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Die beiden Schlägertypen sahen aus wie zwei überdimensionierte Buchstützen, die jemand mitten in den Raum gestellt hatte. Sie ähnelten einander. Das lag wohl größtenteils daran, dass jeder von ihnen eine eingeschlagene Nase hatte. Dazu gab es Blumenkohlohren und schlecht vernarbte Platzwunden über den buschigen Brauen. Sie waren ausrangierte Boxer, die den Weg nach oben nicht geschafft hatten.
Der eine hieß Jack Kilroy.
Nach fünfzehn Amateursiegen - natürlich im Schwergewicht - hatte er noch drei Siege und vier Unentschieden im Profilager geschafft. Dann hatte ihm ein Gegner den Kiefer zerschmettert. Kaum hatte er das überstanden, lag er monatelang mit einem Blutgerinnsel im Gehirn im Krankenhaus. Wieder genesen, stieg er zum letzten mal in den Ring. Sein Gegner wollte ihn zu Mus schlagen, aber da warf der Trainer das Handtuch, nahm Jack Kilroy aus dem Ring und warf ihn aus seinem Kader.
Hai Parkers Lebenslauf glich dem von Jack bis auf wenige Abweichungen.
In seinem letzten Kampf stand er vor der schwerwiegenden Entscheidung, entweder erschlagen oder blödgedroschen zu werden.
Er entschied sich für die dritte Möglichkeit und gab nach dem siebten Niederschlag ohne Zustimmung seines hartherzigen Managers auf.
Arbeitslos streunten sie durch die Stadt. Da sie nichts gelernt hatten, außer die Fäuste zu gebrauchen - und das nicht mal besonders gut - fanden sie keinen einträglichen Job. Und einen anderen wollten sie nicht haben. Im Zeitalter der Geschirrspülmaschine irgendwo als Tellerwäscher zu schuften, fanden sie unter ihrer Würde.
Eines Tages gerieten sie an Derek McCoon.
Und der hatte Arbeit für sie.
Seit diesem Tag trugen sie Maßanzüge, Pistolen in dem Schulterholster, teure Hemden und ebenso teure Krawatten. Da zu dieser Aufmachung keine billigen Treter passten, trugen sie selbstverständlich auch teure Maßschuhe.
Jack Kilroy und Hai Parker waren seit geraumer Zeit in New York unterwegs, um für Derek McCoon die fälligen Außenstände einzutreiben.
Sie waren in der Wahl ihrer Mittel nicht gerade zimperlich, aber wer fragte schon nach dem Wie. Die Hauptsache war, dass McCoon sein Geld zurückerhielt. Hatten auch im Ring ihre Fäuste niemals die gewünschte Wirkung gehabt - privat reichten ihre Dampfhämmer jedenfalls hinlänglich aus.
Die zwölf Stunden, die Derek McCoon seinem Schuldner Art Lorca eingeräumt hatte, war inzwischen verstrichen. Lorca hatte sich nicht wieder gemeldet. Weder mit Geld noch ohne.
Deshalb hatte Derek McCoon seine beiden Freunde - wie er sie gegenüber Außenstehenden gern nannte - zu sich gebeten.
Er hockte wie eine fette Spinne hinter seinem Schreibtisch. Er hatte mehrere schwere Unfälle hinter sich. Sein Gesicht war nach allen Richtungen zusammengenäht worden. Seine Züge stellten eine wahre Scheußlichkeit dar. Sie erinnerten an die abstoßenden Masken aus Horrorfilmen. Seine Brauen waren wuchernde graue Haarbüschel. Statt einer Nase dienten ihm zwei längliche, ausgefranste Löcher zum Atmen.
Seine Mundwinkel fielen nun mit einem scharfen Knick nach unten.
„Nur Ärger hat mir dieser Kerl bereitet! Nur Ärger! Jetzt ist es genug! Ich will, dass ihr ihn sucht! Ich will, dass ihr ihn findet! Ich will mein Geld wiederhaben, verstanden?“
„Natürlich, Mr. McCoon“, sagte Jack Kilroy für sich und für seinen Kumpel.
„Wie sollen wir vorgehen? Wie immer?“, fragte Hai Parker.
Der schwabbelige McCoon schüttelte wütend seinen hässlichen Schädel.
„Wie ihr vorgeht, ist mir völlig gleichgültig. Er muss zahlen! Macht ihm das mit aller Deutlichkeit klar!“
„Okay, Mr. McCoon“, sagte Kilroy wieder für beide.
Derek McCoon nickte schnaufend.
„Dann geht jetzt.“
Die beiden Schwergewichte folgten aufs Wort. McCoon gab ihnen so viel Geld, wie sie nirgendwo sonst kriegen konnten. Dafür durfte er verlangen, dass sie ihm jeden Wunsch, den er äußerte, augenblicklich erfüllten.
Sie verließen das Haus des Wucherers, das sich draußen auf Long Island befand. Der Bau ragte, auf schlanken Betonpfeilern stehend, ein Stück in den Sound hinein, wodurch es möglich war, mit einem Boot darunter anzulegen.
Kilroy und Parker waren sicher, dass sie Art Lorca finden würden.
Sie hatten bisher noch jeden gefunden.