16. Das Feuer
entfachen
„Es ist vorbei“, hörte ich Istvan immer wieder
sagen. Förmlich schreien. Ich hätte mich nur allzu gerne mit ihm
gefreut, aber diese blitzschnelle Rückkehr setzte mir zu.
Zuerst musste ich mich wieder daran gewöhnen,
einen realen Körper zu haben und meine Reaktionen und Antworten
nicht länger nur zu denken, sondern meine Stimme zu benutzen. Ich
räusperte mich.
„Ich kann es noch gar nicht fassen!“, brachte
meine wiederentdeckte Stimme geradeso zusammen.
„Doch, Joe! Es ist wahr, es ist wirklich wahr“,
verkündete er jubelnd und schrie es in den Nachthimmel mit
feierlicher Stimme und ausgestreckten Armen. Seit ich ihn kannte,
hatte ich Istvan noch nie so befreit und glücklich erlebt. Es war
ansteckend.
Sogar Valentin lachte mit mir über unseren
gemeinsamen Freund und seine unübersehbare
Hundertachtziggradwendung.
„Das freut mich für euch. Endlich geht mal alles
glatt bei uns“, stellte er ironisch fest.
„Ich weiß noch gar nicht, wie ich dir je dafür
danken soll“, sagte Istvan sichtlich ergriffen von den Ereignissen
und seiner tief empfundenen Dankbarkeit.
„Nein, Istvan, dafür nicht. Wir haben nur etwas
gerade gebogen, das dazu auch bestimmt war … Und nun entschuldigt
mich“, sagte er und stand dabei auf. „Ich bin Gentlemen genug, um
zu wissen, wann man sich zurückziehen sollte, um das junge Glück
nicht zu stören“, meinte er schließlich eigenartig
schmunzelnd.
Dabei sah er amüsiert zu Istvan, als könnte er
dessen Gedanken lesen und würde mit ihm einen sehr privaten,
delikaten Scherz teilen. Das Verhalten der beiden bewirkte, dass
ich mich plötzlich schämte, so als wäre ich splitterfasernackt
unter feine Leute geraten.
Ehe ich noch auf Valentins Worte reagieren konnte,
sah ich ihn schon mit seiner riesigen Umhängetasche zwischen den
Bäumen verschwinden. Es machte den Eindruck, als könnte er gar
nicht schnell genug von hier wegkommen, um außer Hörweite zu sein.
Ein nervöses Kribbeln stieg in mir hoch, das versuchte, Besitz von
mir zu ergreifen. Aber noch beherrschte mein Verstand mit einer
gehörigen Portion Herz mich und die Lage.
„Kannst du mir erklären, was da gerade passiert
ist?“, wollte ich von Istvan wissen.
Er grinste betörend schief, kam aber nicht einen
Zenti-meter näher.
„Kommt darauf an … Meinst du die Verschmelzung von
mir und meinem Wolf oder meintest du eher Valentins schamloses
Benehmen?“
„Beides … aber eher Letzteres“, verdeutlichte ich
abgehackt stammelnd.
„Ich denke, er hegt den Verdacht, dass wir jede
Sekunde übereinander herfallen werden, jetzt, wo wir es
können. Und anscheinend hält er es für
sicherer und höflicher, dann nicht in der
Nähe zu sein“, erklärte Istvan ausführlich und grinste dabei auf
eine Weise, die man in Ermangelung eines besseren Wortes nur
sexy nennen konnte.
Mein Mund war plötzlich ganz trocken, sodass ich
nichts erwidern konnte. Was auch?
Taxierte er mich gerade mit hochgezogener
Augenbraue? Hatte ich tatsächlich gesehen, wie er sich auf die
Unterlippe gebissen hatte? War mit seinem erstarkten Wolf gar ein
Verführer in Istvan gefahren?
„Ist das dein Ernst?“, hörte ich mich mit seltsam
erschrockener Stimme fragen. Wovor zum Teufel hatte ich denn
Angst?
„Kann es sein, dass du denkst, ich will dich
verführen, Joe?“, fragte er mich mit dieser tiefen, rauchigen
Stimme, die mich ganz wehrlos machte, und schickte noch sein
unwiderstehlich schiefes Grinsen hinterher, sodass ich glauben
musste, er würde es genau darauf anlegen.
„Jetzt? Hier? Mitten im Wald? … Nach allem, was
heute geschehen ist!“, presste ich fassungslos hervor. Herrgott,
ich klang ja entsetzt, so als wollte ich nicht. War ich verrückt?
-Halte endlich die Klappe!, ermahnte meine
innere Stimme mich. Ich musste ihr recht geben.
Er kam jetzt näher, durchbrach das Zeichen, auf
dem ich noch immer wie angewurzelt saß, und zog mich auf die
Füße.
Unvermittelt fand ich mich in seinen warmen,
weichen und starken Armen wieder. Er hauchte nun in mein
Haar.
„Wir haben ein knisterndes Lagerfeuer, mehr
Decken, als mir eigentlich lieb ist … und uns natürlich. Was
brauchst du mehr?“
Die Frage war rein rhetorisch. Für uns beide. Eine
Antwort war reine Zeitverschwendung.
Ich wollte ihn gerade ermutigen, den ersten
Schritt zu tun, da fiel mir dummerweise der letzte Versuch dieser
Art ein und ich zögerte, obwohl dazu kein Grund mehr bestand. Nicht
mehr. Er half mir gekonnt aus meiner Klemme.
„Es ist schwer genug nach all der langen Zeit,
nicht sofort über dich herzufallen und dich mit Haut und Haar zu
verschlingen. Aber du kennst mich. Ich lasse mir gerne Zeit … mit
dir … besonders am Anfang“, erinnerte Istvan mich und ich konnte
fühlen, wie allein durch seine bloßen Worte mein ganzer Leib zu
glühen begann, als hätte mich seine Andeutung tatsächlich berührt.
Überall.
Die Sache war nur die: Wenn er es tat, so wie er
es die ersten Male oft getan hatte, wenn er sich Zeit ließ, mich
langsam entkleidete, erkundete und berührte, war das für mich
manchmal schwer bis kaum zu ertragen. Denn dann schien es mir
unmöglich, ihn nicht genauso zu berühren. Es war, als würde man
wider die eigene Natur handeln. Ich kannte mich zu gut.
Die wahnsinnige Sehnsucht nach ihm war so stark,
wie sollte ich ihn da langsam lieben können. Im Grunde verlange er Unmögliches von
mir.
„Ich werde mein Bestes tun“, begann ich flüsternd,
„dich nicht sofort zu verschlingen. Aber versprechen kann ich
nichts“, gestand ich und begann wie von selbst in seinen weichen
Sandhaaren zu wühlen. Das alleine war schon herrlich.
„Küsst du mich jetzt endlich?“, flehte, ja,
verlangte ich gequält.
„Gott, ja!“, hauchte er schon ganz nah an meinem
Lippen, bevor sich seine Worte in meinem Mund auflösten. Die
Berührung und Bewegung unserer Lippen war von Anfang an wild und
fordernd. Wir eilten dem entgegen, was wir wollten. Das war nicht
zu beschönigen. Wer wollte das schon?
Ohne die Augen zu öffnen, mit zusammengeschweißten
Mündern und suchenden Händen schleppten wir uns zur großen Decke,
auf der zwei weitere lagen. Zusammen sanken wir auf die Knie. Beide
seufzten wir laut, als wir uns zum ersten Mal voneinander lösen
mussten, um nach Luft zu schnappen.
Verdammte Atmung!
Keiner von uns wollte mehr sprechen. Jedenfalls
nicht mit Worten.
Istvan versuchte es: Langsam und zärtlich befreite
er mich von meinem weißen T-Shirt und den Jeans, so wie ich ihm aus
seiner half. Halb entkleidet, halb nackt, saßen wir uns gegenüber
und sahen uns in dem Bewusstsein an, was gleich geschehen würde.
Dass wir bald wieder vereint sein würden, gab einem das Gefühl zu
schweben.
Sooft schon hatte ich es mir vorgestellt, aber
jetzt, da er tatsächlich wieder meine Haut, meinen nackten Körper
berührte, verschlug es mir den Atem, als hätte ich ihn zum ersten
Mal so nahe bei mir. Doch in der Sekunde, als er sich auf mich
legte und diese Wärme, dieses unfassbare Feuer seiner Gegenwart,
mich überströmte, war jeder Gedanke an „Sich Zeit
lassen“ so gut wie vergessen. Istvans Vorsatz war ohnehin
zum Scheitern verurteilt, jedenfalls von meiner Warte aus.
Ich presste ihn nun mit der Hand in seinem Nacken
fest an mich. Mein weiblicher Körper verwob sich mit seinem
männlichen Leib auf die schönste Weise, die vorstellbar ist. Meine
Küsse wurden merklich und merkwürdig verzweifelt, fast als hätte
ich ihn zu lange entbehren müssen und müsste mir jetzt alles auf
einmal zurückholen.
Er schmunzelte ganz kurz über mich und meinen
leidenschaftlichen Rausch, der vollkommen von mir Besitz ergriffen
hatte. Aber meinen rasch pochenden Herzschlag auf seiner Brust
fühlend, verlor auch er die letzte Beherrschung und Kontrolle über
sich.
Zusammen fielen wir in die grenzenlose Hingabe
dieser besonderen Form des Blutrausches. Das Blut, das jetzt
pochend und heiß durch meine Adern strömte, wurde alleine von
Istvans Feuer entfacht. So wie ich seine drahtigen Muskeln zum
Anspannen brachte. Genau, wie es zwischen Liebenden sein
sollte.
Istvan war tatsächlich ein neuer Mann. Er schien
gar keine Zurückhaltung oder seine üblichen Hemmungen mir gegenüber
mehr zu kennen.
Jetzt erst bemerkte ich, dass er immer einen
kleinen Teil von sich zurückgehalten hatte. Sein fester, beinahe
gieriger und doch zärtlicher Griff verriet es mir. Er liebte mich
zum ersten Mal mit all seiner Kraft, auch jener Kraft, die ihm
selbst immer verborgen geblieben war. Mir machte es nicht das
Geringste aus, dass er sich beinahe schon beherrschen musste, um
seine Feuerküsse auf meinem Körper nicht zu leichten Liebesbissen
werden zu lassen. Ich stachelte ihn sogar an, mehr und mehr. Wir
konnten einfach nicht genug voneinander bekommen. Fast verlor ich
schon die Besinnung, wenn ich mir nicht heimlich selbst geschworen
hätte, jede Einzelheit dieser Nacht für mich zu bewahren. Wir
verloren uns selbst vollkommen ineinander, bis wir widerstrebend
wieder an die Oberfläche kamen, nachdem wir gemeinsam die Tiefen
unserer körperlichen Intimität ausgelotet hatten. Der Feuersturm
war fürs Erste vorüber, aber seine Verwüstungen und Spuren waren
uns geblieben, aber auf schöne, befriedigende Art.
Ich kam schweißgetränkt zu mir, wie immer, während
Istvan glühend, aber trocken dabei war, die Decke über mich zu
schlagen, damit ich nicht zu frieren begann. Als
ob das in seiner Nähe, trotz kalter Schweißperlen, je möglich
wäre.
„Danke“, brachte ich keuchend zusammen. „Aber
willst du nicht auch unter die Decke kommen?“
„Nicht, dass es nötig wäre, aber … ja!“, flüsterte
er glücklich schmunzelnd. Seine Frisur war ganz durcheinander von
meinen wild wühlenden Fingern. Ich musste deswegen leicht
lächeln.
Doch sofort, als sein nackter, warmer Glutkörper
meinen berührte, erwachte erneut das Begehren, einer Feuerexplosion
gleich, in mir, als wäre es nie gestillt worden und ich fing an,
ihn langsam und tief zu küssen, bevor ich ihn wie ein Ranke
umschlang.
Wir liebten uns in dieser Nacht ein zweites Mal und
ich hätte selbst bei Todesstrafe nicht zu sagen vermocht, welches
Mal besser oder schöner gewesen war.
Sehr lange lagen wir am ausgehenden Lagerfeuer und
betrachteten die Sterne über uns. Das hier war der Höhepunkt
dessen, was das Leben zu bieten hatte. Mit dem Mann meines Herzens,
meines Lebens, zu schlafen und in seinen Armen nicht einschlafen zu
wollen!
Mit der Zeit nahm Istvan wieder seine
Lieblingsbeschäftigung auf. Er begann mit meinen Haarspitzen zu
spielen. Das bescherte meinem Herzmuskel zwar keinen Trommelwirbel,
dennoch verstärkte es das Pochen so deutlich, dass mir meine Brust
beinahe wehtat und angenehm schmerzte. Das Atmen war dabei
schwierig, als wäre mein Brustkorb zu eng für die Gefühle, die er
in mein Herz brachte.
Das waren sie, meine körperlichen Anzeichen dafür,
ihm zu sagen, dass er alles für mich war. Ansonsten würde ich daran
ersticken.
„Ich liebe dich“, sagte ich sanft in die
Dunkelheit.
Er unterbrach das Haarspiel gar nicht.
„Ich liebe dich auch“, hörte ich ihn ernster
sagen, als ich vertragen konnte. Mein Körper verkrampfte sich
deswegen unwillkürlich.
„Aber?“, fragte ich angespannt mit gebrochener
Stimme.
„Kein Aber!“, schrie er förmlich. Er schien fast
beleidigt.
„Ich liebe dich nur so, dass es mir Angst macht“,
verriet er dann doch.
„Und du weißt nach dem, was du heute gesehen hast,
dass ich dich so sehr liebe, dass es wehtut … Davor musst du doch
keine Angst haben. Davor nicht! Geht es darum, dass du mich nicht
verlieren willst?“, wollte ich von ihm wissen und musste dabei sehr
viel Kraft aufbringen, um es ruhig klingen zu lassen.
Er schwieg lange und nachdenklich, dann hauchte er
ein trauriges Ja. „Ich weiß jetzt mehr denn je, dass ich es nicht
mehr ertragen könnte, ohne dich zu sein“, sagte Istvan mich
besitzergreifend umarmend.
„Mit diesem Problem stehst du nicht allein da“,
versicherte ich ihm.
„Aber bei allem, was mir heilig ist, ich weiche
nicht mehr von deiner Seite … Es sei denn, du bittest mich darum“,
murmelte ich leise. Umgehend bereute ich, wie ich den Satz hatte
enden lassen
„Das wird nie passieren“, sagte er hart.
„Dann gibt es ja nichts mehr, wovor du Angst haben
musst“, begann ich überzeugt. „Jedenfalls nichts, was uns
betrifft“, schickte ich hinterher. Ich wollte auf Gedeih und
Verderb -Farkas’ Namen in dieser Nacht nicht erwähnen, ihn schon zu
denken, war grauenhaft.
Istvan nickte verständnisvoll. Mehr um das
unliebsame Thema zu wechseln, sagte ich dann beinahe
gleichgültig:
„Welche Veränderungen gibt es noch an dir?“
„Keine Ahnung. Wir werden es noch früh genug
herausfinden.“
Istvan wollte auch darüber nicht reden. Er wollte
gar nicht sprechen. Er drehte sich, sodass er teilweise über mir
war und strich über meine Wange. Ich lächelte liebevoll. Das reale
Feuer neben uns war nun gänzlich erloschen. Die Glut glimmte weiter
vor sich hin. Das spärliche Licht der dünnen Sichel eines nahen
Neumondes umfasste Istvans gleichmäßige Gesichtszüge über mir. Er
war so schön anzusehen und sich dessen gar nicht bewusst. Diese
markanten Wangenknochen und sein starkes, kratziges Kinn stachen
mir am deutlichsten in die Augen. Ich erinnerte mich haargenau an
die blassrosa Farbe seiner gleichmäßig geformten Lippen. Bei diesem
Licht schienen seine Augen äußerst dunkel und waren nur mit einem
dunkelgrünen Schimmer überzogen.
Er legte sich wieder auf die Seite, weshalb ich
fast geflucht hätte. Ich hatte tatsächlich vergessen zu atmen, als
er noch auf mir gewesen war, deshalb kam mir jetzt ein lautes
Hauchen aus.
Vollkommen unerwartet packte er meinen Arm und
begann ihn auf eine merkwürdig Weise hin und her zu drehen. Dabei
beobachtete ich meine eigene Hand und den dazugehörigen Arm genau
wie er, als wären es Kunstgegenstände, die wir eingehend
betrachteten. Wonach suchte er? Ich wollte es wissen.
„Was machst du da eigentlich?“
„Ich bin doch ein echter
Blödmann. Wenn ich nicht so verdammt verbohrt gewesen wäre, hätte
ich schon viel früher entdeckt, wie wunderschön du selbst im
spärlichen Mondlicht bist. Deine Haut!“, staunte er. „Sie schimmert
in diesem silbrigen Blau, obwohl das Mondlicht doch so schwach
ist“, entdeckte er für sich.
Istvan bemerkte auch, dass es durch dieses fahle
Licht beinahe so aussah, als würden sich mein Arm und meine Finger
in Zeitlupe bewegen, in einer geringen Unschärfe, ähnlich wie er
für mich aussah, wenn er in seinem schnellsten Lauf verfiel. Er war
darin ganz gefangen. Ich musste einfach über ihn lachen.
Er kam mir vor wie ein Schuljunge, der zum
allerersten Mal entdeckt, dass die Sterne nicht unordentlich am
Firmament verstreut sind, sondern eindeutige Formationen bilden.
Und jetzt, wo er es wusste, kam er sich dumm vor, einfach weil es
ihm nicht schon früher aufgefallen war. Obwohl es doch so
offensichtlich schien.
„Joe!“, sagte er merkwürdig drängend. Die Art wie
seine gedehnte Stimme dabei klang, rau und verhalten, beunruhigte
mich.
„Würdest du mir einen Gefallen tun …“, begann er
zögernd, ehe er erneut ansetzte: „Darf ich mir dich noch einmal
einprägen … bei diesem schwachen Mondlicht?“
Er sah mich so eindringlich und fordernd dabei an,
dass ich es nicht einmal wagte, ihm diese Bitte abzuschlagen.
„Bitte!“, flehte er sanft und umklammerte bereits
den Rand der Decke, um sie jederzeit wegschlagen zu können.
Meine Zustimmung vermochte ich nicht
auszusprechen. Stattdessen ließ ich meine Finger über seine
verkrampfte Faust wandern, um mit ihm gemeinsam mit verschränkten
Händen die Decke von mir zu ziehen.
Der Blick, mit dem er mich dabei ansah, hätte
sogar den Erdkern zum Schmelzen gebracht. Seine Augen wanderten weg
von meinem um Fassung bemühtes Gesicht, hin zu meinen Schultern und
weiblichsten Kurven, verweilten auf meinem flatternden Bauch, der
meine Aufregung kaum verbarg, bevor sein Blick dann meine
angezogenen Beine entlang fuhr, ehe er wieder in meine suchenden
Augen zurückkehrte.
„Satt gesehen?“, fragte ich zittrig.
„Bestimmt nicht!“, hielt er breit grinsend dagegen
und küsste mich leidenschaftlich mit offenem Mund.
Ich schaffte es tatsächlich ihn kurz von mir
wegzureißen, auch wenn ich dafür ein paar seiner Nackenhaare in
meinen Fingern behielt. Noch brauchte ich ab und zu etwas Atemluft.
Leider!
Als ich Istvan erneut an mich drücken wollte,
widerstand er meinem Drängen. Ohne es eigentlich zu wollen, zog ich
einen Schmollmund wie ein gieriger kleiner Nimmersatt. Er lachte
hart, als er mich so sah und kramte nach etwas in seiner
Jackentasche. Ich versuchte mehrmals über seine Schultern zu
linsen, aber sie waren zu breit. Die Decke fest um seien Hüfte
geschlungen, wandte er sich wieder zu mir um. Da erkannte ich, dass
Istvan nach dem Notizbuch gesucht hatte, in das er jetzt etwas kurz
notierte. Mit einem breiten, schelmischen Lächeln gab er es mir
dann zum Lesen. Ich nahm es, drapierte die Decke auf meinem
Oberkörper und begann beim heutigen Datum zu lesen:
Meine Liebste sieht im Mondlicht aus wie eine
Venus. Silbrigblau umfängt Luna ihren schlanken Leib. Und wie die
Flamme den Docht einer Kerze untrennbar umfängt, so schlinge ich
meinen Körper um den ihren. Gleich einer blauen Flamme, die ihrem
Auge gleicht, schlägt sie mich für immer und ewig in ihren
Zauberbann.
Ich las es zweimal. Jedes Mal fühlte ich, wie meine
Wangen ein bisschen mehr glühten. Seine poetischen Worte machten
mich ganz verlegen, auch deshalb nannte ich ihn einen Spinner,
lachte dabei unwillkürlich und boxte leicht auf seine Schulter. „Du
kannst wohl nicht anders, als mich ständig in Verlegenheit zu
bringen.“
„Du solltest langsam lernen, mit meinen Werbungen
umzugehen, denn ich werde nicht aufhören, dir Komplimente zu
machen, egal, wie sehr du darum bittest“, warnte er mich
eindringlich mit gespieltem Ernst.
„Das hatte ich fast schon befürchtet“, stöhnte ich
angegriffen. Ich konnte mich einfach nicht dazu durchringen, mich
bei seinen übertriebenen Worten wohlzufühlen.
„Aber wenn du darauf bestehst, kann ich die Zeilen
auch streichen“, meinte er schon fast ungerührt, diesen
merkwür-digen Ton als Waffe gebrauchend, und begann seinen Stift
über den Zeilen zu platzieren. Instinktiv riss ich ihm das
gefährliche Schreibwerkzeug aus der Hand. Daraufhin warf er mir
einen überlegenen Siegesblick zu.
„Na gut. Ich gebe es zu. Deine Worte schmeicheln
mir … Bitte, streich sie nicht weg, ja?“, flehte ich reumütig. Mir
ging es mehr darum seine Worte vor dem Auslöschen zu retten, als
seine übertriebenen Schmeicheleien über mich zu bewahren.
„Also doch! Sag, dass du meine Mondgöttin heut
Nacht warst und ich werde diese Zeilen niemals tilgen!“, forderte
Istvan verspielt.
„Ja doch“, schnaufte ich verächtlich. „Mein
Orion“, begann ich schwülstig, „heut Nacht war ich eure Mondgöttin.
Seid ihr nun zufrieden mit mir … und meinen Liebeskünsten?“
Er lachte laut und heiser, wie es nur ein Mann
kann, ehe er sich an mich drängte und in mein Ohr säuselte: „Aber
ja doch, sehr sogar! Einen zufriedeneren Mann zu finden, wird dir
nicht gelingen!“