Der Kampf mit Gunthers Recken
Als Walther Hagen auf einem Stein sitzen sah, rief er erfreut aus: »Hagen ist treu, er wird niemals gegen mich seine Waffe erheben! Nun mag der falsche König mit seiner Schar kommen, der Sieg ist mein!«
Wieder nahte Herr Ortwin auf seinem schnellen Roß und brachte ihm nochmals Gunters Forderurig.
Abermals versuchte Walther den Frieden zu wahren und bot einen Wegzoll von zweihundert Goldspangen.
Als Ortwin dieses Anbot ablehnte, schrie Walther zornig: »Nun denn, Herr Ortwin, wenn Ihr auf der Herausgabe des Schatzes beharrt, dann holt ihn Euch, wenn Ihr Mut habt! Hier steht der Drache, der ihn bewacht!«
Dies ließ sich der Metzer nicht zweimal sagen. Kraftvoll schleudette er den Speer, doch Walther wich geschickt aus, und so bohrte sich die Spitze in den Felsen.
Nun rannten die beiden Recken gegeneinander. Doch Walthers Riesenkräften war der alte Degen nicht gewachsen, und bald stürzte er tot vom Pferd.
Lautes Wehklagen erhob sich da bei den Franken. Herr Skaramund, der Neffe des Erschlagenen, wollte den Tod des Oheims rächen. Er spornte sein Roß und ritt wider den Feind. Doch auch ihn ereilte das gleiche Schicksal.
Werinhard von Santen und der Sachse Eckefried fielen Walthers Schwert zum Opfer. Noch immer stand der Held unverletzt, als Hadwart, der stärkste aller Recken im Frankenlande, Sühne für die toten Gefährten zu fordern gedachte. Doch auch diesen bezwang der grimme Walther.
Nun wollte, vom Ehrgeiz betört, Hagens Neffe Patafried sein Glück im Kampf versuchen. Entsetzt sprang Hagen von seinem Sitz empor. »Halt ein, mein teurer Patafried«, flehte er, »nimmer kannst du Walther von Aquitanien bezwingen. Du reitest in den sicherenTod!«
Doch der Jüngling hörte nicht auf die Mahnungen des Oheims. Da klagte Hagen: »So soll nun auch junges und unschuldiges Blut ein Opfer niederträchtiger Habgier werden! Wie kann ich deine weinende Mutter, dein junges Weib trösten, wenn ich ohne dich heimkehre!«
Als Walther Hagens bittere Worte vernahm, tat es ihm leid um den Knaben. Gerne hätte er ihn geschaut. Doch Patafried forderte den Helden zum Kampf heraus und schleuderte trotzig den Speer. Er prallte an Walthers Schild ab und fuhr vor Hildegundens Füßen in die Erde. Einen Schreckensschrei stieß die Jungfrau aus. Jetzt machte auch Walther Ernst, und bald sank der tapfere Jüngling wie seine Gefährten dahin.
Gerwig, Patafrieds treuer Gefährte, folgte ihm in den Tod, und nach ihm kam der streitbare Randolf an die Reihe.
Furchtbar hatten sich die Reihen der Franken gelichtet. Außer Gunter und Hagen waren nur noch drei Hecken am Leben. Unter ihnen befand sich der berühmte Helmnot, der einen eisernen Dreizack mit spitzen Widerhaken führte. Er war König Gunters letzte Hoffnung. Doch auch dieser Held und seine beiden Gefährten wurden von Walther besiegt.
Nun kehrte Walther zu Hildegunde zurück, um rasch Atem zu schöpfen. Die Jungfrau trocknete die schweißnasse Stirn des Helden und labte ihn mit Speise und Trank. Wie wohl tat dem müden Mann die sanfte Pflege