Begehrt
Es gab ein Muster bei den Siegen. Wenn Jared und Kyle zusammenspielten, gewannen sie. Wenn Jared mit Ian spielte, dann gewann deren Mannschaft. Es kam mir so vor, als wäre Jared unbesiegbar, bis ich die beiden Brüder zusammenspielen sah.
Zunächst sah es so aus, als wäre es eine konfliktbeladene Situation, zumindest für Ian, mit Kyle in derselben Mannschaft zu spielen. Aber nachdem sie ein paar Minuten in der Dunkelheit herumgerannt waren, fielen sie in ein vertrautes Muster - ein Muster, das bereits lange, bevor ich auf diesen Planeten gekommen war, existiert hatte.
Kyle wusste bereits, was Ian tun würde, bevor er es tat, und umgekehrt. Sie verstanden sich wortlos. Sogar als Jared die besten Spieler auf seine Seite zog - Brandt, Andy, Wes, Aaron, Lily und Maggie als Torwart -, gewannen Kyle und Ian.
»Okay, okay«, sagte Jeb, als er Aarons Versuch, ein Tor zu schießen, mit einer Hand vereitelte und den Ball unter den Arm klemmte. »Ich glaube, wir wissen alle, wer die Sieger sind. So … jetzt muss ich den Spielverderber machen, aber die Arbeit wartet … und um ehrlich zu sein, bin ich total k.o.«
Es gab ein paar halbherzige Proteste und etwas Gejammer, aber vor allem Gelächter. Niemand schien sich darüber aufzuregen, dass dem Spaß ein Ende bereitet wurde. Ein paar Leute setzten sich da, wo sie gerade standen, auf den Boden und nahmen den Kopf zwischen die Knie, um tief durchzuatmen: Jeb war nicht der Einzige, der nicht mehr konnte.
Die Leute begannen in Zweier- und Dreiergrüppchen den Raum zu verlassen. Ich rutschte an den Rand des Durchgangs um sie - vermutlich auf dem Weg zur Küche - vorbeizulassen. Die Mittagszeit musste schon vorbei sein, obwohl das in diesem schwarzen Loch schwer festzustellen war. Durch die Lücken zwischen den herausströmenden Menschen hindurch beobachtete ich Kyle und Ian.
Als das Spiel zu Ende war, hatte Kyle seine Hand zum Abschlagen gehoben, aber Ian war an ihm vorbeimarschiert, ohne auf die Geste einzugehen. Daraufhin packte Kyle seinen Bruder an der Schulter und wirbelte ihn herum. Ian stieß Kyles Hand weg. Ich befürchtete, dass es einen Kampf geben würde - und so sah es zunächst auch aus. Kyles Faust bewegte sich auf Ians Magen zu. Ian wich ihr jedoch problemlos aus und ich konnte erkennen, dass hinter dem Schlag keine Kraft steckte. Kyle lachte und nutzte seine größere Reichweite, um Ian mit der Faust über den Kopf zu rubbeln. Ian schlug seine Hand weg, aber diesmal lächelte er halb.
»Gutes Spiel, Alter«, hörte ich Kyle sagen. »Du hast es immer noch drauf.«
»Du bist so ein verdammter Idiot, Kyle«, antwortete Ian.
»Du hast den Verstand, ich sehe gut aus. Das ist nur fair.«
Kyle landete noch einen halbherzigen Schlag. Diesmal packte Ian seinen Bruder und nahm ihn in den Schwitzkasten. Jetzt lächelte er wirklich und Kyle fluchte und lachte gleichzeitig.
Mir kam das alles furchtbar brutal vor; ich wurde ganz nervös, als ich die beiden beobachtete. Aber gleichzeitig fiel mir eine von Melanies Erinnerungen ein: drei Welpen, die durchs Gras kugelten, wütend kläfften und die Zähne fletschten, als wollten sie nichts lieber, als ihren Geschwistern die Kehle durchbeißen.
Ja, sie spielen, bestätigte Melanie. Geschwisterbande sind stark.
So muss es auch sein. Das ist gut. Es ist das Beste, falls Kyle uns wirklich nicht umbringt.
Falls, wiederholte Melanie mürrisch.
»Hunger?«
Ich sah auf, und mein Herz setzte einen schmerzlichen Moment lang aus. Es sah so aus, als würde Jared mir immer noch glauben.
Ich schüttelte den Kopf. Das gab mir die Zeit, die ich brauchte, um ihm antworten zu können. »Ich weiß nicht genau, warum, da ich ja bloß hier gesessen habe, aber ich bin einfach müde.«
Er streckte seine Hand aus.
Halt dich zurück, warnte Melanie mich. Er ist bloß höflich. Glaubst du, ich wüsste das nicht?
Ich versuchte mein Zittern zu unterdrücken, als ich seine Hand ergriff.
Vorsichtig zog er mich auf die Füße - oder besser gesagt, auf einen Fuß. Ich balancierte auf meinem heilen Bein, unsicher, was ich jetzt tun sollte. Er war ebenfalls verwirrt. Er hielt immer noch meine Hand, ließ aber viel Abstand zwischen uns. Ich dachte daran, wie lächerlich es aussehen würde, wenn ich so durch die Höhlen hoppelte, und spürte, wie mir die Hitze in den Nacken stieg. Meine Finger schlossen sich um seine, obwohl ich mich nicht auf ihn stützte.
»Wohin?«
»Äh …« Ich runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht genau. Da müsste immer noch eine Matte neben dem Lo… - im Vorratstunnel liegen …«
Er runzelte ebenfalls die Stirn, als gefiele ihm der Gedanke genauso wenig wie mir.
Und dann schob sich eine starker Arm unter meine Achseln und stützte mich.
»Ich bringe sie dahin, wo sie hinwill«, sagte Ian.
Jareds Gesichtsausdruck war reserviert, so wie er mich immer ansah, wenn er nicht wollte, dass ich wusste, was er dachte. Aber jetzt sah er Ian an.
»Wir haben gerade darüber gesprochen, wo sie wohl am besten ausruhen kann. Sie ist müde. Vielleicht im Krankenflügel …?«
Gleichzeitig mit Ian schüttelte ich den Kopf. Nach den letzten furchtbaren Tagen, die ich dort verbracht hatte, glaubte ich nicht, dass ich diesen Raum ertragen konnte, vor dem ich mich einst irrtümlich gefürchtet hatte. Vor allem Walters leeres Bett …
»Ich weiß einen besseren Ort für sie«, sagte Ian. »Diese Feldbetten sind hart wie Stein und sie hat eine Menge blauer Flecken.«
Jared hielt immer noch meine Hand. War ihm bewusst, wie fest er sie umklammerte? Der Druck begann langsam unangenehm zu werden, aber er schien es nicht zu bemerken. Und ich würde mich sicher nicht beschweren.
»Warum gehst du nicht Mittag essen?«, schlug Jared Ian vor. »Du siehst aus, als hättest du Hunger. Ich bringe sie an diesen besseren Ort …«
Ian lachte kurz auf, ein leises, tiefes Geräusch. »Mir geht es gut. Und ehrlich gesagt braucht Wanda ein bisschen mehr Hilfe als nur eine Hand, Jared. Ich weiß nicht, ob dir das nicht vielleicht ein wenig … unangenehm ist. Weißt du …«
Ian hielt inne, um sich herunterzubeugen und mich schnell hochzuheben. Ich keuchte, als er dabei an meiner schmerzenden Seite zog. Jared ließ meine Hand nicht los.
»… sie hatte für heute schon genug Bewegung, glaube ich. Geh du ruhig schon in die Küche.«
Sie starrten sich an, während meine Fingerspitzen violett anliefen.
»Ich kann sie auch tragen«, sagte Jared schließlich mit leiser Stimme.
»Wirklich?«, forderte Ian ihn heraus. Er streckte die Arme aus, in denen er mich hielt.
Ein Angebot.
Jared sah mir einen langen Moment ins Gesicht. Dann seufzte er und ließ meine Hand los.
Au, das tut weh!, klagte Melanie. Sie meinte den plötzlichen Schmerz, der meine Brust durchzuckte, nicht das Blut, das in meine Finger zurückströmte.
Tut mir leid. Aber was soll ich machen?
Er gehört dir nicht.
Ja, ich weiß.
Au.
Tut mir leid.
»Ich glaube, ich komme mit«, sagte Jared, als Ian, um dessen Mundwinkel ein winziges triumphierendes Lächeln spielte, sich umdrehte und hinausging. »Es gibt da etwas, worüber ich mit dir reden will.«
»Wie du willst.«
Jared redete über gar nichts, als wir durch den dunklen Tunnel gingen. Er war so still, dass ich nicht einmal wusste, ob er überhaupt noch da war. Aber als wir wieder in die Helligkeit des Maisfelds hinaustraten, war er direkt neben uns.
Er sagte nichts, bis wir den großen Platz überquert hatten - bis niemand mehr in der Nähe war.
»Wie schätzt du Kyle ein?«, fragte er.
Ian schnaubte. »Er rühmt sich ein Mann zu sein, der sein Wort hält. Normalerweise würde ich einem Versprechen von ihm trauen. Hierbei allerdings … Ich werde sie nicht aus den Augen lassen.«
»Gut.«
»Es wird schon alles in Ordnung kommen, Ian«, sagte ich. »Ich habe keine Angst.«
»Musst du auch nicht. Ich verspreche dir, dass dir nie wieder jemand so etwas antun wird. Du wirst hier wirklich in Sicherheit sein.«
Es war schwer, den Blick abzuwenden, wenn seine Augen derart leuchteten. Schwer, irgendeins seiner Worte anzuzweifeln.
»Ja«, stimmte Jared zu. »Das wirst du.«
Er ging direkt hinter Ians Schulter. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen.
»Danke«, flüsterte ich.
Niemand sagte etwas, bis Ian vor der roten und der grauen Tür stehen blieb, die vor dem Eingang zu seiner Höhle lehnten.
»Wärst du so nett, die wegzunehmen?«, sagte Ian zu Jared und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Türen.
Jared rührte sich nicht. Ian drehte sich um, so dass wir ihn beide sehen konnten; Jared hatte wieder seinen reservierten Gesichtsausdruck aufgesetzt.
»Dein Zimmer? Das ist dein besserer Ort?« Jareds Stimme war voller Skepsis.
»Es ist jetzt ihr Zimmer.«
Ich biss mir auf die Lippe. Ich wollte Ian erklären, dass das natürlich nicht mein Zimmer war, aber ich kam nicht dazu, bevor Jared ihn ausfragte.
»Und wo schläft Kyle?«
»Erst mal bei Wes.«
»Und du?«
»Ich bin nicht ganz sicher.«
Sie sahen sich abschätzend an.
»Ian, das ist…«, begann ich.
»Oh«, unterbrach er mich, als wäre ich ihm gerade erst wieder eingefallen … als wäre mein Gewicht so unbedeutend, dass er mich völlig vergessen hatte. »Du bist todmüde, stimmt’s? Jared, könntest du bitte die Tür zur Seite nehmen?«
Wortlos und etwas zu energisch zog Jared die rote Tür auf und schob sie über die graue.
Jetzt, wo die Mittagssonne durch die schmalen Spalten in der Decke drang, sah ich Ians Zimmer zum ersten Mal richtig. Es war nicht so hell wie das von Jamie und Jared und auch nicht so hoch. Es war kleiner, besser proportioniert. Rundlich - ähnlich wie mein Loch, nur zehnmal so groß. Zwei Einzelmatratzen lagen rechts und links auf dem Boden, jeweils direkt an der Wand, so dass ein schmaler Gang dazwischen entstand. An der Rückwand stand ein langes, niedriges Holzregal; links lag ein Stapel Kleider darauf, zwei Bücher und ein Kartenspiel. Die rechte Seite war vollkommen leer, obwohl Abdrücke im Staub zu sehen waren, die darauf hindeuteten, dass das noch nicht lange so war.
Ian legte mich vorsichtig auf der rechten Matratze ab, bettete mein Bein darauf und rückte das Kissen unter meinem Kopf zurecht. Jared stand in der Tür und sah hinaus in den Gang.
»Gut so?«, fragte Ian.
»Ja.«
»Du siehst müde aus.«
»Ich weiß auch nicht, warum - ich habe in letzter Zeit doch so viel geschlafen.«
»Dein Körper braucht Schlaf zur Heilung.«
Ich nickte. Ich konnte nicht leugnen, dass es mir schwerfiel, die Augen offen zu halten.
»Ich bringe dir später etwas zu essen - du musst dir keinerlei Sorgen machen.«
»Danke. Ian?«
»Hm?«
»Das ist dein Zimmer«, murmelte ich. »Du schläfst natürlich hier.«
»Macht dir das nichts aus?«
»Warum sollte es?«
»Ich schätze, das ist das Beste - dann kann ich ein Auge auf dich haben. Schlaf jetzt erst einmal.«
»Okay.«
Ich hatte bereits die Augen geschlossen. Er tätschelte meine Hand und dann hörte ich, wie er aufstand. Ein paar Sekunden später stieß die Holztür sanft gegen den Felsen.
Was hast du dir dabei bloß gedacht?, stellte Melanie mich zur Rede.
Was? Was habe ich denn jetzt schon wieder gemacht?
Wanda, du bist … hauptsächlich menschlich. Dir muss doch klar sein, wie deine Einladung bei Ian ankommt.
Einladung? Ich begriff jetzt, worauf sie hinauswollte. So ist es nicht gemeint. Das hier ist sein Zimmer. Hier liegen zwei Matratzen. Es gibt nicht genügend Schlafräume, deshalb kann ich kein eigenes Zimmer bekommen. Natürlich ist es das Beste, wenn wir uns das Zimmer teilen. Das ist Ian klar.
Ist es das? Wanda, mach die Augen auf. Er fängt an … wie erkläre ich dir das bloß? Er fängt an, das Gleiche für dich zu empfinden … was du für Jared empfindest. Merkst du das nicht?
Zwei Herzschläge lang konnte ich nicht antworten.
Unmöglich, sagte ich schließlich.
»Glaubst du, das, was heute Morgen passiert ist, wird Aarons oder Brandts Verhalten beeinflussen?«, fragte Ian mit leiser Stimme auf der anderen Seite der Tür.
»Du meinst, dass Kyle einen Freibrief bekommen hat?«
»Genau. Bisher mussten sie nichts … tun. Nicht, solange es so aussah, als würde Kyle das für sie erledigen.«
»Ich weiß, was du meinst. Ich rede mit ihnen.«
»Glaubst du, das reicht?«, fragte Ian.
»Ich habe beiden mehr als einmal das Leben gerettet. Sie sind mir etwas schuldig. Wenn ich sie um etwas bitte, werden sie es auch tun.«
»Würdest du ihr Leben darauf verwetten?«
Einen Moment lang herrschte Schweigen.
»Wir behalten sie im Auge«, sagte Jared schließlich.
Erneut schwiegen beide.
»Gehst du nichts essen?«, fragte Jared.
»Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen hier … Wie ist es mit dir?«
Jared antwortete nicht.
»Was ist los?«, fragte Ian. »Willst du mir etwas sagen, Jared?«
»Das Mädchen da drin …«, sagte Jared langsam.
»Ja?«
»Dieser Körper ist nicht ihrer.«
»Worauf willst du hinaus?«
Jareds Stimme klang hart, als er antwortete. »Lass die Finger von ihr.«
Ein leises Lachen von Ian. »Eifersüchtig, Howe?«
»Darum geht es hier nicht.«
»Nein?« Jetzt war Ian sarkastisch.
»Wanda scheint mehr oder weniger mit Melanie zu kooperieren. Es hört sich so an, als wären sie beinahe … befreundet. Aber offenkundig trifft Wanda die Entscheidungen. Was, wenn du das wärst? Wie würdest du dich fühlen, wenn du Melanie wärst? Wenn du derjenige wärst, der derart … besetzt worden wäre? Wenn du gefangen wärst und jemand deinem Körper sagen würde, was er zu tun hat? Wenn du nicht für dich selbst sprechen könntest? Würdest du nicht wollen, dass deine Wünsche - soweit sie bekannt wären - respektiert würden? Wenigstens von anderen Menschen?«
»Okay, okay. Eins zu null für dich. Ich behalte es im Hinterkopf.«
»Was soll das heißen, du behältst es im Hinterkopf?«, wollte Jared wissen.
»Das soll heißen, dass ich darüber nachdenken werde.«
»Da gibt es nichts nachzudenken«, erwiderte Jared. Ich konnte am Klang seiner Stimme erkennen, wie er aussah - zusammengebissene Zähne, angespannter Kiefer. »Der Körper und die Person, die darin gefangen ist, gehören mir.«
»Bist du sicher, dass Melanie immer noch …«
»Melanie ist für immer mein. Und ich für immer der Ihre.«
Für immer.
Melanie und ich befanden uns, was unsere Stimmung anging plötzlich am jeweils entgegengesetzten Ende der Skala. Sie schwebte, war selig. Ich … nicht.
Ungeduldig warteten wir darauf, dass sie weitersprachen.
»Und was, wenn du das wärst?«, fragte Ian nicht viel lauter als flüsternd. »Wenn du in einen Menschenkörper gesteckt und auf diesen Planeten verfrachtet worden wärst, nur um festzustellen, dass du dir unter deinen eigenen Leuten verloren vorkommst? Wenn du so eine gute Person wärst, dass du versuchen würdest, das Leben zu retten, das du genommen hast - und bei dem Versuch, sie zurück zu ihrer Familie zu bringen, beinahe gestorben wärst? Wenn du dann plötzlich von brutalen Erdbewohnern umringt wärst, die dich hassen und verletzen und umzubringen versuchen würden, immer und immer wieder?« Er stockte einen Moment. »Wenn du trotzdem weiterhin alles in deiner Macht Stehende tun würdest, um diese Leute zu retten und zu versöhnen? Hättest du nicht auch ein Recht auf ein eigenes Leben? Hättest du das nicht mehr als verdient?«
Jared antwortete nicht. Ich spürte, wie meine Augen feucht wurden. Hielt Ian wirklich so viel von mir? Glaubte er wirklich, ich verdiente das Recht auf ein Leben hier?
»Na?«, hakte Ian nach.
»Darüber … muss ich erst nachdenken.«
»Tu das.«
»Aber …«
Ian unterbrach ihn seufzend. »Reg dich nicht auf. Wanda ist trotz des Körpers nicht so richtig menschlich. Sie scheint auf … Körperkontakt nicht genauso zu reagieren wie ein Mensch.«
Jetzt lachte Jared. »Ist das deine Theorie?«
»Was ist daran so lustig?«
»Sie reagiert durchaus auf Körperkontakt«, ließ ihn Jared, jetzt wieder in nüchternem Tonfall, wissen. »Dafür ist sie menschlich genug. Oder ihr Körper zumindest.«
Mein Gesicht glühte.
Ian schwieg.
»Eifersüchtig, O’Shea?«
»Allerdings … das bin ich. Erstaunlicherweise.« Ians Stimme war angespannt. »Und woher weißt du das?«
Jetzt zögerte Jared. »Es war … eine Art Experiment.«
»Ein Experiment?«
»Es ist allerdings nicht so ausgegangen, wie ich erwartet hatte. Mel hat mich geboxt.« Ich konnte hören, dass er beim Gedanken daran grinsen musste, und sah in meinem Kopf die kleinen Linien um seine Augen auftauchen.
»Melanie … hat dich … geboxt?«
»Es war bestimmt nicht Wanda. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen … Was denn? Hey, Ian, ganz ruhig, Mann!«
»Hast du auch nur einen Moment daran gedacht, was das für sie bedeutet haben muss?«, fauchte Ian.
»Für Mel?«
»Nein, du Idiot, für Wanda!«
»Was das für Wanda bedeutet haben muss?«, fragte Jared und klang befremdet.
»Komm, hau ab. Geh was essen. Lass mich ein paar Stunden in Ruhe.«
Ian gab Jared nicht die Gelegenheit zu antworten. Er riss die Tür zur Seite - heftig, aber leise -, schlüpfte in sein Zimmer und stellte die Tür zurück.
Er wandte sich um und unsere Blicke begegneten sich. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, war er überrascht, dass ich noch wach war. Überrascht und verlegen. Das Feuer in seinen Augen leuchtete noch einmal auf und wurde dann langsam schwächer. Er kräuselte die Lippen.
Dann legte er den Kopf schief und lauschte. Ich lauschte ebenfalls, aber Jareds Rückzug verursachte kein Geräusch. Ian wartete noch einen Moment, dann seufzte er und ließ sich mir gegenüber auf den Rand seiner Matratze fallen.
»Ich schätze, wir waren nicht ganz so leise wie geplant«, sagte er.
»Diese Höhlen hier sind sehr hellhörig«, flüsterte ich.
Er nickte. »Und?«, sagte er schließlich. »Was denkst du?«