47. KAPITEL
Einen Monat später
…
Der Lärm, den die Bauarbeiten unten im Garten
verursachten, war sehr störend, doch der Tag war zu schön, um die
Fenster zu schließen.
Caleb stand mit Gabe an dem langen Arbeitstisch
im Labor. Gemeinsam betrachteten sie die Notizen, Papiere,
Tagebücher und Berichte, die aus Ellerbecks Haus gebracht worden
waren.
»Der Großteil des Materials bezieht sich auf
Ellerbecks botanische Experimente«, sagte Caleb. »Er versuchte sich
an der Formel, war damit aber völlig überfordert. Genau wie
Thaxter. Aus diesem Grund besorgten sie sich Hulsey und Sohn als
Mitarbeiter.«
»Es war wohl zu viel erwartet, wir würden ein
fein säuberliches Diagramm vorfinden, das die verschiedenen Kreise
des Ordens beschreibt und die Anführer nennt«, sagte Gabe, der den
Papierhaufen studierte.
»Die Verschwörer hinter dieser Affäre arbeiten
strategisch sehr geschickt. So geschickt, dass ich vermute, dass
der Führer und vielleicht seine engsten Vertrauten ein ausgeprägtes
Talent für so ausgefeilte Planung und Geheimhaltung
besitzen.«
»Strategisches Talent?« Calebs Neugierde war
geweckt. »Das ergibt Sinn.«
»Verdammt, wir brauchen einen detaillierten
Bericht über die Talente der verschiedenen Mitglieder der
Society.«
»Das wird nicht leicht sein. Tatsächlich halte
ich es für unmöglich, die Talente auch nur eines Bruchteils der
Mitglieder zu identifizieren. Diese Organisation existiert seit
zweihundert Jahren im Dunkeln. Wir alle, auch du und ich, Caleb,
sind förmlich besessen von Geheimhaltung. Eine Gewohnheit, die uns
im Blut liegt.«
Caleb rieb sich den Nacken und seufzte tief.
»Ich muss mit meiner Arbeit an dieser psychischen Klassifikation
fortfahren.«
»Lucinda hat recht. Du hast zu wenig Zeit, alles
selbst zu machen, und musst lernen, dich auf die wichtigsten Ziele
zu konzentrieren.«
Leichte Schritte erklangen auf dem Gang vor dem
Raum. Ein angenehmes Gefühl der Vorahnung huschte durch Caleb.
Diese zierlichen hochhackigen Stiefel würde er überall
erkennen.
Die Tür ging auf. Lucinda fegte in den Raum und
brachte neue Energie und Sonnenwärme mit sich. In einer Hand trug
sie ein kleines Schächtelchen. Ihm fiel auf, dass sie sehr
selbstzufrieden aussah.
»Einen schönen Nachmittag, Gentlemen«, sagte sie
aufgeräumt. »Ein wunderschöner Tag, findet Ihr nicht?«
Gabe lächelte. »Allerdings. Sie scheinen ja
blendender Laune, Mrs Jones.«
Bei der Hochzeit vor einer Woche hatte die
Gästeliste die gesamte Familie Jones und die Bewohner der Guppy
Lane umfasst. Die Gästeschar hatte das Gewächshaus ausgefüllt.
Caleb vermutete, dass Lucindas ehemalige Nachbarn am
Landreth Square nun Gesprächsstoff für viele Monate hatten.
»Es wird Zeit, dass du kommst, meine Liebe.«
Caleb stand auf und ging zu ihr. Er küsste sie und genoss die
kleine Aufwallung von Befriedigung, die den Kuss begleitete. »Die
Arbeiter bedrängen mich um Instruktionen. Ich erklärte ihnen schon
mehrfach, dass es dein Gewächshaus ist, und dass sie sich ihre
Anweisungen von dir holen müssten.«
»Na, ich hoffe, dass sie tüchtig Fortschritte
gemacht haben.« Lucinda raffte ihre Röcke hoch und lief ans
Fenster. »Ach, sehr gut, mit dem Flügel für die Kräuter geht es
voran.«
Gabe lächelte Caleb zu. »Du hast deiner Braut
mit dem Gewächshaus ein ungewöhnliches Geschenk gemacht.«
»Das ist gar nichts verglichen mit dem
erstaunlichen Geschenk, das sie mir gab«, sagte Caleb sehr
gefühlvoll.
»Sich selbst?« Gabe war amüsiert. »Was für eine
romantische Vorstellung, Vetter. Ich hätte nicht gedacht, dass du
zu so poetischer Fantasieflüge fähig bist.«
Lucinda drehte dem Fenster den Rücken zu und
ging zurück zu den Herren. »Caleb meinte nicht meine Person. Mein
Hochzeitsgeschenk für ihn waren die Shutes. Liebenswürdigerweise
erklärten sie sich bereit, seinen Haushalt zu übernehmen. Zum Glück
haben sie Erfahrung mit exzentrischen Arbeitgebern. In Zukunft wird
Caleb sich nicht zu jedem Monatsanfang um neues Personal kümmern
müssen.«
Gabe nickte. »Das erklärt seine hingerissene
Miene natürlich.«
Caleb warf einen Blick auf die Schachtel in
Lucindas Hand. »Was hast du mitgebracht?«
»Neue Karten für unsere Firma.« Lucinda nahm den
Deckel ab. »Mit unseren Namen.«
Gabe lachte leise. »Also hast du die Schlacht
gewonnen?«
»Aber sicher«, sagte sie. Sie entnahm der
Schachtel ein frisches weißes Kärtchen und hielt es so, dass er es
lesen konnte.
»Jones & Jones.«
Gabe lachte. »Klingt gut.«
Caleb, der Lucinda zulächelte, sonnte sich in
der hellen, warmen, überschäumenden Energie, die in der Luft um sie
herum vibrierte.
»Allerdings«, sagte er. »Es klingt sehr
gut.«