42. KAPITEL
Später saß Lucinda mit Victoria in der Bibliothek
beim Tee.
»Ich plane, Mr Fletcher in etwa einer Woche
Patricias Eltern vorzustellen«, sagte Victoria. »Bis dahin werde
ich alles gut im Griff haben.«
»Wie wollen Sie den McDaniels Mr Fletchers
Vergangenheit plausibel machen?«, fragte Lucinda höchst
interessiert.
»Wenn man zum Kern der Sache kommt, gibt es
eigentlich wenig Erklärungsbedarf. Mr Fletcher ist ein hochbegabter
Gentleman, eine Waise aus guter Familie. Natürlich wurde er wie
Patricia in die Arcane Society hineingeboren. In letzter Zeit war
er mit verdeckten Ermittlungen für den Rat befasst. Unter höchster
Geheimhaltung. Der Großmeister hält ihn für unentbehrlich.«
»Wenn man Sie so hört, könnte man ihn für einen
Agenten der Krone halten.«
»Aber es ist die Wahrheit. Ich werde mich nicht
mit Einzelheiten aufhalten, wenn es um die Erfahrungen geht, die er
früher sammelte.« Victoria hob ihre Tasse. »Ich riet auch Patricia
und Mr Fletcher dringend, solche Details nicht zu erwähnen.«
»Sie werden sich an Ihren Rat halten.«
»Ich werde auch einfließen lassen, dass Mr
Fletcher in den
Häusern gewisser distinguierter Mitglieder der Familie Jones
empfangen wurde.«
»Mit anderen Worten, Mr Fletcher verfügt über
Verbindungen.«
»Auf höchster Ebene«, setzte Victoria aalglatt
hinzu. »Das müsste alle noch vorhandenen Zweifel der McDaniels
bezüglich seiner Respektabilität beseitigen«
»Hervorragende Arbeit, Madam. Absolut brillant.
Ich bin sehr beeindruckt.«
Victoria gestattete sich ein kleines,
befriedigtes Lächeln. »Ich sagte ja, dass diese Dinge sich meist
von allein entwickeln.«
Lucinda griff nach ihrer Tasse. »Von selbst hat
sich nichts entwickelt. Sie sind es, die das Happy End für meine
Kusine und Mr Fletcher orchestrieren.«
»Nun ja, man kann ja nicht danebenstehen und
zulassen, dass zwei junge Menschen um ihr Glück gebracht werden,
nur weil die Eltern die Heirat nicht billigen.«
»Sie wissen so gut wie ich, dass die meisten
Menschen kein Problem damit gehabt hätten, genau dies zu tun. Die
meisten würden andere Prioritäten wie gesellschaftliche Stellung,
Erbschaften und Einkommen setzen.«
»Tja, ich habe wohl ein gewisses Talent, bei
diesen Fragen ein paar Kniffe anzuwenden.«
»Allerdings«, sagte Lucinda voller Bewunderung.
»Es ist immer ein Vergnügen, eine Expertin am Werk zu sehen.«
»Der letzte Schliff wird natürlich sein, wenn
ich den McDaniels eröffne, das der Großmeister und der Oberste Rat
Mr Fletchers Talent so viel entscheidende Bedeutung beimessen, dass
er zum Chef des neuen Büros für die Sicherheit
von Museen ernannt wurde, das der Agentur Jones unterstehen
wird.«
»Das dürfte genügen, um die McDaniels zu
überzeugen, dass Mr Fletcher ein eigenes Einkommen hat und ihre
Tochter nicht des Geldes wegen heiratet.«
»Ich muss gestehen, dass mir Caleb bei letzterem
Punkt sehr half.« Victoria zog eine Braue hoch. »Und Sie auch,
glaube ich.«
»Es war nicht weiter schwierig, Caleb zur
Schaffung des Büros für die Sicherheit von Museen zu überreden. Ihm
wird allmählich klar, dass die Agentur reichlich Mittel und eine
Vielzahl von Beratern und Agenten braucht, um ihren Aufgaben
gerecht zu werden. Er kann nicht jede Ermittlung selbst
führen.«
»Allerdings.« Victoria trank ein Schlückchen Tee
und sah Lucinda an. »So, jetzt bin ich mit Patricia und Mr Fletcher
fertig. Wie steht es mit Ihnen und Mr Jones?«
»Was soll mit uns sein?«
»Kommen Sie, Lucinda. Sie wissen so gut wie ich,
dass Sie und Caleb zusammengehören.«
Lucinda errötete. »Wie sonderbar, dass Sie das
erwähnen. Tatsächlich gebe ich Ihnen recht. Mr Jones freilich muss
erst zur Vernunft kommen.«
»Ich verstehe.«
»Und bis er das tut, wird es Sie sicher
interessieren, dass ich Partnerin in der Agentur Jones
werde.«
»Du lieber Gott«, stieß Victoria hervor.
»Die Firma wird von nun an Bromley & Jones heißen. Oder aber Jones & Bromley. In diesem Punkt steht eine
Einigung noch aus.«
Victoria war sprachlos.
»Du lieber Gott«, sagte sie wieder. »So oder so,
ich kann mir nicht denken, dass Caleb Jones bereit sein wird, den
Namen seines Unternehmens zu ändern.«
Lucinda lächelte. »Ich auch nicht.«