32
Als Cherry zurück auf Turtle Island das Haus betrat, spürte sie sofort, dass jemand da war. Durch die Küche wehte eine kühle Brise, was bedeutete, dass die Verandatür offenstand. Nur ein Luftzug vom Wasser her Verandatür offenstand. Nur ein Luftzug vom Wasser her brachte einen derart zum Frösteln. Das war merkwürdig, denn Joanne hasste Kälte. Vielleicht lüftete sie ja nur?
Cherry ging durch die Küche ins Wohnzimmer, dessen Rückwand aus hohen Fenstern und einer verglasten Holztür bestand, die auf die Veranda führte. Wie vermutet stand die Tür offen, und sie sah jemanden draußen in einem Liegestuhl. Angst durchfuhr sie, denn sie erkannte die Person von hinten als Grace: der schön geschwungene Hals, das rötliche hochgesteckte Haar, aber es war so unerwartet, dass Cherry glaubte, einen Geist zu sehen. Was machte Grace hier, zwei Wochen vor der erwarteten Rückkehr?
Langsam trat Cherry näher. Sie spürte, dass etwas Schlimmes geschehen war. Grace wirkte irgendwie starr und angespannt. Sie hatte sich in eine blaue Flanelldecke gewickelt und starrte auf die Bucht hinaus.
»Hi«, sagte Cherry leise, als sie hinaustrat.
Grace wandte den Kopf, und Cherry sah in ihren Zügen, dass tatsächlich etwas nicht stimmte. Aber sie wollte Grace nicht wissen lassen, dass sie dies erkannte, weil sie spürte, dass die andere in ihrer Zurückgezogenheit vermutlich erst darüber reden wollte, wenn sie dazu bereit war.
»Hi«, antwortete Grace. Ihr Gesicht hellte sich einen Moment lang auf, ehe sie schwach und freudlos, aber durchaus freundlich lächelte.
»Du bist früher zurückgekommen«, sagte Cherry so fröhlich wie möglich.
»Oh, sicher nicht zu früh«, antwortete Grace. Wieder lächelte sie, aber Cherry nahm ihr das nicht ab. »Wie geht es dir?«
»Alles in Ordnung«, erwiderte Cherry, die darauf brannte, zu erfahren, was sich in Texas abgespielt hatte (es war offensichtlich nichts Gutes), doch sie brannte noch mehr darauf, Grace alles zu erzählen, was in Ricks Wohnung passiert war. Plötzlich spürte sie eine große Freude in sich hochsteigen. Es war nicht nur Grace, die auf Cherry so beruhigend wirkte, deren Rat sie so schätzte, die Heimat für sie bedeutete. Sie merkte erst jetzt, dass ihr eine scheckliche Last vom Gewissen genommen worden war. Ihre Unschuld an Mr. Donahues Tod würde den armen Mann nicht wieder zurückbringen, aber es veränderte, wie Cherry sich selbst sah. Ihr war etwas zurückgegeben worden: ihr ganzes Leben. Fast war sie Rick dankbar, dass er so unvorsichtig gewesen war, sich erwischen zu lassen.
Und so erzählte sie Grace die gesamte Geschichte, auch ihre Unterhaltung mit Kathy.
Grace war froh, von ihrem eigenen Schmerz abgelenkt zu werden, und lauschte aufmerksam, während Cherry, von widersprüchlichen Gefühlen überwältigt, immer noch versuchte, sich auf alles einen Reim zu machen. Wie konnte sie wieder auf der Station arbeiten, wenn sie dort Rick begegnen würde? Das wäre zumindest unangenehm, wenn nicht sogar sehr schmerzlich für sie. Sie hatte Rick geliebt. Vielleicht liebte sie ihn noch immer.
»Das Verrückteste aber ist«, sagte sie, »dass ich mich fast schuldig fühle, weil ich damit zu Kathy gegangen bin.«
»Schuldig?«, fragte Grace. »Machst du Witze? Warum solltest du dich denn schuldig fühlen?«
»Okay, vielleicht nicht gerade schuldig, aber für Rick bedeutet seine Karriere alles. Offensichtlich versuchte er sich zu schützen, als er die Karten vertauschte. Ich war bloß diejenige, der man es am leichtesten anhängen konnte.«
»Könntest du dir bitte mal selbst zuhören?«, fragte Grace und richtete sich kerzengerade auf. »Du entschuldigst ihn ja geradezu. Was er getan hat, ist unverzeihlich. Er hat dich betrogen. Er hat dich angelogen. Er hat dich geopfert. Versuch ja nicht, das irgendwie zu rationalisieren.«
»Nein, ich versuche lediglich, das alles zu begreifen.« »Ich weiß. Mir tut es furchtbar leid, dass dir so was passiert ist. Aber ich bin froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist - und zwar besser jetzt als später mit einer anderen Sache«, meinte Grace bedeutungsvoll.
Cherry nickte. Was Grace sagte, stimmte völlig. Das Komische aber war, dass Cherry immer einen leisen Verdacht gegenüber Rick gehegt hatte. Sie wusste genau, dass sie die Karteikarte nicht falsch gelesen hatte, aber sie konnte nicht mit Sicherheit behaupten, dass Rick sie vertauscht hatte. Das war wirklich das Letzte gewesen, was sie vermutet hätte. Doch da waren vage, unspezifische Fragen, nichts Konkretes, nichts, das sie in Worte fassen konnte, aber dennoch Fragen, wie das hatte passieren können. Daher hatte sie Ricks anschließende Freundlichkeit, Zuneigung und Großzügigkeit akzeptiert, als stünde ihr das alles rechtmäßig zu, ohne zu merken, dass Rick mit diesen Geschenken und zärtlichen Überraschungen nur versuchte, sein Gewissen zu beruhigen und Cherry dafür zu entschädigen, was er ihr angetan hatte.
Da klingelte, wie Cherry befürchtet hatte, das Telefon. Sie blickte auf. Angst durchfuhr sie. »Es ist Rick«, hauchte sie.
»Oh«, sagte Grace, die heimlich gehofft hatte, es wäre ihr eigenes Handy gewesen. Wenn sie doch Matt nur nicht gebeten hätte, sie nie wieder zu kontaktieren. Aber warum sollte er sie auch anrufen? Sie fragte sich, ob sie ihn anrufen sollte, um vielleicht nur eine Erklärung für dieses Dummchen auf dem Video zu verlangen. Aber das konnte sie einfach nicht. Das war unter ihrer Würde.
»Warum ruft er mich denn an?«, fragte Cherry und starrte auf das klingelnde Telefon wie auf eine entsicherte Handgranate. »Was hat er denn möglicherweise zu sagen?«
»Warte doch, bis er eine Nachricht hinterlässt«, riet Grace.
Aber Cherry klammerte sich irgendwie noch an die spärliche Hoffnung, dass Rick für alles eine plausible Erklärung hatte. Vielleicht wollte er sich ja auch entschuldigen, anbieten, alles wiedergutzumachen. Wenngleich sie keine Ahnung hatte, wie. Cherry war zu ängstlich und nervös, um eine Nachricht abzuwarten, sondern holte tief Luft und nahm ab.
»Hallo?«, sagte sie kühl.
»Hi«, antwortete Rick.
Als sie Ricks Stimme hörte, spürte Cherry wie in einer Art Reflex, wie sie innerlich nachgab. Sie sah Grace um Unterstützung bittend an. »Was willst du?«, brachte sie einigermaßen forsch heraus.
»Ich will bloß wissen, was du in meiner Jacketttasche zu suchen hattest«, erwiderte Rick freundlich.
Sein Tonfall verblüffte Cherry. »Ich hatte nach dem Konzertprogramm gesucht«, sagte sie. »Aber die bessere Frage ist: Warum hast du die Patientenkarten vertauscht?«
Sie blickte hinaus aufs Meer und sah die Spitzen der hohen Wolkenkratzer von Manhattan in der Ferne knapp über dem Horizont.
»Das ist eine sehr vernünftige Frage«, meinte Rick, »und ich hätte dir das gleich von Anfang an erklären sollen. Ich will mich hier nicht verteidigen, aber wenn du Zeit hast, dann würde ich dir gerne darlegen, warum ich das gemacht habe.«
»Okay«, antwortete Cherry mit einem furchtsamen Blick zu Grace, die sie mit einem ernsten Blick vor Ricks einschmeichelndem Charme warnte.
»Die Antwort lautet«, sagte Rick, »dass ich es für uns beide getan habe. Für dich und für mich.«
»Uns beide?«, fragte Cherry. »Wie soll ich das verstehen?«
»Meine süße Cherry, wenn ich die Beförderung vermasselt hätte, hätte das gleichzeitig alle Pläne verdorben, die ich für uns hatte.«
»Pläne?«, fragte Cherry und wurde bei diesem kostbaren Wort auch äußerlich ganz schwach.
Rick seufzte, als wären seine »Pläne« eine Riesenüberraschung gewesen, die er aufgrund der Umstände nun vorzeitig enthüllen musste. »Bei der Beförderung ging es darum, mehr Geld zu verdienen, damit du und ich zusammenziehen und eine Familie gründen konnten. Ich gebe zu, ich habe es vollständig versiebt, aber ich konnte nur noch an unsere Zukunft denken und dass ich alles tun musste, um sie zu retten. Ich dachte ehrlich gesagt, dass es viel weniger Konsequenzen haben würde, wenn du statt meiner die Schuld auf dich nehmen würdest. Krankenschwestern machen manchmal Fehler, okay, und damit hat es sich. Aber wenn Rick Nash etwas vergeigt, dann geht es um seinen Arsch. Hirsch hatte mir ganz deutlich zu verstehen gegeben, dass ich mir keinen einzigen Fehler leisten könnte, wenn ich sein Nachfolger werden will. Was ist also passiert? Ich kam hundemüde nach einer wilden Nacht mit meiner süßen Cherry zur Arbeit und habe einen dummen Fehler gemacht. Es war der Fehler meines Lebens. Und als ich versuchte, ihn zu vertuschen - unserem künftigen Nachwuchs zuliebe -, habe ich die Frau verletzt, die ich liebe. Und das tut mir wirklich echt leid, Cherry.«
Liebe? Rick hatte bisher noch nie von Liebe geredet. Cherry wurde schwindlig.
»Lass dich ja nicht von ihm weichreden«, zischte Grace, die beobachtet hatte, wie Cherrys Miene bei Ricks Worten immer weicher und zärtlicher wurde.
Cherry sah Grace beruhigend an, doch sie war eigentlich sehr verwirrt. Wenn Rick nun die Wahrheit sagte? Würde das einen Unterschied machen? Sollte sie ihm verzeihen?
Dann stellte Rick die Frage, die Cherry fast vergessen hatte.
»Was …«, fragte er im gleichen versöhnlichen Tonfall, »hast du mit der Patientenkarte angefangen?«
Das war der Teil, vor dem Cherry am meisten Angst hatte, aber es gab keinen Ausweg. Um sich zu wappnen, sammelte sie in sich alle Wut und Entrüstung, ehe sie antwortete: »Ich habe sie Kathy übergeben.« Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie Grace dichter zu ihr trat.
»Du hast was getan?«, fragte Rick.
Cherry schluckte. Sie wusste, dass sie sich nicht schuldig zu fühlen brauchte, aber es war so. »Was hast du denn erwartet?«, fragte sie. Ihr Akzent kam jetzt stärker durch, wie immer, wenn sie erregt war. »Kannst du dir nicht denken, was ich dachte, als ich die Karte sah? Es war, als hättest du dir gewünscht, dass ich sie finde. Du hast sie praktisch vor meinen Augen baumeln lassen, Rick. Und ich habe genau das getan, was jeder getan hätte. Ich habe versucht, meine Unschuld zu beweisen.«
»Sag mir bitte«, meinte Rick tonlos, »das das ein Witz ist.«
»Nein, es ist kein Witz«, erwiderte Cherry. »Tut mir ehrlich leid, wenn es deine Beförderung verhindert, aber du hättest nicht so mit mir umspringen sollen.« Bei diesen Worten wusste sie genau, dass es die richtigen waren. Es war unehrlich gewesen, und Cherry stellte sich vor, wie Generationen von Bordeaux, darunter auch einige Ärzte, nun überheblich und verächtlich auf ihn herabblickten und bereit waren, Rick Nash zu einem Duell herauszufordern.
»Du verdammte blöde Fotze!«, sagte Rick.
Diese Worte schockierten Cherry noch stärker als seine Liebeserklärung und schienen alle netten Worte, die er je zu ihr gesagt hatte, auszulöschen.
»Du hast kein Recht, mich so zu beschimpfen«, sagte sie kühl. Dann sah sie Grace an, in deren Augen so viel Mitgefühl lag, dass Cherry sich ermutigt genug fühlte, hinzuzufügen: »Du verlogener Scheißkerl!« Dieses Crescendo verlangte nach einer letzten, abschließenden Geste, und Chery erreichte dies auch, indem sie auf den Ausknopf drückte. Es war wie ein letztes Stampfen auf ein lästiges Insekt.
»Na?«, fragte Grace.
Cherry wusste kaum, was sie sagen sollte. »Er hat mich beschimpft.«
»Stell dein Telefon ab«, sagte Grace.
Cherry gehorchte, zitterte aber dabei am ganzen Körper. Grace stand auf, ließ die Decke fallen und nahm Cherry in den Arm. »Das hast du richtig gemacht«, sagte Grace. »Jetzt musst du nur noch deine Stelle zurückbekommen. Klar?«
Cherry hielt Grace eng umfangen. »Nein. ich will ihn nie wieder sehen. Ich kann nicht einmal daran denken.«
»Ich weiß«, murmelte Grace. »Aber du musst dich hier behaupten. Lass dich nicht einschüchtern. Du musst für dich geradestehen. Ich weiß, wie schwer das ist. Aber du bist diejenige, die jetzt die Oberhand hat, Cherry. Kannst du das erkennen? Du bist hier im Recht. Und wenn du im Recht bist, hast du nichts zu befürchten.«
Cherry nickte, aber sie bereute es, Rick gesagt zu haben, dass sie sich Kathy anvertraut hatte. Jetzt stand er mit dem Rücken zur Wand, und Cherry wusste von seinem Tennisspiel, wie boshaft er werden konnte, wenn er sich in die Ecke gedrängt fühlte.
 
Als Joanne an diesem Abend nach Hause kam, lag Cherry schon im Bett. Grace, mit der Joanne am allerwenigsten gerechnet hatte, saß in der Küche und trank Kaffee. Noch ehe Joanne fragen konnte, warum Grace denn schon wieder da war, erzählte diese ihr rasch von Cherrys Entdeckung der Original-Patientenkarte und wie sie plante, ihre Stelle zurückzubekommen. Dann fügte sie in einem Nachsatz hinzu: »Oh, und ich bin wieder hier, weil Matt Conner sich als erstklassiger Idiot herausgestellt hat.«
Das reichte für Joanne aus, um sich einen Kaffee einzuschenken und an dem Tisch Platz zu nehmen.
»Das sind zu viele Neuigkeiten für ein müdes Mädchen«, sagte Joanne. »Fangen wir ganz vorn an. Die Sache mit Cherry ist großartig, aber ich kann nicht behaupten, dass ich sehr überrascht bin. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass Rick nicht vertrauenswürdig ist. Aber das kann ich mir alles von Miss Scarlett selbst anhören. Was aber stimmte nicht mit Matt Conner?«
Grace holte tief Luft. Es gab nur eine Möglichkeit, alles zu erzählen.
»Ich glaube, wir hatten uns ineinander verknallt«, murmelte sie.
»Wie bitte?«
»Wir waren verliebt.« Das war für Grace sehr schwer zuzugeben, weil sie genau wusste, wie lächerlich es klingen musste. Aber es stimmte, und auch wenn sie Cherry nichts von dem Debakel in Texas erzählt hatte - Cherrys Situation war viel schwieriger und verdiente Grace’ volle Aufmerksamkeit -, wusste sie, dass sie bei Joanne immerhin auf offene Ohren stoßen würde.
»Fassen wir zusammen«, sagte Joanne, nachdem Grace die Lage erklärt hatte. »Matt bietet dir an, bei ihm als Privatschwester zu arbeiten. Ihr seid beide aufeinander scharf. Er tut den ersten Schritt. Du stimmst zu - wie jede normale Frau. Und dann kommt Michael Lavender daher und zeigt dir ein Video von Tania St. Clair …«
»Ich habe keine Ahnung, wer sie war!«
»Ich aber«, meinte Joanne. »Liest du denn keine Magazine? Jeder kennt Tania. Aber niemand hält das für echt - ich meine, die Beziehung. Das ist einer von diesen Marketing-Plänen in Hollywood, du weißt schon, wie mit Tom Cruise und dieser Frau. Das machen die doch ständig.«
»Nun, darauf kann ich mich aber nicht verlassen«, sagte Grace. »Ich kann mein Herz nicht einem Mann schenken, der mich jeden Moment verlassen wird.«
»Du solltest dich mal selbst reden hören«, sagte Joanne. »Du bist doch diejenige, die ihn abrupt verlassen hat. Du hast ihn nicht einmal zur Rede gestellt. Du bist geflohen. Gerade, als alles richtig gut wurde!«
»Ich bin froh, dass Michael Lavender mir gesagt hat, was lief«, sagte Grace verteidigend. »Ich hätte es wissen sollen. Schließlich ist er Matt Conner. Kaum ein monogamer Mann.«
»Okay, nehmen wir an, dass er tatsächlich etwas mit Tania hat. Woher willst du wissen, dass er sich nicht von ihr trennen wollte?«
»Von so was trennt man sich nicht!«
»Nur wenn man in jemand anderen verliebt ist.«
Grace dachte nach. »Also«, meinte sie etwas zufriedener, »wenn er in mich verliebt ist, dann kommt er doch her und sagt es mir.«
»Nachdem du ihm verboten hast, dich zu kontaktieren?«
»Also, wenn ich im Unrecht bin, dann wird er mich anrufen und es mir sagen. Wenn ich nichts von ihm höre, weiß ich, dass ich das Richtige getan habe.«
»Das ist mir zu passiv, Grace. Du musst den Stier schon bei den Hörnern packen.«
»Genau das habe ich doch getan, als ich wegfuhr.«
»Aber woher willst du wissen, dass Lavender das Ganze nicht manipuliert hat? Er ist sehr eifersüchtig und hat dich vermutlich als Bedrohung empfunden. Vermutlich hat er Tania für das Video bezahlt. Sieh dir doch an, was Rick Nash getan hat. Sieh dir Donny und seine Fremdgeherei an! Warum traust du diesem Lavender nur?«
»Nach dieser Logik könnte ich auch Matt nie über den Weg trauen.«
Joanne runzelte die Stirn. Darauf wusste sie keine Antwort.
»Sieh mal«, sagte Grace. »Matt ist so, wie er ist. Ich will bloß einen ruhigen, gelassenen, liebevollen Typen, der nicht sämtliche Aufmerksamkeit der Welt braucht. Das ist wirklich nicht zu viel verlangt. Ich bin sogar bereit, einen solchen Mann zu suchen. Noch heute Abend.«
Joanne lachte. »Heute Abend?«
»Ja«, meinte Grace. »Ich schlage vor, wir wecken Cherry, und dann gehen wir alle drei in die Stadt und machen einen drauf.«
»Bist du wirklich Grace Cameron?«
»Jawohl. Komisch, dass wir alle gleichzeitig wieder Singles sind, nicht?«
»Yeah«, meinte Joanne. »Wie damals, als wir alle drei unsere Tage gleichzeitig hatten.«
»Das hier ist aber noch komischer. Diese Typen enttäuschen uns immer wieder.Vielleicht wollen die Götter uns etwas mitteilen.«
»Was denn, dass wir jetzt alle lesbisch werden?«
»Oder dass wir uns die Männer genauer anschauen. Gib es zu, wir sind nicht sonderlich kritisch, oder?«
»Keine Ahnung«, meinte Joanne achselzuckend. »Liebe kann einem die Kritik ganz schön aus dem Kopf blasen. Also liegt es an der Liebe, nicht an uns.«
Grace seufzte. Es war wirklich Liebe gewesen, was sonst? Sie hatte nicht erwartet, dass es so schnell passieren würde, doch Matt zufolge war es in dem Sekundenbruchteil geschehen, als er aus dem Koma aufwachte und sie sah. Doch jetzt glaubte sie nichts mehr, was er sagte. Er hatte ihr versprochen, es würde keine andere geben. Und sie hatte das gerne geglaubt. Die Liebe verwischte eben alles ein wenig.
»Vielleicht nicht heute Abend«, meinte Joanne. »Cherry muss morgen früh raus und ich auch. Ich bin ziemlich kaputt.«
»Okay. Außerdem bist du Samstag mit dem Captain verabredet.«
»Es ist keine Verabredung in dem Sinne. Er ist einfach ein Freund. Das ist auch gut so, finde ich. Ich will momentan keine ernste Beziehung. Ich werde jetzt erst mal geschieden und sollte eigentlich gar nicht ausgehen.«
»Ich gäbe alles für eine Verabredung - nur um dieses furchtbare Gefühl wieder loszuwerden. Ich hasse es! Ich wünschte, ich wäre Matt nie begegnet!«
»Dafür ist es zu spät.«
»Oh, Jo, wie konnte ich das nur zulassen?«
»Hör auf, dir Vorwürfe zu machen, Mädchen. Ruf ihn doch einfach an.«
»Niemals!« Grace schüttelte den Kopf. »Er ist ein Casanova. Es war schlimm genug, dass mir ein Mann weggestorben ist. Was ich am wenigsten brauche ist ein Typ, der mich umbringt.«
»Matt ist tatsächlich ein Frauenkiller, das gebe ich zu. Warum ruhst du dich nicht aus? Komm!« Joanne stand auf und strecke Grace eine Hand hin.
»Ist schon gut, danke«, meinte Grace mit einem müden Lächeln. »Ich bleibe noch ein bisschen auf und denke nach.«
Schicksalspfad Roman
titlepage.xhtml
bour_9783641042288_oeb_toc_r1.html
bour_9783641042288_oeb_fm1_r1.html
bour_9783641042288_oeb_ata_r1.html
bour_9783641042288_oeb_tp_r1.html
bour_9783641042288_oeb_fm2_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c01_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c02_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c03_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c04_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c05_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c06_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c07_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c08_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c09_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c10_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c11_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c12_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c13_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c14_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c15_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c16_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c17_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c18_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c19_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c20_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c21_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c22_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c23_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c24_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c25_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c26_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c27_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c28_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c29_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c30_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c31_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c32_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c33_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c34_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c35_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c36_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c37_r1.html
bour_9783641042288_oeb_c38_r1.html
bour_9783641042288_oeb_cop_r1.html