![/epubstore/A/N-Alyson/Riley-die-geisterjagerin-noel-a-riley-die-geisterjagerin-nn-4/OEBPS/e9783641069223_i0027.jpg](/epubstore/A/N-Alyson/Riley-die-geisterjagerin-noel-a-riley-die-geisterjagerin-nn-4/OEBPS/e9783641069223_i0027.jpg)
SECHSUNDZWANZIG
Obwohl ich jahrelang auf die Party zu meinem dreizehnten Geburtstag gewartet und mir jedes Detail genau ausgemalt hatte, war die Feier keineswegs so, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Nicht nur, weil ich mir niemals vorgestellt hatte, mit dreizehn bereits tot zu sein.
Nicht nur, weil ich beschlossen hatte, sechs Monate draufzulegen und mich dreizehneinhalb werden zu lassen.
Nicht nur, weil es, genau genommen, eigentlich keine Geburtstagsparty war, da sie nicht an meinem Geburtstag stattfand. Ich wusste nicht, welchen Tag wir hatten.
Sondern hauptsächlich deshalb, weil ich mich die meiste Zeit nach meinem Tod einsam und verlassen gefühlt hatte und nun beim Anblick meiner Geburtstagsgäste feststellte, dass das ganz und gar nicht der Fall gewesen war.
Okay, einige meiner Gäste kannte ich nicht sehr gut. Mit vielen hatte ich vielleicht nur in meinem Job zu tun gehabt – es waren Menschen, denen ich geholfen hatte, ihren Weg ins Hier und Jetzt zu finden. Aber ich hatte mich so lange Zeit allein gefühlt und gar nicht bemerkt, dass eine ganze Mannschaft hinter mir stand und mich anfeuerte.
Im Gegensatz zu Theocoles hatte ich ihre lautstarke Unterstützung ausgeblendet und mich stattdessen in meine – meist negativen – Gedanken vergraben. Aber damit war jetzt Schluss. Diese Zeiten waren vorbei.
»Riley, das ist wirklich toll!« Messalina wischte sich mit einer Serviette ein Stück Glasur von ihrem Kinn. »Sind Geburtstage immer so? Dann kann ich meinen nächsten kaum erwarten!«
»Sie laufen nicht immer so ab«, erklärte ich und stieß meine Gabel in ein Stück der verzuckerten Köstlichkeit. »Aber so sollten sie immer sein.« Ich schob mir noch einen Bissen in den Mund und lächelte sie an.
Und dann sah ich ihn.
Er starrte mich von der anderen Seite des Raums auf die gleiche Weise an, wie beim ersten Mal auf Messalinas nicht enden wollender Party.
Neugierig.
Und eindringlich.
Und mit einem gesunden Maß an unverkennbarem Interesse.
Nur dieses Mal fehlte ihm sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Und er war auch nicht so groß und muskulös und wirkte insgesamt nicht so reif. Aber er hatte seine ausgefallene Toga gegen Jeans und ein Sweatshirt eingetauscht, und das stand ihm eindeutig besser.
»Er ist echt?« Ich drehte mich zu Messalina um, hin-und hergerissen zwischen Überraschung und Ungläubigkeit.
»Das ist er tatsächlich.« Messalina beugte sich zu mir vor und wollte mir einen Krümel von der Wange streichen, überlegte es sich dann jedoch anders. Sie wollte nicht, dass ich glaubte, sie würde mich wieder verzaubern wollen, also deutete sie nur darauf.
»Dann war er nicht nur ein seelenloses Wesen, das du erschaffen hast, um mich beschäftigt zu halten?«
»Ganz und gar nicht. Er war auf den ersten Blick von dir begeistert – ich hatte nichts damit zu tun.«
»War er … war er in seinem früheren Leben tatsächlich der Sohn eines Senators? Ist er deshalb so lange geblieben?« Ich biss mir auf die Unterlippe und fragte mich, wann er den Mut finden würde, den Raum zu durchqueren und mich anzusprechen.
Messalina zuckte die Schultern. »Warum fragst du ihn nicht selbst?«
Ich zögerte. Ich war nicht sicher, ob ich das schaffen würde. Der große Raum kam mir noch größer vor, als ich daran dachte, wie anders ich aussah als das Mädchen, in das er sich verknallt hatte – ein Mädchen, das sich vor Kurzem von Aurelia in Riley zurückverwandelt hatte.
»Warum nicht?«, drängte Messalina. »Du wirst es nie wissen, wenn du es nicht versuchst, richtig?«
Ich seufzte. Einer von uns musste den ersten Schritt wagen, warum also nicht ich? Außerdem bot mir die Party einen perfekten Vorwand. Ich versuchte nur, eine gute Gastgeberin zu sein. Mich zu vergewissern, dass er sich auch amüsierte. Das war alles. Mehr hatte es nicht zu bedeuten.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und wollte mich gerade auf den Weg machen, als Messalina meine Hand packte und mir einen harten, kalten Gegenstand in die Handfläche drückte. Dann schloss sie meine Finger darum. »Ich werde nie vergessen, dass du dieses Opfer für mich gebracht hast. Du hättest Theocoles ganz leicht selbst wachrütteln können, aber du hast mir diesen Augenblick geschenkt. Ich hoffe, du nimmst dieses kleine Zeichen meiner Dankbarkeit an und trägst es bei Gelegenheit, wenn es dir gefällt. Es ist eine Kopie von einem Ring, den ich trage.« Sie hob eine Hand und bewegte einen Finger hin und her, so dass der Ring im Licht funkelte. »Betrachte ihn als Symbol unserer Freundschaft. Wir sind zwar keine Schwestern, aber ich hoffe, dass wir Freundinnen werden.«
Ich steckte mir den Ring an den Finger und hob meine Hand zum Vergleich neben ihre. Diesen Ring wollte ich behalten – ich würde ihn jeden Tag tragen. Natürlich gefiel er mir, aber viel wichtiger war die Vorstellung, eine so enge Freundin zu haben, die beinahe mit mir verwandt sein könnte.
»Und Theocoles?« Ich sah ihr in die Augen.
»Ich bin auf dem Weg zu ihm.« Sie lächelte. »Das heißt, wenn du den Vorhang für mich aufziehen könntest. Bitte.«
Ich schloss meine Augen, bis ich den schimmernden goldenen Schleier vor mir sah, der sie zum Sommerland, zur Brücke und in die Welt dahinter führen würde, wo sie Theocoles wiedersehen würde.
Und nachdem ich sie durch den Vorhang gewinkt hatte, machte ich mich selbst auf die Reise – quer durch den Raum, dorthin, wo Dacian stand.