Umringt
Jamie begann sich aufzurichten.
»Immer mit der Ruhe, Junge. Wie fühlst du dich?« Ian drückte Jamies Schultern zurück auf die Matratze.
»Ich fühle mich … wirklich gut. Warum seid ihr alle hier? Ich kann mich nicht erinnern …«
»Du warst krank. Halt still, damit wir dich wieder ganz in Ordnung bringen können.«
»Kann ich ein bisschen Wasser haben?«
»Natürlich, Kleiner. Hier.«
Doc starrte Jamie ungläubig an. Ich bekam kaum einen Ton heraus, die Freude schnürte mir die Kehle zu. »Das ist das Schmerzlos«, murmelte ich. »Es fühlt sich großartig an.«
»Warum hat Jared Sharon im Schwitzkasten?«, flüsterte Jamie Ian zu.
»Sie ist schlecht gelaunt«, erwiderte Ian in übertrieben lautem Flüsterton.
»Halt jetzt ganz still, Jamie«, warnte Doc. »Wir werden deine Wunde … reinigen. Okay?«
»Okay«, stimmte Jamie mit schwacher Stimme zu. Er hatte das Skalpell in Docs Hand bemerkt und beäugte es misstrauisch.
»Sag mir, wenn du etwas spürst«, sagte Doc.
»Wenn es wehtut«, ergänzte ich.
Geübt und vorsichtig zog Doc das Skalpell mit einer schnellen Bewegung durch die verletzte Haut. Wir sahen beide Jamie an. Er starrte hoch zur dunklen Decke.
»Das fühlt sich eigenartig an«, sagte Jamie. »Aber es tut nicht weh.«
Doc nickte vor sich hin, setzte das Skalpell erneut an und machte quer zum ersten noch einen Schnitt. Rotes Blut und dunkelgelber Eiter liefen aus der Wunde.
Sobald Doc seine Hand weggenommen hatte, versprühte ich großzügig Reinigung über dem blutigen X. Als es auf das austretende Sekret traf, schien das ungesunde Gelb leise zu zischen. Es begann zu verschwinden - beinahe so wie Schaum, der mit Wasser besprüht wird. Es schmolz dahin. Doc neben mir keuchte.
»Sieh dir das an.«
Ich sprühte die Stelle sicherheitshalber noch ein zweites Mal ein. Jamies Haut war jetzt schon nicht mehr dunkelrot. Alles, was noch zu sehen war, war die normale rote Farbe menschlichen Blutes, das herauslief.
»Okay, jetzt Heilung«, murmelte ich. Ich fand das richtige Fläschchen und kippte etwas daraus über die Schnitte in Jamies Haut. Die durchsichtige Flüssigkeit lief in die Wunde, überzog das rohe Fleisch und glitzerte dort. Überall da, wo Heilung hinlief, wurde die Blutung gestoppt. Ich goss die Hälfte des Fläschchens - sicher doppelt so viel wie nötig - in die Wunde.
»Gut, bitte halt jetzt die Ränder zusammen, Doc.«
Doc war mittlerweile sprachlos, obwohl sein Mund weit offen stand. Er tat, worum ich ihn gebeten hatte, wobei er beide Hände benutzte, um die Ränder zu fassen zu kriegen.
Jamie lachte. »Das kitzelt.«
Docs Augen traten hervor.
Ich strich Versiegelung über das Kreuz und beobachtete voller Befriedigung, wie sich die Ränder schlossen und hellrosa wurden.
»Kann ich mal gucken?«, fragte Jamie.
»Du kannst ihn loslassen, Ian. Wir sind fast fertig.«
Jamie stützte sich auf seine Ellbogen, seine Augen glänzten und waren voller Neugier. Sein verschwitztes, dreckiges Haar klebte ihm am Kopf. Es passte irgendwie so gar nicht zu seiner gesunden Gesichtsfarbe.
»Schau, ich streue das hier noch darüber«, sagte ich und verteilte eine Handvoll schimmernden Puder über den Schnitten, »dadurch bleibt die Narbe nur ganz schwach sichtbar. Wie diese hier.« Ich zeigte ihm die auf meinem Arm.
Jamie lachte. »Aber mit Narben kann man doch Mädchen beeindrucken, oder? Wo hast du das Zeug her, Wanda? Das ist ja wie Magie.«
»Ich war mit Jared auf Tour.«
»Im Ernst? Das ist ja der Wahnsinn.«
Doc berührte den glitzernden Puderrest in meiner Hand und hielt sich dann die Finger unter die Nase.
»Du hättest sie sehen sollen«, sagte Jared. »Sie war unglaublich.«
Ich war überrascht, seine Stimme so dicht hinter mir zu hören. Automatisch blickte ich mich nach Sharon um und sah gerade noch, wie ihr flammendes Haar durch die Tür verschwand. Maggie folgte ihr.
Wie traurig. Wie beängstigend. Wie konnte man nur so voller Hass sein, dass man sich nicht einmal über die Heilung eines Kindes freuen konnte? Wie war es möglich, dass es so weit kommen konnte?
»Sie ist einfach in ein Krankenhaus hineinmarschiert, direkt zu den Aliens da, und hat sie ganz cool gebeten, ihre Wunden zu behandeln. Und als sie ihr nur einmal kurz den Rücken zugedreht haben, hat sie sie eiskalt ausgeraubt!« Jared machte es spannend. Jamie hatte Spaß daran; er hatte ein breites Grinsen aufgesetzt. »Sie ist mit so vielen Medikamenten da wieder herausgekommen, dass es für uns alle lange reichen wird. Sie hat sogar beim Wegfahren noch dem Parasiten am Empfang zugewunken.« Jared lachte.
Ich hätte das nicht für sie tun können, sagte Melanie plötzlich bekümmert. Du bist wertvoller für sie als ich.
Schsch, sagte ich. Jetzt war nicht die Zeit für Trübsal oder Eifersucht. Nur für Freude. Ohne dich wäre ich gar nicht hier und könnte ihnen nicht helfen. Du hast ihn auch gerettet.
Jamie sah mich mit großen Augen an.
»So aufregend war es in Wirklichkeit gar nicht«, erklärte ich ihm. Er nahm meine Hand in seine und ich drückte sie, das Herz zum Bersten voll mit Dankbarkeit und Liebe. »Es war ganz einfach. Ich bin schließlich auch ein Parasit.«
»Ich wollte nicht …«, begann sich Jared zu entschuldigen.
Ich winkte lächelnd ab.
»Wie hast du denen die Narbe in deinem Gesicht erklärt?«, fragte Doc. »Haben sie sich nicht gewundert, dass …«
»Ich brauchte natürlich neue Wunden. Ich habe darauf geachtet, dass es nichts gab, was Verdacht erregen könnte. Ich habe ihnen gesagt, ich wäre mit einem Messer in der Hand gestürzt.« Ich stieß Jamie mit dem Ellbogen an. »Das kann schließlich jedem mal passieren.«
Ich war jetzt in Hochstimmung. Alles schien von innen her zu leuchten - die Stoffe, die Gesichter, sogar die Wände. Die Menge im Zimmer und vor der Tür hatte angefangen zu murmeln und Fragen zu stellen, aber das war nur ein Klingeln in meinem Ohr - wie der Hall nach einem Glockenschlag. Ein Schimmern in der Luft. Mir kam alles unwirklich vor außer diesem kleinen Kreis von Leuten, die ich liebte. Jamie und Jared und Ian und Jeb. Sogar Doc gehörte zu diesem vollkommenen Augenblick.
»Neue Wunden?«., fragte Ian mit leiser Stimme.
Ich sah ihn an. Sein wütender Blick überraschte mich.
»Es war notwendig. Ich musste meine Narbe verbergen. Und herausfinden, wie Jamie geheilt werden kann.«
Jared nahm mein Handgelenk und strich mit dem Finger über die hellrosa Linie auf meinem Arm. »Es war schrecklich«, sagte er und seine Stimme war plötzlich ganz ernst. »Sie hat sich fast die Hand abgehackt. Ich dachte schon, sie würde sie nie wieder benutzen können.«
Jamie riss entsetzt die Augen auf. »Du hast dich selbst geschnitten?«
Ich drückte seine Hand. »Keine Angst - es war gar nicht so schlimm. Ich wusste ja, dass es schnell geheilt werden würde.«
»Du hättest sie sehen sollen«, wiederholte Jared leise und streichelte immer noch meinen Arm.
Ians Finger strichen mir über die Wange. Es fühlte sich gut an und ich schmiegte mein Gesicht in seine Handfläche, als er sie dort liegen ließ. Ich fragte mich, ob es das Schmerzlos war oder einfach die Freude darüber, Jamie gerettet zu haben, dass mir alles so warm und leuchtend vorkam.
»Keine Touren mehr für dich«, murmelte Ian.
»Natürlich wird sie wieder hinausgehen«, sagte Jared jetzt mit vor Überraschung lauterer Stimme. »Ian, sie war phänomenal. Du müsstest es sehen, um es wirklich verstehen zu können. Ich fange gerade erst an, mir all die Möglichkeiten auszumalen …«
»Möglichkeiten? « Ians Hand glitt an meinem Hals hinunter bis auf meine Schulter. Er zog mich näher an sich, von Jared weg. »Zu welchem Preis? Du hast zugelassen, dass sie sich beinahe die Hand abgehackt hat?« Seine Finger zogen sich bei jeder Betonung um meinem Oberarm zusammen.
Seine Wut passte nicht zu dem Leuchten in mir. »Nein, Ian, so war es nicht«, sagte ich. »Es war meine Idee. Ich musste es tun.«
»Natürlich war es deine Idee«, knurrte Ian. »Du würdest alles tun … du kennst keine Grenzen, wenn es um diese beiden geht. Aber Jared hätte nicht zulassen dürfen …«
»Was hätte es sonst für eine Möglichkeit gegeben, Ian?«, erwiderte Jared. »Hattest du einen besseren Plan? Glaubst du, sie wäre glücklicher, wenn sie unverletzt wäre und Jamie tot?«
Ich zuckte bei dem entsetzlichen Gedanken zusammen.
Ians Stimme klang weniger feindselig, als er antwortete. »Nein. Aber ich verstehe nicht, wie du dasitzen und ihr dabei zusehen konntest, wie sie sich das angetan hat.« Ian schüttelte angewidert den Kopf und Jared zog die Schultern hoch. »Was für ein Mann …«
»Ein praktisch veranlagter«, unterbrach ihn Jeb.
Wir sahen alle auf. Jeb stand über uns, einen großen Karton in den Händen.
»Deshalb ist Jared der Beste, wenn es darum geht, zu besorgen, was wir brauchen. Weil er tun kann, was getan werden muss. Oder dabei zusehen. Selbst wenn das Zusehen manchmal noch schwieriger ist.«
Dann wechselte Jeb ohne Umschweife das Thema.
»Okay, ich weiß, wir sind dem Frühstück näher als dem Abendessen, aber ich habe mir gedacht, dass ein paar von euch seit einer ganzen Weile nichts gegessen haben. Hast du Hunger, Junge?«
»Äh … ich weiß nicht genau«, gab Jamie zu. »Mein Magen ist ziemlich leer, aber das fühlt sich nicht schlecht an.«
»Das ist das Schmerzlos«, sagte ich. »Du solltest etwas essen.«
»Und trinken«, sagte Doc. »Du brauchst Flüssigkeit.«
Jeb ließ den sperrigen Karton auf die Matratze fallen. »Ich dachte, wir könnten mal ein bisschen feiern. Greift zu.«
»Lecker!«, sagte Jamie, als er den Karton mit getrockneten Trecking-Mahlzeiten durchwühlte. »Spaghetti! Super!«
»Ich will das Knoblauchhuhn«, sagte Jeb. »Knoblauch vermisse ich schon ziemlich - auch wenn ich mal annehme, dass niemand ihn in meinem Atem vermisst.« Er gluckste.
Jeb war vorbereitet, mit Wasserflaschen und mehreren kleinen Campingkochern. Die Leute begannen sich in dem kleinen Raum zusammenzudrängen. Ich war zwischen Jared und Ian eingequetscht und hatte Jamie auf meinen Schoß gezogen. Obwohl er viel zu alt dafür war, protestierte er nicht. Er musste spüren, wie sehr wir beide das brauchten - Mel und ich mussten ihn einfach lebendig und gesund in unseren Armen halten.
Mein schimmernder Kreis schien sich zu erweitern, umfasste die gesamte nächtliche Essensgesellschaft und machte sie ebenfalls zum Teil meiner Familie. Alle warteten zufrieden und geduldig darauf, dass Jeb das unerwartete Festmahl zubereitete. Angst war durch Erleichterung und gute Neuigkeiten ersetzt worden. Sogar Kyle, der sich auf der anderen Seite neben seinen Bruder gezwängt hatte, war in diesem Kreis willkommen.
Melanie seufzte zufrieden. Sie war sich der Wärme des Jungen in unserem Schoß und der Berührung des Mannes, der immer noch meinen Arm streichelte, lebhaft bewusst. Sie regte sich nicht einmal darüber auf, dass Ian mir den Arm um die Schulter gelegt hatte.
Du stehst auch unter dem Einfluss des Schmerzlos, zog ich sie auf.
Ich glaube nicht, dass es das Schmerzlos ist. Bei keiner von uns.
Nein, du hast Recht. Das hier ist mehr, als ich je hatte.
Das hier ist so viel von dem, was ich verloren habe.
Woran lag es, dass ich mir diese menschliche Liebe so viel heißer ersehnte als die Liebe meiner eigenen Spezies? Weil sie so ausschließlich und unberechenbar war? Die Seelen boten jedem Liebe und Akzeptanz an. Sehnte ich mich nach einer größeren Herausforderung? Diese Liebe hier war kompliziert, sie hatte keine starren Regeln - sie konnte einem geschenkt werden wie bei Jamie, oder man konnte sie sich mit viel Zeit und harter Arbeit verdienen wie bei Ian, oder sie konnte absolut und herzzerreißend unerwidert sein wie bei Jared.
Oder war sie einfach irgendwie stärker? Diese Menschen konnten so inbrünstig hassen - war es da einfach das andere Ende des Spektrums, dass sie auch umso inniger, heftiger und leidenschaftlicher lieben konnten?
Ich wusste nicht, warum ich mich so verzweifelt danach gesehnt hatte. Ich wusste nur, dass es jedes Jota an Risiko und Todesangst, das ich dafür bezahlt hatte, wert gewesen war. Es war besser, als ich mir je hatte träumen lassen.
Es bedeutete mir alles.
Als das Essen zubereitet und verzehrt war, machte sich bei allen die späte - oder eher frühe - Stunde bemerkbar. Die meistenschwankten aus dem überfüllten Zimmer, um in ihr Bett zu kommen. Nachdem sie den Raum verlassen hatten, war mehr Platz.
Wir Übrigen sackten dort, wo wir saßen, zusammen. Nach und nach rutschten wir immer tiefer, bis wir irgendwann in der Horizontalen lagen. Mein Kopf kam auf Jareds Bauch zu liegen; seine Hand streichelte mir gelegentlich übers Haar. Jamies Gesicht lag an meiner Brust und er hatte die Arme um meinen Hals geschlungen; mit einem meiner Arme umfasste ich seine Schulter. Ians Kopf lag auf meinem Bauch und er hielt meine andere Hand an sein Gesicht gedrückt. Ich konnte Docs langes Bein ausgestreckt neben meinem spühren, seinen Schuh neben meiner Hüfte. Doc schlief - ich hörte ihn schnarchen. Vielleicht berührte ich sogar irgendwo Kyle.
Jeb lag ausgestreckt auf dem Bett. Er rülpste und Kyle lachte.
»Die Nacht ist netter geworden, als ich erwartet hatte. Es gefällt mir, wenn ich mit einer pessimistischen Erwartung falschliege«, murmelte Jeb. »Danke, Wanda.«
»Mhm«, seufzte ich im Halbschlaf.
»Wenn sie das nächste Mal auf Tour geht …«, sagte Kyle, der irgendwo auf Jareds anderer Seite lag. Ein ausgedehntes Gähnen unterbrach seinen Satz. »Wenn sie das nächste Mal auf Tour geht, komme ich mit.«
»Sie geht nicht noch mal hinaus«, antwortete Ian und sein Körper versteifte sich. Ich strich mit der Hand über sein Gesicht, um ihn zu besänftigen.
»Natürlich nicht«, raunte ich ihm zu. »Ich gehe nirgendwohin, solange mich niemand braucht. Es macht mir nichts aus, hier drin zu bleiben …«
»Ich rede nicht davon, dich weiterhin als Gefangene zu halten, Wanda«, erklärte Ian gereizt. »Meinetwegen kannst du hingehen, wo du willst. Auf dem Highway joggen, wenn du dazu Lust hast. Aber nicht auf einen Beutezug. Ich will dich nicht in Gefahr bringen.«
»Wir brauchen sie«, sagte Jared mit festerer Stimme, als mir lieb war.
»Wie sind bisher auch gut ohne sie ausgekommen.«
»Gut? Jamie wäre ohne sie gestorben. Sie kann Sachen für uns besorgen, die sonst keiner bekommt.«
»Sie ist eine Person, Jared, kein Werkzeug.«
»Das weiß ich. Ich habe nicht gesagt, dass …«
»Das ist Wandas Entscheidung, würde ich sagen.« Jeb unterbrach die Diskussion in dem Moment, als ich dasselbe vorhatte. Meine Hand hielt Ian jetzt unten und ich spürte, wie sich Jareds Körper unter mir wegdrehte, als er sich anschickte, aufzustehen. Jebs Worte ließen sie innehalten.
»Du kannst es nicht ihr überlassen, Jeb«, widersprach Ian.
»Warum nicht? Es sieht so aus, als hätte sie ihren eigenen Kopf. Ist es deine Aufgabe, für sie zu entscheiden?«
»Ich werde dir sagen, warum nicht«, knurrte Ian. »Wanda?«
»Ja, Ian?«
»Willst du wieder auf Tour gehen?«
»Wenn ich euch eine Hilfe bin, gehe ich natürlich gern.«
»Das habe ich nicht gefragt, Wanda.«
Ich schwieg einen Moment und versuchte mich an seine Frage zu erinnern, um zu begreifen, inwiefern ich sie falsch verstanden hatte.
»Siehst du, Jeb? Sie hat nie ihre eigenen Wünsche im Blick — ihr eigenes Glück, geschweige denn ihre Gesundheit. Sie würde alles tun, worum wir sie bitten, sogar, wenn es sie umbringen würde. Es ist nicht fair, sie um Dinge zu bitten, so wie wir das untereinander tun. Wir denken auch an uns. Sie nicht.«
Es war still. Niemand antwortete ihm. Das Schweigen hielt an, bis ich das Gefühl hatte, für mich selbst sprechen zu müssen.
»Das stimmt nicht«, sagte ich. »Ich denke ständig an mich. Und ich … ich will helfen. Zählt das nicht? Es hat mich so glücklich gemacht, Jamie heute Nacht zu helfen. Kann ich nicht auf meine Art glücklich werden?«
Ian seufzte. »Verstehst du jetzt, was ich meine?«
»Tja, ich kann ihr nicht verbieten zu gehen, wenn sie das gerne möchte«, sagte Jeb. »Sie ist keine Gefangene mehr.«
»Aber wir müssen sie nicht noch darum bitten.«
Jared war die ganze Zeit still. Jamie auch, aber ich war ziemlich sicher, dass er schlief. Dass Jared noch wach war, wusste ich; seine Hand malte wahllose Muster auf eine Seite meines Gesichts. Glühende, sengende Muster.
»Ihr müsst mich nicht bitten«, sagte ich. »Ich melde mich freiwillig. Es war wirklich nicht … schlimm. Überhaupt nicht. Die anderen Seelen sind sehr freundlich. Ich habe keine Angst vor ihnen. Es war fast schon zu einfach.«
»Einfach? Dich zu schneiden …?«
Ich unterbrach Ian schnell. »Das war ein Notfall. Das wird nicht noch einmal nötig sein.« Ich machte eine winzige Pause. »Stimmt’s?«, erkundigte ich mich.
Ian grunzte. »Wenn sie geht, komme ich mit«, sagte er mit rauer Stimme. »Irgendjemand muss sie schließlich vor sich selbst schützen.«
»Und ich komme mit, um den Rest von uns vor ihr zu schützen«, sagte Kyle lachend. Dann stöhnte er auf und sagte »Au«.
Ich war zu müde, den Kopf zu heben, um zu sehen, wer Kyle diesmal geschlagen hatte.
»Und ich komme mit, um euch alle lebend zurückzubringen«, murmelte Jared.