10. Kapitel

 

Sie waren auf der Wing.

Bob und Bama verharrten wie in Starre. Lysa schien es ähnlich zu gehen. Lediglich Bluma und Darius hockten an Deck zusammen und flüsterten miteinander.

Bob atmete schwer aus und ein. »Wir müssen etwas tun.«

Lysa nickte bestätigend. »Wir müssen Connor und Fret befreien.«

Bama sagte mit zuckendem Gesicht: »Ich dachte, Dandoria sei eine friedvolle Stadt. Dass hier solche Zustände herrschen ...«

»Wir haben Glück, dass man uns nicht auch gefangen nahm«, sagte Lysa.

»Noch nicht«, gab Bob zurück. »Sie werden ihren Fehler bemerken und Jagd auf uns machen.«

Lysa lächelte. »Dann wäre mein Schiff schon längst von Gardisten umstellt.«

Darius kam zu ihnen, Bluma hinter ihm. »Groppel wusste, was mit mir geschehen ist. Er hütete ein Geheimnis. Nun ist er tot.«

Lysa legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wenn Groppel es wusste, wissen es auch andere. Gedulde dich, du wirst alles erfahren.«

Darius grinste schief. »Und er kannte Agaldir. Er wusste, wo wir ihn finden können.«

»Auch dabei werden uns Andere helfen«, sagte Bob.

Bluma hatte bisher geschwiegen. Nun trat sie vor. »Bevor wir irgendwas oder irgendwen suchen, müssen wir unsere Freunde befreien. Wer weiß, was dieser Halbling mit ihnen plant?«

»Und wo finden wir sie?«, fragte Bama.

»Wir sollten uns aufteilen und Erkundigungen einziehen«, sagte Bob. »Als Gruppe sind wir zu auffällig, als Paare tauchen wir im Gewimmel der Stadt unter.«

»Mein Bobba hat Recht«, sagte Bluma. »Falls man uns sucht, werden sie nach einer Gruppe suchen. Außerdem empfehle ich, dass sich Lysas Mannschaft unter Deck versteckt. Falls jemand der Gardisten bemerkt hat, dass wir eine Amazone bei uns haben, werden weitere Amazonen an Bord eines Schiffes die Häscher – falls es überhaupt welche gibt – auf die richtige Spur bringen. Wer weiß, was sie dann mit dem Schiff machen?«

Lysa nickte. »Genauso ist es. Und wer geht mit wem?«

Bob ging mit Bama.

Bluma mit Darius.

Lysa mit Laryssa, einer Amazone der Mannschaft.

 

 

Bob und Bama tauchten in den Gassen unter. Sie verschwanden fast zwischen den hochgewachsenen Menschen. Niemand sah ihnen nach. In einer Hafenstadt war jedermann an fremde Rassen gewöhnt.

Bob fühlte sich unsicher. Es gab so unendlich viel zu sehen. Überall wurde gehandelt, Kinder sprangen durch die Gassen, Esel blökten, Karrenräder ratterten, Marktweiber lobten ihre Angebote aus, Halblinge und Trolle quetschten sich durch die Menschenmassen, für einen Moment meinte Bob, einen Elf erblickt zu haben. Die Häuser waren weiß, grau, holzfarbig, manche wirkten wie aus einem Guß, andere windschief und alt. Das alles hier überforderte den Häuptling der Barbs. Seine an Ruhe und Behaglichkeit gewöhnte Psyche sprang auf den Trubel an wie ein Schmetterling auf Hagel.

Bama nahm seine Hand, die er dankbar ergriff.

Im Gegensatz zu ihm wirkte sie gefasster und ruhiger.

»So viel Leben«, stöhnte Bob. »Alles läuft durcheinander.«

»Und wir laufen jetzt nach rechts«, zischte Bama und zog ihn mit sich. Er stolperte, noch immer an ihrer Hand, hinter ihr her. Sie drückte sich in einen Torweg und zog Bob an sich. »Gardisten«, flüsterte sie

»Hab ich nicht gesehen«, murmelte Bob. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Warum glaubst du, haben wir vor denen was zu befürchten? Sie haben uns laufen gelassen. Außerdem werden sie nicht auf zwei kleine Wesen achten. Hier findet man ja kaum sich selbst.«

»Und wenn wir uns täuschen?«

»Mmpf!« In diesem Moment war Bob so stolz auf sein Weib, dass ihm fast das Herz zersprang. Sie handelte überlegt und war fast so klug wie Bluma.

Atemlos quetschten sie sich in den Schatten. Die Gardisten stiefelten vorüber. Bob fuhr herum, als jemand ihn ansprach.

»Seid ihr Barbs?«

Bob traute seinen Augen nicht. Vor ihm stand ein Kind, welches sie beide neugierig ansah. Es war nicht größer als ein Barb – noch nicht. »Ich habe viel von euch gehört. Und nun sehe ich euch leibhaftig. Man sagt, ihr verlasst eure Insel nie.«

Bama strich dem Jungen über das Haar. »Ja, wir sind Barbs.«

»Warum seid ihr in Dandoria?«, wollte der Junge wissen. »Und warum habt ihr Angst vor der Garde?«

»Na, du bis aber ein neugieriges Menschenkind«, sagte Bama lächelnd.

»Habt ihr schon was zum schlafen?«, fragte der Junge. Seine blauen Augen funkelten und als er grinste, erkannten Bob und Bam sehr genau, wo einst die Milchzähne gewesen waren.

»Ja, mein Junge …«

»Ich bin der Steve.«

»Der Steve oder einfach Steve?«, fragte Bama nach.

»Einfach Steve«, kicherte der Junge.

»Einfach Steve oder Steve?«, fügte Bob hinzu. Der Junge machte ihm Spaß.

»Steve.«

»In Ordnung, Steve. Ja, wir haben eine Schlafstätte, aber vielleicht kannst du uns anderweitig helfen?«, fragte Bob. Bama kniff ihn in den Arm und ihr Blick sagte: Vorsichtig! Sei nicht zu vertrauensvoll!

»Hab sowieso Langeweile und für so legendäre Barbs tue ich gerne was« gab der Junge zurück. »Mann, das glaubt mir keiner. Echte Barbs. Wir haben ein Bett zuhause von eurem Holz. Das stimmt doch, die Sache mit dem Holz, oder?« Nun sah er drein, als würde ihn eine Enttäuschung völlig aus der Bahn werfen, deshalb beeilte sich Bob zu bestätigen, ja, es handele sich um Wareikenholz und das er, Steve, zuhause ein Bett daraus habe, sei ziemlich wahrscheinlich. Der Junge nickte stolz. »Barbholz.«

»Ich wusste nicht, dass wir so berühmt sind«, flüsterte Bama. Der Junge hatte gute Ohren, denn er sagte: »Wahrscheinlich, weil wir hier noch nie einen gesehen haben, obwohl man sagt, es gäbe einen Barb hier. Aber das mag Unsinn sein.«

Bob erstarrte. »Es gibt einen Barb in Dandoria?«

»Yepp – das sagt man.« Nun platzte Steve bald vor Stolz. Man nahm ihn ernst – und wenn es sich dabei um Barbs handelte, war alles bestens. »Aber ich hab’n noch nicht gesehen und vielleicht stimmt das ja auch gar nicht.«

»Wo will man ihn gesehen haben?« hakte Bama nach.

»Hier und dort.« Steve zog eine Schnute und machte deutlich, dass die Fragerei ihm nun nicht mehr gefiel.

»Nun gut – dürfen wir dir noch eine letzte Frage stellen?« fragte Bama mit sanfter Stimme.

»Ja, aber nix mehr von wegen einem Barb, den ich nicht gesehen habe.«

»Wohin bringen die Gardisten ihre Gefangenen?«

Der Junge zog die Augenbrauen zusammen und biss die Lippen zusammen. Er tippte sich gegen die Stirn, dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. »Ist mir eingefallen. Soll ich euch hinbringen?«

Damit ihn alle mit uns sehen! Am besten alle seine Freunde!

»Zuerst erkläre es uns, dann führe uns hin«, sagte Bama.

Der Junge plapperte wie ein Wasserfall. Bob hatte nach der Erklärung das Gefühl, Dandoria sei derart riesig, dass sie den Kerker nie finden würde. Diese Strasse rechts, den Weg links, die Gasse geradeaus, da und dort vorbei und auf dieses und jenes Haus achten und später dann abwärts und wieder rechts und links und so weiter!

»Bringe uns hin«, unterbrach Bob den Redefluss des Jungen. Er war baff, als sie nur wenige Minuten später etwas entfernt einen grob gemauerten Bau sahen – ihr Ziel. Gardisten patrouillierten davor.

»Das isser«, sagte Steve und glühte vor Begeisterung. »Wollt ihr wen besuchen? Oder …« Seine Stimme sank zu einem verstohlenen Flüstern. »Oder jemanden befreien? So, wie in den Liedern, die unser Barde gesungen hat, bevor er mit dem König zusammen den Riesen verjagte?«

»So ähnlich«, blinzelte Bama, hob die Hand, um dem Jungen die Wange zu streicheln, aber verharrte in ihrer Bewegung. Bob spürte ihre Zuneigung zu Steve und Trauer um ihren Sohn, den sie beim Drachenüberfall auf Fuure verloren hatten, stieg brennend in ihm auf.

Als hätte der Junge gemerkt, dass sich etwas in der Seelenlage seiner Eroberung geändert hatte, schwieg er und schaute ihnen in die Augen.

»Du weißt viel, nicht wahr?« fragte Bama.

»Na klar …« Steves Stimme war nunmehr ein Flüstern und Bob bewunderte das Menschenkind für dessen Sensibilität und Empathie.

Bama rang mit sich, dann fragte sie: »Sagt dir der Name Agaldir etwas?«

Steve machte einen Schritt zurück, wobei er unentwegt den Kopf schüttelte.

»Doch, du weißt, um wen es sich handelt«, setzte Bob nach und versuchte, seine bebende Stimme zu beruhigen.

»Nee, nee – weiß ich nich. Und sonst - sonst weiß ich auch nix. Nix von einem Barb nich und auch nix von dem Kerker und von Abenteuern und davon, jemanden von dort zu befreien!« Er wandte sich um und lief so schnell davon, wie ihn seine Füße trugen. Innerhalb weniger Atemzüge war er im Gewimmel der Stadt untergetaucht.

Bama zupfte Bob am Ärmel, doch es war zu spät.

Drei Gardisten lösten sich aus der Patrouille und kamen mit zackigen und schnellen Schritten auf sie zu.

 

 

Bluma ging es ähnlich wie ihrer Momma und ihrem Bobba. Allerdings nur eine kleine Weile, dann begann sie den Odem der Stadt aufzusaugen. Das alles war ihr heute Morgen nicht so aufgefallen wie jetzt – nun ja, sie waren umgehend in die Schenke gegangen, die nahe bei dem Hafen lag. Sie genoss jede Sekunde. Hierauf hatte sie unzählige Monde lang gewartet. Und nun hatte sich ihr Wunsch erfüllt.

Mit Wehmut dachte sie an ihren damaligen Freund Binko, der in der Nacht vor ihrer geplanten Flucht von Fuure gestorben war. Was würde er sagen, könnte er sie nun hier sehen? Eine Träne stahl sich in ihren Augenwinkel.

Darius beugte sich zu ihr herunter. Er musterte sie besorgt, doch sie zog den Schnodder hoch und spuckte aus. Liebe Güte – so war das stets. Dieser schöne Mann war ein Dämon und andererseits so verdammt sensibel … Sie schaute ihm in die braunen Augen und er grinste. »Ist ganz schön viel für jemanden, der auf einer Insel lebte, stimmt’s?«

»Ja«, nickte sie. »Und doch habe ich es mir stets gewünscht.« Und sie erzählte ihm mit knappen Worten von ihrer Sehnsucht. Darius legte ihr eine Hand auf die Schulter und es überlief sie warm. Bei Boos und Broom, war sie dabei, sich in diesen Mann zu verlieben? Sie, ein kleines fettes Barbmädchen mit strubbeligen Haaren und Knollennase? Das konnte nie gut gehen und würde sie unglücklich machen, versuchte sie sich in Rationalität zu flüchten, was eigentlich sonst ziemlich gut funktionierte.

»Und ihr wäret tatsächlich mit dem nächsten Schiff nach Fuure zurückgekehrt?«, wollte Darius wissen. Er wich einem Karren, der mit Kürbissen beladen war, aus, doch der Kutscher schimpfte hinter ihm her.

»Ja, so war es geplant. Wir hatten Briefe geschrieben, in denen alles geklärt war.«

»Die niemand fand oder las, nehme ich an?«

»So ist es.« Auch hierzu hatte sie eine traurige Erinnerung, doch die wollte sie sich jetzt sparen. Für einen Moment war sie versucht, Darius Hand zu nehmen. Als er ihre Finger ergriff, wäre sie fast ohnmächtig geworden. Genauso, wie es beim ersten Mal geschehen war, als sie ihn gesehen hatte – in Dämonengestalt.

Jetzt latsche ich wie eine missgebildete Tochter neben ihm her!

Sie entwand ihre Finger seinem Griff und war froh, mit der Hand auf etwas zeigen zu können. Eine intuitive Geste, die sie sofort unterband. Darius hatte es schon wahrgenommen und drehte sie zur Meerseite. »Gardisten«, zischte er. »Mal abwarten, ob sie uns ignorieren.«

»Und wenn nicht?«

»Dann leisten wir Connor und Fret Gesellschaft.«

»Und du verwandelst dich in einen Dämon und machst Kleinholz aus dem Kerker.«

Seitdem wir in Mythenland sind, hat er sich nicht mehr verwandelt. Geht das nicht mehr? Hängt das mit dem Geheimnis zusammen, das ihn umgibt?

Die Gardisten stapften an ihnen vorbei. Sofort drehten sich Bluma und Darius wieder um und gingen weiter. »Entweder man sucht nicht nach uns oder sie rechnen nur mit einer Gruppe«, sagte Darius. Seine Stimme klang zufrieden.

»Was haben wir vor?«, fragte Bluma. Am liebsten wäre sie noch stundenlang durch Dandoria flaniert, aber das war nicht ihre Aufgabe.

Darius ersparte sich eine Antwort und legte einem Mann, der vor ihnen ging, seine Hand auf die Schulter. Der Mann zuckte zusammen und drehte sich um. In seiner Hand hielt er einen geschwungenen Dolch. Seine schwarzen Augen glitzerten. Darius sprang zurück und hob abwehrend seine Hände und sagte in der Hohen Sprache: »Entschuldigt, ich wollte Euch nicht beleidigen. Und schon gar nichts Übles.«

Der Mann zwinkerte misstrauisch.

»Ich habe lediglich eine Frage an Euch.«

Der Dolch verschwand in weißen Gewandfalten. »Ich muss mich bei Euch entschuldigen. Im Moment geschehen in dieser Stadt seltsame Dinge. Besser, auf der Hut zu sein.« Die Stimme des Mannes klang kratzig.

»Ich verstehe«, sagte Darius.

»Seid Ihr von hier?« Die schwarzen Augen musterten Darius, Bluma nahm er nicht wahr – oder er wollte es nicht.

»Nein.«

»Dann versteht Ihr nichts. Wie solltet Ihr auch? Die Veränderungen sind blitzschnell eingetreten. Nachdem der König den Riesen vertrieb und nicht mehr zurückkehrte. Doch das wird Euch nicht interessieren. Wie kann ich Euch helfen?«

»Kennt Ihr einen Anwalt, der Darius Darken hieß.«

»Sucht Ihr ihn?«

»Ja.«

Bluma stellten sich die Nackenhaare hoch. Was sollte das? Sie hatte Verständnis für Darius’ Wunsch, sein Geheimnis gelüftet zu sehen, doch vorrangig mussten sie erfahren, wo man Connor und Fret eingesperrt hatte. Und diesen seltsamen Agaldir finden. Am liebsten wäre sie Darius auf den Fuß getreten.

Der Mann im weißen Gewand, strich sich durch die kurzen welligen Haare und sein messerscharf geschnittener Bart verzog sich. »Der Name kommt mir bekannt vor. Ich fürchte, ich muss Euch sagen, dass Eure Suche beendet ist.«

»Warum?« fragte Darius gepresst.

»Wenn es sich tatsächlich um diesen Anwalt handelt … wartet … hatte er eine Tochter?«

»Ja.«

»Ich meine sogar, er sah Euch ähnlich. Handelt es sich um einen Bruder?«

»Bitte …«, hauchte Darius. Bluma spürte, dass ihr Freund sich nur noch mühsam beherrschte. Das schien auch der Gefragte wahrzunehmen, denn er wich zurück und seine Augen wurden zu misstrauischen Schlitzen.

»Sagt es ihm bitte«, ging Bluma dazwischen. »Er sucht seinen Bruder schon so lange.«

Der Mann sah sie an, als sei sie soeben einem Grab entstiegen und rümpfte seine Nase. »Was bist du für eine?«

»Ich bin eine Barb«, schleuderte Bluma ihm entgegen, während Entrüstung in ihr aufflammte.

»Nein, das bist du nicht! So kleine Wesen können keine Wareiken aus dem Erdreich ziehen. Du machst schlechte Späße mit mir, hässliches Weib.«

»Wen interessiert’s ...«, riss Bluma sich zusammen. »Seid bitte so freundlich und gebt meinem Freund die gewünschte Information.«

»Freund?« Der Mann blinzelte, als traue er seinen Augen nicht. Sein Blick schnellte von Bluma hoch zu Darius und zurück.

»Meinem Gefährten«, verbesserte Bluma sich. Verdammt, schon wieder falsch ausgedrückt. Was würde der Mann denken?

Im selben Moment schnellte Darius vor, seine Finger verschwanden wie von Zauberhand geführt im Gewand des Mannes und einen halben Atemzug presste er die Klinge an dessen Kehle.

»Die Antwort! Schnell!«, fauchte Darius.

Der Mann keuchte und Speichel sammelte sich in seinen Mundwinkeln, die sich zu einem Grinsen verzogen. Ein sehr überlegenes Grinsen, fand Bluma, die am liebsten im Erdboden versunken wäre. Warum mussten Kerle stets gewalttätig werden? Fehlte es ihnen an Hirnmasse?

Menschen rempelten sie an, schoben sich vorbei und niemand achtete auf die kleine Auseinandersetzung. Der Mann krächzte: »Ihr seid ein unhöflicher Kerl. Erst erschreckt Ihr mich, dann stehlt Ihr meinen Dolch und abschließend bedroht Ihr mich? Was ist in Euch gefahren?«

Er hatte Recht, dachte Bluma. Darius verhielt sich wie ein ungezogener Junge, der seine Süßigkeit nicht bekommt.

»Ich will die Antwort«, murmelte Darius und verstärkte den Druck der Klinge. Der Mann riss verstört seine Augen auf und Bluma hätte Darius am liebsten ein weiteres Mal auf den Fuß getreten. Nein, sie tat es. Mit aller Kraft. Darius schrie auf, senkte den Dolch und hopste auf einem Bein. Der Mann im weißen Gewand griff Darius’ Handgelenk und entriss ihm seine Waffe, steckte sie ein, wirbelte herum und verschwand im Getümmel. Darius blitzte Bluma an und sie fuhr erschrocken zurück. Sie sah in den Augen des schönen Mannes etwas, dass weit über normalen Zorn hinaus reichte. Sie sah Angst!

Darius knurrte und setzte den Fuß auf. »Verdammt, was sollte das? Er hätte mich töten können … ich dachte, du bist so intelligent?«

»Ich habe dich vor Schaden bewahrt«, schnappte Bluma, noch immer Abstand haltend. »Du kannst doch nicht einfach einen Mann ansprechen und ihn mit seiner eigenen Waffe bedrohen. Was ist in dich gefahren?«

»Und wenn er mich getötet hätte, anstatt wegzulaufen?«

»Hätte er nicht«, gab Bluma zurück, doch sie war sich ihrer Sache keinesfalls sicher. »Du weißt doch, dass ich magische Kräfte habe. Vermutlich las ich es in seinem Kopf.«

Darius schnaubte. »Gar nichts weißt du.«

Bluma schluckte hart und ihre Augen brannten.

Plötzlich röteten sich Darius’ Wangen, er grinste verlegen und senkte den Blick. »Liebe Güte, du hast Recht…« Erfuhr sich durch die Haare und sah Bluma direkt an. »Nun kommt es auf ein paar Stunden mehr oder weniger auch nicht mehr an. Aber ich war so nahe…«

»Komm!« Bluma zerrte ihn am Ärmel. Die Gardisten kamen zurück. Als sie Darius und Bluma gewahr wurden, beschleunigten sie ihre Schritte.

»Mist!«, fauchte Bluma. »Entweder wurden sie durch jemanden darüber informiert, dass du einen Mann angegriffen hast, oder es gibt einen anderen Grund. Aber sie wollen uns!«

Darius stiefelte los, Bluma an der Hand, die kaum noch mitkam. Darius schob sich durch die Menschenmenge und eine Weile lang sah Bluma nur noch Hüften und Beine. Sie quetschten sich durch eine Gruppe und vor ihnen öffnete sich eine Gasse.

»Wo sind sie?«, wollte Bluma wissen. Sie selbst konnte nichts sehen, aber Darius konnte über die Köpfe hinweg schauen. Was er auch tat.

»Ich sehe sie nicht mehr«, gab Darius zurück.

Vor ihnen öffnete sich der Pulk erneut und die Gardisten schoben sich heraus. Einer von ihnen führte ein Schwert, der andere ein Fangnetz. Es gab keinen Zweifel, sie waren hinter Darius und Bluma her.

Beide wirbelten herum und rannten, was die Beine her gaben. Bluma wäre um Haaresbreite von einem Lieferkarren überrollt worden, einer der beiden Gäule stieg hoch und seine Hufe krachten nur wenige Handbreit neben der Barb aufs Pflaster. Der Kutscher fluchte und spuckte. Früchte rollten auf die Strasse. Unruhe entstand. Seltsamerweise wichen die Dandorier zu Seite, als die Flüchtenden auf sie zuliefen und schlossen sich, wenn die Gardisten folgten. Es machte den Eindruck, als wolle man den Flüchtenden helfen.

»Wir können ihnen nicht entkommen«, keuchte Bluma, die am Ende ihrer Kraft war. »Wir kennen uns hier nicht aus.«

»Aber ich«, sagte eine Stimme neben ihnen. Ein Arm fuhr aus, packte Bluma, zog sie in einen Hauseingang und schubste sie in das Dämmerlicht. Darius hielt inne. »He, was soll das?«

»Gehört ihr zusammen?«

»Ja.«

»Rein hier!«

Darius folgte der Anweisung.

Die Tür krachte zu. Ein Schlüssel wurde umgedreht.

Die Gardisten rannten mit klackernden Sohlen vorbei.

Bluma schnappte nach Luft. Sie stützte ihre Hände auf die Oberschenkel und japste, während sie den Kopf gesenkt hielt. Schweiß lief ihr von der Stirn. Wer hatte sie gerettet? Sie richtete sich auf, blinzelte und versuchte, im Dämmerlicht etwas zu erkennen.

Eine Kerzenflamme zuckte hoch.

»Unglaublich«, sagte eine Stimme, die hinter der Flamme lauerte. »Unglaublich …«

Darius, der neben Bluma auf einer einfachen Steintreppe hockte, schüttelte den Kopf. »Wer seid Ihr? Kennen wir uns?«

»Nein«, sagte die Stimme. »Wir nicht, aber …«

Die Gestalt hielt die Kerze ein Stück von sich weg und Bluma glaubte, den Verstand zu verlieren. Ihre Lippen bebten, in ihrem Kopf regnete es Gewitterwolken, ihr Verstand stand in Flammen.

Vor ihr stand Biggert, der Lehrer der Barbs, von der Insel Fuure.

 

 

Connor rieb sich das schmerzende Kinn, höher konnte er seine Hände nicht heben. Frethmar lag auf dem Rücken und stöhnte. »Ich glaube, sie haben mir eine Rippe gebrochen.«

Connor antwortete nicht, sondern betastete seine Oberarme, die von den Schlägen der Metallringe zerbeult waren und anschwollen. »Mistkerle«, stieß er hervor. »Sie wagen sich gegen uns, wenn wir angekettet sind wie Vieh. Ansonsten würden sie Reißaus nehmen.«

Frethmar lachte hart. »Wer weiß, Connor. Die drei waren harte Kerle und wir können froh sein, dass sie sich noch zurückgehalten haben. Die könnten uns genauso gut mir nichts dir nichts töten.«

»Nur, wenn wir gefesselt sind«, knurrte Connor.

»Wir werden ihnen nichts sagen, richtig?« fragte Frethmar.

»Von mir werden sie nichts erfahren, dass schwöre ich dir, mein Zwergenfreund.«

»Wie lange noch, bis die zwei Stunden herum sind?«

Connor zuckte mit den Achseln. »Ich schätze, die Hälfte der Zeit ist herum.«

Frethmar setzte sich stöhnend auf. Er hielt sich den Brustkorb und schob seinen Hintern durch das Stroh, bis er sich gegen die Wand lehnen konnte. »Also haben wir zwei Möglichkeit. Wir schweigen und warten auf das Unvermeidliche, oder ich erzähle dir meine Geschichte zu Ende.«

Connor zuckte zusammen. »Wie kannst du jetzt an deine Geschichte denken?«

»Ganz einfach«, antwortete Frethmar. »Ich habe eine Scheißangst vor dem, was uns blüht. Wenn ich darüber nachdenke, mache ich mir bald in die Hose. Dann lenke ich mich lieber ab, verstehst du?«

»Ja, das verstehe ich.« Er stemmte sich mühsam hoch und stolperte die drei Schritte, welche die Kette hergab, Richtung Frethmar. Er sank neben ihm nieder, rutschte ebenfalls mit dem Rücken an die Wand, zog die Knie an, schlang seine Arme darum und sagte: »Leg los. Wie war das mit dem Schatz der Zwerge?«

 

 

Chator und Ortax, diesmal begleitet vom Heiler Ortosch, führten Frethmar über die Felsen zu einer winzigen Anhöhe. Sie reichten ihm einen Hammer und eine Axt und Frethmar war baff, als er feststellte, dass es sich diesmal um hochwertige edle Waffen handelte. Er verstaute sie in seinem Gürtel und stemmte die Hände in die Hüften.

»Für wie hoch haltet ihr die Möglichkeit, dass ich den Schatz finde und lebend zu euch bringe?«

Chator kniff seine Augen zusammen. »Das ist schwer zu sagen …«

»Dann bitte schwer«, gab Frethmar respektlos zurück.

»Nun …«, sagte Ortax und sein Blick war unstet. »Nun … es können soundsoviele Dinge geschehen …«

Frethmar zog ein Gesicht und riss sich zusammen, sonst hätte er ausgespuckt.

Ortosch nickte ihm beruhigend zu. »Es kommt auf den Krieger an, lieber Frethmar Stonebrock. Wir haben dich erwählt, weil wir wissen, dass es dir gelingen wird.«

»Warum habt ihr mich ausgerechnet hierhin gebracht?«, fragte Frethmar.

Hinter diesem Felsen führt ein versteckter Gang nach unten in einen stillgelegten Stollen«, erklärte Chator. »Wenn du diesem Stollen folgst, wird dich das Gold rufen. Wir wissen nicht genau, wo es ist, aber die zitternden Schwingungen unserer Fachleute und die Blicke der Seher sind sich sehr sicher, dass der Schatz nicht weit entfernt liegt.«

»Dann hebt den verfluchten Schatz doch. Wozu braucht ihr mich?«, zischte Frethmar.

Ortax verdrehte die Augen. »Sollen wir wieder von vorne anfangen, dir erneut alles erklären?«

Nun spuckte Frethmar aus, ein glibbernder Rotzklumpen, der nur zwei Handbreit vor Chators Füße ins Gras klatschte. Der verzog sein Gesicht und sagte grimmig: »Wir wünschen dir viel Erfolg.«

Frethmar drehte sich weg, krabbelte durch das Gebüsch und sah den Spalt, durch den er kriechen musste. Er hatte keine Lust mehr, sich mit den Greisen zu unterhalten. Er hatte zugestimmt und bekam endlich die Gelegenheit, sich als Held zu beweisen. Er versuchte seine Angst zu verdrängen. Warum tat er sich das an? Diese alten Kerle wussten genau, dass er sich in Gefahr begab.

Und sie haben mich erwählt!

Das war auch eine Betrachtungsweise. Sie vertrauten ihm.

Und es ist ihnen egal, wenn ich dabei sterbe!

Das war möglich. Andererseits wertschätzten sie vielleicht seine Kampfkunst? Und wieder eine andere Sichtweise.

Frethmar konzentrierte sich und zündete die kleine Fackel an, die man ihm mitgegeben hatte. Die Fackel war ein sogenanntes Maguslicht. Einmal entzündet, brannte sie so lange, bis man sie manuell löschte. Sie speiste sich aus Magie. Das hellblaue Licht warf geheimnisvolle Schatten. Der Gang war steil und Frethmar rutschte auf dem Hosenboden, sich mit den Haken abstützend hinunter. Er achte darauf, dass sich Axt und Hammer nicht verkanteten, schließlich wollte er sich nicht selbst verletzen. Unten angekommen, patschte er sich Staub und Dreck von der Hose, rückte seinen Gürtel zurecht, schob seinen Haarring gerade, achtete darauf, dass seine Fingerringe fest saßen und starrte nach vorne. Der Schein der Fackel trug nicht weiter als drei, vielleicht vier Schritte. Was dahinter war, lauerte in totaler Schwärze. Er zog die Axt. In der Linken hielt er die Fackel, rechts die Axt.

Er kam sich einigermaßen dämlich vor. Hier gab es nichts, vor dem er sich fürchten oder schützen musste. So wie er es sah, handelte es sich um einen zwar alten, aber dennoch haltbaren Stollen. Er tapste Schritt für Schritt vorwärts. Der Boden war plan und trocken. Er schnupperte. Es war kühl und es roch nach Metall, ein schwerer harter Geruch. So roch Stein. Doch wie roch Gold?

Das hatte Frethmar nie gelernt und er fragte sich, wieso die Ältesten der Meinung waren, ausgerechnet er würde den Schatz finden? Man konnte nur dann ein Held werden, wenn man eine schier unglaubliche Aufgabe löste, etwas fast Unmögliches leistete.

Diese Sichtweise beruhigte ihn und er fasste neuen Mut. Er ging weiter, inzwischen hielt er die Axt gesenkt. Das Maguslicht zischte und bretzelte. Er hielt inne und lauschte. Hatte er ein Geräusch vernommen? Das wäre nicht verwunderlich gewesen. Immer wieder lösten sich Steine aus dem hangenden und fielen zu Boden. Frethmar tastete an seinen Kopf. Warum hatte man ihm keinen Grubenhelm gegeben? Würde ein solcher Stein ihn treffen, konnte es sein, von ihm erschlagen zu werden. Vorsichtig linste er nach oben. Dort schien alles stabil zu sein.

Knack! Glugger!

Er stutzte. Dasselbe Geräusch. Es klang, als würde ein Knochen zermalmt. Jedenfalls stellte sich Frethmar das so vor. Allerdings passte das Gluggern nicht dazu. Dieses erinnerte ihn eher an seinen eigenen Magen – wenn er hungrig war.

Ein hungriger Dämon!

Unfug!, rief er sich zur Ordnung. Dämonen hatten kein Bauchknurren. Er biss die Zähne zusammen und setzte seinen Weg fort. Der Stollen schien unendlich lang zu sein und der Zwerg verlor das Zeitgefühl. Er setzte die Axt ab, tastete nach seinem Wasserschlauch und stärkte sich. Einige Tropfen liefen durch seinen Bart.

Öööööch!

Frethmar fuhr herum. Das Licht folgte ihm. Dieser Laut war hinter ihm entstanden. Er hallte sanft nach und schlug sich an den Wänden des Stollens tot. Frethmars Nackenhaare stellten sich auf und er bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut. Wie hatte er annehmen können, das, was diese Geräusche machte, sei vor ihm. Ebenso gut konnte es hinter ihm sein und darauf warten, seine Zähne in Frethmars breiten Zwergenrücken zu schlagen.

Er ging eine Weile rückwärts, dann seitlich, während sein Blick von links nach rechts und wieder zurück schnellte. Hier das Licht, dort die Dunkelheit, schwer wie Sirup.

Wann endete dieser Stollen endlich?

Und was kam dann?

Vorsichtig tastete Frethmar sich weiter. Ihm entfuhr ein kiekender Laut, als er hinter sich ein Pochen vernahm. Hinter seinem Rücken, an der Stollenwand. Er fuhr herum und starrte den Stein an. Bei den Göttern, er hatte es gespürt. Als schlage jemand gegen eine Kerkerwand, jemand, der die Aufmerksamkeit seiner Retter erringen wollte.

Das konnte nicht sein. Laut Chator gab es keine Schwesterstollen. Dennoch war dort etwas, oder hatte er sich das eingebildet? Waren seine Nerven überreizt? Er schob die Axt in den Gürtel und untersuchte mit dem Maguslicht die Wand. Er strich mit spitzen Fingern darüber. Sie war kühl und feucht. Nichts wies auf etwas hin, dass anders war als eine Stollenwand.

Wumm!

Frethmar stolperte zurück und prallte an den gegenüber liegenden Fels. Das war keine Einbildung. Jemand machte auf sich aufmerksam. Hinter diesem Fels gab es etwas. Und dieses Etwas wollte, dass Frethmar sich darum kümmerte.

Er zückte den Hammer und schwang ihn. Als der schwere Hammerkopf gegen den Fels schlug, rumorte es ohrenbetäubend. Jetzt nicht aufhören, weitermachen, bevor der Mut sich in hemmungslose Furcht auflöst. Ein dritter Schlag. Gestein bröckelte und Risse zogen durch den Fels. Frethmar verharrte, untersuchte die Wand aufs neue, dann traf er eine Entscheidung.

Mit weiteren vier Schlägen legte er einen Hohlraum frei. Er verkantete den Hammerkopf und zog Teile der Wand heraus. Wieder und wieder prallte der Hammer gegen die Wand, bis das Loch groß genug war, dass ein Zwerg hindurch kriechen konnte.

Vorsichtig lugte Frethmar in das Loch und schob die Fackel etwas nach vorne. Er war sich klar darüber, dass sein Körper nun in völliger Dunkelheit war und stellte sich vor, dass dieses Ööööh-Ding ihn von hinter angriff. Bevor er seinen Kopf aus dem Loch hatte und seinen Hammer griffbereit, würde es ihm nicht nur den Rücken aufreißen, sondern seinen Hintern gefressen haben.

Etwas war seltsam. Wenn jener, der auf sich aufmerksam gemacht hatte, wirklich gegen die Wand schlug, musste er über immense Kräfte verfügen, denn die Felsdicke betrug sicherlich eine Elle. Tapfer schob Frethmar die Fackel noch ein Stück nach vorne. Sie beschrieb einen Halbkreis, doch von dieser Seite aus sah Frethmar nicht mehr als nichts.

Etwas umfasste sein Handgelenk.

»Ohhh«, entfuhr es Frethmar und er erschrak vor seiner eigenen Stimme. Sie hatte wenig mit dem gutturalen Bass zu tun, den seine Stimme sonst ausmachte. Sie hörte sich an, wie das Meckern einer Ziege. Er ließ die Fackel fallen. Umgehend war alles in Dunkelheit getaucht. Panisch riss er seinen Arm los, zog seinen Kopf aus dem Lock, stieß sich die Stirn und taumelte nach hinten. Fast erwartete er, von haarigen Armen aufgefangen zu werden, doch dies geschah nicht.

Schwer atmend lehnte er am Stein.

»Wer bist du?«, keuchte er.

Er bekam keine Antwort.

»Muss ich mich vor dir fürchten?«

Keine Antwort.

»Du hast meine Fackel, Die will ich wieder haben. Zwerge können zwar besser gucken als Menschen aber nicht so gut wie Katzen.«

Alles war still. So still, dass Frethmar sein eigenes Blut in den Ohren rauschen hörte und das Hämmern seines Herzens vernahm, welches auf die Lunge geplumpst zu sein schien, denn sein Atem richtete sich zwanghaft nach dessen Rhythmus.

»In Ordnung«, schnaubte er. Langsam aber sich ging ihm das auf die Nerven. Er bibberte in der Dunkelheit und fühlte sich wie eine blinde Ratte. »Wenn du es nicht anders willst, komme ich zu dir und hole meine Fackel. Dann wird es dir schlecht ergehen.«

Na, wenigstens davon würde sich der Dieb hoffentlich beeindrucken lassen.

Stille!

»Ich schlage dir den Kopf von den Schultern und schlitze dich auf«, krähte Frethmar. »Ich bin ein Held, verstehst du, sonst hätte man mich nicht geschickt. Ich schreibe Oden, habe Verstand und Kraft. Du hast die Wahl. Entweder reichst du mir mein Licht, oder du wirst in ewiger Dunkelheit…«

Er wurde unterbrochen.

Ganz langsam schob sich die Fackel nach vorne durch das Loch, so weit, dass sie fast über die Kante angerutscht wäre. Frethmar ergriff sie und war dankbar, endlich wieder sehen zu könne. Durfte das wahr sein? Der Fremde auf der anderen Seite der Stollenwand hatte gehorcht. Was auch besser so war. Ein zorniger Frethmar Stonebrock war wie ein Herbststurm. Er entlaubte Bäume und riss Häuser aus ihren Festen. Ha, dieser Fremde wusste, mit wem er es zu tun hatte.

»Ich komme jetzt zu dir«, sagte Frethmar. »Ich tue dir nichts, aber mein Gefühl sagt mir, dass du mich brauchst.«

Er lauschte, ob er eine Antwort erhielt, aber da war nichts. Er nahm all seinen Mut zusammen und quetschte sich durch das Loch, welches er geschlagen hatte. Er achtete auf seinen Kopf, dennoch riss er sich die Stirn an felsigen Zacken auf, was er erst spürte, als Blut in seine Augen rann. Er wischte es rasch mit dem Handrücken weg. Das war nicht wichtig. Er schob und drückte, hielt die Fackel dabei stets von sich und endlich war er auf der anderen Seite.

Umgehend veränderte sich der Geruch, nein, das war falsch. Der Geruch endete! Hier gab es nichts zu riechen, auch die Temperatur lag etwas höher als im Stollen. Er bekam festen Halt unter den Füßen und schwang, in Kampfstellung verharrend, die Axt vorgestreckt, das Maguslicht.

»Wo bist du?«, flüsterte er.

Der Fremde musste ganz in der Nähe sein.

»Zeige dich. Erst klaust du meine Fackel, dann gibst du sie mir wieder zurück und nun versteckst du dich. Wer bist du?«

Nichts!

»Ich weiß, dass du da bist. Hast du Angst vor mir? Brauchst du nicht. Ich bin ein friedliebender ...«

Den Zwerg musste er sich sparen, denn alles veränderte sich.

 

 

 

 

Im Schatten der Drachen
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