8
Goa
Kurz nach unserem kleinen Imbiss stachen wir in See. Kishan und ich gingen hinauf aufs Sonnendeck, um zuzusehen, wie das Schiff vom Pier ablegte und aufs offene Meer fuhr. Die Jacht grollte kurz auf, als die Motoren angeschaltet wurden. Die Brise streichelte sanft über mein Gesicht, und ich sah zu, wie wir durch das blaugrüne Wasser pflügten. Irgendwann gesellte sich Ren zu uns. Er warf mir sein einzigartiges Lächeln zu und drückte meine Schulter, bevor auch er sich über die Brüstung beugte, um das aufgewühlte Gewässer unter uns zu betrachten.
»Kadam meint, wir erreichen Goa schon morgen früh«, bemerkte Ren. »Es liegt nur dreihundertfünfzig Meilen von hier entfernt. Der Tauchlehrer wird am späten Nachmittag an Bord kommen. Wir könnten Kelsey vorher die Stadt zeigen und vielleicht eine kleine Shoppingtour unternehmen.«
»Hört sich gut an«, erwiderte Kishan.
»Ich würde wirklich gerne eine Kleinigkeit für Mike, Sarah und die Kids kaufen, und auch noch etwas für Jennifer von Wushu«, sagte ich mit einem Anflug von schlechtem Gewissen, weil ich mich so selten bei ihnen gemeldet hatte.
»Das können wir arrangieren. Nilima wird sich darum kümmern, dass alles, was du aussuchst, an sie weitergeleitet wird, ohne dass es zu uns zurückverfolgt werden könnte. Sie schickt unsere Post an Kontaktpersonen in anderen Ländern. Diese versenden sie dann an unterschiedliche Orte in Amerika. Dort wird schließlich alles umgepackt und weiterverschickt. Ein ziemlich ausgetüfteltes System.«
»Lokesh macht uns das Leben ganz schön schwer, nicht wahr?«
»Dieses Mal kriegen wir ihn. Wir sind besser vorbereitet«, sagte Kishan.
Ich schauderte, und beide Männer kamen einen Schritt näher. In dem Versuch, die Stimmung aufzulockern, fragte ich: »Wollt ihr einen Film anschauen? Es ist an der Zeit, dass ich euch Tiger mit Der weiße Hai bekannt mache. Ihr braucht beide eine gesunde Dosis an Unterwassernervenkitzel, damit ich nicht die Einzige bin, die Angst vor dem Meer hat.«
Nach Der weiße Hai sahen wir uns Der weiße Hai 2 an. Ren und Kishan waren der Meinung, dass der erste besser sei, trotz der veralteten Spezialeffekte. Zu meinem Leidwesen machten sie sich weiterhin über meine Bedenken lustig. Wahrscheinlich hatten Raubtiere einfach weniger Angst vor anderen blutrünstigen Raubtieren.
Wir gesellten uns im komfortablen Außen-Essbereich zu Mr. Kadam und Nilima, wo uns ein Meeresfrüchtebüfett erwartete: kandierter, mit Schalottenbutter bestrichener Teriyaki-Lachs, Jakobsmuscheln in Honig-Orange, knusprige Shrimps, mit Hummer gefüllte Champignons, Krabben-Quiche mit Zitronen-Sahne-Soße, knackige Salate, pikante Dips, warme Brötchen und alkoholfreie Mango-Beeren-Daiquiris. Ich nahm an dem wunderschönen, auf Hochglanz polierten Tisch Platz. Die Sonne brannte heiß, und ich wusste die schattige Markise zu schätzen, die uns vor der größten Hitze schützte.
Ich war schnell satt, doch die Brüder langten mehrmals kräftig zu. Nachdem ich sie aufgezogen hatte, dass sie zumindest eine Kleinigkeit für die Crewmitglieder übrig lassen sollten, eilte ich in meine Kabine zurück und aalte mich in dem Whirlpool, bis meine Finger schrumpelig waren. Als ich aus der Wanne stieg, hüllte ich meinen Körper in die Robe, die Kishan mir zum Geburtstag geschenkt hatte, und bürstete mir das Haar. Auf meinem Bett fand ich ein Gedicht vor.
Nachts in der Kajüte
Heinrich Heine
Das Meer hat seine Perlen,
Der Himmel hat seine Sterne,
Aber mein Herz, mein Herz
Mein Herz hat seine Liebe.
Groß ist das Meer und der Himmel,
Doch größer ist mein Herz,
Und schöner als Perlen und Sterne
Leuchtet und strahlt meine Liebe.
Du kleines, junges Mädchen,
Komm an mein großes Herz;
Mein Herz und das Meer und der Himmel
Vergehn vor lauter Liebe.
Ein Geräusch schreckte mich auf, gerade als ich das Gedicht ein zweites Mal lesen wollte. Ich sprang vom Bett und starrte in Rens Gesicht, der grinsend im Rahmen einer Tür lehnte, die ich bisher noch nicht geöffnet hatte.
»Wie lange stehst du schon da?«
»Lange genug, um die Aussicht zu genießen.« Er trat näher und nahm mir das Gedicht aus der Hand. »Gefällt es dir?«
»Ja.«
Er legte mir einen Arm um die Hüfte und zog mich an sich. Dann küsste er meine stoffbedeckte Schulter und sog meinen Duft in sich ein. »Du riechst köstlich.«
»Vielen Dank. Du riechst aber auch nicht schlecht. Wohin geht es dort? Wo bist du auf einmal hergekommen?«
»Aus meinem Zimmer. Willst du es sehen?«
Ich nickte, und, eine Hand an meinem Kreuz, geleitete er mich in sein Zimmer. Seine Kabine ähnelte der von Kishan.
»Wir haben eine Verbindungstür?«
Er grinste. »Ja.«
»Wusste Kishan davon, als ihr die Zimmerverteilung besprochen habt?«
»Ja.«
»Huch. Ich bin überrascht, dass er dir die Kabine überlassen hat.«
Ren runzelte die Stirn. »Anfangs wollten wir Nilima oder Mr. Kadam die Kabine geben, aber wir hatten beide das Gefühl, es ist besser, wenn du einen Tiger in der Nähe hast. Wir haben um das Zimmer gekämpft, und ich habe gewonnen.« Er blickte finster drein und murmelte: »Außerdem weiß Kishan, dass ich dich sowieso nicht berühren kann.«
Ich verbiss mir ein Lachen und sagte: »Bei der Unterhaltung hätte ich gerne Mäuschen gespielt.«
»Mein Zimmer ist hübsch, aber ich hatte gehofft, dass ich es nicht benutzen müsste.«
»Wie meinst du das?«
»Ich habe mir überlegt, dass ich bei dir schlafen könnte. Als Tiger.«
Ich hob lachend eine Augenbraue. »Du kriegst wohl nicht genug von meinem Schnarchen?«
»Du schnarchst nicht, und ich bin gerne bei dir. Außerdem liebe ich es, morgens neben dir aufzuwachen.« Ren zog mich an seine Brust. »Habe ich dir eigentlich in letzter Zeit gesagt, wie wunderschön du bist?«
Ich lächelte, hob die Hand und strich ihm das Haar aus den Augen. Seine seidigen Strähnen wanden sich um meine Finger. Ren senkte die Stirn, um meine zu berühren, doch nach wenigen Sekunden wich er zurück. Sein Gesicht wurde aschfahl, und er schloss die Augen. Ich legte ihm kurz die Hand auf den Arm, bevor ich einen Schritt zurückging.
»Mir geht’s gut, gib mir nur eine Minute.«
»Du erholst dich, während ich mich umziehe«, sagte ich, schob ihn zurück in sein Zimmer und schloss die Tür. Ich zog meinen indischen Seidenpyjama an und öffnete ihm dann wieder.
Genüsslich ließ Ren den Blick über meinen Körper gleiten und schnaubte anerkennend. »Der Pyjama ist nett, aber mir hat das Kleid besser gefallen.«
»Du hättest das Original in Shangri-La sehen sollen. Ich bin nicht überrascht, dass dir der Pyjama gefällt. Immerhin hast du ihn mir geschenkt.«
»Wirklich? Wann denn?«
»Bevor wir in die Höhle hinabgestiegen sind, um die Prophezeiung zu holen.«
»Hm. Anscheinend hatte ich schon damals ein Auge auf dich geworfen.«
»Du hast mir gesagt, dass du bereits im Zirkus Gefühle für mich hattest.« Ich ging zum Bett, schlug die Überdecke zurück und drehte mich um. Ren stand genau hinter mir.
»Ist dir denn nicht übel?«
»Nur ein wenig. Aber in deiner Nähe zu sein, insbesondere, wenn du in Seide gehüllt bist, ist jeden Schmerz wert.«
Ich grinste schief, und er öffnete die Arme. Nach einem kurzen Zögern gab ich mich seiner Umarmung hin und drückte meine Wange gegen sein Hemd. Er zog mich fest an sich, während seine Hände sanft über meinen Rücken strichen.
»Das ist schön«, sagte er.
»Ja. Nur leider viel zu kurz.«
»Komm. Ich bring dich zu Bett.«
Nachdem ich ins Bett geschlüpft war, schob er den Überwurf weg und deckte mich stattdessen mit meiner Steppdecke zu. »Woher wusstest du, dass ich so am liebsten schlafe?«, fragte ich.
»Ich passe gut auf. Du vergötterst diesen alten Quilt.«
»Ja, das stimmt.«
»Gute Nacht, Iadala.«
»Gute Nacht, Ren.«
Er knipste das Licht aus und machte es sich irgendwo im Zimmer bequem. Wegen der Bewegung des Schiffs und der neuen Umgebung fiel es mir schwer, in den Schlaf zu finden. Es war nicht so, als befände ich mich auf einem Jetboot, das Schaukeln war kaum zu spüren, aber dennoch spielte die Jacht meinem Gleichgewichtssinn einen Streich. Nach einer halben Stunde lehnte ich mich über den Bettrand und streckte die Hand aus.
»Ren? Wo bist du?«
Eine Nase schmiegte sich in meine Handfläche.
»Ich kann nicht schlafen. Das Boot schaukelt zu sehr.«
Er wich zurück. Ich lauschte nach ihm, aber er bewegte sich lautlos über den dicken Teppich. Unvermittelt drückte sich die Matratze neben mir tief in den Lattenrost. Ich rollte mich zur Seite, um ihn anzusehen, und seufzte glücklich. Er begann zu schnurren.
»Danke schön.«
Zufrieden drängte ich mich an ihn und vergrub mein Gesicht in seinem weichen Fell. Ich streichelte ihm die Flanke, bis ich schließlich mit dem Arm auf seiner Brust einschlief.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag mein Kopf auf Rens weißem Hemd und meine Hand auf seinem Bauch. Sein Arm war um mich geschlungen, und er spielte mit meinem Haar. Hastig versuchte ich, von ihm wegzurücken, doch er zog mich wieder an sich.
»Ist schon in Ordnung. Ich bin erst seit einer Minute Mensch. Der Schmerz ist noch nicht schlimm. Ich habe deine Haut nicht berührt.«
»Oh. Hey, das Schiff bewegt sich nicht.«
»Wir haben vor ein paar Stunden angelegt.«
»Wie spät ist es?«
»Ich bin nicht sicher. Vielleicht halb sieben. Es dämmert. Sieh nur!«
Ich spähte aus dem Fenster zu dem pinkfarbenen Himmel empor. Wir lagen an einer großen Stadt vor Anker. Hohe Palmen säumten dicht gedrängt den goldenen Sandstrand, der um diese Zeit noch leer war. Eingebettet in die Landschaft waren große, sanft geschwungene, weiße Hotels und dahinter, kaum sichtbar durch das dichte Blätterdach, mehrere Hochhäuser. Die frühmorgendliche Stille war friedvoll. Es sah aus wie das Paradies.
»Das ist Goa?«
»Hmhm.« Rens Finger strichen durch mein Haar, und ich genoss die sanfte Berührung.
»Das hast du früher die ganze Zeit gemacht.«
Ren lachte. »Das kann ich mir gut vorstellen. Ich liebe dein Haar.«
»Wirklich? Es ist doch nur ein ganz langweiliger Braunton. Nichts Besonderes. Nilima hat wunderschönes Haar. Schwarz wie Ebenholz. Sehr exotisch.«
»Mir gefällt deines. Gelockt, glatt, wellig, hochgesteckt, offen oder geflochten.«
»Du magst es geflochten?«
»Ich liebe es, mit den Schleifen zu spielen, und jedes Mal, wenn du Zöpfe trägst, bin ich versucht, sie zu lösen.«
Ich lachte. »Ah, jetzt macht alles Sinn. An mehreren Gelegenheiten hast du mir die Schleifen aus dem Haar gezogen und mir die Zöpfe entwirrt. Jetzt kenne ich den Grund. Du hast einen Haargummi-Fetisch.«
Ren lächelte und gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Vielleicht hast du recht. Bist du bereit für unsere Shoppingtour?«
Ich seufzte gegen seine Brust. »Ich würde lieber mit dir im Bett bleiben und kuscheln.«
»Ich wusste doch, es gab einen Grund, weshalb ich dich gemocht habe.« Er zog mich an sich und umarmte mich. »Leider fühle ich allmählich die ersten Nebenwirkungen des Kuschelns.«
»Okay.«
Ren sprang aus dem Bett, ging zu seinem Zimmer und drehte sich dann um. Gegen den Türpfosten gelehnt, seufzte er. »Ich glaube, das Universum hat sich gegen mich verschworen.«
»Wie kommst du darauf?« Ich rekelte mich, rollte mich auf die Seite und stopfte mir ein Kissen unter die Wange.
»Weil du so warm und wunderschön bist, ganz verschlafen und knuddelig in deinem Pyjama, und ich dich nur aus der Entfernung bewundern darf. Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie verführerisch du aussiehst? Ich bin sehr, sehr froh, dass Kishan keine Verbindungstür hat.«
Ich lachte. »Du bist ein schrecklicher Charmeur, mein Freund. Aber das weiß ich schon seit einer Weile, und das gefällt mir an dir. Und jetzt, husch, husch, zieh dich an. Wir treffen uns beim Frühstück.«
Mit einem Grinsen schloss er die Tür hinter sich.
Nach dem Frühstück führten mich Ren und Kishan zur Garage. Automatisch öffnete ich die Tür des Jeeps.
Kishan hielt mich ab. »Wir nehmen nicht den Wagen.«
»Nicht? Wie kommen wir dann in die Stadt? Zu Fuß?«
»Nein«, sagte Ren. »Wir nehmen die hier.« Er hob eine Abdeckplane. Zum Vorschein kamen zwei leistungsstarke Rennmotorräder.
Ich wich einen Schritt zurück. »Und … äh … wisst ihr zwei denn, wie man die fährt? Sie sehen … gefährlich aus.«
Kishan lachte. »Das sind sie auch. Das Motorrad im Allgemeinen und dieses hier im Besonderen ist eines der besten Dinge, die dieses Jahrhundert hervorgebracht hat, Kells. Wir haben sie vor sechs Monaten gekauft, kurz nachdem du nach Oregon abgereist bist. Und ja, wir wissen, wie man sie fährt.«
Ren schob seine Maschine aus der Schiffsgarage. Sie sah aus, als käme sie direkt aus einem James-Bond-Film. An der Seite prangte der Schriftzug Ducati. Rens Motorrad war kobaltblau, Kishans knallrot.
»Ducati sagt mir gar nichts.«
»Ducati sagt dir nichts?«, entgegnete Ren ungläubig. »Eine italienische Marke. Die Maschinen gibt es passend zu den Jacken.«
Ich schnaubte. »Das kann ich mir gut vorstellen. Wahrscheinlich sind das die teuersten Motorräder der Welt. Wahrscheinlich ist eine Ducati unter Motorrädern das, was unter Autos ein Ferrari ist.«
»Du übertreibst, Kells.«
»Das glaube ich nicht. Sagt euch das Wort preiswert überhaupt etwas?«
Kishan zuckte mit den Schultern. »Wir haben jahrhundertelang von nichts gelebt. Es ist an der Zeit, dass wir dafür entschädigt werden.«
Da hatte er wohl nicht ganz unrecht. Zwei schwarze Lederjacken mit Ralleystreifen in Rot und Blau wurden aus einem Schrank geholt. Kishan warf mir eine dritte zu. »Hier. Kadam hat die extra für dich anfertigen lassen. Sie sollte dir passen.«
Ich schlüpfte in die Jacke, protestierte jedoch lautstark: »Auf der Maschine ist sowieso kein Platz für mich. Vielleicht solltet ihr beide lieber ohne mich fahren.«
»Natürlich ist da Platz«, erwiderte Ren, als er den Reißverschluss seiner Jacke hochzog.
Wow. Ich hätte niemals gedacht, dass er noch begehrenswerter aussehen könnte als sowieso schon. Aber ein in Leder gekleideter Ren, Helm in der Hand und an ein prächtiges Rennmotorrad gelehnt, brachte mich schier um den Verstand. Wären die Leute bei Ducati clever gewesen, hätten sie ihn für ihren nächsten Werbespot gebucht und ihm die Maschinen umsonst überlassen.
Ren klappte die Sitzbank seines Motorrads auf, sodass ein verdeckter Beifahrersitz ausgefahren wurde. »Siehst du?«
Er reichte mir einen schwarzen Helm, während ich ihn verblüfft anstarrte.
Kishan räusperte sich. »Ich denke, Kelsey sollte mit mir fahren.«
Ren versteifte sich. »Das halte ich für keine gute Idee.«
»Sei vernünftig. Dir wird übel, du baust einen Unfall und sie wird verletzt.«
Ren biss die Zähne zusammen. »Nichts dergleichen wird geschehen. Ich kann es kontrollieren.«
»Ich werde nicht zulassen, dass du sie einem solchen Risiko aussetzt, und wenn du für eine Sekunde aufhören könntest, dich wie ein eifersüchtiger Gockel aufzuführen, würdest du mir zustimmen.«
»Er hat recht, Ren«, warf ich ein und berührte niedergeschlagen den Ärmel seiner Lederjacke. »Ich habe schon so genug Angst vor den Maschinen, ich will mir nicht auch noch Sorgen machen müssen, ob dir schlecht wird. Ich fahre mit Kishan.«
Ren seufzte frustriert. »Na schön.« Er strich mir rasch über die Wange, lächelte wehmütig und half mir dann mit meinem Helm, wobei er mir ins Ohr flüsterte: »Halt dich gut fest. Kishan liebt es, sich in die Kurven zu legen.«
Kishan fuhr den Sitz seiner Maschine aus und half mir beim Aufsteigen. Dann schwang er sich ebenfalls aufs Motorrad und setzte seinen Helm auf. »Bist du bereit?«
»Ich denke schon.«
»Halt dich an mir fest und mach mir einfach alles nach.«
Ich schlang die Arme um Kishan, klammerte mich mit der Verzweiflung einer Ertrinkenden an ihm fest, während er uns ausbalancierte und das Motorrad anließ. Ren rollte zu uns, warf Kishan einen missbilligenden Blick zu und sah dann zu mir. Die Fältchen um seine Augen bedeuteten mir, dass er lächelte.
Ren düste zuerst los, schoss die Rampe hinab und machte schlitternd eine scharfe Neunzig-Grad-Wende, bevor er beschleunigte und das Pier in halsbrecherischem Tempo hinabpreschte.
Anfangs war ich nervös und hakte im Geiste die Liste mit allen möglichen Arten ab, wie ich bei einer Spritztour auf einem Motorrad zu Tode kommen könnte, doch dann wurde ich ruhiger und begann, mich prächtig zu amüsieren. Kishan war ein äußerst geschickter Fahrer und hielt sich offenkundig zurück, um mich nicht unnötig zu ängstigen. Ren bremste ab, und wir fuhren nun in gemächlichem Tempo durch die Straßen, damit ich einen ersten Eindruck der Stadt erhielt.
Nachdem wir die meisten Sehenswürdigkeiten im Vorbeifahren abgeklappert hatten, war ich gierig nach mehr Geschwindigkeit. Huch. Anscheinend bin ich ein Motorrad-Junkie. Die Maschine gab mir das Gefühl, stark und frei zu sein, und ich wollte schneller fahren. Wir hielten am Stadtrand, und ich fragte Kishan, ob es keinen Ort in der Nähe gäbe, an dem wir uns ein Rennen liefern könnten. Ren kam neben uns zum Stehen, und die Brüder beratschlagten. Sie wollten mir meinen Wunsch nur zu gern erfüllen, bestanden jedoch beide darauf, dass sie nichts Gefährliches ausprobieren würden. Dank des Fluchs heilten ihre Wunden schnell, bei mir war das anders, und keiner von ihnen wollte das Risiko eingehen, dass ich verletzt wurde.
Wir fuhren aus der Stadt zu einem Gebiet mit kilometerlangen, verödeten Schotterpisten. Ren begutachtete im Vorfeld die Strecke und kam mit der Warnung zurück, dass ein paar kleine Sprünge und Kurven auf uns warteten. Die Brüder stellten ihre Maschinen nebeneinander auf, ließen die Motoren aufheulen, und dann gab Ren das Startzeichen.
Schon bald übernahm Ren die Führung, wahrscheinlich weil Kishan mit mir als Beifahrerin vorsichtiger fuhr oder weil das zusätzliche Gewicht einer weiteren Person ihn langsamer machte.
Ich schrie: »Schneller!« und hörte Kishan lachen, während er beschleunigte. Der erste Hügel kam, wir schossen für ein paar Sekunden in die Luft und landeten hart auf dem Boden, bevor unvermittelt eine Biegung auftauchte. Kishan lehnte sich in die Kurve. Ich tat es ihm gleich, schmiegte mich noch enger an ihn und verschränkte die Finger um seine Hüfte. Er gab wieder Gas, und wir zogen beinahe mit Ren gleich, der den nächsten Sprung so schnell nahm, dass er fast die Kontrolle über seine Maschine verlor und ins Schlittern kam – doch dann riss er sein Motorrad zur Seite und fuhr weiter, als wäre nichts geschehen.
Als Kishan und ich zu derselben Schanze kamen, beschleunigte er erst in letzter Sekunde. Wir flogen ein gutes Stück und berührten zuerst mit dem Hinter- und dann mit dem Vorderrad festen Boden. Ich lachte laut. Augenblicklich legten wir uns in eine scharfe Rechtskurve, bevor Kishan wieder Gas gab. Nachdem wir das Ende der Schotterstraße erreicht hatten, kamen wir neben Ren zum Stehen, der seelenruhig und cool an seiner Maschine lehnte.
Kishan und ich stiegen ebenfalls ab. Ich packte Kishan und zerdrückte ihn fast mit meiner Umarmung. »Das war so toll!«, platzte es aus mir heraus. »Du bist richtig gut! Ich hatte überhaupt keine Angst. Vielen Dank!«
Er zog mich an sich. »Jederzeit gerne wieder, Kells.«
Ren warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich bin hungrig. Lasst uns einen Happen essen und dann auf dem Markt einkaufen.«
Wir fuhren zurück in die Stadt und parkten unsere Maschinen vor einem großen Markt. Eine kleine Menschentraube blieb stehen und beäugte uns neugierig. Ich hätte wohl auch gegafft, wären mir zwei so umwerfend attraktive Männer in Ledermontur über den Weg gelaufen. Kishan und Ren sahen wie Filmstars aus.
Wir gingen zu einem Marktstand und kauften Barbecue-Wraps. Ich bestellte würziges Chicken-Tikka in einem indischen Fladenbrot, das Paratha genannt wird. Obwohl Kishan bat, meines mit weniger Chili zuzubereiten, war es dennoch schrecklich scharf. Mein Mund brannte. Wir nippten an süßer Fruchtlimonade, um dem Gericht die Schärfe zu nehmen. Anschließend spazierten wir über den Markt.
Für Jennifer kaufte ich Goldohrringe, für Mike und Sarah eine Schachtel mit Räucherstäbchen in den unterschiedlichsten Duftrichtungen sowie einen marmornen Räucherstäbchenhalter in Drachenform. Für Sammy und Rebecca fanden wir eine handgeschnitzte hölzerne Spielfigurenbox mit Soldaten, Kriegselefanten, Kamelen, pferdebespannten Streitwagen und eine königliche Familie, die allesamt in den leuchtendsten Farben bemalt waren. Kishan bestand darauf, dass wir einen zweiten Prinzen hinzufügten. Ren verdrehte die Augen, aber ich lachte und ließ ihn gewähren. Dann redete Ren mit dem Verkäufer und handelte aus, dass unsere Einkäufe durch einen Boten zum Schiff gebracht wurden.
Als Nächstes betraten wir ein Geschäft mit Schwimmbekleidung und Badeaccessoires. Ich blieb vor ein paar Kleiderständern mit Badeanzügen stehen.
»Ich habe vergessen, meinen Badeanzug einzupacken. Er hängt zu Hause zum Trocknen in der Dusche.«
Ren ging auf den Ständer zu. »Dann kaufen wir dir eben etwas Neues.«
Ich beugte mich zu ihm und flüsterte: »Können wir nicht einfach das Tuch bitten?«
»Das könnten wir, aber immer wenn ein Material synthetische Fasern beinhaltet, ersetzt das Göttliche Tuch diese durch natürliche Stoffe. Dein Badeanzug könnte am Ende aus dünner Baumwolle sein, wogegen ich persönlich natürlich nichts einzuwenden hätte.« Ren zwinkerte mir zu und grinste frech.
Lachend kniff ich ihm in den Arm. »Nein, danke. Du hast mich überzeugt, wir kaufen einen.«
Alle drei inspizierten wir die Kleiderstangen. Ren wählte verschiedene Bikinis mit unterschiedlich freizügigen Schnitten aus.
Kishan knallte sie zurück auf den Ständer und sagte: »Kennst du Kelsey denn überhaupt nicht? Sie ist kein Bikini-Mädchen. Wie findest du den hier, Kells?«
Er hielt einen metallisch glänzenden Einteiler mit Printmuster und einer aufwendigen Raffung am Dekolleté hoch.
»Der ist ganz okay«, erwiderte ich.
»Ist nicht ihre Farbe.« Ren schnappte ihn sich und hängte ihn zurück an den Kleiderständer.
»Ich vermute, du suchst nach etwas Blauem«, konterte Kishan.
Ren schob weitere Bügel zur Seite. »Um ehrlich zu sein, nein. Ich würde sie gerne in etwas Knalligem sehen, damit wir sie im Wasser nicht verlieren.«
Meine eigene Wahl, einen schlichten schwarzen Einteiler ohne jeden Schnickschnack, lehnten beide als zu langweilig ab.
Am Ende einigten wir uns auf einen roten Tankini mit einer Hipster-Bikinihose. Diese Kombination gab den Blick frei auf ein kleines Stück meiner Taille, jedoch nicht genug, als dass ich mich nackt gefühlt hätte, und außerdem war sie bequem und knallig.
Ren suchte passende Flip-Flops aus, einen Sonnenhut sowie eine Sonnenbrille, dann sammelten wir unsere Einkäufe ein und gingen zu den Motorrädern. Die Temperatur war nun deutlich gestiegen, und ich freute mich darauf, in den Pool zu springen. Kishan verstaute unsere Lederjacken, und wir schwangen uns wieder auf das Motorrad.
Als ich meine Arme für den Heimweg um Kishan schlang, trug er nur ein dünnes T-Shirt. Mit einem Schlag war ich mir seines warmen, muskulösen Körpers bewusst und schmiegte mich nicht mehr ganz so eng an ihn. Als Kishan losfuhr und sich in eine Kurve legte, wäre ich beinahe von der Maschine gefallen. Er packte meinen Arm und presste meine Hände fest an sich.
Wieder und wieder sagte ich mir das Mantra auf, das ich auch bei Ren in Kishkindha benutzt hatte, als ich versucht hatte, seine Attraktivität zu ignorieren. Ich ermahnte mich, dass es in Ordnung sei, die Auslage zu bewundern, solange man bloß einen Schaufensterbummel mache. Kishan ist einfach nur ein sehr hübsches Exemplar der Spezies Mann. Was ist schon dabei, wenn ich ihm auf dem Heimweg die Arme um den muskulösen Oberkörper schlinge? Im Moment habe ich doch keine andere Wahl. Ich seufzte und genoss schließlich die Motorradfahrt zurück zum Schiff.
Als mir Kishan von der Maschine half, war mir die Situation mit einem Mal unangenehm, und ich wich vor ihm zurück, vermied jeglichen Augenkontakt.
»Was ist los?«
»Nichts.«
Er schnaubte und machte einen Schritt auf mich zu, gerade als Ren die Rampe herauffuhr. Kishan hielt inne, wir verabredeten, uns in zehn Minuten am Pool zu treffen.
Ich war als Erste da und stellte überrascht fest, dass dort bereits jemand seine Runden zog.
Als der Mann das Poolende erreichte, warf er den Kopf in den Nacken, strich sich das blonde Haar zurück und kletterte dann die Leiter hinauf, wo er sich ein Handtuch schnappte. Er schrubbte sich das Gesicht trocken, die Arme und Beine und grinste mich die ganze Zeit an. »Du musst Kelsey sein.«
»Ja.« Ich lächelte zögerlich zurück und fragte: »Und wer bist du?«
Er lachte auf eine Art, die mir verdeutlichte, dass er häufig lachte. »Willst du den ganzen Namen hören?«
»Sicher.«
»Wesley Alan Alexander der Dritte, zu deinen Diensten. Aber du kannst mich einfach Wes nennen.«
»Freut mich, dich kennenzulernen, Wes.«
»Ganz meinerseits. Ein ziemlich nettes Bötchen, das du hier hast.«
»Oh, es gehört mir nicht. Ich darf nur mitfahren.«
»Ah.« Er lächelte unbeschwert. »Tochter, Nichte, Enkelin, Cousine oder Freundin? Und sag bitte nicht, dass du die Freundin bist.« Er lachte.
Ich stimmte in sein Lachen ein. »Ich vermute, ich bin wohl ein bisschen von allem.«
»Das habe ich schon befürchtet. Ich bekomme nie einen Auftrag, bei dem die hübschen Mädchen noch zu haben sind. Aber da du nur ein bisschen Freundin bist, gibt es da ja noch etwas Spielraum.« Er setzte sich und streckte die Beine aus. »Für den Fall, dass du nur zu höflich warst zu fragen, ich bin dein Tauchlehrer.«
»Ja, das hatte ich mir schon fast gedacht.«
Er hob eine Augenbraue. »Oh, verdammt noch mal! Das Mädchen hat Sinn für Humor. Die meisten der hübschen Mädchen, die ich treffe, haben nicht viel in der Birne.«
Wes schien ein Mensch zu sein, der fortwährend glücklich war und immer einen Witz auf Lager hatte. Er strich sich das blonde Haar zurück und grinste mich an. Er war süß, hatte blaue Augen, eine sehr angenehme Bräune, einen noch angenehmeren Körper, und er war Amerikaner.
»Woher kommst du?«, fragte ich.
»Texas.«
»Wie landet ein Kerl aus Texas in Indien, wo er zu allem Überfluss auch noch Tauchunterricht gibt?«
»Ist eine lange Geschichte. Bist du sicher, du willst sie hören?«
»Ja.«
»Hm, ich würde viel lieber über dich reden als über mich, also bekommst du nur die Kurzversion. Ich sollte nach Harvard, aber mir hat das Tauchen besser gefallen, und ich musste bis nach Indien reisen, um der Reichweite meiner Eltern zu entfliehen. Und nun, wie landet eine hübsche junge Amerikanerin aus …«
»Oregon.«
»Oregon?« Er hob eine Augenbraue. »… in Indien?«
»Das ist eine noch viel längere Geschichte.«
»Die würde mich brennend interessieren … Aber es sieht ganz so aus, als hätten wir Gesellschaft.« Er erhob sich. »Du hast nicht erwähnt, dass du zwei Freunde hast. Zwei große, wütende Freunde«, alberte Wes, ohne das geringste Anzeichen von Unbehagen zu zeigen.
Ich kicherte, drehte mich um und bemerkte Ren und Kishan, die sich mit identisch mürrischem Gesichtsausdruck näherten. Genervt verdrehte ich die Augen. »Ren, Kishan, das ist Wes, unser Tauchlehrer.«
»Tach! Wie geht’s?«, sagte er in breitem Südstaatenakzent.
Ich verkniff mir ein Grinsen, als die Brüder mitten in der Bewegung erstarrten, verunsichert, was sie von Wes und seinem Südstaatencharme halten sollten.
»Ich hab nur grade ein bisschen mit eurer hübschen, kleinen Freundin gequatscht«, sagte er in seinem Kaugummi-Akzent, den die beiden Brüder nicht verstanden. »Vielen Dank, dass ich bei euch auf dem Schiff mitfahren darf. Ich glaub, ich mach lieber mal die Fliege in meine Kajüte und lass euch euren Swimmingpool genießen. Wir beginnen mit dem Unterricht morgen in aller Herrgottsfrühe, wenn das für euch okay ist. Nun, ich spute mich mal lieber.« Wes rieb sich den Bauch. »Ich hoffe, wir essen bald. Ich bin so hungrig, ich könnte ein ganzes Schwein verdrücken.« Er grinste die beiden Männer an und drehte sich dann zu mir um. »Es war sehr nett, deine Bekanntschaft zu machen, meine Liebe. Ich hoffe, wir sehen uns sehr bald wieder.«
Ich machte einen kleinen Knicks. »Es war nett, mit dir zu plaudern, Wes. Wir sehen uns beim Abendessen.«
Der lustige Texaner zwinkerte mir zu, packte seine Sachen zusammen und verschwand.
Ren schritt auf mich zu und warf sein Handtuch auf einen Liegestuhl. »Ich habe nicht den blassesten Schimmer, was dieser Kerl gerade gesagt hat, aber ich mag ihn nicht.«
»Dann sind wir schon zu zweit«, fügte Kishan hinzu.
»Ich verstehe euer Problem nicht. Wes ist ein netter Kerl und noch dazu lustig.«
»Mir hat nicht gefallen, wie er dich angesehen hat«, sagte Ren.
Ich seufzte. »Dir gefällt nie, wie andere Männer mich ansehen.«
»Da stimme ich Ren zu. Er führt etwas im Schilde.«
»Könnt ihr zwei bitte wieder runterkommen? Lasst uns lieber schwimmen.«
Ren sah mich von oben bis unten an. »Ich mag den Badeanzug nicht mehr. Wir sollten zurückfahren und dir einen besorgen, der etwas mehr Haut bedeckt.«
Ich stieß ihm den Finger in die Brust. »Ich mag meinen Badeanzug. Hör auf, eifersüchtig zu sein. Alle beide.«
Als hätten die Brüder es vorher einstudiert, verschränkten sie wie auf Kommando die Arme vor der Brust und starrten mich eindringlich an.
»Na schön. Wie ihr wollt. Ich werde jetzt schwimmen.«
Ich tauchte in den Pool und schwamm zum anderen Ende. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Kishan und Ren mir gefolgt waren.
Beim Abendessen gesellte sich unser Tauchlehrer zu uns und setzte sich trotz der bedrohlichen Blicke, die Ren und Kishan ihm zuwarfen, neben mich. Wes plauderte weiterhin in seinem breiten Texanisch und gab viele Cowboy- und Texaswitze zum Besten, die an Ren und Kishan völlig vergeudet waren. Mr. Kadam entschuldigte sich, da er sich mit dem Kapitän wegen des Ablegens besprechen musste, doch die Männer saßen verbissen da und beobachteten Wes, der sich lebhaft mit mir unterhielt, während sie selbst kein Wort herausbrachten. Wir unterhielten uns über Texas und Oregon, über die Lebensmittel, die wir am meisten vermissten, und das, was wir in Indien am liebsten aßen.
»Was haben ein texanischer Tornado und eine Scheidung in Alabama gemeinsam?«, fragte er zu vorgerückter Stunde.
»Keine Ahnung. Was haben sie gemeinsam?«, fragte ich.
»So oder so … Jemand wird einen Wohnwagen verlieren.«
Ich lachte, und Wes legte mir dreist einen Arm um die Schulter. Im selben Moment hörte ich ein leises Knurren. Ich konnte nicht sagen, welcher Tiger verantwortlich war, aber ich wusste, wollte Wes den nächsten Morgen erleben, müsste ich von ihm wegrücken.
»Gute Nacht allerseits.« Ich erhob mich.
»Warte, Kelsey.« Kishan sprang auf die Beine. »Lass mich dich zu deiner Kabine bringen.«
»Ich bringe sie zu ihrer Kabine«, sagte Ren.
Ich verdrehte die Augen und hörte, wie Wes einen langen Pfiff ausstieß. »Würde mal sagen, da drängen sich zu viele Bullen auf der Viehweide. Solltest besser aufpassen, dass eine hübsche, kleine Färse wie du nicht unter die Hufe kommt.«
»Die Färse kann gut auf sich allein aufpassen. Und ich brauche niemanden, der mich zu meiner Kabine bringt.«
Ren und Kishan blickten unglücklich drein, während Wes lachend in die andere Richtung schlenderte.