Kampf mit Ecke und Fasoch

Dietrich trug schwer an der Schmach seiner Niederlage durch Wittich. Seine Wunden waren noch nicht vernarbt, und schon trieb es ihn hinaus, durch neue Taten die Scharte auszuwetzen. Er hatte die Mär vernommen, daß am andern Hang des Gebirges zwei Brüder, Ecke und Fasold, wilde und kühne Waidmänner, hausten. Weit und breit fürchtete man sie, denn sie galten für unüberwindlich. Ohne Gnade verfolgten sie jeden, der in ihr Gehege einbrach. Ecke freite um die Königin Seeburg, die ihm ihre Hand versprochen hatte, wenn er den Berner zum Kampf stelle und besiege. Dietrich hatte nicht klug gehandelt, als er sich entschloß, die grimmen Waldläufer zum Zweikampf zu reizen.

Schon während des überaus anstrengenden Rittes über die Berge fühlte er brennend die Hinfälligkeit seines Leibes, und als er auf der andern Seite des Passes in einen tiefen Forst geraten war, dachte er daran, wieder umzukehren. Zu seinem Unglück befand sich der gewaltige Ecke, der mehr ein Riese denn ein Mensch zu sein schien, gerade zur gleichen Zeit in diesen Schluchten auf der Bärenjagd. So geriet der Berner wider seinen Willen mit dem ungeschlachten Burschen zusammen. Es war tiefe Nacht, und auf Eckes Anruf antwortete Dietrich, sich verstellend, er wäre Heime, denn er schämte sich zuzugeben, einem Kampf auszuweichen. Ecke glaubte ihm aber nicht und erwiderte, daß er die Stimme des Gotenkönigs wohl erkannt habe. Er brenne darauf, mit ihm die Klinge zu kreuzen.

Dietrich gab zu bedenken, daß es stockdunkel sei und es besser wäre, man verschöhe den Zweikampf bis zum hellen Tag. Aber Ecke beharrte rauflustig auf seinem Willen. Er reizte den Berner durch ruhmredige Lobpreisungen seines Schwertes Eckesachs. Es stamme aus der Werkstatt des künstereichen Zwerges Alberich, und neun Königreiche habe der Schmied durchforscht, um das für die Härtung des Stahls geeignete Wasser zu finden. Da Dietrich noch immer zögerte, erklärte der Prahlhans, einen Geldgurt bei sich zu tragen, in dem sich zwölf Unzen Gold befänden. Dies alles, Schwert und Schatz, gehöre dem, der ihn besiege.

Da vermochte Dietrich nicht länger untätig zu sein, sein Schwert Nagelring flog aus der Scheide, und im düsteren Schein der Funken, die von Stahl und Eisen stoben, entbrannte ein grimmiges Gefecht. Des Königs Befürchtung bestätigte sich. Er war noch zu schwach, um dem trotzigen Hünen zu widerstehen. Und Ecke hatte auch nicht gelogen; seine Klinge war wirklich eine erlesene Waffe. Dietrich bekam es zu spüren. Er suchte sein Heil im Nahkampf, Brust an Brust, geriet aber in immer größere Bedrängnis. Schließlich stürzte er, riß jedoch im Fallen seinen Gegner mit. Wild tobte das Ringen am Boden weiter, und der grimme Waidmann gewann sichtlich die Oberhand. Mit angestemmtem Knie hielt er den Berner nieder und preßte ihm mit nervigen Fäusten die Kehle zusammen. Weit und breit befand sich kein Mensch in der Nähe, und nirgends war Aussicht auf Hilfe, es sei denn, ein Engel wäre selbst vom Himmel herabgestiegen, um dem Unglückseligen beizustehen.

Und dennoch, Gott hatte den harten Streiter nicht verlassen. Denn horch, was war das? Drang da nicht Pferdegetrappel durch die Nacht? Dietrich gab röchelnden Laut, aber nur das Schnauben eines Rosses antwortete.

Plötzlich fühlte Dietrich, daß der Griff um seinen Hals sich lockerte. Das Bewußtsein kehrte zurück, und er sah, daß sein Hengst Falke mit Wütenden Hufen auf Eckes Rücken einstampfte. Vergeblich suchte sich der wilde Jäger den harten Schlägen zu entziehen. Dietrich, seines Würgers ledig, sprang auf, ergriff das Schwert und trennte Ecke das Haupt vom Rumpf. Dann umfaßte er liebkosend den vor Erregung bebenden Hals Falkes, klopfte dem Hengst zärtlich auf das rahmschwarze Fell und sagte: »Du mein treuer, lieber Gesell.«

Dietrich hatte nun den Eckesachs gewonnen, und er behielt ihn.

Einige Tage blieb der König in dem Forst, und er kam in der würzigen Luft bald wieder zu Kräften. Dies geriet Eckes Bruder Fasold zum Verhängnis, der, Unheil witternd, den Wald durchstreift und die Leiche aufgespürt hatte. Nicht weit von dem Schauplatz des nächtlichen Kampfes traf er auf den Berner. Wütend sprang er ihn an: »Elender Mörder, du hast meinen Bruder im Schlaf gemeuchelt. Denn lebendig hättest du ihn nie überwältigt.«

Dietrich gab mit dem Eckesachs Antwort, aber auch Fasold zeigte, daß er aus starkem Geschlecht stammte. Zuerst gelang es ihm sogar, den König niederzuschlagen, schnell aber war der wieder auf den Beinen und fügte dem wilden Jäger so arge Verletzungen zu, daß er bald um Gnade hat. Er erbot sich, in den Dienst des Berners zu treten, und Dietrich, frohgelaunt im Bewußtsein seiner wiedergewonnenen Kraft und Stärke, erhörte die Bitte und ließ Fasold den Treueid schwören.

Doch als der Riese Dietrich meuchlings ermorden wollte, schlug ihm der König mit seinem Schwert Eckesachs das Haupt ab.