, wollte Agaldir fragen, doch die Elfe kam ihm mit ihrer Antwort an den Magister zuvor.

»Solituúdes Späher haben gemeldet, daß der nördliche Durchgang zwischen Mythenland und Unterwelt geöffnet wurde. Die Schutzbarrieren sind zerstört.«

Eine Weile lang herrschte Stille im Saal, dann räusperte sich einer der Magistraten und auch Claudel schien verspätet wieder aus seiner Starre erwacht zu sein. »Dann müssen die magischen Schilde eben erneuert werden, egal was es kostet!«, rief er und warf sich die Faust voller Pathos an die Brust.

»Zu spät. Ich bin hier, um euch die Wahrheit zu verkünden und eine Warnung auszusprechen«, unterbrach Mandraeja weitere von Claudels Ausführungen. »Die Wächter haben ihre Brut ausgesandt, um die Seelen Lebender zu sammeln. Ich rufe euch zum Kampf, Magier Dandorias! Eilt Euch, denn die Dämonen haben die Stadt bald erreicht!«

Mit diesen Worten stülpte sich die Botschafterin ihre Kapuze über das Haar, zog sie tief ins Gesicht und breitete abermals ihren magisch gewebten Mantel des Friedens über die Anwesenden. Ein letzter Blick, stumme Worte in Agaldirs Kopf, dann eilte sie hinaus.

Wenn das Schwarz der Nacht schwindet, erwarte mich, Halbling.

 

 

Agaldir saß auf dem Bett in seiner Kammer und starrte aus dem Fenster. Hatte er sich Mandraejas Worte nur eingebildet? Hatte sie gespürt, wie sehr er ihre forschende Aura an sich genossen hatte? Und wann genau, bei allen Götter, schwand das Schwarz der Nacht? Wenn der Mond unterging? Oder die Sonne auf?

Seufzend kippte er den Kopf zurück gegen die Wand und fixierte die Astlöcher in den Deckenbaken. Was für ein Tag! Er war aufgestanden, um die Quittung für sein Versagen entgegen zu nehmen. Hatte sich darauf gefasst gemacht, das Gildenhaus und damit eine weitere Heimat verlassen zu müssen. Doch nach dem Auftauchen der Elfe waren Prüfungen das Letzte gewesen, über das noch geredet wurde. Der Rat hatte ihn, trotz Vaadhs Einspruch, hinausgeschickt und in aller Eile Boten ausgesendet und zu einer Großversammlung der Magiekundigen gerufen.

Ausgeschlossen und noch aufgewühlt von dieser sonderbaren Begegnung und dem noch viel sonderbareren Abschied, war Agaldir den Rest des Tages durch die Gänge des Hauses gestreift, hatte versucht sich in ein Buch über Solituúde und das Elfental zu versenken und war doch immer wieder zurückgekehrt zu dem Anblick, dem Gefühl und dem stummen Versprechen.

Erst zum Abend hin hatten sich die ersten Magister mit ihren Begleitern im Gildenhaus eingefunden und für Abwechslung gesorgt. Hinter vorgehaltener Hand wurden Nachrichten in den Gängen ausgetauscht, Gerüchte beim Abendbrotstisch diskutiert und erste Erlasse noch vor dem Nachtappell ausgerufen.

Agaldir war davon nur indirekt betroffen. Als Magier ohne Diplom blieb ihm die undankbare Rolle des ehrerbietigen Schülers, der Gepäck entgegen nahm, den Herren und Damen Magister den Weg zum Versammlungsraum wies und mithalf, die nötigen Unterkünfte zu organisieren.

»Was für ein Tag«, seufzte er, stieß sich von der Wand ab, rutschte vom Bett und ging die wenigen Schritte am Schreibpult vorbei hinüber zum Fenster.

Wolkenbänder krochen über den nächtlichen Himmel und verdeckten den Mond. Die Bänke unter ihm im Innenhof waren verlassen, die ewig plappernden Stimmen verstummt. Hin und wieder wehte eine Böe den Geruch von Salzwasser zu ihm heran. Sachte Erinnerung an sein altes Zuhause.

Isaia - seine kleine Schwärmerei, die Träume von großen Taten und schließlich der Wutausbruch kamen ihm mittlerweile dumm und kindisch vor. Er hatte doch noch gar nichts von der Welt gesehen, noch gar nichts wahrhaft gefühlt.

Bis heute.

Bis zu dieser körperlosen Berührung.

Ganz egal wie der Rat am Ende über ihn richten würde, er musste gehen - wollte gehen. Er hatte genug Zeit hinter verschlossenen Türen über Bücher gebeugt verbracht. Er wollte mehr. Und er wollte Mandraeja, wie grotesk dieser Wunsch für einen Halbling auch sein mochte.

Mit geschlossenen Augen spürte er dem Prickeln nach, das über seinen Körper gewandert war, dort wo sie neugierig seiner Magie nachgeforscht hatte. Und wieder fühlte er das sanfte Streicheln, roch den Hauch von Wald, stutzte einen Moment und griff blinzschnell nach vorn, bevor er die Augen öffnete.

Die Hand ging ins Leere, doch seine Sinne hatten ihn nicht getäuscht. Verhüllt wie zuvor, stand die Elfe in der, von Kerzenschein beleuchteten, Kammer und blickte ihm ruhig entgegen.

Agaldir lehnte sich gegen den Fenstersims und nickte ihr amüsiert zu. »Jagen Elfenbotschafterinnen neben Dämonen zum Zeitvertreib auch Halblinge?«

Statt einer Antwort schlug Mandraeja ihre Kapuze zurück, entblößte neuerlich ihr Gesicht und weitete ihre Aura, bis Agaldir nicht anders konnte, als wohlig zu schnaufen. Keine Nervosität, kein Flattern in der Magengrube, wie es so oft in den Geschichten hieß. Ihre Magie gab ihm die Chance die Gefühle unverfälscht zu kosten - ohne Angst, aber auch ohne Tabu.

Er öffnete das Band, das seine Haare zum einem Zopf gehalten hatte, strich sich über die noch junge männliche Brust hinab zum Kilt und ging gemächlich auf die Elfe zu, streckte die Hand nach ihr aus und berührte den feinen gezeichneten blauen Stern auf ihrer Stirn.

Sterne!

Das war alles, was Agaldir im nächsten Moment sah, bevor sich der Raum um ihn öffnete, forttrieb und ihn allein in einem Licht zurückließ, das von unten zu ihm hinauf strahlte.

Ein Teich, von innen heraus leuchtend. Und drin lag, zusammengekauert und unschuldig nacktweiß ein mehrere Menschenlängen langer Wurm.

»Mandraeja?«, flüsterte der Halbling irritiert.

Da regte sich der Wurm, hob den Kopf und blickte den Halbling aus schwarzen Augen an.

Bald. Bald wirst du deinen Platz einnehmen müssen.

 

 

Als Agaldir wieder zu sich kam, fand er sich in seinem Bett wieder. Er hob den Kopf. Doch entgegen seiner Befürchtung war Mandraeja geblieben. Sie hatte sich den Hocker unter dem kleinen Studierpult vorgezogen und sich darauf niedergelassen, den Blick auf ihn gerichtet.

»Warst du das?«, fragte er und richtete sich auf.

»Es war meine Runenzeichnung, aber deine Magie«, gab die Elfe sachte zurück.

Der Halbling lächelte schief. »Passiert das jedem, der dich anzufassen versucht?«

Die Elfe schüttelte den Kopf und ihr Blick auf Agaldir wirkte forschend und gerade so, als würde sie blind auf eine Stelle starren und dort dennoch etwas zu lesen versuchen. »Nein, es ist noch nie passiert, daß die Runen reagiert haben«, gab sie schließlich zögern zurück.

»Wozu sind sie gut?«

Mandraeja wog den Kopf von einer Seite zur anderen. »Die Runen können vieles auf einem Körper bewirken. Aber nicht jeder ist dafür gemacht sie zu tragen.«

»Was genau zeigen sie einem?«

»Was hast du denn gesehen?«

Agaldir lächelte gequält. »Licht. Und dann hat ein Wurm zu mir gesprochen.«

Die Elfe nickte schmunzelnd. Und Agaldir richtete sich auf. Er hatte noch viele Fragen an diesem dämmrigen Morgen und Mandraeja blieb, um sie ihm so weit sie konnte zu beantworten.

Stück für Stück formte sich so in dem Halbling ein neues Bild, ein neues Ziel und ein neues Leben, daß vor ihm lag.

Ein Leben mit Mandraeja.

 

 

Doch die Elfe sollte es nur einen kurzen, leidenschaftlichen Moment mit ihm teilen können. Als die Sonne langsam über die Dächer kroch, rissen Schreie Agaldir aus dem Schlaf und einer sanften Umarmung.

»Dämonen! Dämonen sind in der Stadt!«

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Schatten der Drachen
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