25. Kapitel
Als Tracie endlich einschlief, hatte sie Albträume. Um zwanzig Minuten nach sechs wachte sie schweißgebadet von einem dieser Träume auf. Sie war mit ihrem alten Hund Tippy zusammen und war ebenso überrascht wie glücklich darüber, dass er wieder am Leben war. Dann begann sie aus irgendeinem Traumgrund, ihn blau anzumalen. Der kleine Cockerspaniel hielt geduldig still, während sie ihn mit einem Lammfellroller am ganzen Körper blau anmalte, bis aus der Farbe nur noch die Augen traurig zu ihr hochschauten. Zum Schluss kippte sie ihm das letzte bisschen Farbe aus der Dose direkt über den Kopf und bedeckte damit auch noch seine Augen. Tippy rannte daraufhin kläffend im Kreis herum und begann, auf ihre Knöchel loszugehen. Er biss sie wieder und wieder, bis ihr Blut sich mit der blauen Farbe vermischte und sie schreiend erwachte. Es war ein furchtbarer Traum gewesen, und sie wollte danach nicht wieder einschlafen. Vielleicht kam ihr Albtraum ja aus Sorge, weil sie sich Sonntagabend nicht mit Jon treffen konnte. Das Warten auf seinen so genannten »Fortschrittsbericht« trieb sie fast zum Wahnsinn. Sie gönnte sich eine lange Dusche und viel Zeit, um ihr Haar zu föhnen, das schon viel zu lang war und dringend geschnitten werden musste. Auf dem Weg aus ihrer Tür stibitzte sie sich noch zwei von den kleinen Schokokeksen, die sie und Laura am Wochenende gebacken hatten, aß einen davon und legte den anderen für später in ihre Handtasche. Schließlich war heute Montag.
Die Montage waren immer besonders übel, weil Marcus sich am Morgen mit der Verlagsleitung traf und seine Freude darüber während der nachmittäglichen Redaktionssitzung an den Rest der Belegschaft weitergab. An diesem Montag aber hatte Tracie nicht den üblichen Knoten im Magen, denn sie konnte es kaum erwarten, Beth’ Bericht zu hören. Jons Liebesleben sollte für ihre Karriere in verschiedener Hinsicht von Nutzen sein, wie ihr klar wurde, als Marcus an ihrem Büro vorbeiging und bei ihrem Anblick überrascht die Brauen hochzog. Sie warf ihm ihr ekelhaftestes Lächeln zu und sang ein fröhliches »Guten Morgen«.
Als er außer Sichtweite war, nahm sie den Schokokeks und den mitgebrachten Kaffee und stellte beides auf ihren Schreibtisch. Wenigstens war es kein Muffin. Hin und her gerissen zwischen Lauras Kochkunst und Jons Liebesleben aß sie weit mehr als sonst. Die Runden im Fitnessklub würden bald nicht mehr Schritt halten können mit den ganzen Kalorien. Aber sie hatte einen wahren Heißhunger.
Außerdem war sie so besorgt und neugierig, dass sie es kaum noch aushielt. Wo war Beth? Sie stieg auf ihren Stuhl und hielt Ausschau nach ihr, aber vergeblich. Tracie sprang gerade noch rechtzeitig wieder herunter, um Marcus zu entgehen, der aus irgendeinem Grund noch einmal zurückkam. Diesmal duckte sie sich, damit er später nicht allzu sehr auf ihr herumhackte. Es hatte schließlich keinen Sinn, es sich bei der Redaktionssitzung schwerer zu machen als unbedingt nötig.
Nachdem Beth nicht aufzutreiben war, wählte sie Jons Nummer in der Arbeit. Sie erreichte ihn nicht und versuchte es zwischendurch mit Beth’ Durchwahl. Keine Antwort. Sie trank ihren Kaffee und knabberte schuldbewusst am Schokokeks, bis der Kaffee zu kalt zum Trinken und nichts als Krümel übrig waren. Erst dann sah sie zwei Gänge weiter Beth’ Locken auf und ab wippen.
Tracie war in Sekundenschnelle aus ihrem Stuhl hochgeschossen und zu Beth’ Schreibtisch gerannt, bevor diese sich auch nur setzen konnte. »Na? Hast du mir gar nichts zu sagen?«, fragte sie. Sie hatte keine Ahnung, ob Beth wegen des Dates wütend auf sie war oder ob sie auf Beth wütend sein musste, weil diese Jon hatte abblitzen lassen.
»Wusste ich doch, dass du das tun würdest«, sagte Beth. »Genau so hab ich mir das heute Morgen beim Duschen vorgestellt. Okay, okay«, räumte sie ein, setzte sich und fuhr sich mit einer Bürste durchs Haar.
»Okay was?«, fragte Tracie.
»Okay, okay, du hattest Recht. Mit allem.«
Tracie verstand gar nichts mehr. »Was meinst du mit allem?«, fragte sie.
»Mit allem, was du über Marcus gesagt hast«, erklärte Beth. »Er ist langweilig und fett und viel zu alt. Außerdem ist er im Bett der totale Egoist. Du hattest von Anfang an Recht.«
»Du hast die Nacht mit Marcus verbracht?«, fragte Tracie enttäuscht. »Das kann doch wohl nicht wahr sein.«
»Doch nicht mit Marcus. Mit Jonny«, sagte Beth. Dann holte sie eine Puderdose hervor und schaute in den Spiegel.
»Mit Jonny?«, wiederholte Tracie. »Du hast mit Jon – mit Jonny geschlafen?«
»O mein Gott«, hauchte Beth, »er ist einfach unglaublich gut. Und er sieht fantastisch aus. Das heißt, eigentlich fand ich ihn am Anfang gar nicht so toll, nicht richtig, aber dann dachte ich, das ist bestimmt nicht das Schlechteste, um über Marcus wegzukommen. Jon war einfach süß, weißt du. Aber dann hat er mich geküsst, und dann war es weit mehr als nur Sex zum Ablenken. Wie der mich berührt hat; seine Hände sind echt unglaublich.«
»Redest du von Jonny?«, fragte Tracie. Sie war baff. »Jon Delano? Du hat mit ihm geschlafen?« Tracie wurde ganz schwindelig. Die Vorstellung, dass Beth und Jon… Mehr wollte sie darüber gar nicht wissen. Ihr wurde auf einmal klar, dass sie Jon nie als potenziellen Sexualpartner gesehen hatte. Sie hatte ja nicht einmal mit ihm darüber reden können. Mit Beth, Sara oder Laura sprach sie oft über Sex. Laura hatte einmal en détail beschrieben, wie Peters kleiner Peter deutlich nach links abknickte und welche Vorteile und Probleme sich daraus ergaben. Und als Sara mal mit einem Kerl geschlafen hatte, der nicht beschnitten war, hatte sie am nächsten Morgen nichts Eiligeres zu tun gehabt, als das ganze – ganz in der Tat – Gerät in allen Einzelheiten zu beschreiben. Sie hatte es mit einem chinesischen Nachthund verglichen. Aber das hier war etwas Anderes. Das war viel zu persönlich.
Beth hängte gerade ihren Mantel auf. »Weißt du, ich glaube, ich war auf dem besten Weg, mich an Marcus zu gewöhnen. Er hat ja wirklich was auf dem Kasten, das kann keiner bestreiten, aber er ist irgendwie« – sie hielt kurz inne, und Tracie merkte, dass sie keine Ahnung hatte, was als Nächstes kommen würde – »irgendwie müde, schätze ich. Oder vielleicht einfach nur so erfahren, dass er sich nicht mehr so anstrengt – verstehst du, was ich meine?«
»Vielleicht suchst du nach dem Wörtchen egoistisch«, schlug Tracie vor. Und für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie an Phil.
»Ja«, bestätigte Beth. »Egoistisch ist das richtige Wort.«
Tracie musste nicht erst darüber aufgeklärt werden, dass Jon genau das nicht war. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich nie darüber Gedanken gemacht, wie dieser Aspekt seiner Persönlichkeit sich auf seine Sexualität auswirken würde. Eigentlich dumm von ihr; natürlich war er im Bett ebenso großzügig und rücksichtsvoll wie in allen anderen Bereichen. Er hatte schließlich auch eine tolle Beziehung zu seiner warmherzigen und rücksichtsvollen Mutter.
»Ich hab ganz schön lang gebraucht, bis mir klar geworden ist, was er für ein Typ ist«, meinte Beth. »Am Anfang hat er auf harten Mann gemacht – du weißt schon, so ähnlich wie Matt Damon in Good will Hunting. Aber dann hat er sich eher als Exzentriker entpuppt, ungefähr wie Johnny Depp in Gilbert Grape. Und als das Gespräch richtig in Gang gekommen war, ist mir seine sensible Seite aufgefallen, so wie bei Leonardo DiCaprio in Titanic …«
»Gibt es eigentlich einen Filmstar, mit dem er keine Ähnlichkeit hat?«, brach es aus Tracie heraus.
»Er ist nicht wie Ben Stiller«, sagte Beth, an der Tracies Sarkasmus wie immer spurlos vorüberging. »Ich habe mit Jonny nicht deswegen geschlafen, weil ich ihn für einen schwierigen Typen gehalten hätte, sondern weil er anders ist. Er mag Frauen wirklich.« Dann legte sie ihre Handtasche weg, öffnete eine Schublade und holte ein Parfümfläschchen heraus. »Danke, dass du uns zusammengebracht hast. Ich mag ihn. Ich meine, ich mag ihn wirklich«, sagte sie. »Und der Sex war einfach -«
»Ich bitte dich«, sagte Tracie und hob zum Zeichen ihrer Kapitulation die Hände. »Ich muss das wirklich nicht unbedingt hören.«
Beth schaute vom Spiegel zu ihrer Freundin auf. »Man könnte glatt meinen, du wärst sauer auf mich, weil ich mit ihm geschlafen habe«, sagte sie. »Was soll das denn? Wir sind beide erwachsen, und wir haben natürlich Vorsichtsmaßnahmen getroffen.« Sie dachte einen Augenblick nach. »Hast du eigentlich je mit ihm geschlafen?« Tracie schüttelte den Kopf. »Er war einfach unglaublich.«
Die Redaktionssitzung war höllisch gewesen, aber Tracie kam einfach nicht über die Bombe hinweg, die Beth ihr vor die Füße geworfen hatte. Zudem war auf die Bombe auch noch ein wahres Sperrfeuer gefolgt, nachdem sie Jon endlich erreicht hatte. »Das war Klasse«, hatte Jon ihr erklärt. »Wir hatten ja so viel Spaß miteinander. Beth ist wirklich in Ordnung. Deine Ratschläge haben gewirkt wie eine Zauberformel. Gott, hat das gut getan – endlich mal wieder Sex. Tracie, ich werde dir ewig dankbar sein. Das ist so, als hättest du mir die Sesam-öffne-dich-Formel verraten.«
»Na wunderbar, Ali Baba«, hatte sie ihn angefaucht. »Aber erwarte jetzt bloß nicht gleich tausendundeine Nacht.«
»Warum denn nicht?«, hatte er gefragt. »Ich glaube, ich hab gerade eine Glückssträhne. Weißt du, was passiert ist?« Stillschweigen hatte sie den Kopf geschüttelt. »Ruth vom REI hat am Wochenende angerufen, und heute Morgen wieder; wir haben ausgemacht, dass wir uns treffen. Ich erzähl dir dann mehr, wenn wir uns sehen.«
Tracie war wie vor den Kopf geschlagen. Sie war wie betäubt zur Redaktionssitzung gegangen und hatte sich dort immer wieder dabei ertappt, dass sie Beth anschaute und sie sich mit Jon im Bett vorzustellen versuchte. Sie wusste nicht, ob sie nun auf Beth sauer war, auf Jon oder auf sich selbst. Sie hatte kaum mit der Wimper gezuckt, als Marcus erst Tim beschimpft und dann Sara verspottet hatte. Sie vergaß völlig, sich auf ihrem Stuhl klein zu machen. Und sie fragte sich auch gar nicht, warum die beiden nicht gekündigt hatten. Mit ein wenig Selbstachtung hätten sie das tun müssen – aber dann wäre sie selbst wohl auch nicht mehr hier. Allison war die Einzige, die ungeschoren davongekommen war, und Tracie hätte schwören mögen, dies bedeutete, dass Marcus mit ihr schlief. Obwohl das nicht unbedingt logisch war, denn als er noch mit Beth geschlafen hatte, war es auch kein Problem für ihn gewesen, immer dann, wenn ihm gerade der Sinn danach stand, Hackfleisch aus ihr zu machen.
Das Hackfleisch brachte sie wieder auf das, was sie soeben abgeschlossen hatte: auf den Artikel über den besten Hackbraten von Seattle. Idiotisch. Sie schüttelte den Kopf. »Sehr erfreut war ich«, hatte Marcus gesagt, »über die jüngste Arbeit unserer guten alten Tracie Higgins für dieses renommierte Haus. Sie haben wohl in letzter Zeit ein bisschen zugelegt, Miss Higgins? Aber was tut man nicht alles für die Arbeit. Jedenfalls haben Sie die Hackbratenkrise sehr anschaulich abgehandelt.« Dann zeigte er der versammelten Runde die Zähne. »Und jetzt ein kurzer Blick in die Zukunft. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es einen neuen Trend hin zu Designermuffins. Winzig kleine Dinger mit leckeren Glasuren und ganz neuen Verzierungen. Vorüber sind die Tage der Liebesperlen, und wir von der Times werden darüber berichten.« Er wandte sich direkt an Tracie. »Ich erwarte also eine Muffinsstory von Ihnen, mein kleiner Muffin. Und bringen Sie alle Konditoreien unter, die bei uns Anzeigen schalten.«
»Sie machen Witze«, hatte sie gesagt.
»Keineswegs. Wir bringen das in einer Essen-und-Trinken-Beilage zum Mittwoch.« Dann hatte er sich Beth zugewandt, die, wie Tracie ihr zugestehen musste, die Sitzung bis dahin blendend überstanden hatte. »Hören Sie eigentlich zu?«, fragte Marcus sie.
»Nein«, sagte sie. »Bin ich an der Reihe?« Tim prustete los und hielt sich die Hand vor den Mund, um es als Husten zu tarnen. Allison warf ihr perfektes Haar zurück. Tracie fasste endgültig den Beschluss, ihren Artikel für eine andere Zeitung zu schreiben und alles zu versuchen, um einen anderen Job zu finden.
Überall um ihren Schreibtisch waren Fotos und Post-its verteilt. All ihre Ideen über Langweiler einerseits und coole Typen andererseits sowie über die Unterschiede zwischen beiden waren in Tabellen und Diagrammen festgehalten. Jon vorher und Jonny nachher waren in Fotos verewigt, jeder kleinste Fortschritt minuziös verzeichnet. Aber irgendwie hatte sein Date mit Beth alles verändert.
Sie hatte alle ihre Kontakte in der Branche angerufen, einigen von ihnen eine mündliche Zusammenfassung gegeben, sowie mehrere Briefe geschrieben und sie in einem derartigen Anfall von Aktivismus per Fax abgeschickt, dass man hätte meinen mögen, sie sei die eifrigste Mitarbeiterin von Marcus und der Seattle Times. Pech für die Times, dass sich ihr ganzer Ehrgeiz darauf richtete, von Marcus wegzukommen. Und obwohl es noch zu früh war für Prognosen, schien es doch, als könnte das Seattle Magazine oder eine Zeitung in Olympia anbeißen.
Doch was sollte sie als Nächstes tun? Einen weiteren Zettel hinzufügen mit der Aufschrift »Jon fickt Beth«? Ob Marcus jetzt wohl an dem Artikel interessiert wäre? Die ursprünglich grüne Wand ihres Büros sah ohnehin von all den Haftnotizzetteln schon aus, als wäre sie gelb gestrichen, und blätterte allmählich ab. Sie seufzte. Jede Menge Notizen, aber kein Artikel.
Als das Telefon klingelte, war Tracie froh über die Ablenkung. Doch bevor sie abheben konnte, legte Beth auch schon die Hand auf den Hörer.
»Kann ich für dich rangehen?«, fragte Beth.
»Nein«, erklärte Tracie. »Du konntest ja auch das ganze Wochenende nicht rangehen. Außerdem – seit wann willst du eigentlich an mein Telefon? Doch erst seit deinem Date mit Jonny.«
»Na und?« Beth setzte sich. »Hast du mit ihm gesprochen? Was hat er über mich erzählt? Mag er mich?«
»Wenn du mich endlich ranlässt, finde ich’s vielleicht raus.« Tracie nahm den Hörer ab. »Hallo«, sagte sie kurz angebunden. Beth beobachtete sie, als führte sie einen komplizierten chirurgischen Eingriff durch, statt am Telefon mit jemandem zu reden. »Nein, das geht nicht. Ich muss diesen dämlichen Muffinartikel schreiben. Nein, mit Musik hat das überhaupt nichts zu tun. Vielleicht ist mir das, was ich mache, genauso wichtig wie dir das, was du machst. Nein. Vielleicht morgen Abend.« Tracie legte den Hörer auf die Gabel.
»Das war nicht Jonny«, sagte Beth, und Tracie hätte sie für diese Erkenntnis am liebsten für den Nobelpreis vorgeschlagen. »Hast du etwa Phil einen Korb gegeben?«, fragte Beth mit weit aufgerissenen Augen.
»Richtig.« Tracie verspürte einen unbändigen Drang, Beth eine zu scheuern, ohne genau zu wissen, warum. Es lag wohl einfach nur an ihrem Gesicht. Ihr war nie aufgefallen, wie unerträglich es war. »Er ist so unglaublich egoistisch. Er wollte mit mir essen gehen.«
»Wenn du das nächste Mal Jonny triffst, kann ich dann mitkommen?«, bettelte Beth.
»Nein!«, erklärte Tracie und merkte im nächsten Augenblick, dass sie fast schon schrie. Sie versuchte, sich zu beruhigen. »Hör mal«, sagte sie so langsam, als spräche sie mit einem Kind, »Jonny hat deinen Namen und deine Telefonnummer, und du hast seine. Wie du ganz richtig bemerkt hast – ihr seid beide erwachsen.« Tracie fühlte sich so erschöpft, als hätte sie einen Marathonlauf hinter sich oder als wäre sie ein gutes Dutzend Mal die Felswand im REI hochgeklettert. Sie wollte nach Hause, sich in ihr Bett verkriechen und sich von Laura irgendetwas solange es kein Hackbraten war, servieren lassen, statt hier herumzusitzen, einer strahlenden Beth ins Gesicht schauen und einen Artikel über Muffins schreiben zu müssen. »Von jetzt an müsst ihr beide das unter euch ausmachen«, sagte sie. »Ruf ihn doch einfach an, wenn du ihn unbedingt sehen möchtest.«
»Ich hab ihn ja schon dreimal angerufen«, gestand Beth. Erneut hätte Tracie ihr am liebsten ins Gesicht geschlagen, und so legte sie vorsichtshalber eine Hand auf die andere. »Stell dir vor«, fuhr Beth fort, »er hat zu Hause nicht mal einen Anrufbeantworter oder eine Mailbox, unter der er zu erreichen wäre. Ist das nicht merkwürdig?« Tracie zuckte nur mit den Achseln. »Er ist doch nicht verheiratet, oder?«
»Glaubst du, ich würde dich mit jemandem zusammenbringen, der verheiratet ist?« Tracie schüttelte den Kopf. Wie hatte Laura Beth noch genannt? Dumme Kuh?
»Glaubst du, er hat eine feste Freundin?«, fragte Beth, die Gnadenlose. »Meinst du, er lebt mit ihr zusammen?«
»Ich weiß, dass das nicht der Fall ist.« Wenn Tracie Beth erzählt hätte, dass für Jon – oder Jonny – bislang gar nichts anderes zur Diskussion stand, als allein zu wohnen, hätte Beth ihn wahrscheinlich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. »Zumindest war das bis vor kurzem so.«
»Dann versuch ich’s eben noch mal«, meinte Beth.
»Meinst du nicht, dass es besser wäre, einfach eine Weile abzuwarten?«, fragte Tracie. Und mit einem Mal hatte sie das unangenehme Gefühl, dass sie eigentlich weder Beth noch Jon sonderlich leiden konnte.