Kapitel 14

Eine seltsame Gabe

Draußen zwitscherten bereits die Vögel, und die Sonne schien zum Fenster herein, als Lena erwachte. Sie fühlte sich wie gerädert und glaubte, noch einen Nachhall dieser seltsamen Träume in ihrem Inneren zu spüren.

»Puh, ich wünschte, das wäre alles nur ein Traum gewesen«, sagte sie zu sich und stand dann auf. »Ich brauch dringend ’ne Dusche.« Als sie ihre schmutzige, blutdurchtränkte Jeans sah, die sie in der Nacht auf den Boden geworfen hatte, verzog sie das Gesicht. Ihr Knie war aufgeschürft, auch ihr rechter Unterarm hatte einiges abbekommen. Nach der Dusche fühlte sie sich zwar besser, aber die Erlebnisse vom Staffelberg ließen sich damit nicht aus ihrem Kopf drängen.

»Lena, stimmt etwas nicht mit dir?«, erkundigte sich ihre Oma beim Frühstück besorgt.

»Nein, alles gut.« Nachdenklich rührte Lena in ihrer Kaffeetasse.

»Momentan geht eine Sommergrippe um«, erzählte ihre Oma, »falls du dich nicht gut fühlst, bleib lieber zuhause. Nicht, dass du die alten Leute ansteckst, für die kann die Grippe gefährlich sein.«

»Hm.« Tatsächlich hatte Lena heute wenig Lust, im Stift zu arbeiten, außerdem hatte sie Kopfschmerzen. Doch die rührten nicht von einer drohenden Grippe, aber sie wollte und konnte Oma Gisela nichts von letzter Nacht erzählen. »Wenn ich zuhause bleibe, motzt Papa abends wieder rum und behauptet, ich würde mich nur drücken wollen.«

»Papperlapapp!« Resolut fuchtelte Oma Gisela mit der Hand herum. »Ich werde ihm schon sagen, was Sache ist. Leg dich hin, Lena. Ich mache dir einen Kräutertee und suche dir ein paar Globuli heraus.«

Tatsächlich war Lena froh, als sie wieder im Bett lag. Sie starrte an die Decke, die Gedanken in ihrem Kopf fuhren Karussell. Als ihre Oma später hereinkam, hätte sie ihr am liebsten alles erzählt, doch sie traute sich nicht. Zu verrückt musste das für einen Außenstehenden klingen, selbst wenn es ihre mit einigen esoterischen Wassern gewaschene Großmutter war.

»Trink den Tee, Lena, und nimm dreimal am Tag fünf von den Kügelchen.« Oma Gisela hielt ihr ein kleines Fläschchen hin, dann legte sie ihr eine Hand auf die Stirn. »Fieber hast du aber nicht.«

»Nein.« Lena lächelte halbherzig und nahm die Teetasse in die Hand. »Kannst du im St. Elisabeth anrufen? Ich habe keine Lust, mir das Genörgel von der Käppler anzuhören.«

»Ja, das tue ich.« Oma Gisela zog ihre Stirn kraus. »Eigentlich wollte ich mich heute mit einer Freundin in Nürnberg treffen, aber wenn es dir nicht gut geht, kann ich auch hierbleiben.«

»Nein, fahr ruhig«, versicherte Lena eilig. »Ich schlafe noch ein bisschen, und mit deinen Hexenkräutern geht’s mir sicher bald wieder besser.«

»Na gut.« Noch einmal streichelte ihre Großmutter über ihren Kopf. »Aber ruf mich an, falls die Globuli nicht wirken, ich habe auch noch andere Hexenkräuter.« Ihre Oma hatte ein Lächeln auf den Lippen, das Lena nur stumm nickend erwiderte. Dann legte sie ihren Kopf in die weichen Kissen und schloss die Augen. Ich wünschte, es gäbe Globuli, die Geister verschwinden lassen.

Schon seit Tagen schlichen Everon und Luvett um die kleine Holzhütte am Waldesrand herum, beobachteten den jungen Mann, studierten jeden seiner Schritte. Manchmal befürchteten sie, er könnte sie erkennen, denn noch besaß vor allem Luvett keine feste Gestalt, aber auch Everon hatte ärgerlicherweise auf seiner für ihn unfassbaren Reise hierher an Substanz eingebüßt. Sie verfügten noch nicht über die Kraft, die sie benötigten, um ihn für ihre Zwecke zu benutzen. Ihre beiden Brüder, die vor einiger Zeit hierhergelangt waren, hatten sie noch immer nicht gefunden. Doch langsam gewannen sie an Stärke.

»Wann ist es so weit, Bruder?« Luvett sah zu Everon auf.

»Bald. Wir müssen nur den richtigen Zeitpunkt abwarten. Warte hier, beobachte, aber handle nicht. Ich werde mich nun auf die Suche nach unseren Brüdern machen.« Mit einer für menschliche Augen kaum wahrnehmbaren Bewegung wandte sich Everon ab, während Luvett sich auf dem kühlen, trockenen Laub zusammenrollte und auf die ihm fremde menschliche Behausung starrte.

Nach ein paar Stunden Schlaf fühlte sich Lena nicht mehr ganz so zerschlagen. Trotzdem war sie nicht im Stande, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Weder die unzähligen und meist auch noch sinnlosen Fernsehsendungen noch Surfen im Internet konnten ihr Interesse wecken. Schließlich packte sie ihr Fahrrad und fuhr durch den Wald zum Reitstall. Dunkle Wolken hatten sich am Himmel zusammengeballt, und als Lena das verschlafene Nest Burggaillenreuth erreichte, fielen die ersten Tropfen auf die ausgedörrte Erde. Zwei Reiterinnen flohen gerade mit ihren Pferden vom Reitplatz, und Lena fragte sie nach Ragnar.

»Keine Ahnung, vorhin ist er zu seiner Hütte gelaufen«, meinte die ältere Frau mit dem Schimmel.

»Okay, danke.« Lena zog die Schultern ein und rannte den Weg entlang zu Ragnars Holzhütte.

Inzwischen prasselte der Regen heftig herab, und sie war bis auf die Haut durchnässt, als sie an die Tür klopfte.

Ein unangenehmes Prickeln im Nacken ließ sie herumfahren. Lena hatte das Gefühl, jemand beobachtete sie, aber da war niemand, zumindest konnte sie nichts erkennen. Sie blickte hastig nach links und rechts und zuckte schließlich zusammen, als die Tür sich knarrend öffnete. Zu ihrer Erleichterung war es Ragnar. Ein überraschter Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit, dann nickte er einladend mit dem Kopf. »Komm rein.«

Das ließ sich Lena nicht zweimal sagen.

»Diesmal bin ich aber nicht schuld, dass du nass bist«, scherzte Ragnar mit einem schiefen Grinsen.

Lena schnitt eine Grimasse. »Ausnahmsweise nicht!«

»Geh ins Bad, dann kannst du dir die Haare trocken föhnen. Wenn du magst, kann ich dir ein T-Shirt und eine Hose von mir leihen.«

»Ja, wäre nicht schlecht.« Eilig verschwand Lena in dem winzigen Bad, in dem man sich kaum rühren konnte. Sie frottierte sich die Haare mit einem Handtuch und nahm kurz darauf ein schwarzes T-Shirt und eine Jogginghose von Ragnar entgegen. Wenig später verließ sie das beengte Badezimmer. Das T-Shirt war viel zu weit, und die Hose hatte sie zweimal umgeschlagen, aber wenigstens war sie wieder in trockenen Tüchern.

»Ich habe Tee gekocht«, verkündete Ragnar, und Lena setzte sich auf das Sofa. Inzwischen hatte er die Bilder seiner Großmutter größtenteils aufgehängt. Diejenigen, die keinen Platz gefunden hatten, waren in einer Ecke gestapelt.

»Geht’s dir gut?«, erkundigte er sich mit forschendem Blick.

»Weiß nicht.« Lena umklammerte fröstelnd die Tasse, aus der heißer Dampf aufstieg.

Draußen war es inzwischen so dunkel, dass man meinen konnte, die Nacht wäre hereingebrochen. Regentropfen donnerten wie Geschosse gegen die Scheibe, die Luft war merklich abgekühlt.

»Die letzte Nacht muss sehr verwirrend für dich gewesen sein«, vermutete Ragnar.

»Das kannst du laut sagen«, brummte Lena, dann nippte sie von dem Tee. Er schmeckte nach Kräutern und Honig.

Ganz langsam ließ er sich ihr gegenüber auf dem braunen Sessel nieder. »Es ist nichts Schlimmes daran, die Geister Verstorbener zu sehen, nur«, er zögerte, suchte wohl nach den passenden Worten, »ungewöhnlich.«

»Ungewöhnlich?« Lena schnaubte abfällig. »Ich würde es eher abnormal, gruselig oder furchtbar nennen!«

»Lena …«, Ragnar beugte sich zu ihr vor, »du musst wirklich keine Angst haben. Solange du mich nicht in Anwesenheit von Geistwesen berührst, scheint ja nichts zu passieren.«

»Mir macht aber Angst, dass sie trotz allem existieren … irgendwie.« Unbehaglich sah sich Lena um, blickte zum Fenster, an dem Sturzbäche aus Wasser herabrannen, Ragnar jedoch lächelte ihr aufmunternd zu.

»Hier sind keine Geister.«

»Toll, aber ich werde mir nie wieder sicher sein können, dass nicht irgendwelche Gestalten um mich herumspuken.«

Er streckte seine Hand aus und sah Lena auffordernd an. Zunächst verstand sie nicht, aber dann sagte er: »Berühr mich.«

Im ersten Moment zögerte Lena, langte jedoch schließlich nach seinem Arm und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um. »Okay, die Luft ist rein«, stieß sie erleichtert hervor.

»Siehst du!«

»Ich kann ja schlecht den Rest meines Lebens deine Hand halten, nur um sicherzugehen, nicht von irgendwelchen Geistern verfolgt zu werden.«

»Das wäre schwierig, ja«, stimmte er grinsend zu. »Aber man gewöhnt sich an Geistererscheinungen.«

»Ich will mich aber nicht daran gewöhnen.« Lena ließ sich zurücksinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann fragte sie etwas freundlicher: »Wann hast du das erste Mal Geister gesehen?«

»Schon als kleines Kind«, erinnerte er sich und zog dabei angestrengt die Stirn kraus. »Ich habe meinen Eltern immer von einem alten Mann erzählt, der häufig hinter unserem Haus sitzt und Netze knüpft. Viele Male ist meine Mutter mit hinausgekommen, aber sie hat ihn nicht gesehen und geschimpft, ich solle mir keine Geschichten ausdenken.«

»Und dann?«, fragte Lena gespannt. Die Düsternis im Inneren der Hütte und der plötzlich aufkommende Wind verstärkten die unheimliche Atmosphäre, die sich bei dem Gespräch über Geister und mysteriöse Gaben bei ihr breitmachte.

»Irgendwann hat meine Großmutter Sigrid gefragt, wie er denn genau aussieht. Ich habe ihn beschrieben, einen kräftigen Mann mit graublondem Bart und großen Händen, dem der linke Ringfinger fehlt.« Ragnar machte eine kurze Pause.

Lena beugte sich nach vorne, sie barst beinahe vor Spannung. »Und?«

»Die Beschreibung passte haargenau auf den Großvater meiner Großmutter, Bjarni Gustavson. Er war Seemann und ist im Alter von sechzig Jahren ums Leben gekommen.«

»Wow, und der spukte dann vor eurem Haus herum?«, wunderte sich Lena.

»Gespukt hat er nicht. Er meinte nur, er würde hier leben und auf alles achten.«

Ein Blitz und der kurz darauf folgende Donnerschlag ließen Lena zusammenzucken.

»Na, wenigstens war es ein guter Geist. Und von da an hat man dir geglaubt?«

Ein erneuter Blitz erleuchtete den Raum, bizarre Schatten tanzten über Ragnars ernstes Gesicht.

»Großmutter Sigrid schon, Mutter hingegen behauptete, ich hätte sicher irgendwo ein altes Bild gefunden und mir dann diese Geschichte ausgedacht.«

»Kann ich irgendwie nachvollziehen«, murmelte Lena. »Und dein Vater?«

»Der war zu dieser Zeit nicht in Island. Er war immer viel unterwegs, und ich glaube, damals hatte er einen Job als Bergführer in den Anden.«

Lena schwieg kurz, strich sich eine braune Haarsträhne zurück, dann sah sie Ragnar fragend an. »Weshalb hast du mir eigentlich nicht schon früher erzählt, dass du Geister siehst? Ich habe dich schließlich mehrfach gefragt, woher du so genau wusstest, wo die Teile des Kettenanhängers zu finden sind.«

»Hättest du mir denn geglaubt?«

»Eher nicht«, räumte Lena nach kurzem Überlegen ein.

Seine Miene verfinsterte sich. »Man erntet wenig Verständnis, wenn man von dieser Gabe erzählt. Viele meiner Freunde haben sich von mir abgewandt.«

Nun glaubte Lena zu erahnen, weshalb er sich häufig so abweisend verhielt. »Du hattest befürchtet, ich würde nichts mehr mit dir zu tun haben wollen, wenn ich von deiner seltsamen Fähigkeit erfahre, nicht wahr?« Sie sah ihn an, und auf einmal verspürte sie Mitleid sowie eine gewisse Zuneigung zu ihm.

Ragnar erwiderte nichts, zuckte nur mit den Schultern.

»Wenn du magst, können wir weiter nach dem Schatz suchen«, schlug sie vor.

»Trotz der Geister?« Noch einmal rüttelte der Sturm an der Holzhütte, als hätten sich alle Geister der Gegend versammelt und würden versuchen, sie einzureißen. Dann wurde es schlagartig heller, auch wenn noch immer starker Regen vom Himmel fiel.

»Du sagtest, sie sind harmlos.«

»Dein Vertrauen ehrt mich.« Er legte den Kopf ein wenig schräg und deutete eine Verbeugung an. Dieses Mal wirkte die Geste jedoch keineswegs spöttisch, sondern eher erleichtert.

»Gut, wo machen wir weiter?« Ragnar erhob sich.

»Ich weiß nicht.« Lena sah auf die Bilder. »Der Staffelberg war ja eine Pleite. Vielleicht versuchen wir es am Druidenhain.«

»Kennst du diesen Ort?«

»Ja, er ist gar nicht weit entfernt.«

Prüfend blickte Ragnar zum Fenster hinaus. »Vielleicht können wir noch heute dorthin reiten.«

»Bei diesem Wetter?«, fragte Lena entsetzt. Sie überlegte ohnehin schon, wie sie wieder nach Hause kommen sollte.

»Es wird gleich aufhören, und die Luft im Wald ist wunderbar nach einem reinigenden Gewitter.«

Lena beäugte ihn von der Seite. »Ich weiß nicht. Außerdem sollte ich besser wieder nach Hause fahren. Ich habe mich nämlich krankgemeldet, und wenn meine Eltern herausfinden, dass ich fröhlich durch die Gegend reite, ist der Teufel los.«

»Gut, dann begleite ich dich nach Hause.« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Falls du möchtest.«

»Ja, klar, kein Problem.« Lena zupfte an den viel zu großen Kleidern herum. »Darf ich die anbehalten?«

»Nein.«

»Was?« Verdutzt sah sie in sein unbewegtes Gesicht, dann begann sein linker Mundwinkel zu zucken, und sie warf ein Kissen nach ihm. »Du bist manchmal echt ein Ekel!«

»Mag sein.« Aus der Kommode neben dem Fenster holte er einen schwarzen Kapuzenpullover und reichte ihn Lena. »Hier, falls dir kalt ist.«

»Danke.«

Sie verließen Ragnars Wohnung, und tatsächlich ebbte die Regenflut nun ab. Nur noch vereinzelt fielen Tropfen von den Bäumen, der Boden dampfte, weißer Dunst schwebte über den Farnen. Jetzt, da Lena darauf achtete, bemerkte sie den würzigen Duft nach Erde, Gras und Harz. Einträchtig gingen sie nebeneinander her. Lena schob ihr Fahrrad, schaute auf die Spuren, welche die Reifen auf dem feuchten Boden hinterließen, Ragnar blickte stumm geradeaus.

Lena betrachtete sein markantes Profil, und unvermittelt fragte sie sich, ob er häufig so schroff, unnahbar und teilweise auch unverschämt war, weil er schlechte Erfahrungen mit seinen Mitmenschen gemacht hatte. Es war eben nicht alltäglich, Geister zu sehen. Sie überlegte, wie ihre Freunde reagieren würden, wenn sie ihnen das erzählte. Nein, sie würde besser gar nichts von alledem weitergeben, nicht einmal an ihre beste Freundin Katrin oder ihre Cousine. Selbst die beiden würden das ganz bestimmt nicht verstehen und sie für verrückt erklären oder nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Allein schon der Gedanke daran tat ihr weh, und unwillkürlich fragte sie sich, wer ihr am Ende noch bleiben würde. Wenn sie es sich recht überlegte, hatten sich seit dieser leidigen Sache mit dem Unfall ohnehin eine ganze Reihe ihrer früheren Freunde von ihr zurückgezogen. Einige wohnten weiter entfernt, und da Lena jetzt nicht mehr zu Partys oder Diskoabenden in den nahegelegenen Großstädten kommen konnte, war der Kontakt nach und nach eingeschlafen. Bis auf die eine oder andere E-Mail oder SMS kam von ihrer früheren Clique kaum noch ein Lebenszeichen. Lenas Miene verfinsterte sich immer mehr, während sie über all das nachsann.

»Sieh mal«, riss Ragnars leise Stimme sie aus ihren Gedanken. Sie folgte seinem ausgestreckten Finger. »Sieht das nicht aus, als würde man in eine andere Welt blicken?«

Auf einer Lichtung im Wald standen einige der schroffen Felsen, die es in der Gegend so häufig gab. Nebel stieg vom Boden auf, und ein paar einzelne Sonnenstrahlen brachen durch die dunklen Wolken. Plötzlich war es völlig still, nicht einmal die Vögel zwitscherten in den Bäumen und Büschen, auf deren Blätter Wassertropfen lagen, in denen sich das Sonnenlicht brach und die nun funkelten wie Diamanten. Ein Schauer lief über Lenas Rücken, und eine nie da gewesene Ehrfurcht für die Wunder der Natur überkam sie.

»Du hast Recht«, stimmte Lena flüsternd zu. Es kam ihr unangemessen vor, in diesem Augenblick laut zu reden.

Ragnar lächelte ihr zu, und Lena wurde bewusst, dass es ein seltener Moment war, denn Ragnars Lächeln war nicht zynisch, sondern warm und ehrlich und erreichte nun auch seine Augen – ungewöhnlich dunkelgraue Augen, in denen silbrige Punkte tanzten, die sie an die glitzernden Regentropfen erinnerten. Eigentlich hat er sehr schöne Augen, dachte sie. Dunkel und geheimnisvoll. Dann straffte sie jedoch die Schultern und löste sich gewaltsam von seinem Anblick.

»Los jetzt, bevor meine Mutter nach Hause kommt.«

»In Ordnung.« Noch einmal blickte Ragnar auf das Naturschauspiel, dann marschierten sie weiter.

»Du könntest den Araberwallach reiten, wenn du möchtest«, erzählte Ragnar unterwegs. »Seine Besitzerin wäre froh, wenn er ein- bis zweimal pro Woche bewegt werden würde.«

»Araber – sind die nicht sehr temperamentvoll?«

»Die meisten schon, doch Sahib ist schon beinahe zwanzig Jahre alt. Noch nicht sehr alt für ein Pferd dieser Rasse, denn sie werden häufig dreißig oder älter, aber wenigstens hat er nicht mehr so viele Flausen im Kopf. Ich bin ein paar Mal mit ihm ausgeritten, und da hat er sich immer anständig benommen.«

»Hm.« Unschlüssig kratzte sich Lena am Kopf. »Was würde das denn kosten? Ich bin im Moment alles andere als flüssig.«

Doch Ragnar winkte ab. »Frau Büttner hat genug Geld. Sie hat gesagt, wenn du ab und zu mal das Sattelzeug putzt, würde sie nichts verlangen. Notfalls kann ich das auch für dich erledigen.«

»Es scheint dir ja sehr wichtig zu sein, dass ich wieder reite«, meinte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Leider gibt es nur wenige Leute, die mir nicht auf die Nerven fallen, wenn ich mit ihnen ausreite – und abgesehen davon, dass du gelegentlich in die Luft gehst, bist du durchaus erträglich.«

Lena holte zu einer empörten Entgegnung Luft, doch dann rempelte sie ihn stattdessen kräftig in die Seite. »Du bist so ein Ekel!«, schimpfte sie, und als er von ihrer unerwarteten Attacke überrascht zur Seite stolperte, fiel er über einen Stein, hielt sich im letzten Moment an ihr fest, aber sie polterten trotz allem in den nächsten Graben. Ganz unvermittelt kam Lena auf Ragnar zum Liegen. Sein Gesicht verzog sich wütend, und auch sie wollte losschimpfen. Doch mit einem Mal stutzten sie, sahen sich an und fingen beide lauthals zu lachen an. Sie konnten gar nicht mehr aufhören, prusteten immer wieder, bis Lena sich schließlich von ihm herunterrollte und sich Schmutz, Blätter und Moos von den Kleidern klopfte.

»Wir sind schon ein seltsames Gespann.«

»Allerdings.« Sie hielt ihm die Hand hin, um ihm aufzuhelfen, dann standen sie sich gegenüber, und Lena musterte ihn verwirrt.

»An manchen Tagen bist du absolut ekelhaft, so wie damals im Altenheim, als du alle nur angemotzt hast. Und dann, als Devera gestorben ist, da warst du so einfühlsam zu ihr. Wie soll ein Mensch aus dir schlau werden, Ragnar Winter?«

Er hielt ihrem Blick stand, sagte jedoch zunächst nichts, dann senkte er den Kopf. »Alles hat seinen Grund.«

Vorsichtig hob Lena sein Kinn an. »War es, weil du Geister sehen kannst?« Schlagartig durchzuckte sie ein Gedanke. »Kannst du etwa Devera auch noch sehen? Ist sie noch immer hier?«

»Nein, sie ist weitergegangen, und das ist auch gut so«, erklärte er langsam, biss sich auf die Lippen und öffnete den Mund, dann schloss er ihn jedoch wieder und stieg aus dem Graben. »Komm jetzt, du sagtest, du willst vor deinen Eltern zuhause sein.«

»Ragnar, du machst mich wahnsinnig«, murmelte Lena vor sich hin, bevor sie ihm hinterhereilte.

Lena gelang es, sich vor ihren Eltern zuhause einzufinden. Um den Schein zu wahren, kochte sie eine Kanne Kräutertee, schlang sich einen Schal um den Hals und setzte sich vor ihren Computer. Da sie das Gefühl hatte, Normalität in ihr Leben bringen zu müssen, schrieb sie einige E-Mails an ihre Freunde, denn sie hatte mal wieder Lust, etwas mit ihnen zu unternehmen. Eine knappe Stunde, zwei Chats und einige Telefonate später war sie mit zwei ehemaligen Schulkameraden und drei anderen Freunden für den kommenden Freitag in einem Forchheimer Biergarten verabredet. Jetzt musste sie nur noch ihre Oma dazu bringen, sie zu fahren, und vielleicht würden ja auch ihre Eltern ausnahmsweise ein Auge zudrücken, wenn es mal ein bisschen später wurde.

Zufrieden setzte sie sich vor den Fernseher und sah sich eine Talkshow an, auch wenn diese sie schon nach kurzer Zeit nervte. »Ich möchte nur wissen, was das für Idioten sind, die bei so etwas mitmachen«, brummte sie vor sich hin.

Im gleichen Moment hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde und ihre Mutter hereinkam.

»Na, Lena, wie geht’s dir denn?«, erkundigte sie sich besorgt. »Oma hat schon erzählt, dass du krank bist.«

Lena täuschte ein Hüsteln vor. »Geht schon wieder. Omas Kräuter sind super.«

»Na dann ist’s ja gut.«

»Du, Mama, ich würde mich gerne mit ein paar Leuten treffen. Nur in Forchheim im Biergarten, auf den Kellern.«

Kritisch zogen sich die Augenbrauen ihrer Mutter in die Höhe. »Und mit wem?«

»Max und Tina aus dem Gymnasium und dann noch Robbie, Ellen und ihr Freund Klaus.«

Da Lenas Mutter die jungen Leute immerhin flüchtig kannte und sie damals auch nicht auf der schicksalhaften Party dabei gewesen waren, stufte sie diese offenbar als harmlos ein, denn sie nickte bedächtig. »Also gut, aber um elf bist du spätestens zurück.«

»So früh?«, maulte Lena.

»Der Biergarten macht dann ohnehin zu.«

»Bis zu uns fährt man doch fast eine Dreiviertelstunde, kann ich nicht bis Mitternacht fortbleiben?«

»Und wer fährt dich?«, fragte ihre Mutter nach.

»Oma macht’s bestimmt.«

»Also gut, wenn du sie überreden kannst, dich mitten in der Nacht durch die Gegend zu kutschieren – von mir aus.«

»Oma macht es doch nichts aus, lange aufzubleiben«, meinte Lena zuversichtlich, »schon gar nicht im Sommer.«

Achselzuckend ging ihre Mutter aus dem Raum. »Ich werde mal kochen. Hast du irgendwelche Wünsche?«

»Auf Nudeln hätte ich Lust.«

Zum Glück musste Lena bei Oma Gisela nie lange betteln. Sie erklärte sich schnell einverstanden, und so fieberte Lena dem Wochenende entgegen. Nur bedauerlicherweise hatte der Sommer eine Pause eingelegt. Es regnete fast ohne Unterlass, sodass auch nichts aus ihrem geplanten Ausflug zum Druidenhain wurde. Es ärgerte Lena, Ragnar nicht telefonisch erreichen zu können, aber bei diesem Wetter hätte sie ohnehin wenig Lust auf einen Ausritt gehabt. Sie war mehr als froh, als es Freitag schon früh aufklarte und die Sonne herauskam. Sicher würde das gute Wetter bis zum Abend anhalten – und sie konnte ihre Freunde endlich einmal wiedersehen. So ging ihr heute auch die Arbeit im Altenheim leicht von der Hand, und als endlich Feierabend war, rannte sie zum Tor. Zu ihrer Überraschung wartete Ragnar davor.

»Hallo! Was machst du denn hier?«

»Ich wollte dich fragen, ob wir weitersuchen wollen.«

»Woher wusstest du denn, dass ich jetzt Feierabend habe?«

»Wusste ich nicht.« Er lehnte sich gegen den Pfosten am Eingang. »Ich bin vorhin vorbeigefahren und habe einen der Pfleger gefragt.«

»Ach so.« Unruhig trat Lena auf der Stelle herum. »Aber heute geht’s nicht. Ich bin verabredet.«

»Schade.« Dann runzelte er die Stirn. »Ich dachte, du hast Ausgehverbot.«

Lena schürzte die Lippen und grinste. »Heute darf ich sogar bis Mitternacht wegbleiben.«

»Dann könnten wir doch im Anschluss ausreiten«, schlug er mit einem Augenzwinkern vor.

»Das ist jetzt aber nicht dein Ernst!«

»Doch. Bald ist Vollmond, da wird es beinahe taghell sein. Ich finde Ausritte bei Nacht sind etwas ganz Besonderes. Andererseits möchte ich natürlich nicht, dass du Ärger mit deinen Eltern bekommst.«

Lena sah ihn zweifelnd an, dann schüttelte sie den Kopf. »Nee, wenn ich ein neues Pferd ausprobiere, dann möchte ich das lieber bei Tageslicht tun.«

»Gut, dann eben nicht.« Er nickte ihr zu und ging zu seinem Motorrad zurück.

»Ein anderes Mal gerne«, rief Lena ihm noch hinterher, dann trat sie ordentlich in die Pedale, denn sie wollte sich noch ausgiebig aufstylen.

Da Oma Giselas letzte Patientin länger als geplant geblieben war, war es schon kurz nach acht, als Lena endlich am Kellerwald ankam. Eilig bedankte sie sich bei ihrer Oma und rannte dann den Berg hinauf. Ihre Freunde saßen bereits auf den Holzbänken, lautes Gelächter schlug ihr entgegen.

»Na endlich!«, wurde Lena von ihrer ehemaligen Schulfreundin Tina begrüßt.

Tina war wie immer perfekt geschminkt, ihre blonden Haare waren tipptopp frisiert, und sie trug modische, wenn auch für einen Biergartenbesuch wenig praktische Kleidung. Minirock, ein hautenges Shirt und High Heels.

»Sag mal, die Hose und das Top hattest du aber schon zu unserer Fete am Baggersee an, oder?«, fragte sie.

Diese spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen, und sie zupfte an ihrem petrolfarbenen Shirt herum. »Kann schon sein, ich bin in letzter Zeit kaum zum Shoppen gekommen«, murmelte sie verlegen.

»Na, und ziemlich bleich sieht unser Lenchen aber auch aus«, lästerte der braungebrannte Robbie.

»Im Gegensatz zu dir muss ich auch arbeiten«, schoss sie zurück.

Schon seit zwei Jahren hatte Robbie die Schule beendet, sich jedoch weder zu einem Studium noch zu einer Lehre durchringen können. Oma Gisela behauptete immer, er wäre von Beruf Sohn, denn seinem Vater gehörte eine große Baufirma, und Geldsorgen kannte er nicht.

»Jetzt hört doch auf«, versuchte Max einzulenken. Der hagere Zwanzigjährige mit der Brille war von jeher der Gutmütigste aus der Truppe gewesen. »Lasst uns lieber drauf anstoßen, dass Lena mal wieder dabei ist.«

Endlich setzten sich alle hin, und Lena atmete auf. Sie bestellte eine Apfelschorle, was Tina schon wieder kritisch die gezupften Augenbrauen heben ließ. Dann unterhielten sie sich über gemeinsame Freunde und Bekannte. Lena kam sich dabei ausgeschlossen vor, denn bei den vergangenen Sommerfeten war sie nicht mit von der Partie gewesen. Die meisten der neuen Freundinnen oder Freunde von gemeinsamen Bekannten hatte sie nie gesehen, sodass sie immer stiller wurde.

Tina und Ellen fingen irgendwann an, über die neueste Mode und angesagte Frisuren zu diskutieren, aber auch da war Lena nicht mehr up to date. Max, Robbie und Klaus hatten inzwischen ihr drittes Bier geleert, und ihre Witze wurden immer anzüglicher, was ihr ebenfalls auf die Nerven fiel. Verstohlen blickte sie auf die Uhr. Obwohl es erst kurz nach halb zehn war, wäre sie am liebsten schon gegangen.

»Sag mal, Lena, stimmt es, dass Kevin beinahe im Gefängnis gelandet wäre?«, fragte Robbie auf einmal.

Auf der Stelle versiegte das Gespräch über die Vorteile von Haar-Extensions, und sogar Ellen und Tina drehten sich erwartungsvoll zu ihr.

»Kann schon sein«, antwortete sie ausweichend.

Ellen riss ihre blauen Augen weit auf. »Ich habe gehört, er und seine Kumpel sind von irgendwelchen Typen furchtbar vermöbelt worden, aber sie haben nicht verraten, wer das war. Weißt du da etwas?«

»Woher soll ich das denn wissen?«, fragte Lena gereizt. Innerlich musste sie grinsen, denn sie wusste ganz genau, wer Kevin verprügelt hatte. Ragnar, dachte sie und wünschte sich, sie würde mit ihm durch den nächtlichen Wald reiten, statt hier mit diesen aufgeregt gackernden Hühnern zu sitzen. Im Augenblick plapperten nämlich sowohl Ellen als auch Tina auf sie ein und bedrängten sie, Details zu erzählen. Plötzlich sah Lena ihre Freundinnen mit ganz anderen Augen. War Tina eigentlich schon immer so oberflächlich gewesen? Ellen schminkte sich jetzt viel stärker als früher, und auch wenn es zu ihrer eher kräftigen Statur überhaupt nicht passte, trug sie ähnlich enge Kleider wie Tina. Die Jungs schienen noch dieselben zu sein, trotzdem störte Lena es, wie Robbie ihr mit seinem Bieratem ins Ohr hauchte und drängte: »Komm, du warst doch mal mit Kevin zusammen, du kannst uns schon verraten, was abgegangen ist.«

Eilig machte sie sich von ihm los. »Ich war mit ihm zusammen, aber wir haben keinen Kontakt mehr.«

»Da habe ich von ihm aber was ganz anderes gehört«, meinte Ellen spitz. Dabei zog sie sich ihren viel zu kurzen Rock über die drallen Oberschenkel.

»Kevin kann mir gestohlen bleiben.«

»Na, zumindest hat er nach deinem Kiffer-Unfall zu dir gehalten«, entgegnete Ellen herausfordernd.

Lena wusste, dass Ellen immer schon in Kevin verliebt gewesen war, er sich jedoch nie für sie interessiert hatte.

»Ach ja, hat er das?« Sie spürte, wie Wut in ihr aufstieg. Warum nur hielten alle Kevin für einen Heiligen?

»Natürlich. Gut«, räumte Ellen ein, »kurz darauf habt ihr euch getrennt, aber trotzdem …«

»Dann nimm ihn doch, wenn du ihn so toll findest.«

Mit einiger Genugtuung sah Lena, wie Ellen errötete.

»Wie sieht’s eigentlich bei dir in Sachen Liebe so aus?«, fragte Robbie und legte ihr vertraulich den Arm um die Schultern.

»Ich bin Single – aus Überzeugung!«

»Ha, das wirst du sowieso nicht lange aushalten«, behauptete Klaus. »Bist doch ’n hübsches Mädchen.« Dies brachte ihm einen giftigen Blick von seiner Freundin ein.

»Na ja, zum Friseur könntest du schon mal gehen«, bemerkte Ellen. »Deine Strähnen sind ganz schön ausgewachsen. Und sag mal, hattest du nicht früher immer ein Piercing?«

Unwillkürlich fuhr Lenas Hand zu ihrer Schläfe, und sie bemerkte beiläufig, dass sie das Schmuckstück schon lange nicht mehr angelegt hatte.

»Deine Nägel müssten ebenfalls gemacht werden«, fuhr Tina unbeirrt fort.

In diesem Moment packte Lena die Wut, und sie sprang auf. »Und ihr, habt ihr eigentlich nichts anderes im Kopf als Kleider, Haare und mein verkorkstes Liebesleben?«

Schlagartig war es still am Tisch. Die jungen Leute sahen sich erst gegenseitig und dann Lena verdutzt an.

»Was ist denn mit dir los?«, wollte Tina wissen.

»Ich … ach … keine Ahnung.« Lena fuchtelte in der Luft herum. »Ich muss jetzt gehen.«

»Was, jetzt schon?« Entgeistert blickte Max auf die Uhr. »Ist doch nicht mal zehn.«

»Meine Eltern, ihr wisst schon … Die Sache mit dem Kiffen, da habe ich versprochen früh zuhause zu sein.« Eilig packte Lena ihren Pullover, umarmte ihre Freunde nacheinander und verließ beinahe fluchtartig den Biergarten. Der Weg zur Straße lag im Dunkeln, aber Lena war froh, allein zu sein. Sie fragte sie, was geschehen war. Früher hatte sie sich immer gut mit ihren Freunden verstanden, aber jetzt gingen sie ihr nur noch auf die Nerven.

Über eine Stunde wartete Lena am Waldrand auf ihre Großmutter. Diese kam erfreulicherweise schon zehn Minuten vor der verabredeten Zeit.

»Na Lena, du bist aber pünktlich«, freute sich Oma Gisela.

»Hm.«

»Hattest du einen schönen Abend?« Umständlich wendete sie ihre Ente.

»Ging so.«

»Habt ihr euch etwa gestritten?«

Lena lehnte ihren Kopf gegen die kühle Fensterscheibe. »Nicht direkt. Ich weiß nicht … irgendwie ist es jetzt anders als früher.«

Oma Giselas Blick schweifte kurz von der Straße zu ihr. »Weißt du, Schatz, Menschen verändern sich. Ihr habt euch schon einige Monate nicht mehr gesehen, und in den seltensten Fällen bleiben Schulfreundschaften erhalten. Bei mir war das nicht anders. Ich habe lediglich noch zu Agnes Kontakt.«

»Die durchgeknallte Agnes!« Lena musste grinsen, als sie an die alte Frau dachte, die sie vor einigen Jahren mal besucht hatte. »Lebt sie eigentlich immer noch auf dieser Finca in Spanien und verdient ihr Geld mit Telefonsex?«

»Erotikhotline – darauf legt sie Wert!«

»Stell dir das mal bildlich vor«, kicherte Lena. »Da rufen irgendwelche Typen an und erhoften sich eine knackige, vollbusige Schönheit, und dann sitzt ’ne runzlige alte Frau am anderen Ende der Leitung.«

»Ach, so viele Runzeln hat sie gar nicht. Agnes joggt jeden Tag fünfzehn Kilometer am Strand.«

»O Mann, Oma, die ist echt noch krasser drauf als du.«

»Soll ich mich jetzt geschmeichelt oder beleidigt fühlen?«, erkundigte sich Oma Gisela schmunzelnd.

»Im Zweifelsfall geschmeichelt!« Lena zwinkerte ihrer Großmutter zu und war glücklich, dass diese sie auf andere Gedanken gebracht hatte.