14. Kapitel
Lysa weinte herzergreifend und Connor drückte ihren bebenden Körper an sich. Sie zuckte zusammen, als ein kreischender Laut über die Stadt hallte und Connor drehte den Kopf und lauschte.
»Das war nicht Darius ...«, flüsterte Bluma, der ebenfalls die Tränen über die Wangen liefen. »Das ist der Golem.«
»Ich hasse diese Stadt«, schluchzte Lysa. »Ich hasse das alles. Ich habe sieben Freundinnen verloren ... Wie soll ich das ... wie soll ich erklären ...?« Ihr versagte die Stimme.
Laryssa lehnte an Frethmar und starrte dumpf vor sich hin. Mari stand etwas abseits und ließ Connor nicht eine Sekunde aus den Augen. Ihre Miene war dunkel, auch sie hatte Tränen in den Augen. Agaldir hockte mit Steve etwas abseits auf einem Poller und schüttelte grimmig dreinblickend den Kopf.
Bob und Bama hielten sich in den Armen, und drückten ihre Gesichter aneinander.
Agaldir untersuchte das Ei und strich mit den Händen darüber. Er murmelte vor sich hin und lächelte. Frethmar löste sich von Laryssa, strich ihr sanft über das Haar und kam mit schweren Schritten zu dem Blinden Magister.
»Du lächelst? Was gibt es zu lächeln, wenn unsere besten Freunde tot sind?«
»Wie kann man jemanden betrauern, der gestorben ist?«
Frethmar riss die Augen auf und Agaldir winkte freundlich ab. »Diejenigen sind zu beklagen, die ihn geliebt und verloren haben.« Er wies zu Connor, Lysa und den anderen hin.
»Du sagst etwas Gutes, Agaldir«, meinte Frethmar und ging in die Hocke. »Die Toten sind befreit und bei den Göttern, doch wir müssen damit leben. Und das ist schwer, sehr schwer. Mir zerreißt es das Herz. Hätte ich gewusst, welchen Preis wir bezahlen müssen und was vielleicht noch auf uns zu kommt … ich hätte diese Reise nicht angetreten.«
»Du hättest die Reise angetreten, denn du besitzt Mut. Und ein Mann mit Mut ist auch ein Mann von Wort. Niemals hättest du deine Gefährten sich selbst überlassen.«
»Was sollen wir nun tun, Agaldir?«
»Schleudert dem Bösen ein Nein ins Gesicht und behalte die Ängste bei dir. Teile deinen Mut mit den Anderen, denn sie benötigen das.«
»Es ist fast vollbracht«, seufzte Frethmar und seine Fingerspitzen tasteten über das Drachenei. »Wir haben das Ei gefunden, du wirst Lysa ein Elixier brauen, Connor kennt seine Vergangenheit, ich weiß, dass mein Vater ein mutiger Mann war, Bob und Bama haben ihre Tochter gefunden und Darius ist auf dem Weg, seine Bestimmung zu finden.«
»Und was ist mit Lord Murgon? Was ist mit der Armee, die er zusammenstellt, um über das Land der Mythen zu herrschen?«
»Das liegt nicht in unserer Verantwortung.«
»Bist du dir sicher?«, lächelte der Alte. Steve neben ihm bohrte in der Nase. »Bluma verfügt über große magische Kräfte. Ihr steht eine außerordentliche Zukunft bevor. Außerdem liebt sie den Manndämon, was ihr sicherlich große Probleme einbringen wird. Du selbst, mein Zwergenfreund, hast dich unzweifelhaft verändert. Auch das hat seinen Grund. Es gäbe noch viele weitere Argumente, die zeigen, dass du Verantwortung trägst. Ich helfe dir gerne dabei, sie zu tragen, doch abnehmen werde ich sie dir nicht.«
Frethmar nickte still.
Agaldir betrachtete den Zwerg mit durchdringendem Blick. »Von allen hier spüre ich bei dir die größte Veränderung. Du hast dein Haus verlassen und dein Leben gewagt. Wenn du zu deinem Volk zurück kehrst, wird man stolz sein auf dich. Das wolltest du.«
Frethmar zuckte die Achseln. »Ich glaube, das ist mir nicht mehr wichtig.«
»Und deine Oden, von denen alle reden?«
»Es sind schlechte Gedichte. Ich bin nicht begabt.«
»Mach dich nicht klein, mein Zwergenfreund. Du überragst die meisten Menschen, die ich kenne, um Haupteslänge. Und deine dichterischen Fähigkeiten werden wachsen, desto mehr du sie übst.«
Frethmar brummte und fragte: »Was machen wir mit dem Ei? Wir benötigen es nicht mehr.«
Steve rollte einen Popel und schoss ihn weg. Dann sagte er: »Das is was ganz wertvolles. Wenn man weiß, wie man den Drachen zum Schlüpfen bringt, kann man Drachenreiter werden und sehr mächtig. Dafür würden manche Leute nen Haufen Geld bezahlen.«
»Steve hat recht«, sagte Agaldir. »Ein Drachenei ist ein Kind der Sonne. Wieder eine Verantwortung, die uns zuteil geworden ist.«
Frethmar zog seine Hände zurück. Die Schale fühlte sich heiß an. »Mir ist das unheimlich.«
Connor trat hinzu, Lysa eng an sich gedrückt. Die Amazone wirkte wie aus Wachs. Sie sagte mit tonloser Stimme: »Wir müssen sie bestatten.«
»Das übernehme ich mit Connor«, sagte Frethmar.
»Nein«, sagte Lysa. »Ich möchte sie noch einmal sehen.«
»Also, ich würde …«,stammelte der Zwerg.
Lysa machte eine harsche Handbewegung. »Ich will und werde sie noch einmal sehen und ich werde auf den Ork spucken.« Sie machte sich von Connor los. Trotz und Trauer verhärteten ihr Gesicht. Laryssa trat zu ihr und sagte heiser: »Ich begleite dich.«
»Frauen sollten zusammenhalten«, sagte Bluma.
»Nein, du bleibst hier!«, stieß Bob hervor.
»Wage nicht noch einmal ...«, fuhr Bama ihn an und der Häuptling der Barbs senkte den Blick.
»Auch ich würde euch gerne an Bord des Schiffes begleiten«, sagte Mari. »Der Zufall wollte es, dass ich zugegen bin. Also solltet ihr in eurer Trauer nicht alleine sein. Ich kenne eure Freundinnen nicht und könnte Trost spenden.«
Connor sah die Schönheit an. Er kniff die Augen zusammen, dann breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht. »Eine gute Frau, ein tapferes Weib. Lass sie euch begleiten, Lysa.«
Die Amazone nickte stumm. Man sah ihr an, dass es ihr egal war.
Die Männer sahen den Frauen hinterher und schüttelten die Köpfe. Das war nicht gut, war gar nicht gut. Connor und Frethmar wussten um den Zustand der Toten. Bluma blieb. Sie baute sich vor ihrem Vater auf und forderte den Trinkschlauch.
»Warum willst du ihn haben?«, fragte Bob, der seinem Weib mit großen Augen folgte.
»Dieses Wasser ist für mich und ich will darüber entscheiden, wann ich es zu mir nehme.«
»Agaldir? Was meinst du dazu?«, fragte Bob unsicher.
Der Blinde Magister zuckte mit den Achseln. »Lasse ihr ihren Willen, Häuptling. Sie kann die wahre Tiefe der Magie nur dann ergründen, wenn sie sie nutzt.«
Bob verzog das Gesicht und reichte seiner Tochter den Schlauch. Bama setzte an und nahm einen großen Schluck. Dann befestigte sie das Leder an ihrem Gürtel.
»Warum gehst du diesen Weg?«, fragte Agaldir freundlich.
»Ich spüre Gefahr. Gefahr für Darius. Gefahr für uns. Gefahr für Dandoria.«
Erneut war die Luft mit einem hellen Kreischen erfüllt, welches in ein tiefes »Grooooar!« überging.
Darius verdeckte mit den Händen seine Blöße. Eine verlegene Geste, die unsinnig war, schließlich war Elvira seine Frau.
Sie stand in der Tür und starrte ihn an.
Ihr Mund klappte auf und ihr Gesicht nahm einen blöden Ausdruck an.
Darius versuchte ein Lächeln. Die Verwandlung steckte ihm noch in den Knochen. Seine Muskeln schmerzten, seine Haut brannte, außerdem stand er draußen in der freien Natur und war nackt. Ein nackter Mann ist ein schwacher Mann, wusste er. Nun, es würde hoffentlich noch Kleidung von ihm im Haus sein.
»DU?«, krächzte Elvira.
»Ich«, gab Darius ruhig zurück. »Dein Mann. Darius Darken.«
»Wie – was ...?« Sie wischte sich über die Augen, als erwache sie aus einem Traum.
»Erkläre du es mir. Aber zuerst möchte ich ins Haus. Mich anziehen.«
»Warum – warum – bist du nackt?«
Er trat an ihr vorbei und widerstand dem Impuls, sie in den Arm zu nehmen. Das fiel ihm schwer, denn er wusste nicht, ob er ihr Unrecht tat. Alles war verworren und er hoffte, in Kürze Antworten zu erhalten. Im Haus war es kühl und roch nach Lavendel. Alles war sauber, lediglich die Regale, auf denen Unmengen Phiolen mit farbigen Flüssigkeiten standen, waren neu.
Er ging in den Schlafraum und öffnete die Truhe. Tatsächlich hatte sie seine Kleidung aufbewahrt. Warum? Hatte sie mit seiner Rückkehr gerechnet oder handelte es sich um einen Akt der Trauer? Und falls Trauer, warum dachte er dann, sie habe ihn hingerichtet?
Mit Wehmut sah er auf einer Kommode Spielzeug, welches ihn an Riousa erinnerte. Auch das hatte Elvira aufgehoben. Er hob eine aus Stroh geflochtene Puppe hoch und betrachtete sie. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
Elvira war hinter ihn getreten und legte ihre Arme um ihn. Ihren Kopf drückte sie an seine Schulter und eine warme Vertrautheit durchzog Darius, ein solchermaßen inniges Gefühl, dass er sich umdrehte und sie küsste. Ihre Zungen spielten miteinander, ihre Lippen waren weich. Noch immer unbekleidet, merkte Darius, dass er auf seine Frau reagierte. Tiefe Lust pulsierte durch ihn und er riss ihr die Bluse vom Leib. Knöpfe spritzten in alle Richtungen. Er zog ihren Rock hinunter und sie fielen mehr als das sie sich legten auf das Bett.
Sein Mund war an ihre Brustspitzen und sie erschauerte. Ihre kehligen Laute wehten durch den Raum. Seine Lippen wanderten an ihrem Körper hinab und er fand, was er suchte. Sie bäumte sich ihm entgegen und er ließ sich treiben. Das hatte sie stets sehr gemocht und nun war er hier, um sie zu beschenken.
Sie griff ihn und zog ihn über sich, nahm ihn tief in sich auf und ihre Leidenschaft erreichte einen Punkt, den Darius noch nie erlebt hatte. Schweiß tropfte von seinen Schultern auf ihre Haare. Ihre Augen waren weit geöffnet, während er in ihnen versank wie in kristallklaren Seen. Ihr Gesicht veränderte sich, wurde weich, unschuldig und glückselig.
Bei den Göttern, wie sehr er diesen Anblick vermisst hatte. Sie war eine Frau, die während der Liebe eine Veränderung durchmachte, die seine Lust anstachelte. Es war, als lege sich ein göttlicher Schleier über ihre Haut, über ihr Gesicht, während die blonden Haare wie ein Kranz auf dem Kissen lagen.
Sie trieb ihn an, ihr Rufe wurden lauter und lauter. Und Darius spürte, dass er sich der Klimax näherte. Er wollte noch nicht, wollte abwarten, genießen, doch es war so schön, so intensiv, dass er sich aufbäumte, den Kopf in den Nacken warf und gleichzeitig mit ihr den Taumel der Erfüllung erlebte.
Er rollte sich neben sie und atmete schwer. Sie beruhigte sich und stützte sich auf. Sie blickte zum ihm hinunter und sagte: »He, Darius. Was war das?«
»Frag mich was anderes ...«, gab er zurück und grinste.
»Da kommst du hierher, stehst nackt vor meiner Tür und liebst mich wie ein Gott.«
»Das war nicht geplant, aber manchmal ... na ja, du verstehst schon.«
»Und ob ich verstehe«, lächelte sie und schwang die Beine aus dem Bett. Etwas betrübt blickte er ihr hinterher. So hatte sie es stets gehalten. Während er lieber noch eine Weile gekuschelt hätte, konnte sie nicht früh genug die Stätte der Liebe verlassen und sich über einer Schüssel reinigen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und richtete sich auf.
»Ich habe Durst«, rief er.
Sie kam zurück und reichte ihm einen Becher. Er trank. Das tat gut. Das hatte er gebraucht. Über den Rand des Bechers hinweg musterte er sie. Sie war so schön und wohlgeformt, dass er sie am liebsten gleich noch einmal besessen hätte. Sie blickte auf ihn hinab und schüttelte den Kopf. »Später, lieber Mann. Jetzt bin ich satt.«
Er knurrte und leerte den Becher. Er warf ihn ihr zu und sie fing ihn geschickt. Nun war es an ihm, sich zu reinigen, was er auch tat. Dann kleidete er sich an und es kam ihm vor, als wäre er nie weg gewesen. Alles hier hatte seinen Platz, war so, wie er es kannte und vermittelte ihm ein Gefühl der Vertrautheit, sodass er sich fragte, ob es nicht gut sei, hier wieder zu leben. Mit Elvira.
»Träume ich?«, entfuhr es ihm.
Sie hatte sich auch wieder angekleidet, allerdings eine neue Bluse angezogen und sammelte die Knöpfe auf. Ihre Blicke begegneten sich. »Wieso fragst du, ob du träumst?«
»Du tust so, als wäre ich nur eine Stunde weg gewesen.«
Sie füllte die Trinkbecher. »So kam es mir auch vor.«
Darius war vollends verwirrt. »Noch mal, bitte. Du glaubst, ich sei nicht länger als eine Stunde fort gewesen?«
»Es könnten auch zwei oder drei Stunden gewesen sein«, sagte sie.
»Und das ich nackt vor deiner Tür stehe, verwundert dich nicht?«
»Du hattest schon immer viel Phantasie. Und du liebst die Liebe. Wahrscheinlich wolltest du mich heute mit etwas ganz Neuem überraschen.«
»Und warum machtest du zuerst einen so überraschten Eindruck?«
»Ich hatte nicht mit dir gerechnet. Du sagtest, du würdest nach Landoria müssen, um dort einen Fall zu überprüfen.«
Darius’ Beine wurden weich wie Hanf. Er setzte sich auf einen Schemel und stützte die Ellenbogen auf die Tischdecke. »Und als ich ging, hingen diese Regale mit den Phiolen an der Wand?«
»Ja.«
»Und was ist mit unserer Tochter?«
»Sie ertrank, als sie versuchte zu schwimmen. Du hast versucht, sie zu retten, aber dies gelang dir nicht. Du hast sehr darunter gelitten und ich auch, aber du hattest keine Schuld daran.«
Darius schlug den Becher auf die Tischplatte und der milde Wein oder um was es sich auch handeln mochte, schwappte über. »Das stimmt nicht!«
»Warum sollte ich lügen?« Sie trat hinter ihn und massierte seinen Nacken. Sie hauchte ihm ins Ohr: »Ich werde schon wieder hungrig auf dich, schöner Mann.«
Er schüttelte sich frei und sie trat zurück. Er drehte sich auf dem Schemel und blickte zu ihr auf. »Ich wollte nicht nach Landoria und Riousa starb durch meine Hand.«
Sie lächelte milde. »Ja, das ist dein Trauma. Du hältst dich für schuldig. Zwei Heiler haben versucht, deine Seele zu reinigen, aber es gelang nur unbefriedigend. Du hast mehrere Wochen in einem Wachschlaf gelegen und ich habe dich gepflegt. Du hast vor dich hin gemurmelt, aber mich und auch sonst niemanden wahrgenommen.«
Schweiß sprang ihm aus den Poren. »Ich war noch vor einer Stunde ein Dämon!« Er wies mitausgestrecktem Zeigefinger zum Fenster. »Da draußen. Ich verwandelte mich zurück und du hast die Haustür geöffnet. Du hättest es sehen müssen.«
»Und was noch?«
»Ich habe eine lange Reise hinter mir. Ich war in Unterwelt und kämpfte gegen Lord Murgon. Gegen einen Torwächter. Gegen Schattenwesen. Es gab viele Tote.«
Sie ging vor ihm in die Hocke und legte ihre Wange auf seine Oberschenkel. Dabei säuselte sie: »Armer, armer Mann. Nichts von alle dem ist wirklich geschehen. Es sind deine Träume, die dich quälen.«
Darius versuchte, die Nerven zu behalten. »Du – du hast mich aufgehängt!«
Ihr Kopf schnellte hoch und in ihren Augen loderten feine Blitze. »Ich will dir mal was sagen. Das mit unserer Tochter war schon schlimm genug. Dass ich dich pflegen musste, war auch nicht einfach. Mir jetzt aber zu unterstellen, ich hätte dir Leid angetan, kann und will ich nicht ertragen. Ich war dir stets eine gute Frau und Riousa eine gute Mutter. Alles, was du erlebt zu haben glaubst, gehört in den Bereich des Wahnsinns. Willst du wirklich, dass man dich einsperrt? Dass man dich mir wegnimmt?«
Darius war kurz davor, eine halbherzige Entschuldigung zu murmeln, als er sich anders entschied. »Lass uns auf die Wiese gehen. Falls ich ein Dämon war, habe ich Spuren hinterlassen. Das wäre der Beweis. Entweder ich habe recht oder du ...«
»Tue das«, sagte sie und ihr Gesicht entspannte sich. »Aber vorher, Liebster, vorher stille noch mal meinen Appetit.«
Sehr langsam diesmal öffnete sie die neue Bluse und ließ sie über ihre Schultern gleiten. Sofort beschleunigte sich Darius’ Herzschlag. Bei den Göttern, er hatte noch nie eine schönere Frau gesehen. Ihre Brüste waren auch nach der Geburt noch fest, genauso wie ihr Bauch. Das blonde Haar lag wie Feenfeuer auf ihrer Schulter. Ihre Haut war wie Samt und ihre Scham, die schlanken langen Beine und die hübschen Füße rundeten das Gesamtbild ab. Ein kleiner Schweißtropfen stahl sich von ihrer Kehle zwischen die Brüste.
»Nein«, sagte er rau.
Sie beugte sich über ihn und ihm war, als nehme er alle Düfte der Götter wahr. Lavendel, Moschus und andere süße Ingredienzien. Sofort reagierte er und drückte sein Gesicht an ihren Bauch. Er stand auf und nahm sie in die Arme. Ihre Lippen glänzten und ihre Wangen glühten. Sie küssten sich lange und leidenschaftlich.
Bei den Göttern, war er wirklich verrückt?
Elvira entkleidete ihn mit geschickten Fingern und umfasste ihn. Er schloss die Augen und seufzte.
»Ich habe dich so vermisst ...«, flüsterte sie an seinem Hals und ihre Zunge tanzte.
»Ja, ja ...«, gab er zurück. Mehr fiel ihm nicht ein. Er umfasste ihr kleines festes Hinterteil und drückte sie so kraftvoll an sich, dass sie knurrte.
Es dauerte nur Sekunden und die Lust übermannte ihn. Er stieß sie auf den Tisch und beugte sich über sie. Die Karaffe polterte zu Boden und das Tischtuch verrutschte.
»Du bist mein Darius«, wisperte sie und erneut geschah, was er so liebte. Der Schleier, der ihr den Zauber einer ganz besonderen Frau gab, der jede Härte, jede Trauer, jedes negative Gefühl verdeckte und sie jung, rein und hübsch aussehen ließ.
»Nur einen Kuss«, stammelte er. »Nur einen Kuss gabst du mir und ich war zufrieden ... Du hast stets mein Herz besessen. Immer und jederzeit. Ich habe dich nie vergessen ...«
Er drang in sie ein und sie schlang die Beine um seine Hüften. Er war in ihrer Wärme und fühlte sich unendlich wohl, völlig zuhause. Und er war gewillt, ihr zu glauben. Alles war nur ein böser Traum gewesen. Es gab keine Bluma, keinen Connor, keinen Golem. Es gab nur sie Beide.
Ich muss nachschauen, ob auf der Wiese Fußabdrücke sind!
Später!
Später!
Dogdan kämpfte.
Er verstand nicht, warum man ihm das antat. Er wollte doch nur lernen. Wollte sein wie sie. Wollte nicht mehr töten und jagen. Wollte ein Zweibeiner sein.
Pfeile schlugen in seinen Körper.
Er überlegte, ob er erneut flüchten sollte, aber er begriff, dass nun er der Gejagte war. Man würde ihn nicht entkommen lassen.
Nun griffen sie ihn von zwei Seiten an.
Links und rechts waren Wände. Er konnte nirgendwohin. Die brachiale Macht der Krieger schlug über ihm zusammen und der Mann auf dem Vierbeiner sah zu und feuerte die Krieger an.
Dogdan machte einen verzweifelten Versuch.
In ihm brach ein Gefühl auf, dass er noch nie gehabt hatte.
Ich will nicht sterben.
Und Dogdan weinte. Er wusste nicht, dass diese salzige Feuchtigkeit Tränen genannt wurde, aber sein Herz war schwer und er hatte den Eindruck, etwas würde ihn von innen zerreißen. Ihn verließ alle Kraft und er war kurz davor, aufzugeben.
Warum konnten sie ihn nicht leiden?
Er hatte nichts Böses getan!
Er erinnerte sich und diese Erinnerungen waren wie Schlamm, durch den er stapfte: Einmal hatte Murgon mit seiner Schwester gestritten. Und die Schwester hatte etwas gesagt, worauf sein Vater laut meinte: »Eine neue Welt ist auch immer ein neuer Anfang!«
Ein neuer Anfang in einer neuen Welt! Das war es, was Dogdan wollte. Er würde sich den Rest seines Lebens mit Fisch begnügen. Es gab keinen Grund, ihn zu jagen oder zu fürchten. Er hatte sogar den Kampf gegen seine Beute eingestellt. Gab es einen größeren Beweis für seine Wahrhaftigkeit?
Dogdan wusste nicht, dass der Selbsterhaltungstrieb den Zweibeiner ausmachte, deshalb bohrte ihn etwas, dass man ein schlechtes Gewissen nennen konnte. Seine Ziele kollidierten mit jenem Trieb, der vollkommen natürlich war.
Er bäumte sich auf, riss die Pfeile aus seinem Fleisch und raste mit unglaublicher Geschwindigkeit der Gruppe der Krieger entgegen, die ihm am nächsten war. Es war nicht die Gruppe mit dem Vierbeiner.
Pfeile surrten heran, Schwerter, Äxte und Schilde wurden hochgerissen und Dogdan rannte in die Gruppe hinein, wobei es ihm egal war, ob eine Waffe ihn traf. Die Männer fielen um, spritzten auseinander, rappelten sich auf, Schwerter surrten, Äxte hieben auf Dogdan ein, jedoch der Golem war noch nicht besiegt.
Andere Krieger schrieen, weitere rannten weg. Zwei allerdings umkreisten den Golem und hieben immer wieder auf ihn ein, ohne ihn ernsthaft zu verletzten.
Die Traurigkeit hatte Dogdan noch fest im Griff. Er wusste, dass dies hier sinnlos war und was er tat, falsch war. Oder etwa nicht? Sollte er sich kampflos ergeben? Nein, so etwas tat ein Golem nicht.
Er war in seine Gedanken versunken, wobei er die Tränen, welche ihm über das Maul tropften, zu ignorieren versuchte. Deshalb bekam er nicht mit, dass der Mann auf dem Vierbeinigen seine Krieger von der anderen Seiten auf ihn zustürmen ließ. Dogdan war in der Falle. Nach links und rechts konnte er nicht weg, vor ihm und hinter ihm waren Bewaffnete.
Er blickte hoch, ob er auf ein Dach springen konnte, aber es war zu hoch.
Schläge peitschten auf ihn ein, Äxte zerrissen seine Lederhaut, Schwerter schnitten ihn und er verlor noch einen Arm und noch einen, bis er nur noch ein Torso war.
Er fühlte keine Schmerzen, dafür hatte sein Vater gesorgt.
Aber er begriff, dass er ohne seine Arme so hilflos war wie ein Wurm. Erstaunt sah er, dass die abgeschlagenen Arme noch zuckten, sich verknoteten und auf ihn zustrebten, als wollten sie erneut Kontakt zu ihm haben.
Im selben Moment donnerte eine Axt in sein Rückgrat. Sie verkantete sich und der Krieger riss mit aller Kraft daran. Knochen knackten und Dogdan taumelte hin und her. Instinktiv versuchte er, sich abzustützen, aber das ging nicht mehr. Er stolperte gegen eine Wand, sah sich hilflos um und brüllte: »Dogdan guuuut!«
Der auf dem Vierbeiner schrie etwas in seiner Sprache und die Krieger stürmten geschlossen auf Dogdan zu. Schwerter spießten ihn auf, drangen tief in seinen Körper, Äxte schlugen ihm Fleisch ab und er brach in die Knie.
Er wusste nicht, was eine Bitte ist, aber seine vielen Augen schauten die Peiniger genau so an. Bittend!
Ich will nicht sterben!
Doch er starb. Er starb langsam, denn sie schienen sich einen Spaß daraus zu machen, ihn in kleine Stücke zu schlagen und zu schneiden. Als sie damit fertig waren und alles voller weißem Schaum und glibberiger Masse war, stieg der Mann vom Vierbeiner und ließ sich ein Schwert reichen.
Er baute sich breitbeinig vor Dogdans zuckendem Körper auf und sagte etwas, das der Golem nicht verstand. Der Mann sah sich um und lächelte. Ja, er lächelte – soviel begriff Dogdan.
Der Mann holte mit dem Schwert weit aus.
Dogdan sah durch den Schleier seiner Tränen die Klinge auf sich zurasen, er spürte einen weichen Schlag, dann wurde es dunkel um ihn.
Und Dogdans Seele kehrte heim nach Unterwelt.