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Ein dauerhafter Effektor

Das Rätsel der »besonderen Bewegung«, von ihnen Pekuliarbewegung genannt, war kein Rätsel mehr. Im Licht von Lorens Durchbruch in Hinsicht auf die Natur der Zeit und seiner sechs revolutionären Gleichungen schien das Muster der Elektronenbewegungen, das sie so lange verwirrt hatte, gar nicht mehr so besonders zu sein. Da die Zeit einen konstanten und einen variablen Aspekt hatte, wurde aus dem ungewöhnlichen Verhalten der Elektronen Normalität. Der »Layton-Effekt«, wie Loren die lokale Verlangsamung der T-prime-Zeit nannte, erklärte alles. Homer und sein Team richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Untersuchung der vielen anderen Effekte einer Veränderung von T-prime. Es lief darauf hinaus, die Grundlagen einer ganz neuen Wissenschaft zu erarbeiten. Die existierende Wissenschaft beschrieb physikalische Phänomene mit einem festen Wert für T-prime. Die neue Wissenschaft erläuterte die Konsequenzen, die sich aus Veränderungen von T-prime (groß geschrieben) ergaben.

Sie holten die Laborgeräte aus den Kartons in Homers Zimmer und führten Versuche durch, zuerst im Innern des Strahls und dann außerhalb davon. Die Ergebnisse wurden sorgfältig im Protokoll festgehalten. Bei einem Raubzug durch den Chemiesaal von Baker Hall erbeuteten sie weiteres Versuchsgerät, das noch mehr Experimente ermöglichte. So gut sich Homer, Sonia, Loren und Edward auch mit den Gesetzen der Physik auskannten, bei der Chemie waren sie weniger versiert. Sie wechselten sich ab, in Sonias ramponiertem Chemie-Buch zu blättern und ihre Erinnerungen in Hinsicht auf Grammäquivalente und die Avogadro-Konstante aufzufrischen. Kelly hatte einen Genetik-Kurs absolviert, bei dem es darum gegangen war, Generationen von Taufliegen zu züchten und Mutationen zu beobachten. Sie belegte einen Teil des Maserstrahls für eine kleine Drosophilia-Kolonie mit Beschlag, um herauszufinden, wie lange Taufliegen bei einem geringeren Wert von T-prime lebten.

Der vom Maserstrahl bewirkte Layton-Effekt bestand aus einer geringfügigen Verlangsamung der lokalen Zeit. Ein im Innern des Strahls durchgeführtes Experiment lief etwas langsamer ab als außerhalb davon. Wenn es bei dem Versuch um schnelle Veränderung von Zustand, Geschwindigkeit oder Temperatur ging (eigentlich betraf es alle schnellen Veränderungen), so erfolgten sie erheblich langsamer als außerhalb des Strahls. Der Layton-Effekt bewirkte größeren Widerstand Veränderungen gegenüber. Im Innern des Strahls explodierte nichts. Verbrennungs­motoren funktionierten nicht, wohl aber Elektromotoren. Die meisten Brennstoffe brannten, wenn auch langsamer.

Das Leben der Taufliegen unter dem Einfluss des Maserstrahls war im Durchschnitt 0,04 Prozent länger. Ihre innere Uhr ging 0,04 Prozent langsamer, also blieb ihnen die Lebensverlängerung verborgen. Sie pflanzten sich wie sonst fort und bei den folgenden Generationen schien alles normal zu sein, soweit Kelly das feststellen konnte. Ihr Geschlechtstrieb, gemessen in Paarungen pro Woche, war im Innern des Strahls nicht anders als außerhalb. Kelly trug ihre Beobachtungen ins Protokoll ein.

Edward las die Aufzeichnungen des Tages. »Die Paarungen pro Woche, Kelly … Ist damit die ganze Kolonie gemeint?«

»Nein. Es sind die Paarungen pro Woche für jedes einzelne Exemplar.«

»Lieber Himmel.«

*

Sonia und Kelly führten Experimente im Innern des Strahls durch, als Loren die hintere Verkleidung abnahm und am Generator des Masers zu basteln begann. »Keine Sorge, dies verändert nichts, glaube ich wenigstens.« Er löste einen kleinen Draht und der rote Strahl ging aus.«

»Dummkopf!«, sagte Kelly scharf. »Jetzt muss ich von vorn anfangen.«

»Nein, musst du nicht. Der Lichtstrahl ist weg, aber der Effekt wirkt noch immer.« Er deutete auf die kleine Differenzuhr, die sie aufgebaut hatte, ein Gerät, das die Veränderung von T-prime in der Mitte des Strahls bis zu einer Entfernung von einigen Zoll maß. Es zeigte noch immer einen Unterschied von 0,04 Prozent an.

Kelly wandte sich wieder ihrem Experiment zu, ohne sich zu fragen, wie der Effekt noch da sein konnte, obwohl der Lichtstrahl fehlte. Aber Sonia war verblüfft. »Wie hast du das angestellt?«, fragte sie. »Was erzeugt den Layton-Effekt, wenn nicht der Strahl?«

»Der Magnet. Es gibt eine hochfrequente magnetische Variation, die für die Initiierung des Strahls eingesetzt wird. Bei der Konstruktion des Masers hat niemand daran gedacht, den Magneten nach der Entstehung des Strahls abzuschalten. Es ist sein sich schnell veränderndes Magnetfeld, das den Effekt erzeugt. Und der Rubinsplitter. Der Rubinsplitter ist wichtig.« Ein wenig verlegen wandte Loren den Blick ab. »Der Rubinsplitter ist wichtig, aber ich weiß nicht warum.«

Kelly und Sonia setzten ihre Experimente fort und Loren dachte über den Splitter nach. Konnte es sein, dass der kleine Rubin das Magnetfeld ebenso fokussierte wie den Lichtstrahl? Wenn das stimmte … Was bedeutete es? Handelte es sich überhaupt um einen Rubin? Er sah in einem Mineralienhandbuch nach und las dort, dass Rubin ein hartes, farbiges Korund beziehungsweise Aluminiumoxid ist. Die Farbe ging auf geringfügige Verunreinigungen des Kristalls zurück. Das Buch erwähnte nicht, woraus die Verunreinigungen bestanden, aber wegen der roten Farbe war Eisen ein logischer Kandidat. Angenommen, es gab ferromagnetische Substanzen in der Struktur des Aluminiumoxids, wie wirkte sich das auf ein Magnetfeld aus? Die Feldgleichungen waren so kompliziert, dass Loren davor zurückschreckte, sie selbst auszuarbeiten, aber mit SHIELAs Hilfe konnte er ein Feld simulieren, das sich durch den Rubin erstreckte.

Er hatte seine SHIELA-Workstation gerade eingeschaltet, als Kelly sagte: »Du hast eine verstimmte Arbeitskollegin, Loren Martine. Die Abschaltung des hübschen roten Strahls wirkt sich auf die Arbeit aus.«

»Tatsächlich? Dann ist das Licht vielleicht doch wichtig.«

»Der Magnet mag für den Layton-Effekt ausreichen, aber der Strahl hält die Menschen bei Laune. Er ist ein Symbol für, ich weiß nicht, ein Symbol für Entdeckung und Innovation. Bitte schalte ihn wieder ein, schnell, pronto.«

»In Ordnung, Kelly.«

Loren kehrte in Homers Arbeitszimmer zurück und stellte die Verbindung mit dem kleinen Draht wieder her. Der Strahl leuchtete erneut und Loren musste Kelly recht geben: Mit ihm sah irgendwie alles besser aus.

Anstatt von seinem normalen Platz aus auf SHIELA zuzugreifen, nutzte er den Laptop mit seiner Wireless-Verbindung zum Hauptcomputer von Clark Hall. Es war der Laptop, den er nach Florida mitnehmen wollte, um dort die Arbeit fortzusetzen. Er konnte übers Internet mit den Computern von Clark Hall kommunizieren und von dort aus über den Mikrowellen-Link der Satellitenantenne auf dem Dach mit SHIELA. Wenn er von Fort Lauderdale aus mit SHIELA Verbindung aufnahm, würde es bei der Kommunikation in beiden Richtungen zu einem Umweg von mehr als dreitausend Kilometern kommen, per Internet hinauf nach Ithaca und wieder zurück, aber er rechnete nicht mit nennenswerten Verzögerungen. Der Laptop hatte den Vorteil, dass er die Arbeit in Homers Zimmer bringen konnte, wo die Experimente stattfanden, ohne etwas von der Aufregung zu verpassen.

Es dauerte fast eine Stunde, die Simulation vorzubereiten, und SHIELA brauchte nur einige Sekunden, um alles durchzurechnen und ihm das Ergebnis mitzuteilen. Loren sah es sich an und versuchte, daraus schlau zu werden. Er ging nicht mit voller Konzentration an das Problem heran und hörte mit halbem Ohr dem Gespräch der beiden jungen Frauen bei der Arbeit zu. Sonia und Kelly bereiteten sich darauf vor, den Sockel des Masergenerators zu drehen, damit sie den Strahl auf eine ziemlich wirr erscheinende Anordnung von Messgeräten richten konnten. Die Bewegung des Strahls war leichter als die der Messvorrichtung. Aber nicht viel leichter, denn der Maser war ziemlich schwer. Sonia und Kelly lachten, als sie ihn anhoben und mit aktiviertem Strahl drehten.

Loren betrachtete das Simulationsergebnis auf dem Monitor, lehnte sich zurück und dachte darüber nach. Der Layton-Effekt breitete sich an einem Magnetfeld aus. Das Ausbreitungsfeld dieses besonderen Strahls, den er dort sah, veränderte nun seine Position, als die beiden Frauen den Maser drehten. Dadurch richtete es sich neu aus und wie es der Zufall wollte …

Mit einem erstickten Schrei sprang Loren auf und stürzte Kelly und Sonia entgegen. Er langte nach dem oberen Teil des Emitters und zerrte ihn aus seiner Einfassung. Der Strahl ging aus. Ein blauer Funke tanzte, als eines der gelösten Kabel Masse berührte. Die beiden jungen Frauen starrten ihn mit großen Augen an und hielten noch immer den schweren Generator. Die Sicherung im Flur hatte die Stromversorgung unterbrochen – das einzige Licht im Zimmer war ein wenig Sonnenschein, der blass und schwach durchs schmutzige Fenster filterte.

Homer eilte herein, gefolgt von Edward.

»Was ist passiert?« Homer sah sie an, einen nach dem anderen, hielt nach Verletzungen Ausschau und war ganz die Glucke.

»Loren hat mit bloßen Händen den Emitter losgerissen«, sagte Kelly immer noch verblüfft. Sie setzte ihren Teil des Masers ab.

Sonia näherte sich und legte ihm die Hand auf den Arm. »Alles in Ordnung, Loren?«

»Ich hab mir den Finger am Gehäuse aufgeschnitten. Das ist alles. Mehr ist nicht passiert.« Loren hob den Finger, damit die anderen ihn sehen konnten, leckte dann geistesabwesend einen Tropfen Blut ab. Er sank in Homers Sessel und die Anspannung fiel von ihm ab. Dann sprang er wieder auf, mit deutlicher Sorge in seinem Gesicht. »Himmel, ist der andere Magnet noch an?« In Edwards Zimmer hatten sie einen zweiten Layton-Effekt-Apparat konstruiert, für weitere Experimente.

»Er ging aus, als die Sicherung herausflog«, sagte Edward.

Das erleichterte Loren. Er setzte sich auf eine Kiste und versuchte, sich zu entspannen. »Gut«, sagte er. »Sie müssen zunächst beide aus bleiben. Das ist wichtig. Wir dürfen es nicht wagen, die beiden Strahlen einzuschalten, bevor wir herausgefunden haben, wie sich der Strahl an Magnetfeldern ausrichtet.« Er deutete zum Laptop, der seinen Strom vom Akku empfing und noch immer lief. Der Monitor zeigte nach wie vor die Ergebnisse der Simulation. In den vergangenen Jahren war Lorens spanischer Akzent immer leichter geworden, doch bei den letzten Worten hörte man ihn wieder so deutlich wie ganz zu Anfang. Er triefte praktisch aus jeder Silbe. Die anderen wussten, dass der Akzent zurückkehrte, wenn er müde oder sehr angespannt war. Jetzt war er beides. »Wir haben mit dem Feuer gespielt«, sagte er.

*

Beim ersten Erklärungsversuch brachte er nur wirres Zeug hervor. Lorens Gedanken wirbelten noch immer durcheinander und er versuchte, sie zu ordnen, während er sprach, was aber nicht funktionierte. Die anderen verstanden nur, dass es um etwas Wichtiges ging. Sie warteten geduldig. Homer setzte sich auf die Armlehne des Sessels. Kelly, Sonia und Edward suchten nach geeigneten Sitzgelegenheiten.

Sonia sah Loren ernst an, als er mit den Worten rang. Sie spürte, dass er noch nicht bereit war, dass er noch einige Momente brauchte, bis alles klar wurde. Während sie wartete, fiel ihr erneut auf, wie hübsch er war: die hohen Wangenknochen, die zarten Gesichtszüge, die dunklen, freundlich blickenden Augen. In seiner gegenwärtigen Verwirrung wirkte er wieder wie der Junge, der er einst gewesen war, wie ein liebenswertes Kind. Sie lächelte sanft, als sie sich diesen undisziplinierten Gedanken erlaubte. Gleich, so wusste sie, musste sie wieder ganz Intellekt sein und sich auf die neue Wissenschaft besinnen, deren Grundlagen sie mit ihrer Arbeit entwickelten. Aber diese wenigen Sekunden waren allein von Begehren bestimmt. Dann richtete er den Blick direkt auf sie und neue Worte kamen, nur zu verständlich.

Die Farbe wich aus Homers Gesicht, als er zuhörte. Sonia starrte auf den Schreibtisch. Edward schloss die Augen. Loren wandte sich an Kelly, weil er glaubte, dass sie vielleicht noch nicht ganz verstanden hatte. Im schwachen Licht konnte er kaum ihren Gesichtsausdruck erkennen.

»Wir müssen an das Magnetfeld der Erde denken, Kelly.«

»Ja, ich glaube, mir ist klar, worum es geht. Wenn der Strahl genau nach dem Magnetfeld der Erde ausgerichtet ist, würde sich der Effekt auch außerhalb von ihm auswirken, nicht wahr?«

»Ja. Der Effekt wäre gewissermaßen ›ansteckend‹. Er würde sich ins Magnetfeld der Erde ausbreiten.«

»Und überall, wo sich ein Magnetfeld befindet – und das ist die ganze Welt, schätze ich –, gäbe es den Layton-Effekt.« Kelly versuchte sich auszumalen, was das bedeutete.

»Alle Motoren würden ausgehen«, sagte Edward. »Keine Autos mehr. Das wäre eine Verbesserung.«

»Flugzeuge würden vom Himmel fallen«, sagte Kelly. Sie riss die Augen auf. »Als wir den Strahl bewegt haben …«

»Ihr habt natürlich nichts davon gewusst. Aber ja, mit der Bewegung des Strahls hättet ihr ihn vielleicht entlang des Magnetfelds der Erde ausrichten können. Die Welt hätte zum Stillstand kommen können.«

Sonia sah aus dem Fenster. »Überall sonst brennt Licht«, sagte sie. »Es ist nur in dieser Etage aus.«

»Alles in Ordnung«, sagte Loren.

Kelly war noch immer bestürzt. »Aber wir hätten großes Unheil anrichten können. All die Menschen in plötzlich abstürzenden Flugzeugen …«

»Patienten mit Beatmungsgeräten«, sagte Homer. »Überall fiele der Strom aus. Die Krankenhäuser würden versuchen, ihre Notstromgeneratoren anzuwerfen, aber die würden nicht funktionieren. Dieselgeneratoren ließen sich nicht starten.«

»Keine Lastwagen, die Lebensmittel liefern«, fuhr Kelly fort. »Menschen würden verhungern. Es gäbe Aufstände.«

Edward kehrte zu Lorens Erklärungen zurück, wie sich der Effekt außerhalb des Strahls ausbreitete. »Aber was hält den Effekt selbst dann aufrecht, wenn der Maser ausgeschaltet wird?«

»Es spielt keine Rolle, ob er ein- oder ausgeschaltet ist. Solange der Rubinsplitter am Magnetfeld der Erde ausgerichtet bleibt, speist er die Störung ins Feld, was zu einer Verlangsamung von T-prime führt. Der lokale Magnet dient nur dazu, den Effekt zu starten.«

»Der Effekt würde also aufhören, wenn man den Rubin anders ausrichtet?«

»Ich denke schon. Wir müssten es ausprobieren, um ganz sicher zu sein. Aber das machen wir natürlich nicht.«

»Hier stimmt was nicht, Loren«, sagte Kelly. »Maser gibt es seit Jahrzehnten. Wie kann es sein, dass bisher nicht einer von ihnen entlang des irdischen Magnetfelds ausgerichtet wurde? Der Layton-Effekt hätte sich schon vor Jahren bemerkbar machen müssen.«

»Maser gibt es tatsächlich schon seit Jahrzehnten«, bestätigte Homer. »Aber nicht viele. Sie sind nie sehr beliebt gewesen.«

»Und denk daran, wie schwer die verdammten Dinger sind«, fügte Sonia hinzu. »Vielleicht war außer uns beiden nie jemand dumm genug, einen eingeschalteten Maser bewegen zu wollen.«

Loren nickte. »Etwas anderes kommt hinzu. Das Magnetfeld der Erde ist nicht überall gleich beschaffen. In Ithaca neigt es sich zum Beispiel ein wenig nach unten. Es sähe nicht besonders gut aus, einen Maser aufzubauen, dessen Strahl schief verläuft, und deshalb ist so etwas nie geschehen. Es läuft auf Folgendes hinaus: Wer mit einem Maser gearbeitet hat, riskierte dabei, den Effekt auszubreiten, aber zum Glück kam es nie dazu. Weil die Kombination der einzelnen Faktoren recht unwahrscheinlich ist. Aber als ihr vorhin das Ding angehoben und gedreht habt … Da hätte es passieren können.«

»Sonia und ich hätten den Effekt vielleicht auf die ganze Welt erweitert«, sagte Kelly. »Aber durch eine weitere Drehung, von Norden weg … Wo ist Norden überhaupt?«

Edward zeigte vom Fenster fort. Alle blickten zum Maser, der ziemlich nahe daran war, nach Norden gerichtet zu sein.

»Meine Güte. Aber als wir ihn wieder absetzten, war er eben ausgerichtet, nicht schief. Mit anderen Worten: Der Layton-Effekt hätte sich nur kurz ausbreiten können. Die Welt hätte eine Art Schluckauf bekommen und sich sofort wieder davon erholt. Kann ein Jet im Flug seine Triebwerke neu starten? Weiß das jemand von euch?«

»Ich denke schon«, sagte Loren. »Aber dies ist alles Spekulation. Angenommen, wir hätten einen Apparat, der den Layton-Effekt erzeugt – nennen wir ihn ›Effektor‹. Es müsste ein Hochfrequenzmagnet sein, mit einem Rubinsplitter, der das Magnetfeld fokussiert. Angenommen, wir drehen den Effektor, bis er den Effekt ins Magnetfeld der Erde übertragen kann. Das Ergebnis wäre eine Layton-Effekt-Welt …«

»Ein Ende der modernen Ära«, warf Edward ein.

»Ja, vorübergehend. Wir drehen den Effektor noch etwas mehr, sodass er nicht mehr nach dem irdischen Magnetfeld ausgerichtet ist. Ich denke, der Effekt würde aufhören. Allerdings stellt sich die Frage, wie groß die Abweichung vom Magnetfeld der Erde sein müsste. Wenn der Effekt einmal begonnen hat, bleibt er vielleicht stabil, selbst wenn der Effektor um einige Grad abweicht. Wer weiß?«

Homer blickte in die Ferne. »Wer weiß? Nun, eins wissen wir: Wenn der Effektor nach dem Magnetfeld der Erde ausgerichtet bleibt, dauert auch der Effekt an. Wir hätten einen ›Dauerhaften Effektor‹. Wie würdest du einen Dauerhaften Effektor bauen, Loren?«

Loren nahm die Herausforderung an und überlegte. »Eine Möglichkeit wäre, ihn an einer Kompassnadel anzubringen, damit er sich automatisch nach dem Magnetfeld der Erde ausrichtet.«

In einer Ecke des Arbeitszimmers stand ein Kompasshaus, Teil der Segelschiffausrüstung. Homer ging hinüber und zog das Objekt in die Mitte des Raums. Loren betrachtete es und setzte seine Überlegungen fort. »Wir könnten ein solches Kompassgehäuse nehmen und einen kleinen Effektor bauen, gespeist von einer Batterie, wie man sie für Quarzuhren verwendet. Wir installieren ihn dort, wo sich die Kompassrose befindet …« Er legte die Hand aufs Kompasshaus.

»Halt!«, entfuhr es Kelly erschrocken. »Wovon redest du da? Das ist doch verrückt. Warum sollten wir auch nur daran denken, einen Dauer­haften Effektor zu bauen? Es ist doch genau das, was es zu vermeiden gilt. Ein weltweiter Layton-Effekt wäre eine weltweite Katastrophe.«

Langes Schweigen folgte. Sie sahen sich stumm an. Schließlich sagte Sonia leise: »Denk an die Weltuntergangsuhr, Kelly. Denk daran, was es bedeutet, wenn sich der Zeiger der zwölf nähert. Denk daran, was es bedeutet, wenn er sie jemals erreicht: Die Welt würde explodieren und niemand könnte es verhindern – außer uns.«